Urteil des VG Gießen vom 27.05.1998

VG Gießen: wiedereinsetzung in den vorigen stand, beihilfe, rückforderung, widerruf, landwirtschaft, abgabe, verordnung, programm, kontrolle, fristversäumnis

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Gericht:
VG Gießen 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 E 945/97 (4)
Dokumenttyp:
Gerichtsbescheid
Quelle:
Normen:
§ 10 MOG, Art 1 EWGV
3887/92, § 49 Abs 2 VwVfG
HE, § 49a VwVfG HE, Art 8
EWGV 3887/92
(Zur Rückforderung einer Förderung - hier: fehlender
Förderungsantrag)
Tatbestand
Mit Formularantrag vom 30.07.1993 beantragte die Klägerin die Förderung der
Beibehaltung einer extensiven Landbewirtschaftung1993 (Hessisches
Kulturlandschaftsprogramm -HEKUL-) und gab hier bei an, sie beantrage eine
Beihilfe für die Beibehaltung einer extensiven Landbewirtschaftung für die Dauer
von mindestens fünf Jahren.
Mit Bescheid vom 25.11.1993 bewilligte das ARLL Vogelsberg eine Beihilfe in Höhe
von 2.358,-- DM für das Wirtschaftsjahr 92/93 im Rahmen der Förderung nach dem
HEKUL.
Unter dem 07.05.1994 beantragte die Klägerin die Fortsetzung der erstmals am
31.07.1993 beantragten Förderung einer extensiven Landbewirtschaftung für das
laufende Wirtschaftsjahr 1993/94. Mit Bescheid vom 05.11.1994 bewilligte das
ARLL Lauterbach im Rahmen der Förderung nach dem HEKUL eine Beihilfe von
jährlich 2.358,-- DM und führte hierbei aus, die Beihilfe würde bei Einhaltung aller
sich aus den Richtlinien ergebenden Verpflichtungen und beim Vorliegen der
haushaltsmäßigen Voraussetzungen für die Gesamtdauer von fünf Jahren gezahlt.
Die Auszahlung erfolge rückwirkend für das abgelaufene Wirtschaftsjahr, jeweils
nach dem 30.06. eines Jahres.
Für das Wirtschaftsjahr 94/95 reichte die Klägerin einen gemeinsamen Antrag
Agrarförderung 1995 Hessen ein, auf den das ARLL Vogelsberg mit Schreiben vom
06.06.1995 der Klägerin mitteilte, der Antrag könne wegen Unvollständigkeit nicht
bearbeitet werden. Die Klägerin wurde um Übersendung des
Einkommensteuerbescheides, der zuletzt vorliege sowie um Übersendung des
Einheitswertbescheides und um Ausfüllung des Antrages mit Kugelschreiber
gebeten. Zur Erledigung wurde eine Frist bis zum 14.06.1995 gesetzt; am
04.08.1995 wurde die Klägerin telefonisch angemahnt. Ein Eingang der geforderten
Unterlagen ist den Behördenvorgängen nicht zu entnehmen.
Mit Bescheid vom 04.09.1995 lehnte das ARLL Lauterbach den Antrag auf
Förderung der Beibehaltung einer extensiven Landbewirtschaftung ab, weil die
Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Es sei kein gemeinsamer Antrag
1995 abgegeben worden.
Mit Bescheid vom 11.03.1996 widerrief das ARLL Vogelsberg die Bescheide vom
25.11.1993 und vom 05.11.1994 und forderte die bereits ausgezahlte Beihilfe in
Höhe von insgesamt 5.234,76 DM (inclusive Zinsen) zurück.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bewilligungsbescheide seien aufzuheben,
da kein gemeinsamer Antrag 1995 abgegeben worden sei. Die Entscheidung
beruhe auf § 7 Haushaltsgesetz in Verbindung mit Nr. 8.2 der
Förderungsrichtlinien.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.03.1996 Widerspruch ein, den sie im
wesentlichen damit begründete, sie habe den gemeinsamen Antrag 1995
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wesentlichen damit begründete, sie habe den gemeinsamen Antrag 1995
fristgerecht abgegeben und im übrigen nicht gegen die Förderungsrichtlinien
verstoßen. Sie habe die eingegangenen Verpflichtungen eingehalten, es liege
möglicherweise lediglich kein Antrag für 1995 vor. Die Konsequenzen bei einer
Fristversäumnis für die Abgabe des gemeinsamen Antrages Agrarförderung 1995
seien abschließend geregelt. Eine Regelung, wonach bei verspäteter oder
unterlassener Einreichung des Antrages früher gezahlte Beihilfeprämien
zurückzufordern seien, sei nicht zu finden.
Mit Bescheid vom 14.05.1997 wies das Hessische Landesamt für
Regionalentwicklung und Landwirtschaft, Außenstelle Wetzlar, den Widerspruch der
Klägerin zurück.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, in den Bewilligungsbescheiden
sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß die jährliche rechtzeitige
Einreichung des "gemeinsamen Antrages Agrarförderung" Grundlage und
Voraussetzung für die weitere Beihilfezahlung nach den Richtlinien HEKUL sei. Die
Klägerin habe den "gemeinsamen Antrag Flächen" nicht fristgerecht vollständig
eingereicht. Trotz mehrfacher Rücksprachen habe sie den Antrag nicht
vervollständigt. Mit Bescheid vom 04.09.1995 habe das ARLL aufgrund der
Fristversäumnis die Bewilligung der Beihilfezahlung abgelehnt. Dieser Bescheid sei
inzwischen bestandskräftig. Der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom
11.03.1996 sei rechtmäßig, denn die Klägerin habe für das Jahr 1995 den
"gemeinsamen Antrag Agrarförderung" nicht fristgerecht und vollständig
eingereicht und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei ihr insoweit nicht zu
gewähren.
Ein Zustellungsnachweis ist den vorgelegten Behördenvorgängen nicht zu
entnehmen.
Am 22.06.1997 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, sie habe die Beanstandungen zum
Antrag 1995 nicht behoben und sei demgemäß davon ausgegangen, für das
diesbezügliche Wirtschaftsjahr keine Beihilfe zu erhalten. Aus diesem Grund sei
auch die Ablehnung der Förderung nicht angefochten worden. Die Verhältnisse auf
dem von ihr genutzten Grundstücken hätten sich nicht geändert. Viehbestand und
Grundstücksbestand seien bis zum heutigen Zeitpunkt gleich geblieben. Die
Verpflichtungen unter Ziffer 4 der HEKUL-Richtlinien halte sie ein. Der Widerrufs-
und Rückforderungsbescheid sei rechtswidrig, da eine gesetzliche Grundlage
hierfür nicht gegeben sei. Folgen eines unvollständig oder verfristet gestellten
Förderungsantrages sei allenfalls die Nichtgewährung der Beihilfe für das
beantragte Wirtschaftsjahr, der Widerruf und die Rückforderung von
Beihilfebescheiden und -gewährungen, die für die zeitlich davorliegenden
Wirtschaftsjahre bereits bestandskräftig erfolgt seien, sei dagegen nicht möglich.
Im übrigen liege in der verspäteten oder unvollständigen Einreichung des Antrages
kein Verstoß gegen die Verpflichtungen nach den HEKUL-Richtlinien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Amtes für Regionalentwicklung, Landschaftspflege und
Landwirtschaft, Vogelsberg vom 11.03.1996 und den Widerspruchsbescheid des
Hessischen Landesamtes für Regionalentwicklung und Landwirtschaft vom
14.05.1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er im wesentlichen aus, die Klägerin habe mit der
Unterschrift unter den Antrag die einschlägigen Förderrichtlinien und
haushaltsrechtlichen Bestimmungen verbindlich anerkannt. Sie sei die
Verpflichtung eingegangen, ihren Betrieb während des fünfjährigen
Verpflichtungszeitraumes extensiv zu bewirtschaften und alle weiteren sich aus
den Förderrichtlinien und dem Bewilligungsbescheid ergebenden Verpflichtungen
einzuhalten. Insbesondere sei sie die Verpflichtung eingegangen, jährlich einen
Nachweis über die in ihrem Betrieb nach den HEKUL-Richtlinien bewirtschafteten
Flächen zu erbringen. Der Nachweis sei mit der rechtzeitigen und vollständigen
Einreichung des gemeinsamen Antrages Agrarförderung zu erbringen. Dieser
Nachweispflicht sei die Klägerin nicht nachgekommen. Nach Nr. 8.2 der HEKUL-
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Nachweispflicht sei die Klägerin nicht nachgekommen. Nach Nr. 8.2 der HEKUL-
Richtlinien in Verbindung mit § 49 Abs. 2 und 3 HessVwVfG sei die Beklagte
verpflichtet gewesen, die in den Vorjahren an die Klägerin gewährten Beihilfen
zurückzufordern. Die Entscheidung liege nicht im Ermessen der Beklagten, denn
durch Nr. 8.2 der Richtlinien sei die nach § 49 Abs. 3 HessVwVfG mögliche
Ermessensentscheidung eingeschränkt. Dies ergebe sich des weiteren auch aus
Nr. 8.1 ff. der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 44
Landeshaushaltsordnung.
Mit Beschluß vom 25.02.1998 hat die Kammer, nachdem den Beteiligten zuvor
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist, den Rechtsstreit gemäß § 6
VwGO dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Mit Verfügung des Einzelrichters vom 31.03.1998 sind die Beteiligten auf die
Absicht einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen worden. Ihnen ist
Gelegenheit eingeräumt worden, sich innerhalb eines Monats ab Zugang der
Gerichtsbescheidsanfrage zu dieser Verfahrensweise sowie abschließend zur
Sache zu äußern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenvorgänge des Beklagten (1
Hefter) Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung kann gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid
ergehen, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder
rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die nach Abs. 1 Satz 2
dieser Vorschrift vorgesehene Anhörung der Beteiligten ist mit dem Hinweis auf
den beabsichtigten Gerichtsbescheid unter Einräumung einer zeitlich begrenzten
Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme erfolgt.
Die zulässige Klage ist begründet..
Der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des Amtes für Regionalentwicklung,
Landschaftspflege und Landwirtschaft Vogelsberg vom 11.03.1996 und der
Widerspruchsbescheid des Hessischen Landesamtes für Regionalentwicklung und
Landwirtschaft vom 14.05.1997 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in
ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Dabei kann offen bleiben, ob Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der
angefochtenen Bescheide §§ 49, 49a HessVwVfG oder § 10 MOG, jeweils in
Verbindung mit § 7 Landeshaushaltsordnung, der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92
der Kommission vom 23.12.1992 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
Nr. L 391/36) und den Richtlinien des Hessischen Ministeriums für
Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz zur
Förderung einer extensiven Landbewirtschaftung vom 23.06.1993 (Staatsanzeiger
S. 1732) ist, denn die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlagen zum
Widerruf der Bescheide vom 25.11.1993 und vom 05.11.1994 sowie zur
Rückforderung der bereits ausgezahlten Beihilfen für die Wirtschaftsjahre 1992/93
und 1993/94 liegen nicht vor. Voraussetzung für den Widerruf rechtmäßig
begünstigender Verwaltungsakte - wie vorliegend die Bewilligungsbescheide vom
25.11.1993 und vom 05.11.1994 - ist nach diesen Vorschriften insbesondere, daß
eine Voraussetzung für den Erlaß der Bescheide nachträglich entfallen oder nicht
eingehalten worden ist bzw. der Verwaltungsakt mit einer Auflage verbunden ist
und der Begünstigte diese nicht erfüllt hat, was bei Fallgestaltung vorliegender Art
dann der Fall sein könnte, wenn die Klägerin die mit der Teilnahme am HEKUL
eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt hätte. Entgegen der Auffassung des
Beklagten hat die Klägerin jedoch nicht gegen die Verpflichtungen nach den
Richtlinien vom 23.06.1993 mit der Folge verstoßen, daß bereits bewilligte und
gewährte Beihilfen unter Widerruf der Bewilligungsbescheide von ihr
zurückgefordert werden könnten. Ein derartiger Verstoß liegt entgegen der
Auffassung des Beklagten nicht darin, daß die Klägerin den gemeinsamen Antrag
1995 möglicherweise nicht, nicht fristgemäß oder nicht vollständig eingereicht hat,
denn eine Verpflichtung der Klägerin zur Einreichung dieses Antrages hat nach
Auffassung des Gerichts allenfalls Auswirkungen für die Gewährung der Beihilfe für
das aktuelle Wirtschaftsjahr, kann aber nicht Grundlage für den Widerruf und die
Rückforderung zuvor gewährter Beihilfen sein.
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Nach den HEKUL-Richtlinien vom 23.06.1993 ist die Beihilfe zurückzufordern, wenn
die Beihilfeempfänger ihre eingegangenen Verpflichtungen nicht einhalten (Nr.
8.2). Verpflichtungen in diesem Sinne ergeben sich aus Nr. 4 der Richtlinien vom
23.06.1993. In den dort genannten Verpflichtungen ist aber eine Pflicht zur
fristgemäßen Abgabe eines Beihilfeantrages für das jeweilige Wirtschaftsjahr
gerade nicht geregelt. Die geregelten Verpflichtungen beziehen sich vielmehr
lediglich auf die tatsächliche Einhaltung der mit der Förderung verbundenen Ziele
der extensiven Landbewirtschaftung. Die der Klägerin seitens des Beklagten
vorgeworfene Pflichtverletzung läßt sich auch der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92
nicht entnehmen. Die Folgen verspäteter Antragstellung sind in Art. 8 und die
Sanktionen in Art. 9 geregelt. Art. 8 regelt diesbezüglich, daß bei verspäteter
Antragstellung die Beihilfe zu kürzen und gegebenenfalls ganz zu versagen ist.
Dies bezieht sich aber ersichtlich nur auf dasjenige Wirtschaftsjahr, für das aktuell
eine Beihilfe beantragt wird. Diesbezüglich hat der Beklagte für das Wirtschaftsjahr
1994/95 die Gewährung einer Beihilfe bestandskräftig abgelehnt. Weitergehende
Maßnahmen im Falle verspäteter oder nicht zureichender Antragstellung sieht Art.
8 dieser Verordnung nicht vor. Weitergehende Sanktionen sieht Art. 9 für den Fall
vor, daß die eingegangene Verpflichtung in tatsächlicher Hinsicht nicht erfüllt wird.
In tatsächlicher Hinsicht hat die Klägerin - dies wird von dem Beklagten auch nicht
bestritten -aber nicht gegen die eingegangenen Stillegungsverpflichtungen
verstoßen, insbesondere bewirtschaftet sie die Fläche nach den Grundsätzen der
HEKUL-Richtlinien vom 23.06.1993. Damit ist in tatsächlicher Hinsicht ein Verstoß
gegen die eingegangenen Verpflichtungen nicht ersichtlich.
Auch der Erlaß des Hessischen Ministeriums zum gemeinsamen Antrag
Agrarförderung 1995 (Staatsanzeiger S. 1056) bildet keine Grundlage für den
Widerruf und die Rückforderung bereits bewilligter und gewährter Beihilfen für
davorliegende Wirtschaftsjahre. Dieser Erlaß regelt unter Ziffer 5 vielmehr die
Förderung einer extensiven Landbewirtschaftung nach dem HEKUL nur im Hinblick
auf den Termin zur Abgabe eines Antrages auf Beihilfe und führt explizit aus, "zur
Fortsetzung einer in den Vorjahren erfolgten Extensivierungsförderung nach den
Richtlinien vom 23. Juni 1993 bedarf es zwar keiner förmlichen Antragstellung, für
die Beihilfegewährung ist jedoch der Flächen- und Nutzungsnachweis 1995
maßgebend, so daß der gemeinsame Antrag Agrarförderung mit Anlage 1
einzureichen ist. Damit aber hat das Hessische Ministerium zur Überzeugung des
Gerichts zu Recht dargestellt, daß zu den eingegangenen Verpflichtungen gerade
nicht die Abgabe eines gemeinsamen Antrages zählt; dieser Antrag ist vielmehr
nur maßgebend für die Bewilligung der Beihilfe, nicht aber für die Teilnahme am
Programm insgesamt und damit auch nicht für Widerruf und Rückforderung bereits
gewährter Beihilfen in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren.
Weiterhin ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin weder in dem Antrag vom
30.07.1993 noch in dem Antrag vom 07.05.1994 eine Verpflichtung dahingehend
eingegangen ist, im Rahmen der Teilnahme am HEKUL-Programm Beihilfeanträge
zu stellen. Auch aus den Beihilfebescheiden vom 25.11.1993 und vom 05.11.1994
ergibt sich eine derartige Pflicht nicht. Entgegen der Auffassung des Beklagten im
Widerspruchsbescheid wird in den Bewilligungsbescheiden auf Seite 3 - der
Bewilligungsbescheid vom 05.11.1994 besteht im übrigen nur aus zwei Seiten -
keine Pflicht der Klägerin zur Stellung eines Beihilfeantrages für das jeweilige
Wirtschaftsjahr mit der Folge statuiert, daß bei unterlassener Antragstellung die in
den vorangegangenen Wirtschaftsjahren gewährte Beihilfe widerrufen und
zurückgefordert werden kann. Zutreffend weist der Bevollmächtigte der Klägerin in
diesem Zusammenhang darauf hin, daß dem Antrag auf Gewährung einer Beihilfe
für das jeweilige Wirtschaftsjahr allenfalls im Hinblick auf die Gewährung der
beantragten Beihilfe Bedeutung zukommt, nicht dagegen aber im Hinblick auf die
sanktionsbewehrte Einhaltung der nach den Richtlinien vom 23.06.1993
eingegangenen Stillegungsverpflichtungen. Etwas anderes ergibt sich schließlich
auch nicht aus den Grundsätzen für die Förderung einer markt- und
standortangepaßten Landbewirtschaftung (Bt-Drucks. 12/7845, S. 54, Nr. B).
Weiter kann dem Beklagten auch nicht dahingehend gefolgt werden, daß die
Stellung eines Beihilfeantrages für das jeweilige Wirtschaftsjahr unabdingbare
Voraussetzung dafür ist, daß die Behörde die Einhaltung der eingegangenen
Verpflichtung überprüfen kann. Zwar mögen die Angaben in dem jeweiligen
Beihilfeantrag eine Überprüfung auch in tatsächlicher Hinsicht erleichtern, jedoch
hat der Beihilfeempfänger sich nach Nr. 8.4 der Richtlinien vom 23.06.1993 mit der
Kontrolle der Einhaltung seiner Verpflichtungen durch die zuständigen Instanzen
einverstanden zu erklären. Allenfalls dieses Einverständnis ist als Verpflichtung im
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einverstanden zu erklären. Allenfalls dieses Einverständnis ist als Verpflichtung im
Sinne der Richtlinien zu qualifizieren. Daß die Klägerin hiergegen verstoßen haben
könnte, trägt auch der Beklagte nicht vor, der im übrigen auch an einer tatsächlich
effektiven Vor-Ort-Kontrolle nicht gehindert war und ist.
Der konkludente Verzicht auf Bewilligung einer Beihilfe für das jeweilige
Wirtschaftsjahr durch verspätete oder unterlassene Einreichung eines
Förderungsantrages hat demnach allenfalls Auswirkungen für die Beihilfe in diesem
Wirtschaftsjahr, kann aber nicht als Verstoß gegen die nach den HEKUL-Richtlinien
vom 23.06.1993 eingegangenen Verpflichtungen qualifiziert werden.
Nach alledem stellen die angefochtenen Bescheide sich als rechtswidrig und die
Klägerin in ihren Rechten verletzend dar und sind gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO aufzuheben.
Als unterliegender Beteiligter hat der Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die
Kosten zu tragen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und
Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.