Urteil des VG Gießen vom 27.09.1999

VG Gießen: stadt, landschaft, verkehrswesen, raststätte, amt, gebäude, verfügung, grundstück, gaststätte, mineralöl

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Gericht:
VG Gießen 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 628/98
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 35 Abs 1 Nr 4 BauGB, § 35
Abs 2 BauGB, § 35 Abs 3 Nr 1
BauGB, § 35 Abs 3 Nr 5
BauGB, § 35 Abs 3 Nr 7
BauGB
(Bedarfsermittlung für eine Tankstelle im Außenbereich am
Knotenpunkt einer Bundesstraße)
Tatbestand
Der Kläger stellte unter dem 28.12.1995 bei dem Beklagten eine Bauvoranfrage
betreffend den Neubau einer Tankstelle mit gastronomischem Betrieb als
Raststätte auf einer Fläche von ca. 1.500 qm auf seinem im Außenbereich
zwischen ... und ... gelegenen Grundstück Flur ... , Flurstück ... in der Gemarkung ...
Der 1997 wirksam gewordene Flächennutzungsplan weist für das Grundstück eine
landwirtschaftliche Fläche aus, entlang der K ... ist eine Reihe zu erhaltender
Bäume dargestellt, die als anzupflanzende Eingrünungsmaßnahme im Bauplan
enthalten sind. Am 03.05.1999 hat die Beigeladene zu 1. eine Änderung des
Flächennutzungsplanes beschlossen, nach der das Baugrundstück als
Gewerbegebiet ausgewiesen wird.
Das Gebäude soll aus einer überdachten Tankstelle mit mehreren Zapfsäulen und
einem Verkaufsladen, einer Reparaturwerkstatt mit Hebebühne, Montagegrube,
Reifen- und Schrottlager, einer Waschanlage und einer Gaststätte (75 Plätze) mit
Gartenterrasse (40 Plätze) bestehen. Es sind acht Streifen mit Lkw-Stellplätzen
und ca. 50 Pkw-Einstellplätze vorgesehen. Als Ausgleich sollen Baum- und
Strauchpflanzungen zur Eingrünung erfolgen, außerdem soll nördlich der K 30 ein
Ackergrundstück in Grünland umgewandelt werden, das im übrigen durch die B ...
und die L ... begrenzt ist. Die Abwasserentsorgung soll durch eine Kleinkläranlage
oder durch einen Anschluß an die ca. 800 m nördlich liegende Kläranlage ...
erfolgen. Nach dem der Bauvoranfrage beigefügten Bauplan soll das
Tankstellengelände südlich der K ... ca. 150 m vor dem Knotenpunkt liegen. Die
verkehrliche Anbindung soll über die zwischen ... und ... verlaufende K ... erfolgen,
die unmittelbar nordwestlich davon in die L ... mündet. Dieser Einmündung
gegenüber liegt die Auffahrt zur B ..., die von ...nach ... verläuft.
Die Tankstelle soll den Verkehr bedienen, der über den Knotenpunkt der B ..., der
B ..., der L ..., der L ... und der K ... läuft. Über diesen Knotenpunkt fahren ca.
40.000 Kraftfahrzeuge am Tag. Hier kreuzt sich der Verkehr vom
Autobahnanschluß ..., von dem der aus Ostdeutschland kommende Verkehr weiter
in Richtung ... fließt, mit dem regionalen und lokalen Verkehr nach ... und ..., durch
den ..., nach ..., ... und zu dem Universitätsgelände auf den ... Der Bedarf an der
Anlage wurde damit begründet, daß an der B ...die nächsten Tankstellen im
Westen im 17 km entfernten ... und im Osten im 16 km entfernten ... stünden.
Diese seien nicht für Lkw's geeignet. Solche Tankstellen gebe es erst wieder in 39
km in ... bzw. in 30 km in ...
Die DEA Mineralöl AG äußerte Interesse an der Tankstelle. Sie schätzt den
monatlichen Treibstoffumsatz auf 400.000 l bis 420.000 l, die tägliche
Nutzungsfrequenz auf 350 Kfz bis 380 Kfz, und erwartet, daß 40% der Kundschaft
über die L ... aus Richtung ... kommt. Diese Frequenz sei so gering, daß
Änderungen in der Verkehrsführung nicht erforderlich seien.
Die Stadt ... erteilte unter dem 21.08.1996 ihr Einvernehmen.
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Die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten verweigerte unter dem 19.08.1996
dem Vorhaben die Zustimmung. Sie akzeptierte die Ausgleichsfläche wegen ihrer
Lage zwischen drei stark befahrenen Straßen nicht und führte zur Begründung
weiter aus:
"Das Vorhaben ist auf einer Ackerfläche am Fuße des Basaltkegels der ...geplant...
Auch durch intensive Eingrünung kann eine starke Beeinträchtigung der optischen
Wirkung der ... nicht verhindert werden. Die Anlage bildet vielmehr eine
Splittersiedlung in der die ... umgrenzenden freien Landschaft. Wegen der starken
Beeinträchtigung des durch die ... geprägten außergewöhnlichen
Landschaftsbildes stellt das o.a. Vorhaben einen erheblichen und nachhaltigen
Eingriff in Natur und Landschaft dar.''
Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen verweigerte seine Zustimmung unter
dem 03.09.1996 mit folgender Begründung:
"Die Lage der geplanten Tankstelle im unmittelbarem Knotenpunktbereich B .../L ...
ist eindeutig auf die Verkehrsteilnehmer der B ... ausgerichtet. Dies hat meines
Erachtens eine erhebliche Mehrbelastung des schon jetzt sehr stark belasteten
Knotens zur Folge. Auch sind Nachteile Folgen auf den Verkehr durch ablenkende
Werbeanlagen für das Bauvorhaben und durch mögliche Ablenkung der
Verkehrsteilnehmer durch den Tankbetrieb denkbar. Die Konzeption der
Tankanlage in einem Abstand von nur etwa 100 m vom Knoten L .../K ... entfernt
erscheint aus verkehrlicher Sicht unbefriedigend. Die Zu- und Abfahrten der
Anlage zur K ... genügen in der vorliegenden Form nicht den Anforderungen an
Sicherheit und Ordnung (§ 47 HStrG).''
Der Beklagte beschied daraufhin durch Bescheid vom 17.09.1996 die
Bauvoranfrage negativ. Eine Tankstelle könne zwar allein, nicht aber mit
angegliederter Waschanlage oder Gaststätte im Außenbereich privilegiert sein. Als
sonstiges Vorhaben beeinträchtige die Anlage Belange des Naturschutzes und der
Landschaftspflege sowie die natürliche Eigenart der Landschaft. Es fehle das
Einvernehmen der Unteren Naturschutzbehörde und die Zustimmung des Amtes
für Straßen und Verkehrswesen.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 03.10.1996 gegen den ablehnenden Bescheid
Widerspruch ein.
Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen revidierte mit Schreiben vom
07.08.1997 seine Stellungnahme. Es stimmte nunmehr dem Vorhaben unter
Auflagen, die die Verkehrssicherheit an der betroffenen Kreuzung sicherstellen
sollen, zu, wenn es ohne großflächige Werbeanlagen und ohne Gast- und
Raststätte errichtet werde. Mit Schreiben vom 05.01.1998 teilte es mit, daß im
Streckenbereich der B ... zwischen ... und ...keine Tankstelle im 10 km-Bereich
vorhanden sei, und daß die Fahrzeuge deshalb - soweit notwendig - die
Bundesstraße verlassen müßten, um in den umliegenden Gemeinden zu tanken,
was mit zusätzlichen Lärm- und Abgasbelästigungen verbunden sei; dies sei vor
allem für die ... Innenstadt von Bedeutung.
Mit Schreiben vom 21.08.1997 bat der Kläger den Beklagten um die erneute
Prüfung des Vorhabens ohne die Raststätte.
In der Begründung seines Widerspruchs bemängelte der Kläger, daß sich der
angefochtene Bescheid nicht hinreichend mit der Frage der Privilegierung des
Vorhabens auseinandersetze. Er verwies auf die mittlerweile zustimmende
Stellungnahme des Amts für Straßen- und Verkehrswesen, aus der sich auch
ergebe, daß das Vorhaben privilegiert sei. Bei der Bedarfsrechnung müsse auch
der erhöhte Mineralölverbrauch und die größere Verkehrsdichte einbezogen
werden. Die Treibstoffversorgung sei in der absehbaren Entfernungen nicht
ausreichend. Tankstellen entlang der Straße gebe es nur in ... , ... , ... und ... , ... ,
..., ... und ... Diese Anlagen seien zum Teil für Lkw nicht geeignet. An der B ... solle
durch die in der StVO dafür vorgesehenen Schilder auf die Tankstelle hingewiesen
werden. Durch die Tankstelle würden die Innenstädte von ..., ... und ... entlastet,
die Wohnbevölkerung werde von Verkehrs- und Umweltbeeinträchtigungen
entlastet. Öffentliche Belange stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Das
Landschaftsbild werde nicht stark beeinträchtigt, weil der Damm der B ... und ihrer
Zufahrten die Sicht von Norden und Osten und die Werkhallen des Wasser- und
Bodenverbands von Westen her verdecke. Die Gebäude seien nur eingeschossig
geplant. Das Grundstück sei bereits jetzt intensiv eingegrünt. Es seien auch
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geplant. Das Grundstück sei bereits jetzt intensiv eingegrünt. Es seien auch
andere Ausgleichsflächen möglich.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium Gießen mit Widerspruchsbescheid
vom 19.03.1998 zurück. Zur Begründung wurde folgendes ausgeführt:
"Der Vorbescheid kann nach § 65 in Verbindung mit § 70 Abs. 1 der Hessischen
Bauordnung (HBO) nicht erteilt werden, weil das Vorhaben nicht dem öffentlichen
Recht entspricht. Er verstößt gegen § 35 Abs. 2 und 3 des Baugesetzbuches
(BauGB), weil es im Außenbereich nicht privilegiert ist und öffentliche Belange
beeinträchtigt.
Das Vorhaben ist nicht privilegiert, weil es die Voraussetzungen des hier einzig in
Betracht kommenden § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB 1998 nicht erfüllt. Die Vorschrift ist
in Ermangelung von Überleitungsvorschriften für Baugenehmigungsverfahren in
seiner seit 01.01.1998 geltenden Fassung anzuwenden.
Nach der nach wie vor einschlägigen Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Kassel vom 27.11.1970 (BRS 23 Nr. 81) sind
Tankstellen dann im Außenbereich bevorzugt zulässig, wenn es an einem
Streckenabschnitt einer Bundesfernstraße keine hinreichende Gelegenheit zum
Tanken gibt. Dies gilt jedenfalls für solche Bundesfernstraßen, die im Interesse
eines ungehinderten Verkehrsflusses insbesondere unter Umgehung der Ortslage
durch den Außenbereich geführt werden. Das bedeutet im Rahmen der gebotenen
engen Auslegung des Privilegierungstatbestandes des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB,
daß nur an solchen Bundesfernstraßen ein Bedarf an Außenbereichstankstellen
bestehen kann, wo dieser Bedarf nicht auch im Innenbereich gedeckt werden kann.
Dies ist bei solchen Bundesfernstraßen nicht der Fall, die nur über kürzere
Streckenabschnitte Ortsdurchfahrten nicht aufweisen.
Die B ... ist lediglich von ... bis ... frei von Ortsdurchfahrten, dies ist eine Strecke
von ca. 25 km. Soweit der Verkehr weiter in Richtung ... fließt, gibt es dort an der
Schnellstraße bereits Tankgelegenheiten im Innenbereich. Bei der durch den ...
nach ... führenden Strecke handelt es sich um eine zweispurige Landesstraße, die
nicht kreuzungsfrei ausgebaut ist. Auf eine solche Strecke läßt sich die zum
seinerzeitigen ... zwischen ... und ..., der heutigen A ..., ergangene
Rechtsprechung des VGH Kassel ebensowenig übertragen wie auf die nach ...
führende L ..., wo der Verkehr übrigens am Ortseingang bereits mit einer
Tankstelle empfangen wird.
Selbst wenn man der Auffassung sein sollte, daß sich die Situation an
mittelhessischen Landstraßen sich mit einer Autobahn in einem Ballungsgebiet
vergleichen läßt, ist das Vorhaben nicht als privilegiert zu betrachten. Die Dichte
an erreichbaren Tankstellen im Bereich der B ... reicht angesichts der gegenüber
1970 um ein Vielfaches gestiegenen Reichweite von Kraftfahrzeugen aus. Die
dagegen vorgebrachten Argumente der erhöhten Verkehrsdichte und des
erhöhten Mineralölverbrauches auf den Straßen vermögen zwar zu begründen,
daß sich mehr Tankstellen als 1970 wirtschaftlich betreiben lassen. Das bedeutet
aber nicht, daß ein Bedarf an einem dichteren Tankstellennetz an
Bundesfernstraßen besteht. Hier spielt selbstverständlich eine Rolle, ob die
Fahrzeuge über eine Reichweite verfügen, die es ihnen erlaubt, flexibler auf
Tankmöglichkeiten zu reagieren als die älteren Fahrzeuge mit höherem Verbrauch
und kleineren Tanks.
Für den Außenbereich bedeutet dies, daß an Bundesfernstraßen nur dann
Tankstellen bevorzugt zuzulassen sind, wenn der zu deckende Bedarf nicht nur
rein quantitativ zugenommen hat, sondern daß er gerade an dem gewählten
Standort deswegen besteht, weil dort das Netz an Tankstellen zu dünn ist. Soweit
der Bedarf rein quantitativ die Erweiterung von Tankkapazitäten erfordert, hat dies
im Außenbereich durch die Erweiterung der Kapazität vorhandener Anlagen zu
geschehen.
Lassen sich solche Kapazitäten im Innenbereich herstellen oder erweitern, so
besteht auch kein Bedarf daran, neue Kapazitäten im Außenbereich herzustellen.
Aus diesen Gründen sind die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der
Mineralölgesellschaften für die Frage nach dem Bedarf an einer Tankstelle im
Außenbereich allenfalls von zweitrangiger Bedeutung. Abgesehen davon betont die
vorliegende Unternehmung selbst, daß die erwartete Frequenz von 350 bis 380 Kfz
am Tag eher gering sei und verkehrliche Änderungen deshalb nicht erforderlich
seien. Der Bedarf an Tankstellen, der eine bevorzugte Zulassung im Außenbereich
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seien. Der Bedarf an Tankstellen, der eine bevorzugte Zulassung im Außenbereich
rechtfertigt, ist nicht rein marktwirtschaftlich nach der erwarteten Nachfrage zu
beurteilen, sondern ist ein planungsrechtlicher Begriff, der neben
marktwirtschaftlichen Nachfragekriterien auch städtebauliche und ökologische
Gesichtspunkte beinhaltet. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB weist Vorhaben planartig den
Außenbereich zu und ist weit davon entfernt, bloße Rentierlichkeit ohne weiteres
als Privilegierungsgrund zu akzeptieren. Nicht jede Tankstelle, die sich im
Außenbereich wirtschaftlich betreiben läßt, ist deshalb privilegiert.
Auch die Stellungnahmen des Amts für Straßen- und Verkehrswesen enthalten
keine Tatsachen, die eine bevorzugte Zulassung einer Tankstelle an dem
vorgesehenen Standort rechtfertigen. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei
dem von der Mineralölgesellschaft ermittelten Bedarf von 400.000 bis 420.000
Litern um eine bloße Wirtschaftlichkeitsberechnung, die allenfalls ein Indiz für den
bauplanungsrechtlichen Bedarf sein mag. Diesen Bedarf hat die Gesellschaft
jedoch selbst relativiert. Im übrigen begnügt sich das Amt für Straßen- und
Verkehrswesen allein mit der Aussage, daß die Fahrzeuge, soweit notwendig, die
Bundesstraße verlassen müssen, um in den umliegenden Gemeinden zu tanken.
Ob dieser Fall in nennenswertem Umfang vorkommt, oder ob die Fahrzeuge
aufgrund ihrer größeren Reichweite, ihres größeren Tankinhalts und ihres
geringeren Kraftstoffverbrauchs die nächste an der Straße gelegene Tankstelle
anfahren, ohne Umwege durch geschlossene Ortslagen zu machen, sagt das Amt
nicht. Es bestätigt allein die abstrakte Möglichkeit, daß Fahrzeuge die
Bundesstraße verlassen müssen, wenn sie in der geschlossenen Ortslage tanken
wollen. Eine Privilegierung der Tankstelle im Außenbereich unmittelbar an der
Straße kann aber nur dann angenommen werden, wenn feststünde, daß dieser Fall
in nennenswertem Umfang vorkommt, und daß dadurch die Funktion der
Umgehungsstraße als Entlastung der geschlossenen Ortslagen von Verkehrslärm
in Frage gestellt wird.
Diese Frage hat die Widerspruchsbehörde dem Amt für Straßen- und
Verkehrswesen durch Schreiben vom 22.10.1997 gestellt. Sie ist aber nur höchst
allgemein beantwortet worden, so daß die Widerspruchsbehörde davon ausgehen
muß, daß dem Amt keine Tatsachen bekannt sind, die eine Privilegierung Ihres
Vorhabens rechtfertigen würden. Daß die Fahrzeuge, wenn es notwendig ist,
Tankstellen anfahren, war der Widerspruchsbehörde auch ohne die Auskunft des
Amtes bekannt. Nicht bekannt geblieben ist, ob in dem fraglichen
Streckenabschnitt tatsächlich Lastkraftwagen in nennenswertem Umfang die
Nachtruhe in der Ortslage von ... auf der Suche nach Tankstellen stören.
Entsprechende Beschwerden von Bürgern oder der betroffenen Gemeinden sind
bisher nicht bekannt geworden.
Das Vorhaben ist übrigens selbst dann als nicht privilegiert zu betrachten, wenn
man der Tankstelle die bevorzugte Zulässigkeit im Außenbereich attestieren
wollte, wenn es sich auch nach Auffassung der Widerspruchsbehörde rechtlich
nicht vertreten läßt. In diesem Fall entfällt die Privilegierung wegen der gleichzeitig
zur Entscheidung gestellten Gaststätte.
Autobahnraststätten können zwar unter bestimmten Voraussetzungen privilegiert
sein (Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 240), doch handelt es sich bei der B
... um keine Autobahn. Eine Raststätte setzt auch nicht zwingend die Existenz
eines Lokals voraus, wie die Voranfrage es vorsieht.
Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB ist die Planung deshalb
nicht genehmigungsfähig, weil durch ihre Verwirklichung öffentliche Belange
beeinträchtigt würden.
Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Eine Tankstelle mit Gaststätte ist mit einer
landwirtschaftlichen Fläche nicht vereinbar. Die Zustimmung der Stadt ... hat sich
bisher noch nicht in planerischen Aktivitäten niedergeschlagen, die das Vorhaben
ermöglichen würden.
Das Vorhaben beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3
Satz 1 Nr. 5 BauGB). Die natürliche Eigenart der Landschaft ist gekennzeichnet
durch land- und forstwirtschaftliche Nutzungen und durch die freie Zugänglichkeit
für die Allgemeinheit. Die Fläche liegt zwar in der Nähe eines verkehrlich stark
belasteten Kreuzungsbereiches, doch beginnt südlich der K ... , wo das Vorhaben
entstehen soll, eine zusammenhängende Außenbereichsfläche. Die Gebäude des
Hofguts ... wirken als landwirtschaftliche Gebäude im Außenbereich nicht
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Hofguts ... wirken als landwirtschaftliche Gebäude im Außenbereich nicht
beeinträchtigend, auch das Gebäude des Wasser- und Bodenverbands vermag an
diesem Charakter nicht zu ändern, da es in deutlichem Abstand zu Ihrem
Vorhaben steht.
Das Vorhaben läßt die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3
Satz 1 Nr. 7 BauGB). Es kann nicht bestritten werden, daß der Standort sich durch
vergleichsweise hohe Verkehrsgunst auszeichnet und für gewerbliche Nutzungen
attraktiv ist. Dies geht auch aus der Stellungnahme der Stadt hervor. Das
Vorhaben würde den Ansatz für eine solche Entwicklung abgesetzt von jeglicher
Ortslage eröffnen. Das Hofgut ... ist im Flächennutzungsplan bereits als
Sonderbaufläche für ein Hotel dargestellt. Splittersiedlungen sind wegen ihrer
nachteiligen städtebaulichen und ökologischen Konsequenzen zu vermeiden.
Diese Konsequenzen sind insbesondere unverhältnismäßig hohe
Erschließungsaufwendungen und die Zersiedlung zusammenhängender
Außenbereichsflächen.
Das Vorhaben ist auch naturschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig. Die
Genehmigungsbedürftigkeit folgt aus §§ 5 Abs. 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 des Hessischen
Naturschutzgesetzes - HENatG -. Diese Genehmigung wird nach § 7 Abs. 1
HENatG zusammen mit der Baugenehmigung erteilt.
Sie kann zum einen schon deshalb nicht erteilt werden, weil dem § 35 BauGB
entgegensteht (§ 6 a Abs. 1 Nr. 3 HENatG).
Sie kann auch deshalb nicht erteilt werden, weil der vorgesehene Ausgleich nicht
ausreicht. Eingriffe sind, wie aus § 6 b Abs. 1 HENatG folgt, zunächst
auszugleichen. Nur soweit nicht ausgeglichen werden kann, kann auf die
Ausgleichsabgabe zurückgegriffen werden. Die geplante Ausgleichsfläche ist
naturschutzfachlich wegen ihrer Insellage zwischen drei Straßen ohne ein Potential,
das zu einer nennenswerten Aufwertung für Natur und Landschaft führen könnte.
Das gesteht der Widerspruchsführer auch selbst zu und bietet alternative
Ausgleichsmöglichkeiten an, ohne sie jedoch näher zu spezifizieren.''
Mit am 16.04.1998 eingegangenem Telefax vom 15.04.1998 (Geschäftsnummer 1
E 628/98) und mit am 20.04.1998 eingegangenem inhaltsgleichem Schreiben vom
15.04.1998 (Geschäftsnummer 1 E 666/98) hat der Kläger Klage erhoben. Das die
Klageerhebung durch das vorgenannte Schreiben betreffende Verfahren 1 E
666/98 wurde durch Beschluß vom 11.05.1998 mit Verfahren 1 E 628/98 zur
gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden; diese Klage wurde in
der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Zur Begründung trägt der Kläger im wesentlichen folgendes vor: Das Vorhaben sei
nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 Baugesetzbuch privilegiert zulässig, da es wegen seiner
besonderen Zweckbestimmung, nämlich der Versorgung der Verkehrsteilnehmer
insbesondere auf der B ... mit ausweislich des Bundesverkehrswegeplans der
Bundesregierung überregionaler Bedeutung am Verkehrsknotenpunkt ... mit
seiner Ortsumgehung ... , nur dort untergebracht werden könne. Für die
Tankanlage bestehe auch ein Bedarf im Sinne des im Widerspruchsbescheid
genannten Urteils des Hess. VGH vom 27.11.1970. Abzustellen sei danach auf die
konkreten Standortbedingungen am Verkehrsknotenpunkt ... , nämlich die bei
einer Entfernung von 10 km bis zur nächsten Tankstelle nicht hinreichende
Tankgelegenheit. Diese Bedarfsprüfung sei von der Bauaufsichtsbehörde von Amts
wegen und nicht von der Straßenverkehrsbehörde vorzunehmen gewesen. Die
Wirtschaftlichkeitsberechnungen der DEA Mineralöl AG, die Stellungnahmen des
Amtes für Straßen- und Verkehrswesen vom 07.08.1997 und vom 05.01.1998
sowie die Funktion der Ortsumgehung von ... hätten berücksichtigt werden
müssen. Nach dem vorgenannten Urteil komme es nicht auf das
Fassungsvermögen von Tanks und mithin die Reichweite der Kfz, auf die Frage, ob
der Bedarf durch Tankstellen im Innenbereich gedeckt werden könne, und auf die
weitere Frage, ob eine erforderliche Erweiterung von Tankkapazitäten durch die
Erweiterung von Tankstellen im Innenbereich gedeckt werden könne, an. Bei der
Entscheidung der Widerspruchsbehörde habe die Raststätte, nachdem sie mit
Schreiben vom 21.08.1997 aus der Voranfrage herausgenommen worden sei,
nicht berücksichtigt werden dürfen. Dem Vorhaben stünden keine öffentlichen
Belange (§ 35 Abs. 3 Baugesetzbuch) entgegen. Die Darstellung des
Baugrundstücks in dem Flächennutzungsplan (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 Baugesetzbuch)
als Fläche für die Landwirtschaft sei keine qualifizierte Standortzuweisung und
konkrete standortbezogene Aussage, die dem Vorhaben entgegengehalten
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konkrete standortbezogene Aussage, die dem Vorhaben entgegengehalten
werden könne, da eine Kollision mit den planerischen Vorstellungen der Gemeinde
- diese habe zudem dem Vorhaben zugestimmt - nicht zu besorgen sei. Die
natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 Baugesetzbuch) werde nicht
beeinträchtigt, da das Vorhaben in der Nähe eines Verkehrsknotenpunktes
errichtet werden solle und dem Landschaftsbild daher nicht ästhetisch grob
unangemessen sei. Der öffentliche Belang der Vermeidung von Splittersiedlungen
(§ 35 Abs. 3 Nr. 7 Baugesetzbuch) stehe ebenfalls nicht entgegen, da er wegen
ihrer Zweckbestimmung privilegierten Vorhaben nicht entgegengehalten werden
könne und da sich in der näheren Umgebung Werkshallen, das Rittergut ... und
eine Deponie befänden. Die naturschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit sei
jedenfalls dann gegeben, wenn das in der Aue gelegene Grundstück Flur ...,
Flurstück ... "... '' in der Gemarkung ... für Naturschutzausgleichsmaßnahmen als
Ausgleichsfläche genutzt werde.
Der Kläger beantragt (in dem Verfahren 1 E 628/98):
I. Der Bescheid des Beklagten vom 17.09.1996 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19.03.1998 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger einen positiven
Vorbescheid für das Bauvorhaben einer Tankstelle in Amöneburg (Flur 5 Nr.
9/2) zu erteilen.
III. Hilfsweise: Unter Aufhebung der o.a. Bescheide wird der Beklagte
verpflichtet, über die Bauvoranfrage des Klägers betr. das Bauvorhaben
einer Tankstelle in Amöneburg (Flur ... Nr. ...) unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt (in dem Verfahren 1 E 628/98) unter Bezugnahme auf die
Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag und äußern sich nicht schriftlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und eines Hefters mit Behördenvorgängen des Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die unter der Geschäftsnummer 1 E 628/98 bearbeitete Klage (s.o.) ist hinsichtlich
der Anträge zu I. und II. als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) zulässig, aber unbegründet, da der Kläger
keinen Anspruch auf die begehrte positive Bescheidung seiner Bauvoranfrage hat
(§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Verpflichtungsklage ist - soweit sich aus dem
anzuwendenden Recht oder aus der Natur der Sache nichts anderes ergibt - die
letzte mündliche Verhandlung, d.h. die Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt
ist zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 30.04.1998 - 1 C
12/96 -, AuAS 1998, 182; Urteil vom 24.01.1992 - 7 C 24/91 -, BVerwGE 89, 354 =
NVwZ 1992, 563; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.01.1990 - 10 A 1476/86
-, NJW 1990, 2216; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.1992 - 6 S 1181/91
-, VBlBW 1993, 148; Sächsisches OVG, Urteil vom 09.07.1996 - 1 S 54/96 -, ZfB
137, 24). Denn Streitgegenstand ist bei der Verpflichtungsklage der geltend
gemachte Anspruch (Vorliegen der Voraussetzungen der gesetzlichen
Anspruchsgrundlage und Rechtsfolge) und nicht seine Ablehnung (vgl. BVerwG,
Urteil vom 24.01.1992 , a.a.O.; Urteil vom 26.04.1968 - VI C 104.63 -, BVerwGE 29,
304).
Nach § 65 Hessische Bauordnung - HBO - kann vor Einreichen des Bauantrages
auf schriftlichen Antrag des Bauherrn (Bauvoranfrage) zu einzelnen Fragen des
Bauvorhabens - hier der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit - ein schriftlicher
Bescheid (Bauvorbescheid) erteilt werden. Unter welchen Voraussetzungen dieser
Bauvorbescheid zu erteilen ist, ergibt sich aus § 70 Abs. 1 S. 1 HBO, der nach § 65
Abs. 2 HBO entsprechend anzuwenden ist. Nach § 70 Abs. 1 S. 1 HBO ist eine
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Baugenehmigung - hier der Bauvorbescheid - zu erteilen, wenn das Bauvorhaben
den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht (vgl. z.B. Hess. VGH, Urteil vom
29. 10. 1991 - 4 UE 3613/87 -; ständ. Rspr.).
Die Tankstellenanlage (ohne die Raststätte) ist bauplanungsrechtlich nach § 35
Abs. 2 und 3 Baugesetzbuch - BauGB - zu beurteilen und unzulässig.
Das Baugrundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (§ 30
BauGB) und nicht im Innenbereich (§ 34 BauGB), sondern im Außenbereich (§ 35
BauGB).
Das Vorhaben (§ 29 BauGB) ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht nach §
35 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. BauGB privilegiert. Nach dieser Vorschrift ist ein Vorhaben
im Außenbereich nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die
ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es wegen seiner besonderen
Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll.
Zwar sind Tankstellen bauliche Anlagen, die auch im Innenbereich errichtet werden
können, und für bestimmte Baugebiete ist ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit
sogar besonders festgelegt (vgl. die §§ 4 Abs. 3 Nr. 5, 4a Abs. 2 Nr. 3, 5 Abs. 2 Nr.
9, 6 Abs. 2 Nr. 7, 7 Abs. 2 Nr. 5 u. Abs. 3 Nr. 1, 9 Abs. 2 Nr. 2
Baunutzungsverordnung - BauNVO -). Die Verbindung der Worte "im
Außenbereich'' und "nur'' in dem Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 3.
Alt. BauGB darf nicht dahin verstanden werden, daß das zu beurteilende Vorhaben
schlechterdings nur im Außenbereich einen Sinn haben kann. Denn entscheidend
ist nicht die abstrakt ermittelte Beziehung zum Außenbereich, sondern die Frage,
ob das Vorhaben nach Lage der Dinge wegen seiner Zweckbestimmung hier und
so nur im Außenbereich untergebracht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom
14.05.1969 - IV C 19.68 -, BRS 22 Nr. 68). Es ist somit nicht ausgeschlossen, daß
eine Tankstelle im Außenbereich unter diesen Privilegierungstatbestand fällt (vgl.
Hess. VGH, Urteil vom 27.11.1970 - IV OE 55/69 -, ESVGH 21, 116 = BRS 23 Nr.
81; Bay. VGH, Urteil vom 24.10.1966 - Nr. 222 I 64 -, BRS 17 N. 54).
Zu berücksichtigen ist, daß § 35 BauGB den Außenbereich möglichst weitgehend
von einer Bebauung freihalten will. Deshalb ist (auch) der Privilegierungstatbestand
des § 35 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. BauGB eng auszulegen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom
14.05.1968, a.a.O.; Hess. VGH, Urteil vom 27.11.1970, a.a.O.). Dies bedeutet, daß
dieser Privilegierungstatbestand dort nicht mehr zum Zuge kommt, wo die
Verkehrsteilnehmer an einem Streckenabschnitt einer Bundesfernstraße bereits
hinreichend Gelegenheit zum Tanken haben, so daß der Bedarf für eine weitere
Tankstelle verneint werden muß (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 27.11.1970, a.a.O.).
Dann ist das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen.
Ein solcher Bedarf ist hier zu verneinen. Dies ergibt sich aus folgendem:
Nach der Bauvoranfrage soll die Tankstelle den Verkehr bedienen, der über den
Knotenpunkt der B ..., der B ..., der L ..., der L ... und der K ... läuft. Mithin handelt
es sich nicht um einen Verkehr, der auf einer einzigen Straße läuft - so der von
dem Hess. VGH mit Urteil vom 27.11.1970 (s.o.) entschiedene Fall der Tankstelle
an dem ... -, und es ist eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Verkehre auf
den genannten Straßen vorzunehmen.
Nach der Einschätzung der DEA Mineralöl AG, auf die der Kläger verweist und an
deren Richtigkeit zu zweifeln keine Veranlassung besteht, werden 40% der
Kundschaft, d.h. täglich ca. 150 Kunden, über die L ... aus Richtung ...kommen. ...
liegt ca. 17 km von dem Knotenpunkt entfernt. Die zahlreichen Tankstellen,
teilweise Großtankstellen, in ... reichen zur Treibstoffversorgung für aus
...kommende Fahrzeuge aus. Dieser Verkehr ist hinreichend tankstellenmäßig
versorgt.
Gleiches gilt für den daneben bedeutsamen Verkehr über die B ... zu dem
Kontenpunkt, da die B ... durch die Städte ... (ca. 18 km von dem Knotenpunkt
entfernt), ... (ca. 8 km von dem Knotenpunkt entfernt) und ... (ca. 1 km von dem
Knotenpunkt entfernt) verläuft, in denen sich zahlreiche Tankstellen - alleine in ...
sind vier Tankstellen - befinden.
Gleiches gilt für den eher geringen Verkehr, der über die L ... zu dem Knotenpunkt
fließt. Die L ... führt durch die von dem Knotenpunkt ca. 12 km entfernte Stadt ...,
wo sich eine Tankstelle befindet, über das von dem Knotenpunkt ca. 6 km
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wo sich eine Tankstelle befindet, über das von dem Knotenpunkt ca. 6 km
entfernte ... , wo es eine Tankstelle gibt. Sofern aus dieser Richtung Verkehr von
der A ... über die Anschlußstelle ... kommt, stehen ihm auf der A ... die
Tankanlagen der Raststätten ... und ... (...) sowie sodann die Tankstelle in ... , in
... sowie in ... zur Verfügung. Diese Tankstellen reichen aus, um diesen Verkehr zu
versorgen.
Der Verkehr auf der über den Knotenpunkt verlaufenden K ..., die ... mit
...verbindet, kann problemlos an den drei Tankstellen in ... und der Tankstelle in ...
mit Treibstoff versorgt werden.
Für die Weiterfahrt aus diesen Fahrtrichtungen in eine der vorgenannten weiteren
Fahrtrichtungen stehen jeweils die vorgenannten Tankstellen hinter dem
Knotenpunkt zur Verfügung. Für die Weiterfahrt auf der B ... stehen die
nachgenannten Tankstellen an der B ... zur Verfügung.
Für diese vorgenannten Verkehre besteht kein Bedarf an einer weiteren Tankstelle
an dem Knotenpunkt.
Der Verkehr, der auf der B ... von der Stadt ... her kommend durch die Stadt ...
über die Ortsumgehung ... über den Kontenpunkt und weiter nach ... in Richtung ...
fließt, dürfte unter Berücksichtigung der vorgenannten Verkehre geschätzt ca.
30% der Kundschaft, d.h. ca. 100 Kunden täglich, ausmachen. Ihm stehen östlich
des Knotenpunktes u.a. die Tankstelle in der von dem Knotenpunkt 16 km
entfernten und an der B ... gelegenen Stadt ... und die Tankstellen in der von dem
Kontenpunkt ca. 33 km entfernten und an der B ...gelegene Stadt ... sowie der bei
... an der Autobahn ... gelegenen Rastanlagen ... und ... zur Verfügung. Westlich
des Knotenpunktes gibt es an der B ... in dem von dem Knotenpunkt ca. 15 km
entfernten ..., in dem 17 km entfernten ... sowie in dem von dem Knotenpunkt 39
km entfernten ... Tankstellen. Für den bei ... auf die B ... ... abzweigenden Verkehr
stehen in südlicher Richtung die Tankstellen in ... und insbesondere in ... und in
nördlicher Richtung die Tankstelle in ... zur Verfügung. Im übrigen werden
Verkehrsteilnehmer, die auf der B ... bleiben, keinen "Abstecher'' zu der über 10
km entfernten streitbefangenen Tankstelle machen. Für den hinter ... von der B ...
auf die B ... in Richtung ... abzweigenden Verkehr gibt es bereits in dem von der
Abzweigung ca. 10 km entfernten ... zwei Tankstellen an der B ... Auch dieser
Verkehr wird, sofern er auf die B ... fährt, nicht an der ca. 10 km entfernten
streitbefangenen Tankstelle tanken. Zusammenfassend ergibt sich, daß es auch
für den über den Knotenpunkt auf der B ... verlaufenden Verkehr ausreichende
Tankmöglichkeiten gibt.
Dem steht der Hinweis des Klägers, daß lediglich die Tankstellen in ... und in ... für
den Lkw-Verkehr geeignet seien, nicht entgegen. Der Umstand, daß ein Lkw-
Fahrer auf diesem Streckenabschnitt der B ... eine Tankmöglichkeit benötigt, ist
als hinsichtlich der Bedarfsprüfung unbeachtlich anzusehen. Regelmäßig wissen
Lkw-Fahrer genau über die Tankmöglichkeiten Bescheid und richten sich
entsprechend ein. Dies gilt auch für nicht gebietskundige Lkw-Fahrer, da sie bei
Bundesstraßen nicht davon ausgehen können, daß dort Tankstellen in der
Regelmäßigkeit, wie sie an Bundesautobahnen vorzufinden sind, anzutreffen sind.
Zudem existieren die vorgenannten Tankstellen in den nahegelegenen Städten ...,
... und ... für die eher seltenen Fälle, in denen Lkw-Fahrer in dem Bereich des
Knotenpunktes akuten Treibstoffbedarf haben.
Der Hinweis des Klägers auf den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen
rechtfertigt keine andere Beurteilung, da es bei der Beurteilung nach § 35 BauGB -
ebenso wie bei der nach § 34 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C
9.77 -, BauR 1978, 289 = DVBl. 1978, 614; Hess. VGH, Beschluß vom 28.11.1978 -
IV TG 85/78 -, BRS 33 Nr. 40) - auf die derzeitigen Verhältnisse ankommt. Deshalb
bedarf es insoweit keiner Prüfung, wie realistisch diese Projektierungen sind;
erfahrungsgemäß werden derzeit derartige Bedarfspläne durch fehlende finanzielle
Mittel des Staates häufig nicht umgesetzt.
Der Geeignetheit, den Verkehr auf der B ... in dem Bereich des Knotenpunktes zu
versorgen, steht weiter entgegen, daß die streitbefangene Tankstelle nicht direkt
an der B ... gelegen sein soll, sondern es eines Verlassens der B ... bedarf (s.o.).
Soweit der Kläger anführt, daß durch nach ... abfahrende Verkehrsteilnehmer der
"Effekt'' der Ortsumgehung ... über die B ...verloren gehe, greift dies nicht, da keine
nennenswerte Reduzierung dieses die B ... verlassenden Verkehrs durch die
streitbefangene Tankstelle aufgrund des Umstandes, daß zu ihrem Erreichen die B
... ebenfalls verlassen werden muß, zu erwarten ist.
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Das Vorhaben ist daher nicht privilegiert und als sonstiges Vorhaben nach § 35
Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift können sonstige Vorhaben im
Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche
Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Regelbeispiele
öffentlicher Belange enthält § 35 Abs. 3 BauGB. Das Vorhaben beeinträchtigt die
nachfolgend genannten öffentlichen Belange, von denen jeder für sich genommen
der positiven Bescheidung der Bauvoranfrage entgegensteht:
Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplanes (§ 35
Abs. 3 Nr. 1 BauGB), der für das Baugrundstück Fläche für die Landwirtschaft
festsetzt. Der Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung, nach der die
Festsetzung für ein Außenbereichsgrundstück als Fläche für die Landwirtschaft
einem privilegierten Vorhaben nicht entgegengehalten werden kann (vgl. z.B.
BVerwG, Urteil vom 25.10.1967 - IV C 86.66 -, BVerwGE 28, 148 = NJW 1968, 1005;
Urteil vom 06.10.1989 - 4 C 28.86 -, RdL 1989, 315 = NVwZ 1991, 161; Urteil vom
22.06.1993 - 4 B 45.93 -), greift hier nicht, da es sich um kein privilegiertes
Vorhaben handelt. Die am 03.05.1999 beschlossene Änderung des
Flächennutzungsplanes (s.o.) muß zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung (s.o.) außer Betracht bleiben, da sie u.a. wegen der noch
fehlenden Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde (§ 6 BauGB) noch
nicht wirksam ist.
Das Vorhaben beeinträchtigt zudem die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35
Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Insoweit sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab und folgt der vorstehend wiedergegebenen Begründung
des Widerspruchsbescheides (§ 117 Abs. 5 VwGO). Zudem wird - ohne daß es
noch darauf ankommt - das Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob
unangemessen beeinträchtigt (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 29.04.1968 - IV C
77.67 -, DVBl. 1969, 261), da das Vorhaben im Blick auf die nahegelegene ... als
grober Störfaktor erscheinen würde. Zu beiden Gesichtspunkten wird auf die vom
Gericht geteilte, vorstehend wiedergegebene Stellungnahme der unteren
Naturschutzbehörde des Beklagten vom 19.08.1996 verwiesen.
Das Vorhaben läßt die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3
Nr. 7 BauGB). Dieser öffentliche Belang kann dem nicht privilegierten Vorhaben
entgegengehalten werden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.10.1966, a.a.O.; OVG
Lüneburg, Beschluß vom 24.03.1988 - 1 A 111/87 -, BRS 48 Nr. 67). Das Gericht
folgt den dazu gemachten Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid und sieht
insoweit von einer weiteren Darstellung der Begründung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Für diese Befürchtung spricht zudem, daß im Falle der Realisierung der Tankstelle
zu erwarten ist, daß der Kläger dann auch die bereits geplante Raststätte errichten
wird.
Keiner Erörterung bedarf die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf die Erteilung
der naturschutzrechtlichen Genehmigung nach den §§ 5 ff. Hessisches
Naturschutzgesetz - HENatG - hat, über den nach § 7 HENatG in dem
bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren mitzuentscheiden ist, da er bereits
keinen Anspruch auf die positive Bescheidung der Bauvoranfrage und damit auch
nicht auf die Erteilung der Baugenehmigung hat.
Der in dem Verfahren 1 E 628/98 unter Punkt III. gestellte Bescheidungsantrag (§§
42 Abs. 1, 113 Abs. 5 S. 2VwGO) muß aufgrund des Vorstehenden ohne Erfolg
bleiben.
Die Kosten des Verfahrens 1 E 628/98 hat Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO zu
tragen, da er unterlegen ist. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
dieses Verfahrens sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt und
nicht am Kostenrisiko teilgenommen haben (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
Das Verfahren 1 E 666/98 ist aufgrund der in der mündlichen Verhandlung
erklärten Klagerücknahme nach § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen. Die Kosten
dieses Verfahrens hat der Kläger nach § 155 Abs. 2 VwGO zu tragen. Wegen der
Verbindung dieses Verfahrens zur gemeinsamen Entscheidung mit dem Verfahren
1 E 628/98 sind Einstellung und Kostenentscheidung durch Urteil und nicht durch
Beschluß erfolgt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m.
den §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozeßordnung -ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.