Urteil des VG Göttingen vom 02.04.2014

VG Göttingen: universität, einlagerung, beendigung des dienstverhältnisses, nbg, geschäftsführung, eigentum, herausgabe von gegenständen, fürsorgepflicht, aufbewahrung, mahnung

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Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung
ohne Auftrag gegenüber ehemaligen Beamten
Ein Aufwendungsersatzanspruch für die Einlagerung von Gegenständen
aus dem früheren Dienstzimmer eines ehemaligen Beamten ist nicht
abschließend im Beamtenrecht geregelt; ein entsprechender Anspruch
ergibt sich aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag.
VG Göttingen 1. Kammer, Urteil vom 02.04.2014, 1 A 18/12
§ 45 BeamtStG, § 48 BeamtStG, § 670 BGB, § 677 BGB, § 683 BGB, § 86 BG ND, §
87 Abs 1 BG ND
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Kosten, die für die Einlagerung von Gegenständen
aus dem ehemaligen Dienstzimmer des Beklagten entstanden sind.
Klägerin ist die A. -B. -Universität-C. (D.). Die A. -B. -Universität-C. ist seit
01.01.2003 eine Stiftung öffentlichen Rechts, davor stand sie in Trägerschaft
des Landes K.. Der Beklagte ist Arzt für Transfusionsmedizin. Er war bei der
Klägerin vom 15.10.1995 bis 14.10.2001 als wissenschaftlicher Assistent im
Beamtenverhältnis auf Zeit beschäftigt. Seinen Antrag auf Verlängerung des
Beamtenverhältnisses lehnte die Klägerin mit Bescheid vom 29.08.2001 ab;
Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Mit Urteil vom 15.03.2005
(3 A 64/03) wies das erkennende Gericht die Klage ab. Den Antrag des
Beklagten auf Zulassung der Berufung lehnte das Nds.
Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20.10.2008 (5 LA 104/05). Zurzeit
betreibt der Beklagte ein weiteres Klageverfahren beim erkennenden Gericht
zum Aktenzeichen 1 A 295/13. In diesem Verfahren begehrt er die
Verpflichtung der Klägerin zur Entscheidung auf Wiederaufgreifen des
Verfahrens über seinen Antrag auf Verlängerung seines Dienstverhältnisses.
Ab dem 20.09.2001 bis zur Beendigung seines Beamtenverhältnisses war der
Beklagte beurlaubt. Am 21.09.2001 ließ die Klägerin das Türschloss seines
Dienstzimmers auswechseln, bis spätestens 30.10.2001 wurde sein
Dienstzimmer geräumt. Mit Schreiben vom 30.10.2001 teilte die Klägerin ihm
mit, dass sein ehemaliges Dienstzimmer geräumt und der gesamte Inhalt des
Zimmers in 67 Umzugskartons verpackt worden sei. 62 Umzugskartons seien
seinem Privatbesitz zuzuordnen; 5 Kartons enthielten dienstliche Unterlagen.
Sie forderte ihn auf, bis spätestens 15.11.2001 mitzuteilen, wie er den
Abtransport der 62 Umzugskartons bewerkstelligen wolle. Nach Ablauf dieses
Datums behalte sie sich vor, die Umzugskartons auf seine Kosten bei einer
Spedition einzulagern. Hierauf reagierte der Beklagte innerhalb der gesetzten
Frist nicht. Stattdessen bat er die Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2002
(später auch noch mit Schreiben vom 01.06.2002, 18.01. und 04.04.2007) um
die Herausgabe persönlicher Urkunden und aller Datenträger, die sich in
seinem Dienstzimmer befunden hätten. Mit Schreiben vom 25.01.2002 wies
die Klägerin ihn darauf hin, dass er wisse, dass die ihm gehörenden
Gegenstände und Unterlagen aus seinem ehemaligen Dienstzimmer in 62
Umzugskartons darauf warteten, von ihm abgeholt zu werden. Soweit er
behaupte, sein Dienstzimmer sei ohne Vorankündigung geräumt worden, sei
dies unzutreffend. Er sei im Gegenteil mehrfach - zuletzt mit Schreiben vom
15.10.2001 - vergeblich aufgefordert worden, das Zimmer zu räumen. Falls er
nunmehr bis 31.01.2002 die Kisten nicht abhole, würden diese ab 01.02.2002
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auf seine Kosten bei der Spedition L. M. Möbeltranslogistik GmbH eingelagert.
Nachdem der Beklagte auch hierauf nicht reagierte, ließ die Klägerin die 62
Umzugskartons ab 01.02.2002 bei der Firma L. M. einlagern. Hierfür
entstanden ihr von Februar 2002 bis einschließlich Dezember 2004 Kosten
von 2.179,45 Euro, von Januar 2005 bis einschließlich September 2008
Kosten von 2.835,96 Euro und von Oktober 2008 bis einschließlich August
2009 Kosten von 814,16 Euro, insgesamt 5.829,57 Euro.
Ab 26.02.2002 stellte sie dem Beklagten schriftlich Einlagerungskosten in
Rechnung, ohne dass der Beklagte zahlte. Mit Rechnung vom 21.12.2004
forderte sie ihn zur Zahlung von Einlagerungskosten i.H.v. 2179,45 Euro für
den Zeitraum Februar 2002 bis einschließlich Dezember 2004 auf. Als hierauf
keine Zahlung erfolgte, übersandte sie ihm mit Schreiben vom 12.01.2005
erneut die Kostenaufstellung und forderte ihn nochmals zur Zahlung bis
28.01.2005 auf. Nachdem bis zum 28.01.2005 keine Zahlung erfolgt war,
machte sie mit Mahnbescheid vom 21.02.2005 Lagerkosten in Höhe von
2.179,45 Euro „gemäß Rechnung/ Aufforderungsschreiben –N. vom
21.12.2004 bis 12.01.2005“ geltend. Gegen den ihm am 23.02.2005
zugestellten Mahnbescheid legte der Beklagte beim Amtsgericht O. –
Zentrales Mahngericht - Widerspruch ein (P.). Er bestritt, die im Mahnbescheid
angegebene Rechnung jemals erhalten zu haben. Ihm sei am 03.01.2005 eine
Rechnung vom 29.12.2004 zur „Weiterberechnung Kostenakteneinlagerung“
ohne Rechnungsnummer und Fälligkeitsdatum zugegangen. Die dort geltend
gemachte Forderung sei aufgrund seiner vorsorglich erklärten Aufrechnung mit
seinem (damals) rechtshängigen Folgenbeseitigungs-
/Schadensersatzanspruch wegen rechtswidriger Verweigerung der Klägerin,
das Beschäftigungsverhältnis mit ihm fortzusetzen, erloschen. Daraufhin
beantragte die Klägerin beim Amtsgericht C. das streitige Verfahren
durchzuführen.
Das Amtsgericht C. setzte das Verfahren (Az.: XX C XXX/XX) mit Beschluss
vom 12.06.2007 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem
Berufungszulassungsverfahren vor dem Nds. OVG zum Aktenzeichen 5 LA
104/05 aus. Am 05.03.2009 wurde das Verfahren wieder aufgenommen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts C. vom 06.07.2009 wurde das Verfahren
XX C XXX/XX mit dem Verfahren XX C XXX/XX verbunden, wobei das
Verfahren XX C XXX/XX führte. In dem Verfahren XX C XXX/XX machte die
Klägerin gegenüber dem Beklagten weitere Einlagerungskosten für den
Zeitraum Januar 2005 bis September 2008 in Höhe von 2.835,96 Euro
geltend.
Am 31.08.2009 holte der Beklagte die bei der Firma L. M. eingelagerten
Umzugskisten ab. Mit Schreiben vom 25.08.2009 kündigte die Klägerin den mit
der Firma L. M. geschlossenen Vertrag. Mit Schriftsatz vom 28.12.2009
erweiterte sie ihre Klage beim Amtsgericht C. und machte weitere
Einlagerungskosten von 814,16 Euro für Oktober 2008 bis einschließlich
August 2009 geltend.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 10.11.2010 hat das Amtsgericht C. den
Rechtsstreit zum Aktenzeichen XX C XXX/XX wegen Unzulässigkeit des
Zivilrechtsweges an das Verwaltungsgericht Göttingen verwiesen.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe gegen den Beklagten ein Anspruch aus
Geschäftsführung ohne Auftrag auf Erstattung der verauslagten
Einlagerungskosten zu. Die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 677, 683 BGB
lägen vor. Ihre Rechtsvorgängerin, die A. -B. -Universität in Trägerschaft des
Landes K. (im Folgenden: Universität), habe im Zeitpunkt der Einlagerung der
Kisten ein fremdes Geschäft im Sinne des § 677 BGB besorgt, da es sich bei
den im früheren Dienstzimmer des Beklagten vorgefundenen Gegenständen
um Privateigentum des Beklagten handele. Die eingelagerten Gegenstände
seien unzweifelhaft Eigentum des Beklagten. Hierzu reichte die Klägerin eine
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Inventarisierungsliste ein. Die Universität habe kein eigenes Geschäft geführt.
Nichts anderes folge daraus, dass sie als ehemalige Dienstherrin des
Beklagten auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses nach § 87
Niedersächsisches Beamtengesetz - NBG - a.F. eine Fürsorge- und
Treuepflicht gegenüber dem Beklagten gehabt habe, denn hieran dürften
keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Mit der unentgeltlichen
Einlagerung des Privateigentums des Beklagten in den Räumen der
Universität von Mitte Oktober 2001 bis Ende Januar 2002 habe sie ihrer
Fürsorgepflicht mehr als genüge getan. Der Beklagte habe nicht dargelegt,
was ihn daran gehindert habe, die 62 Umzugskartons während dieser 3 1/2
Monate abzuholen. Er könne nicht ernsthaft behaupten, bei Beendigung
seines Beamtenverhältnisses kein Interesse an der Sicherung seines
Eigentums gehabt zu haben. Dass dieses Interesse bestanden habe, werde
beispielhaft anhand seiner Schreiben vom 20.10.2001 und 13.01.2002, mit
denen er die Herausgabe diverser in seinem ehemaligen Dienstzimmer
befindlicher Gegenstände begehrt habe, deutlich. Entgegen seiner
Behauptung habe die Universität den Beklagten mehrfach vergeblich zur
Räumung seines Dienstzimmers aufgefordert und ihm auf seinen Wunsch
stets den Zugang gewährt. Daran ändere nichts, dass der Schließzylinder in
seinem Dienstzimmer im September 2009 ausgetauscht worden sei. Hierfür
hätten dienstliche Gründe vorgelegen. Für die Universität sei deshalb für den
Einlagerungszeitraum 01.02. bis 31.12.2002 ein Aufwendungsersatzanspruch
aus Geschäftsführung ohne Auftrag entstanden. Dieser Anspruch sei auf sie
als Rechtsnachfolgerin gemäß § 3 Abs. 4 der Verordnung über die Errichtung
der Stiftung „A. -B. -Universität-C. Stiftung öffentlichen Rechts“ (StiftVO-UGÖ)
übergegangen. Zusätzlich habe sie sich diesen Anspruch von der Universität
mit Abtretungserklärung vom 09.07.2013 abtreten lassen. Für den
Einlagerungszeitraum ab 01.01.2003 stehe ihr ebenfalls ein
Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Sie sei
ab diesem Datum gemäß § 3 Abs. 4 StiftVO-UGÖ in den zwischen der
Universität und der Spedition L. M. geschlossenen Lagervertrag über die
Aufbewahrung der 62 Umzugskartons eingetreten und habe ab diesem
Zeitpunkt selbst ein Geschäft des Beklagten besorgt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten habe sie nicht gegen ihre
Schadensminderungspflicht verstoßen. Ihre eigenen Lagerräume befänden
sich unter dem Zentral-OP, wo eine sichere Verwahrung der Kisten schon
deshalb nicht möglich gewesen sei, weil dort regelmäßig – auch an
Wochenenden – Begehungen durch Wartungsfirmen stattfänden. Ebenso
wenig sei die Einlagerung zu geringeren Kosten als bei der Firma L. M.
möglich gewesen. Die Kosten hätten auch nicht durch die Anmietung nur eines
Containers anstatt zwei Containern reduziert werden können; ein Container
hätte für die Einlagerung der Kisten nicht ausgereicht. Sie bestreite mit
Nichtwissen, dass die Kosten der Einlagerung den Wert der eingelagerten
Gegenstände überschreiten würden.
Die Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag seien nicht verjährt. Die
Forderungen seien jeweils rechtzeitig mit Mahnbescheid bzw. Klage geltend
gemacht worden. Entgegen seiner Behauptung habe der Beklagte eine
Rechnung vom 26.11.2009 über den mit der Klageerweiterung geltend
gemachten Betrag von 814,16 Euro erhalten. Diese Rechnung sei ihm von der
Mitarbeiterin der Klägerin Q. R. am 02.12.2009 um 14.00 Uhr in seinen
Briefkasten eingeworfen und damit ordnungsgemäß zugestellt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zur Zahlung von 5.829,57 Euro zzgl. 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz auf 2.179,45 Euro für den Zeitraum 29.01.2005 bis
02.04.2014, zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 2.835,96
Euro für den Zeitraum 31.12.2008 bis 02.04.2014 und zzgl. 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz auf 814,16 Euro für den Zeitraum
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11.12.2009 bis 02.04.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und im Wege der Widerklage
1. die Klägerin zu verurteilen, an ihn 3.850,00 Euro zzgl. 50,00
Euro monatlich ab Juli 2013 zu zahlen,
2. die Klägerin zu verurteilen, alle Schlüssel, die sich in der
obersten Schublade des Rollcontainers unter seinem
Schreibtisch in seinem ehemaligen Dienstzimmer (rechts vor
dem Fenster) befunden hätten, und die Dokumente
herauszugeben,
hilfsweise
Auskunft über deren Verbleib zu erteilen,
3. die Klägerin zu verurteilen, ihm beim Auslesen seiner
wichtigsten Datenträger (5,25 Zoll - Floppydisk), auf denen seine
wissenschaftlichen Daten gespeichert seien und die er in den
von der Klägerin eingelagerten Kisten vorgefunden habe, unter
Hinzuziehung der entsprechenden Fachabteilung technische
Hilfestellung zu geben.
Der Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung
der Einlagerungskosten zu. Als Anspruchsgrundlage sei vorrangig ein
Schadensersatzanspruch aus seinem ehemaligen Beamtenverhältnis nach §
86 Abs. 2 NBG a.F. in Betracht zu ziehen, allerdings wäre ein solcher
Anspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung beim Amtsgericht C. am 19.01.2006
gemäß § 86 Abs. 2 NBG bereits verjährt gewesen. Ein Anspruch aus
Geschäftsführung ohne Auftrag komme nicht in Betracht, weil ein solcher
neben öffentlich-rechtlichen Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen sei.
Ungeachtet dessen seien aber auch die Anspruchsvoraussetzungen für einen
Aufwendungsersatzanspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht
erfüllt. Der Beklagte bestreitet, dass der gesamte Inhalt der 62 eingelagerten
Umzugskisten sein Eigentum sei. Er habe die Ende 2009
entgegengenommenen Umzugskartons im Frühjahr 2010 durchgesehen und
festgestellt, dass der Inhalt zu 80 bis 90 % im Eigentum der Klägerin stehe; nur
10 bis 20 % seien sein Privateigentum. Die Klägerin sei - wie sein früherer
Dienstherr - als Rechtsnachfolgerin seines ehemaligen Dienstherrn im
Rahmen ihrer beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht zur Aufbewahrung seines
Privateigentums bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Beendigung
seines Dienstverhältnisses verpflichtet gewesen. Die Kisten hätten auch
weiterhin in Räumen der Universität eingelagert werden können, denn dies sei
ja auch 3 1/2 Monate bis zur Einlagerung bei der Spedition M. möglich
gewesen. Die Lagerräume unter dem Zentral-OP seien für die Aufbewahrung
geeignet gewesen. Insoweit seien keine höheren Sicherheitsanforderungen zu
stellen, als die Klägerin für die Einlagerung eigener Gegenstände stelle. Er
behauptet, für die Einlagerung der 62 Kisten hätte ein einziger Container
ausgereicht. Im Übrigen hätte es wesentlich günstigere Anbieter gegeben.
Darüber hinaus würden die Kosten der Einlagerung den Wert der
eingelagerten Gegenstände übersteigen.
Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheitere auch daran, dass
ihm die Räumung seines Dienstzimmers verweigert worden sei. Sein
ehemaliger Dienstherr habe gegen seine beamtenrechtliche Fürsorgepflicht
nach § 87 NBG a.F. verstoßen, indem er ihm insbesondere durch
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Auswechseln des Schließzylinders verweigert habe, sein Dienstzimmer selbst
zu räumen. Er habe lediglich zweimal Gelegenheit erhalten, private
Gegenstände aus seinem ehemaligen Dienstzimmer zu holen. Er sei von
seinem ehemaligen Dienstherrn nie aufgefordert worden, sein Dienstzimmer
selbst zu räumen. Eine entsprechende schriftliche Aufforderung vom
15.10.2001 habe er nie erhalten. Einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne
Auftrag stehe auch entgegen, dass die Universität seine Entschließung nach §
681 Satz 1 BGB nicht abgewartet habe.
Er bestreitet, von der Klägerin eine Rechnung über den mit der
Klageerweiterung geltend gemachten Betrag von 814,16 Euro erhalten zu
haben. Er befinde sich deshalb nicht im Zahlungsverzug.
Er behauptet, dass er die Umzugskisten mit dem Eigentum der Klägerin seit
August 2009 bei Herrn Dr. W. S. für monatlich 100,00 Euro eingelagert hätte
und seit Juni 2012 bei Herrn T. für monatlich 50,00 Euro. Die ihm hierdurch
entstandenen Kosten macht er im Wege der Widerklage geltend. Er macht
gegenüber einem eventuellen Anspruch der Klägerin hilfsweise ein
Zurückbehaltungsrecht geltend. Ihm stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu, bis
in dem beim Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 A 295/13
anhängigen Klageverfahren eine Entscheidung ergangen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass der Beklagte für die Einlagerung der
Umzugskisten ab August 2009 Lagerflächen angemietet habe und ihm hierfür
Kosten in Höhe von 100,00 monatlich bzw. ab Juni 2012 von monatlich 50,00
Euro entstanden seien. Ungeachtet dessen stehe ihm der geltend gemachte
Anspruch auch deshalb nicht zu, weil die ggfs. eingelagerten Kisten
ausschließlich sein Eigentum enthalten würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den vom Gericht beigezogenen
Verwaltungsvorgang der Klägerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten
Einlagerungskosten in Höhe von 5829,57 Euro aus Geschäftsführung ohne
Auftrag (GoA) nach §§ 677 ff. BGB zzgl. Zinsen zu. Diese Vorschriften sind
auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung anwendbar. Sie gelten
unmittelbar, wenn das Geschäft, das besorgt wird, ein privatrechtliches ist; sie
gelten entsprechend, wenn es sich um ein öffentlich-rechtliches Geschäft
handelt. Die Anwendung ist jedoch ausgeschlossen, soweit die öffentlich-
rechtlichen Vorschriften eine erschöpfende Regelung vorsehen oder die
Aufgabenerfüllung ausschließlich in die Zuständigkeit und das Ermessen einer
Behörde legen (Sprau in: Palandt, BGB, 72. Auflage, 2013, Einführung vor §
677 Rn. 5 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 17.11.2011 – III ZR 53/11 –, Rn.
15, zitiert nach juris). Dies ist hier nicht der Fall.
Das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist nicht
abschließend im Beamtenrecht geregelt. Weder die Klägerin noch deren
Rechtsvorgängerin, die Universität, waren aufgrund der in § 45
Beamtenstatusgesetz – BeamtStG - und bis zum 31.03.2009 in § 87 Abs. 1
NBG a.F. - geregelten Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen
Beamtinnen und Beamten zur Aufbewahrung der im ehemaligen Dienstzimmer
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des Beklagten vorgefundenen Gegenstände über Januar 2002 hinaus
verpflichtet. Nach § 45 Satz 1 BeamtStG bzw. dem inhaltsgleichen § 87 Abs. 1
Satz 1 NBG a.F. hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und
Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen.
Die Klägerin war bereits deshalb nicht unter Fürsorgegesichtspunkten zur
Verwahrung der im ehemaligen Dienstzimmer des Beklagten vorgefundenen
Gegenstände verpflichtet, weil sie nie Dienstherrin des Beklagten war. Sie
wurde durch § 1 StiftVO-UGÖ zum 01.01.2003 als rechtsfähige Stiftung des
öffentlichen Rechts errichtet. Zu diesem Zeitpunkt bestand das
Dienstverhältnis zwischen Beklagtem und Universität bereits nicht mehr, so
dass es auch nicht gemäß § 5 Abs. 1 StiftVO-UGÖ mit der Klägerin fortgesetzt
werden konnte.
Aber auch die Universität als ehemalige Dienstherrin war unter
Fürsorgegesichtspunkten jedenfalls nicht über Januar 2002 hinaus zur
Aufbewahrung der im ehemaligen Dienstzimmer des Beklagten
vorgefundenen Gegenstände verpflichtet. Die in § 87 Abs. 1 Satz 1 NBG a.F.
(§ 45 Satz 1 BeamtStG) geregelte Fürsorgepflicht umfasst zwar auch die
Pflicht des Dienstherrn, seine Beamtinnen und Beamten vor der Schädigung
ihres Privateigentums zu schützen, indem er geeignete
Unterbringungsmöglichkeiten für mitgebrachte Gegenstände zur Verfügung
stellt. Dabei umfasst die Schutzpflicht des Dienstherrn allerdings nur diejenigen
Sachen der Beamtin oder des Beamten, die notwendig und im üblichen
Rahmen zum Dienst mitgebracht werden (Kümmel, Beamtenrecht, Lose-
Blattsammlung, Stand: Januar 2012, § 45 Rn. 24). Es kann dahinstehen, ob es
sich bei sämtlichen im ehemaligen Dienstzimmer des Beklagten
vorgefundenen Gegenständen überhaupt um Privateigentum in diesem Sinne
handelt(e) (so wurden u.a. Kleidung, Reiseprospekte, Lebensmittel
vorgefunden, s. Inventarisierungsliste der Klägerin, Bl. 436 ff. Gerichtsakte),
denn eine Pflicht zur Aufbewahrung über den 31.01.2002 hinaus bestand
unabhängig hiervon nicht. Zwar verpflichtet § 87 Abs. 1 Satz 1 NBG den
Dienstherrn, für das Wohl der Beamtinnen und Beamten auch für die Zeit nach
Beendigung des Beamtenverhältnisses zu sorgen; dies gilt hinsichtlich der
Pflicht, das Privateigentum der Beamtinnen und Beamten zu schützen, zeitlich
jedoch nicht unbeschränkt. Ist das Dienstverhältnis beendet, obliegt es
vorrangig dem Beamten/der Beamtin als Eigentümer bzw. Eigentümerin
sein/ihr Dienstzimmer zu räumen und sein/ihr Privateigentum aus dem
Dienstgebäude zu schaffen. Es mag besondere Umstände geben, die den
Dienstherrn unter Fürsorgegesichtspunkten auch über die Beendigung des
Dienstverhältnisses hinaus zur Aufbewahrung des Privateigentums
seines/seiner ehemaligen Beamten/Beamtin verpflichten. Solche Umstände
sind hier jedoch nicht ersichtlich. Die Universität forderte den Beklagten mit
zwei Schreiben vom 30.10.2001 (Bl. 102 Gerichtsakte) und 25.01.2002 (Bl. 20
Gerichtsakte) jeweils unter Fristsetzung vergeblich auf, 62 Umzugskartons mit
seinem Privateigentum aus seinem ehemaligen Dienstzimmer abzuholen,
andernfalls würden die Kartons auf seine Kosten bei einer Spedition
eingelagert. Der Beklagte hat keine Gründe vorgetragen, warum er diesen
Aufforderungen nicht nachkam. Er hat damals nicht angezweifelt, dass es sich
bei dem Inhalt der 62 Umzugskartons um sein Privateigentum handelt.
Unerheblich ist, ob er damals zur Räumung seines Dienstzimmers aufgefordert
oder hieran durch die Auswechslung des Schließzylinders sogar gehindert
wurde, denn dies erklärt nicht, warum er die Umzugskartons bis zum
31.01.2002 nicht abgeholt hat. Ungeachtet dessen hätte es nahegelegen,
dass er sein Dienstzimmer noch vor Urlaubsantritt am 20.09.2001 räumt, da
mit dem Ende seines Urlaubs auch sein Dienstverhältnis beendet war. Indem
die Universität die in seinem Dienstzimmer vorgefundenen Gegenstände noch
3 1/2 Monate nach Ende des Dienstverhältnisses unentgeltlich aufbewahrt hat,
hat sie ihrer nachwirkenden Fürsorgepflicht mehr als genüge getan. Eine
längere Aufbewahrung in ihren Räumlichkeiten war ihr auch deshalb nicht
zumutbar, weil nach Angaben der Klägerin eine sichere Aufbewahrung dort
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nicht gewährleistet war, da die Lagerräume regelmäßig durch Wartungsfirmen
begangen werden bzw. wurden. Es unterfiel der Entscheidungsfreiheit der
Universität, die Umzugskisten auch aus diesem Grunde auszulagern. Die
Einlagerung der Kisten bei der Spedition L. M. ab Februar 2002 erfolgte somit
nicht mehr im Rahmen der Fürsorgepflicht der Universität, so dass die vom
Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Klägerin in eine solche Fürsorgepflicht
eingetreten ist, sich nicht stellt.
§ 48 Satz 1 BeamtStG bzw. § 86 Abs. 1 Satz 1 NBG in der im Zeitpunkt der
Einlagerung der Umzugskisten geltenden Fassung vom 19.02.2001 (a.F.)
regeln das Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem ebenfalls nicht
abschließend. Nach § 48 Satz 1 BeamtStG und dem inhaltsgleichen § 86 Abs.
1 Satz 1NBG a. F. haben Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob
fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, dem Dienstherrn, dessen
Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu
ersetzen. Ein Schadensersatzanspruch nach diesen Vorschriften scheidet für
die Klägerin bereits deshalb aus, weil sie nie Dienstherrin des Beklagten war
(s. o.).
Aber auch für die Universität scheidet § 86 Abs. 1 Satz 1 NBG a. F. als
Anspruchsgrundlage für die Erstattung der bis zum 31.12.2002 entstanden
Einlagerungskosten aus. Wesentliche Voraussetzung der Beamtenhaftung ist
die Verletzung der einer Beamtin oder einem Beamten obliegenden Pflichten.
Ein Schadensersatzanspruch nach § 86 Abs. 1 Satz 1 NBG a. F. kann sich
aus Verstößen gegen Dienst- und Amtspflichten ergeben (Kümmel, a.a.O., §
48 Rn. 12). Die Beamtenpflichten waren zum maßgebenden Zeitpunkt in §§ 61
ff. NBG a. F. geregelt. Sie verpflichteten die Beamtin/den Beamten zur
unparteiischen Amtsführung, zur Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer
Betätigung (§ 61 NBG a. F.), zur Hingabe an den Beruf und würdigem
Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 62 NBG a. F.), zur
Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Mitarbeitern und Beachtung der
Weisungsgebundenheit (§ 63 NBG a. F.), zur Rechtmäßigkeit des dienstlichen
Handelns (§ 64 NBG a. F.), zum Ablegen des Diensteids (§ 65 NBG a. F.) und
verbot ihm/ihr Amtshandlungen, die sich gegen ihn/sie selbst oder einen
Angehörigen richten oder die ihm/ihr oder einem Angehörigen einen Vorteil
verschaffen würden (§ 66 NBG a. F.). Indem der Beklagte die Kisten mit dem
Inhalt seines ehemaligen Dienstzimmers nicht aus dem Dienstgebäude der
Universität C. entfernt hat, hat er keine dieser Pflichten verletzt. Ebenso wenig
hat er hierdurch die aus der rechtlichen Stellung der Beamtin oder des
Beamten allgemein abzuleitende Pflicht, bei Ausübung des Dienstes die
Belange des Dienstherrn aktiv zu fördern und den Dienstherrn unmittelbar oder
mittelbar schädigende Handlungen zu unterlassen, verletzt (vgl. Kümmel,
a.a.O., § 48 Rn. 12). Insoweit käme allein eine Pflichtverletzung durch
Unterlassen in Betracht (vgl. Kümmel, a.a.O., § 48 Rn. 13). Selbst wenn man in
der unterlassenen Abholung der Umzugskisten nach Beendigung des
Dienstverhältnisses eine Pflichtverletzung des Beklagten sehen würde, würde
es an dem für eine Pflichtverletzung im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 NBG a.F.
notwendigen inneren Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und
dienstlicher Tätigkeit fehlen (vgl. Kümmel, a.a.O., § 48 Rn. 15), denn in dem
hier maßgebenden Zeitpunkt der Einlagerung der Umzugskisten am
01.02.2002 war das Dienstverhältnis des Beklagten mit der Universität bereits
beendet. Auf die Frage, ob der Beklagte dadurch eine Pflichtverletzung im
Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 1 NBG a.F. begangen hat, dass er sein
Dienstzimmer nicht selbst geräumt hat, kommt es hier nicht an, denn insoweit
macht die Klägerin keinen Erstattungsanspruch geltend. Demnach scheidet
mangels einer Dienstpflichtverletzung des Beklagten auch ein
beamtenrechtlicher Schadensersatzanspruch der Universität für die bis zum
31.12.2002 entstandenen Einlagerungskosten aus. Weitere Vorschriften, die
das Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem abschließend regeln
könnten, sind nicht ersichtlich. Demnach verbleibt als Anspruchsgrundlage für
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die Erstattung der streitbefangenen Einlagerungskosten allein eine
Geschäftsführung ohne Auftrag.
Ein Aufwendungsersatzanspruch aus GoA nach § 683 BGB erfordert, dass die
Voraussetzungen des § 677 BGB vorliegen. Nach § 677 BGB hat, wer ein
Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm
gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, das Geschäft so zu führen, wie das
Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder
mutmaßlichen Willen es erfordert. Entspricht die Übernahme der
Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen
Willen des Geschäftsführers, so kann nach § 683 Satz 1 BGB der
Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.
Für einen anderen wird tätig, wer ein Geschäft nicht nur als eigenes, sondern
(mindestens auch) als fremdes besorgt. Das Geschäft muss nicht objektiv
fremd sein; es genügt der Fremdgeschäftsführungswille, d.h. das Bewusstsein
und der Wille das (wenn auch objektiv eigene oder neutrale) Geschäft für den
anderen zu führen. Jedoch sind an den Nachweis des
Fremdgeschäftsführungswillens je nach objektivem Erscheinungsbild des
Geschäfts (fremd, neutral, eigen) unterschiedliche Anforderungen zu stellen
(Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 3). Bei der Einlagerung der 62 Umzugskartons
handelt es sich unzweifelhaft insoweit um ein objektiv fremdes Geschäft, als
unstreitig 20 % des Gesamtinhalts der Kisten Privateigentum des Beklagten
umfassten und spätestens im Zeitpunkt der Einlagerung am 01.02.2002 allein
dem Beklagten als Eigentümer die Sicherung seines Eigentums oblag (vgl.
Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 4). Bei einem objektiv fremden Geschäft besteht allein
aufgrund seiner Vornahme eine tatsächliche, aber widerlegliche Vermutung,
dass der Geschäftsführer das Bewusstsein und den Willen der
Fremdgeschäftsführung hat (vgl. Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 4). Unterstellt bei
den restlichen 80 % der eingelagerten Gegenstände handelt(e) es sich um
Eigentum der Universität bzw. der Klägerin, würde insoweit ein objektiv
eigenes Geschäft vorliegen. Objektiv eigene Geschäfte erhalten ihren
Fremdcharakter erst durch den Willen des Handelnden, das Geschäft
vordringlich oder mindestens zugleich für den anderen zu führen (subjektiv
fremde Geschäfte). Der Wille, ein solches Geschäft auch für einen anderen zu
führen, muss hinreichend deutlich nach außen in Erscheinung treten (Sprau,
a.a.O., § 677 Rn. 5). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Universität hat vor
Einlagerung der 62 Umzugskartons deutlich gemacht, dass sie mit der
Einlagerung ein Geschäft des Beklagten habe besorgen wollen, denn sie hat
den gesamten Inhalt der 62 Umzugskartons als Eigentum des Beklagten
betrachtet. Dies hat sie durch ihre Schreiben vom 30.10.2001 und 25.01.2002
gegenüber dem Beklagten eindeutig zum Ausdruck gebracht. Der Annahme
des Fremdgeschäftsführungswillens steht auch nicht die Behauptung des
Beklagten entgegen, ROAR K. U., dessen Rolle bei der Einlagerung der im
ehemaligen Dienstzimmer des Beklagten vorgefundenen Gegenstände dem
Gericht nicht bekannt ist, habe auf Nachfrage erklärt, dass die Einlagerung
damals aufgrund der nachwirkenden Fürsorgepflicht der Universität ihm
gegenüber erfolgt sei. In diesem Fall hätte die Universität die Sicherung des
Eigentums des Beklagten zugleich als eigenes und fremdes Geschäft besorgt,
da sie davon ausgegangen wäre, dass die Übernahme zugleich im eigenen
und im Interesse des Beklagten gelegen hätte. Die Wahrung (auch) eigener
Interessen schließt den Fremdgeschäftsführungswillen jedoch nicht aus; auch
hier wird nach der Rechtsprechung der Wille, ein fremdes Geschäft (mit) zu
besorgen, wie beim objektiv fremden Geschäft grundsätzlich vermutet,
insbesondere wenn – wie hier – das Interesse des anderen an der Vornahme
der Handlung im Vordergrund steht (vgl. Palandt, a.a.O., § 677 Rn. 6). Auf den
Streit zwischen den Beteiligten, ob der gesamte Inhalt der 62 Umzugskisten im
Eigentum des Beklagten steht, kommt es somit nicht an; diese Frage kann
deshalb offen bleiben. Die Universität hat mit der Einlagerung der Kisten ein
privatrechtliches Geschäft besorgt. Dies gilt auch insoweit, als sie ihr
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Privateigentum eingelagert hätte; denn in diesem Fall wäre sie fiskalisch und
nicht öffentlich-rechtlich tätig geworden. Die Vorschriften über die GoA gelten
hier deshalb unmittelbar.
Die Einlagerung der im ehemaligen Dienstzimmer des Beklagten
vorgefundenen Gegenstände bei einer Spedition entsprach im maßgebenden
Zeitpunkt der Geschäftsübernahme auch dem Interesse des Beklagten unter
Berücksichtigung seines mutmaßlichen Willens. Dies gilt nicht nur hinsichtlich
der 20 % der eingelagerten Gegenstände, die der Beklagte als sein Eigentum
anerkennt, sondern hinsichtlich sämtlicher eingelagerter Gegenstände. Der
mutmaßliche Wille ist nicht der, den der Geschäftsführer subjektiv, sei es auch
schuldlos irrtümlich annimmt, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei
objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert
haben würde (Sprau, a.a.O., § 683 Rn. 5). Der Beklagte wäre im Zeitpunkt der
Geschäftsübernahme durch die Universität mutmaßlich mit der Einlagerung
sämtlicher in seinem ehemaligen Dienstzimmer vorgefundener Gegenstände
einverstanden gewesen. Er hat im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme und
auch zuvor nie angezweifelt, dass das von ihm in seinem ehemaligen
Dienstzimmer hinterlassene Privateigentum vom Umfang her 62
Umzugskartons füllen könnte. Dies hätte sich aber aufgedrängt, sollte seine
Behauptung zutreffen, dass der Inhalt der 62 Kartons zu 80 - 90 % im
Eigentum der Klägerin stehe bzw. im Eigentum der Universität gestanden
habe, denn in diesem Fall wäre allenfalls die Einlagerung von 12
Umzugskartons notwendig gewesen. Da er dies nicht getan hat, ist davon
auszugehen, dass er im Zeitpunkt der Einlagerung selbst davon ausging, dass
der gesamte Inhalt der 62 Umzugskisten sein Eigentum beinhaltete. Hiervon
ging er offenbar auch noch aus, als er am 31.08.2009 die Umzugskisten bei
der Spedition L. M. abholte, denn andernfalls hätte er die Kisten sicher vor Ort
gesichtet und nur sein Eigentum aus den Kisten mitgenommen. Eine
Durchsicht der Kisten nahm er jedoch erst im Frühjahr 2010 vor. Demnach lag
gemäß § 677 BGB die Einlagerung aller 62 Umzugskisten in seinem Interesse
Die Universität hat auch ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung gegenüber
dem Beklagten gehandelt (vgl. Sprau, a.a.O., § 677 Rn. 11).
Entgegen der Ansicht des Beklagten steht einem Anspruch aus § 683 BGB
nicht ein Verstoß gegen § 681 Satz 1 BGB entgegen. Danach hat der
Geschäftsführer die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist,
dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr
verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten. Die Universität hat dem
Beklagten mit Schreiben vom 30.10.2001 und 25.01.2002 angezeigt, dass sie
die Kisten mit seinem Privateigentum aus seinem ehemaligen Dienstzimmer
ab Februar 2002 auf seine Kosten bei der Firma L. M. Möbellogistik GmbH
einlagern werde. Es kann dahin gestellt bleiben, ob sie entgegen § 681 Satz 1
BGB die Entschließung des Beklagten nicht abgewartet hat oder ob dessen
unterbliebene Reaktion und seine Interessenbekundungen an der
Herausgabe von Gegenständen aus seinem ehemaligen Dienstzimmer nicht
als konkludente Zustimmung zu der Einlagerung zu werten sind. § 681 Satz1
regelt eine Nebenpflicht bei der Ausführung der Geschäftsführung; ein
Pflichtverstoß insoweit begründet evtl. Schadensersatzansprüche gegen den
Geschäftsführer, lassen aber dessen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach
§ 683 Satz 1 BGB unberührt (Sprau, a.a.O., § 683 Rn. 2).
Lagen demnach im Zeitpunkt der Einlagerung der Umzugskisten die
Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung nach § 683 Satz 1
BGB vor, konnte die Universität als Geschäftsführerin wie eine Beauftragte
Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Ein Beauftragter kann nach § 670 BGB
Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die er zum Zweck der
Ausführung des Auftrags den Umständen nach für erforderlich halten darf. Die
Universität durfte die im Zeitraum 01.02.2002 bis 31.12.2002 angefallenen
Einlagerungskosten i.H.v. insgesamt 684,97 Euro entsprechend § 670 BGB für
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erforderlich halten. Der Einwand des Beklagten, die diesem Betrag zugrunde
liegende monatliche Miete von 62,27 Euro (vgl. Rechnung L. M. vom
21.10.2008, Bl. 550 GA) sei unangemessen hoch, ist unsubstantiiert. Im
Gegenteil spricht seine Behauptung, er habe die im August 2009 bei der
Spedition M. abgeholten Umzugskartons später selbst für zunächst 100,00
Euro monatlich und ab Juni 2012 für 50,00 Euro monatlich eingelagert dafür,
dass die angefallenen Einlagerungskosten von monatlich 62,27 Euro sich im
üblichen Rahmen hielten. Seine weitere Behauptung, die 62 Kartons hätten bei
mehreren konkurrierenden Anbietern für weniger als die Hälfte der tatsächlich
angefallenen Kosten eingelagert werden können, hat er weder konkretisiert
noch durch entsprechende Angebote belegt. Unzutreffend ist seine
Behauptung, die Kosten hätten dadurch reduziert werden können, dass nur
ein Container angemietet worden wäre, da die 62 Umzugskartons in nur einem
Container Platz gefunden hätten. Die Einlagerungskosten wurden lt. Rechnung
der Firma L. M. vom 14.02.2002 pro cbm und angefangenen Kalendermonat
und nicht pro Container berechnet (Bl. 481 Gerichtsakte). Unerheblich ist auch
sein Einwand, die Einlagerungskosten würden den Wert der eingelagerten
Gegenstände übersteigen. Dies gilt bereits deshalb, weil sich der Wert von u.a.
eingelagerten persönlichen Urkunden in Geld gar nicht bemessen lässt.
Der der Universität aus einer GoA entstandene Aufwendungsersatzanspruch
nach § 683 Satz 1 BGB in Höhe von 684,97 Euro ist gemäß § 3 Abs. 4 StiftVO-
UGÖ mit Errichtung der Klägerin als rechtsfähige Stiftung öffentlichen Rechts
zum 01.01.2003 auf diese übergegangen. Nach dieser Vorschrift gehen
Forderungen und Rechte sowie die Pflichten der Universität gegenüber dem
Land oder Dritten auf die Stiftung über. Der Beklagte ist Dritter im Sinne dieser
Vorschrift, denn die Universität ist im Rahmen der Geschäftsführung ohne
Auftrag für den Beklagten als Dritte und nicht als Dienstherrin für ihren
ehemaligen Beamten tätig geworden (s.o.). Ab dem 01.01.2003 ist die Klägerin
gemäß § 3 Abs. 4 StiftVO-UGÖ in den Vertrag mit der Spedition L. M. und in
das gesetzliche Schuldverhältnis der GoA zwischen Universität und Beklagtem
eingetreten und hat die Geschäftsbesorgung fortgeführt. Sie hat den Vertrag
mit der Spedition L. M. nicht gekündigt und weiterhin die 62 Umzugskartons für
den Beklagten eingelagert. Dies entsprach auch weiterhin gemäß § 677 BGB
dem Interesse des Beklagten mit Rücksicht auf dessen mutmaßlichen Willen.
Insoweit gelten die diesbezüglichen Ausführungen zur GoA der Universität
entsprechend. Die im Zeitraum 01.01.2003 bis einschließlich 2006
angefallenen Einlagerungskosten von 62,29 Euro monatlich und 63,88 Euro
monatlich in den Jahren 2008 und 2009, zuzüglich einer Auslagerungsgebühr
von 47,06 Euro, sind auch nicht unangemessen hoch. Insoweit wird auf die
obigen Ausführungen zu § 670 BGB Bezug genommen. Der Klägerin steht
folglich gemäß § 683 Satz 1 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber
dem Beklagten für die im Zeitraum 01.02.2002 bis 31.08.2009 angefallenen
Einlagerungskosten von insgesamt 5.829,57 Euro (s. Aufstellungen L. M. vom
21.10.2008 und 23.11.2009, Bl. 553, 554 Gerichtsakte) zu.
Dieser Anspruch ist weder durch Aufrechnung nach § 389 BGB erloschen,
noch steht dem Beklagten hiergegen ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§
273 f. BGB zu. Voraussetzung hierfür wäre jeweils eine wirksame und fällige
Gegenforderung. Der Beklagte hat weder dargelegt noch ist ersichtlich, aus
welcher Anspruchsgrundlage sich eine solche Forderung ergeben könnte.
Soweit er meint, ihm stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu, bis in seinem
Klageverfahren 1 A 295/13 eine Entscheidung ergangen ist, entbehrt dies
jeder Grundlage.
Die Forderungen sind unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften
nach §§ 195, 199 BGB auch nicht verjährt, da dem Beklagten jeweils vor
Ablauf der Verjährung Mahnbescheide zugestellt wurden bzw. die Klägerin
Klage erhoben hat.
Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 BGB begründet. Nach § 288
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Abs. 1 Satz 1 ist eine Geldschuld während des Verzugs zu verzinsen. Nach
Satz 2 beträgt der Verzugszinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem
Basiszinssatz. Die Voraussetzungen, unter denen ein Schuldner in Verzug
gerät, sind in § 286 BGB geregelt. Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des
Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch
die Mahnung in Verzug (Absatz 1 Satz 1). Der Mahnung stehen die Erhebung
der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im
Mahnverfahren gleich (Absatz 1 Satz 2). Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (Absatz 2 Nr. 1
BGB).
Hinsichtlich des Forderungsbetrags von 2.179,45 Euro ist der Beklagte durch
die Mahnung der Klägerin vom 12.01.2005 ab 29.01.2005 in Verzug
gekommen. Mit diesem Schreiben, das die Vertreterin der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung vom 02.04.2014 vorgelegt hat, wurde der Beklagte
zum zweiten Mal aufgefordert, die ihm mit Schreiben vom 21.12.2004 in
Rechnung gestellten Einlagerungskosten von 2.179,45 Euro bis spätestens
28.01.2005 zu zahlen. Eine Zahlung durch den Beklagten erfolgte bis heute
nicht. Die Mahnung ist ihm nach dem von der Vertreterin der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung vom 02.04.2014 vorgelegten schriftlichen Vermerk
vom 15.01.2005 auch zugegangen. In diesem Vermerk bestätigt die
Mitarbeiterin der Klägerin V. W., dass sie das Schreiben vom 12.01.2005 nebst
Anlage im verschlossenen Umschlag persönlich im Beisein der
Auszubildenden X. Y. unter der Zimmertür des Appartements XXX
durchgeschoben habe. Unterschrieben ist der Vermerk von V. W. und der
Auszubildenden X. Y.. Bei dem Appartement XXX handelt es sich um das vom
Beklagten damals und auch noch heute bewohnte Appartement XXX, I., C..
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 02.04.2014 bestätigt,
dass er die Mahnung vom 12.01.2005 erhalten habe. Die Mahnung erfolgte
auch nach Fälligkeit. Soweit der Beklagte im Mahnverfahren bestritten hat, die
in der Mahnung vom 12.01.2005 genannte Rechnung vom 21.12.2004
erhalten zu haben, dürfte dies unzutreffend sein. Er hat nach seinen weiteren
Angaben im Mahnverfahren eine Rechnung vom 29.12.2004 zur
„Weiterberechnung Kosten Einlagerung“ ohne Rechnungsnummer und
Fälligkeitsdatum erhalten. Hierbei handelte es sich offenbar um die Rechnung
vom 21.12.2004, denn diese trägt – wie vom Beklagten vorgetragen – den Titel
„Weiterberechnung Kosteneinlagerung“ und enthält weder Rechnungsnummer
noch Fälligkeitsdatum (s. Blatt 22 Gerichtsakte). Bei dem vom Beklagten
angegebenen Datum 29.12. anstatt 21.12.2004 dürfte es sich um eine
versehentliche Falschangabe handeln, denn eine weitere Rechnung vom
29.12.2004 gibt es nicht.
Hinsichtlich eines Forderungsbetrags von 2.835,96 Euro ist der Beklagte ab
dem 31.12.2008 in Verzug gekommen. Ihm wurde über diesen Betrag am
30.12.2008 ein Mahnbescheid zugestellt, wie sich aus einem von der
Vertreterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 02.04.2014
vorgelegten Schreiben des Amtsgerichts O. vom 06.01.2009 an die D. C.
ergibt. Der Beklagte hat darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung erklärt,
nicht zu bestreiten, dass ihm der Mahnbescheid am 30.12.2008 zugestellt
worden sei. Den Betrag von 2.835,96 Euro hat der Beklagte ebenfalls bis
heute nicht gezahlt.
Hinsichtlich eines Betrags von 814,16 Euro ist der Beklagte durch die
Rechnung der Klägerin vom 26.11.2009, mit der er zur Zahlung von 814,16
Euro Einlagerungskosten bis 10.12.2009 aufgefordert wurde, gemäß § 286
Abs. 2 Nr. 1 BGB ab dem 11.12.2009 in Verzug geraten. Soweit er behauptet,
diese Rechnung nie erhalten zu haben, ist dies durch die von der Klägerin
eingereichte schriftliche Bestätigung ihrer Mitarbeiterin Q. R. vom 02.12.2009
widerlegt. Dort hat Frau R. vermerkt, dass sie eine Rechnung vom 24.11.2009
über die Einlagerung der Akten und sonstigen Gegenstände bei der Firma L.
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M., um 14.00 Uhr in den Briefkasten des Appartements XXX gelegt habe. Bei
dem Appartement XXX handelt es sich wie bereits ausgeführt um die damalige
und heutige Wohnung des Beklagten. Soweit in dem Vermerk von einer
Rechnung vom 24.11. anstatt 26.11.2009 die Rede ist, handelt es sich
offenbar um einen Schreibfehler, denn der weitere Inhalt des Vermerks
„Rechnung (vom 24.11.2009) für die Einlagerung der Akten und sonstigen
Gegenstände bei der Firma L. M.“ lässt den Rückschluss zu, dass es sich bei
der in den Briefkasten eingeworfenen Rechnung nur um die Rechnung vom
26.11.2009 gehandelt haben kann, denn eine weitere Rechnung über
Einlagerungskosten hat die Klägerin in diesem Zeitraum gegenüber dem
Beklagten nicht erstellt.
Die Widerklage hat keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist. Gemäß § 89
VwGO kann bei dem Gericht der Klage eine Widerklage erhoben werden,
wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch
oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln im
Zusammenhang steht. Dabei gelten die allgemeinen
Prozessvoraussetzungen, insbesondere muss auch die sachliche
Zuständigkeit gegeben sein (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage, 2013, § 89
Rn. 3). Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte macht mit seiner Widerklage
ausschließlich privatrechtliche Ansprüche gegenüber der Klägerin geltend.
Hierfür ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Nach § 40 Abs. 1 ist der
Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht
verfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch
Bundesgesetz oder auf dem Gebiet des Landesrechts auch durch
Landesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen sind. Letzteres ist hier nicht
der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.