Urteil des VG Gießen vom 23.11.2010

VG Gießen: aufschiebende wirkung, vollziehung, öffentliches interesse, rücknahme, widerruf, gaststätte, kontrolle, verwaltungsakt, rechtsgrundlage, behörde

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Gericht:
VG Gießen 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 L 3654/10.GI
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 2 GewO, § 33c Abs 3
S 1 GewO, § 1 Abs 1 SpielV, §
48 VwVfG, § 49 VwVfG
Aufhebung einer Geeignetheitsbestätigung
Leitsatz
1. Die Behörde kann bei der Aufhebung einer sog. Geeignetheitsbestätigung, mit der
die Geeignetheit des Aufstellungsortes - hier als Schank- und Speisewirtschaft -
behördlich bestätigt wird, die Frage der Rechtswidrigkeit dahinstehen lassen und einen
Widerruf verfügen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen (Ergänzung zu VG
Gießen, B. v. 15.08.2008 - 8 L 1472/08.GI -, GewArch 2008, 448 ff.; B. v. 15.11.2010 - 8
L 2163/10.GI-; U. v. 18.08.2010 - 8 K 4083/09.GI -, GewArch 2010, 452f.).
2. Räume von Schank- und Speisewirtschaften, in denen Geldspielgeräte aufgestellt
werden sollen, müssen durch die Verabreichung von Getränken oder zubereiteten
Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle geprägt sein.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Automatenaufsteller. Er wendet sich gegen eine von der
Antragsgegnerin verfügte Aufhebung einer Bestätigung der Geeignetheit von
Räumlichkeiten zur Aufstellung von Geldspielgeräten.
Unter dem Datum des 02.06.2009 zeigte der Antragsteller bei der
Antragsgegnerin den Betrieb einer erlaubnisfreien Gaststätte in der F-Straße in
Gießen an (Bl. 14 d. BA) und beantragte zugleich mit gesondertem Schreiben bei
der Antragsgegnerin, die Geeignetheit dieser Gaststätte zur Aufstellung von
Automaten zu bestätigen (Bl. 16 d. BA). Der Betrieb wird unter dem Namen „G“
geführt. Am 10.06.2009 bestätigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, dass
seine „Schankwirtschaft“ in der F-Straße den Vorschriften des § 1 Abs. 1 bzw. § 2
Abs. 1 bis 3 SpielV entspreche (Bl. 17 d. BA).
Am 16.07.2010 fand um 19.46 Uhr eine Kontrolle dieses Betriebs durch das
Ordnungsamt der Antragsgegnerin statt. Hierbei wurde festgestellt, dass es
keinen Preisaushang gab, der einzige Kühlschrank drei nahezu leere
Getränkeflaschen enthielt und sonst keine Getränke vorhanden waren, die
angeboten hätten werden können. In den Betriebsräumlichkeiten waren drei
Geldspielgeräte aufgestellt, die auch von Gästen benutzt wurden. Anwesend war
des Weiteren ein Mitarbeiter des Antragstellers. Dieser erklärte, dass die Getränke,
sofern solche vorhanden seien, kostenlos abgegeben würden (Bl. 21 d. BA).
Die Ergebnisse der Kontrolle gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit
Schreiben vom 26.08.2010 bekannt, wobei sie auf ihre Absicht hinwies, die erteilte
Geeignetheitsbestätigung zu widerrufen (Bl. 22 f. d. BA). Hierauf erwiderte der
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Geeignetheitsbestätigung zu widerrufen (Bl. 22 f. d. BA). Hierauf erwiderte der
Antragsteller mit Schreiben vom 07.09.2010, in dem er mitteilte, die Aussage,
dass die Getränke unentgeltlich abgegeben würden, sei falsch und beruhe auf
einem Irrtum „der Mitarbeiterin“. Die Getränke würden normal kassiert; ein
Preisaushang sei mittlerweile vorhanden, was überprüft werden könne (Bl. 24 d.
BA).
Bei einer zweiten von der Antragsgegnerin am 16.09.2010 um 11.45 Uhr
durchgeführten Kontrolle enthielt der Kühlschrank fünf Flaschen Wasser, zwei
Flaschen Pepsi und Limonade. Auf den Tischen lagen Preisangaben, die Preise für
Getränke ohne Angabe einer Gebindegröße zwischen 0,50 EUR und 1,00 EUR
auswiesen. Während der Kontrolle kam ein Gast herein, der sich sogleich an ein
Geldspielgerät setzte und dieses benutzte (Bl. 25 d. BA).
Mit Bescheid vom 27.09.2010 nahm die Antragsgegnerin die dem Antragsteller
unter dem 10.06.2009 erteilte Geeignetheitsbestätigung für „G“ zurück. Dem
Antragsteller wurde die fortdauernde Aufstellung von Geldspielgeräten in „G“ ab
dem 11.10.2010 untersagt und die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde
angeordnet. Für den Fall, dass die Geldspielgeräte nicht bis zum 11.10.2010, 10.00
Uhr entfernt seien, wurden dem Antragsteller die Stilllegung und die Versiegelung
der Geldspielgeräte sowie deren Entfernung auf seine Kosten angedroht. Die
Kosten dieser Maßnahmen wurden vorläufig auf 250,00 EUR je Spielgerät
veranschlagt.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, in dem Betrieb des Antragstellers
werde kein Gaststättengewerbe ausgeübt. Die Geeignetheitsbestätigung sei
deshalb gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 HessVwVfG zurückzunehmen. Wegen der
näheren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides vom
27.09.2010 Bezug genommen (Bl. 26 bis 28 d. BA).
Der Antragsteller legte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 08.10.2010,
das am 11.10.2010 bei der Antragsgegnerin einging, Widerspruch ein. Zur
Begründung trug er vor, entgegen den Feststellungen in dem angefochtenen
Bescheid finde in der Schankwirtschaft sehr wohl ein Gaststättengewerbe statt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Widerspruch Bezug
genommen (Bl. 31 bis 33 d. BA).
Der Antragsteller hat am 11.10.2010 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
Er führt aus, bei der Kontrolle am 16.09.2010 sei festgestellt worden, dass
ausreichend Getränke vorhanden gewesen seien. Völlig unberücksichtigt sei
jedoch die Tatsache geblieben, dass über einen vorhandenen Kaffee- und
Teeautomaten weitere Getränke angeboten würden und gerade diese Getränke
von den Gästen des „G“ auch bevorzugt bestellt würden. Deshalb sei es für den
Antragsteller wirtschaftlich nicht sinnvoll, andere Getränke in größeren Mengen
vorzuhalten, zumal die Frequentierung der Gaststätte nicht sehr groß sei.
Überdies sei der Antragsteller aufgrund anderer Gewerbe in der Lage, kurzfristig
seine Warenbestände wieder aufzufüllen, wenn ihm dies aufgrund einer telefonisch
mitgeteilten zufälligen stärkeren Frequentierung bekannt werde. Des Weiteren
bestünde für Gäste auch die Möglichkeit, kleinere Snacks zu sich nehmen. Für den
Betrieb des „G“ stünde der Spielbetrieb an den Automaten jedenfalls nicht im
Vordergrund. Diese Spielgeräte stellten nur eine Ergänzung des Angebotes dar,
wobei nicht bestritten werden solle, dass einige Gäste des „G“ dieses nicht oder
nicht so häufig aufsuchen würden, wenn dieses Angebot dort nicht vorhanden
wäre. Da die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung zweifelhaft sei, könne
auch ein überwiegendes besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht
gesehen werden. Schließlich sei auch die Aufforderung zur Entfernung der
Geldspielgeräte in sehr kurzer Frist bis zum 11.10.2010 unangemessen und nicht
verhältnismäßig. Wegen der näheren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den
Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 11.10.2010 Bezug
genommen (Bl. 1 bis 3 d. GA).
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 08.10.2010 gegen die in
Nr. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 29.09.2010 verfügte „Rücknahme“
der Geeignetheitsbestätigung und gegen die in Nr. 2 des Bescheides verfügte
Untersagung der fortdauernden Aufstellung von Geldspielgeräten
wiederherzustellen,
sowie die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen, soweit in Nr. 4
des Bescheides Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung angedroht wurden.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Ansicht, der Bescheid sei offensichtlich rechtmäßig. Sie könne die
Geeignetheitsbestätigung widerrufen oder zurücknehmen, weil die
Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht vorlägen. Nach der SpielV dürften in
Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen
zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht würden, je drei Geldspielgeräte
aufgestellt werden. Nach den anlässlich der Kontrollen getroffenen Feststellungen
betreibe der Antragsteller aber keine Schank- und schon gar keine
Speisewirtschaft. Bereits die Getränkevorräte sprächen dafür, dass Getränke in
nennenswerten Mengen nicht abgegeben würden, und wenn, dann nur bei
Gelegenheit und nicht kostendeckend an die Spieler. Bei den Kontrollen sei weder
ein Kaffee- oder Teeautomat noch ein Angebot an abgepackten Speisen
festgestellt worden.
Dahingestellt könne bleiben, ob in dem Raum jemals eine Schankwirtschaft
betrieben worden sei. Sollte dies der Fall gewesen sein, lägen die
Widerrufsvoraussetzungen nach § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HessVwVfG vor, weil
Tatsachen eingetreten wären, die die Ausstellung der Bestätigung nicht mehr
erlauben würden. Wäre hingegen bereits zum Ausstellungszeitpunkt der
Geeignetheitsbescheinigung keine Schankwirtschaft betrieben worden, wäre die
Rücknahme der Bestätigung auf § 48 Abs. 1 HessVwVfG zu stützen. Die Ausübung
des Rücknahme- oder Widerrufsermessens, die nachgeholt werden könne, führe zu
folgendem Ergebnis:
Es sei nicht Zweck der Vorschriften der SpielV, durch die Förderung der Spielsucht
den Betrieb einer eigentlich unrentablen Gaststätte zu ermöglichen oder - wie
vorliegend - unter dem Deckmantel einer Gaststätte das Betreiben einer
unkonzessionierten Spielhalle zu eröffnen. Würde der Betrieb der illegalen
Spielhalle geduldet werden, hätte dies zur Folge, dass die gesetzgeberische
Intention, den Betrieb von Geldspielgeräten zu begrenzen, durchbrochen werde.
Die Untersagung der weiteren Aufstellung der Geldspielgeräte sei auf der
Grundlage von § 15 Abs. 2 GewO rechtmäßig. Da die Voraussetzungen der SpielV
für das Aufstellen in einer Gaststätte nicht vorlägen, könnten die Automaten nur
noch in einem konzessionierten Betrieb aufgestellt werden. Da der Antragsteller
über keine solche Konzession verfüge, lägen die Voraussetzungen zum
Einschreiten vor. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Antragsgegnerin
wird auf deren Schriftsatz vom 19.10.2010 Bezug genommen (Bl. 22 bis 25 d. GA).
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen
Behördenakte der Antragsgegnerin verwiesen, die Gegenstand der Beratung
gewesen sind.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der
Sach- und Rechtslage überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers
nicht gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der
angefochtenen Verfügungen im Bescheid vom 29.09.2009. Diese Verwaltungsakte
sind offensichtlich rechtmäßig und ihr Vollzug ist eilbedürftig.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines
Rechtsbehelfs gegen sofort vollziehbare Verwaltungsakte auf Antrag eines
Betroffenen ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Ein solcher
Antrag ist begründet, wenn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung
des Verwaltungsaktes gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, die
Vollziehung bis zur Entscheidung über seinen Rechtsbehelf hinauszuschieben,
nicht überwiegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich
rechtswidrig ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen
Verwaltungsaktes kann kein vorrangiges öffentliches Interesse bestehen.
Umgekehrt ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen, wenn der angefochtene
Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig und seine Vollziehung eilbedürftig ist.
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Die Aufhebung der sogenannten Geeignetheitsbestätigung mit Bescheid vom
29.09.2009 ist offensichtlich rechtmäßig. Offenbleiben kann, ob diese Maßnahme
in der Vorschrift des § 49 Abs. 2 Nr. 3 HessVwVfG (Widerruf) oder in der Norm des
§ 48 Abs. 1 S. 1 HessVwVfG (Rücknahme) ihre Rechtsgrundlage findet. Denn es
liegen entweder die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf oder
aber für eine Rücknahme vor und die Antragsgegnerin hat das ihr zukommende
Ermessen für beide dieser in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen
dahingehend ausgeübt, dass sie die Erteilung der Geeignetheitsbestätigung
aufhebt. Darüber hinaus ist es einer Behörde auch möglich, die Frage der
Rechtswidrigkeit eines aufzuhebenden Verwaltungsaktes dahingestellt sein zu
lassen und einen Widerruf zu verfügen, wenn die Voraussetzungen dafür jedenfalls
vorliegen (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., 2003, § 49 Rdn. 12).
Nach der Vorschrift des § 49 Abs. 2 Nr. 3 HessVwVfG darf ein rechtmäßiger
begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist,
ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die
Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den
Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche
Interesse gefährdet würde. Nach den von der Antragsgegnerin anlässlich zweier
Kontrollen festgestellten Tatsachen wird in dem in Frage stehenden Betrieb des
Antragstellers kein Gaststättengewerbe betrieben, das eine Aufstellung von
Geldspielautomaten rechtlich erlauben würde. Zwar dürfen nach § 33c Abs. 3 S. 1
GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV Geldspielgeräte in Räumen von Schank- oder
Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an
Ort und Stelle verabreicht werden, grundsätzlich aufgestellt werden. Erforderlich ist
insoweit jedoch immer, dass der Aufstellungsort durch die Verabreichung von
Getränken oder zubereiteten Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle geprägt sein
muss und nicht überwiegend einem anderen Zweck zu dienen bestimmt ist
(ausführlich hierzu VG Gießen, B. v. 15.08.2008 - 8 L 1472/08.GI -, GewArch 2008,
448, 449). Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der die Aufstellung von
Geldspielgeräten einschränkenden Vorschriften. Der Zulassung des Aufstellens
von Geldspielgeräten in den in § 1 SpielV aufgeführten Räumlichkeiten liegt die
Erwägung zugrunde, dass entweder - wie bei Spielhallen und Wettannahmestellen
der konzessionierten Buchmacher - das Spielen den Hauptzweck der Örtlichkeit
bildet und entsprechende Zulassungsvoraussetzungen hierfür zu beachten sind
oder aber - wie in Gaststätten und Beherbergungsbetrieben - das Spielen nur
Annex der im Vordergrund stehenden Bewirtungs- bzw. Beherbergungsleistung ist
und Kinder und Jugendliche keinen oder nur eingeschränkten Zugang haben (vgl.
BVerwG, B. v. 28.03.1991 - 1 B 30.91 -, GewArch 1991, 225, 226). Diese vom
Gesetzgeber normierte Beschränkung der Aufstellungsorte für Geldspielgeräte
würde unterlaufen, wenn schon durch die bloße Nebenleistung eines Getränke-
bzw. Speiseangebotes eine Schankwirtschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV
begründet werden könnte.
Die Räumlichkeiten, in denen der Antragsteller die Geldspielgeräte aufgestellt hat
und betreibt, sind offensichtlich nicht durch den Betrieb einer Schank- oder
Speisewirtschaft geprägt. Hierzu wird auf die von der Antragsgegnerin getroffenen
Feststellungen Bezug genommen. Nach diesen Feststellungen ist davon
auszugehen, dass der Antragsteller dort ein Gaststättengewerbe nicht nachhaltig
betreibt, sondern dass das Betreiben der Geldspielautomaten insoweit im
Vordergrund seiner gewerblichen Betätigung steht. Denn Getränke werden nur in
unbedeutenden Mengen abgegeben und der Verkauf von Tee oder Kaffee wie auch
von Snacks konnte jedenfalls anlässlich der Kontrollen nicht festgestellt werden.
Unter diesen Voraussetzungen wäre zum jetzigen Zeitpunkt die Erteilung einer
Geeignetheitsbestätigung für das Aufstellen von Geldspielautomaten
ausgeschlossen. Ohne den Widerruf wäre auch das öffentliche Interesse, nämlich
den Gefahren der Spielsucht angemessen zu begegnen, verletzt.
Die Rücknahme der Geeignetheitsbescheinigung wäre hingegen die einschlägige
Rechtsgrundlage, wenn bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der
Geeignetheitsbestätigung am 10.06.2009 ein nachhaltiges Gaststättengewerbe
nicht betrieben worden wäre und auch nicht betrieben werden sollte. Auch unter
diesen Voraussetzungen wäre die Rücknahme der Geeignetheitsbescheinigung
rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere läge kein schutzwürdiges Vertrauen
des Antragstellers vor, das im Rahmen der Ermessensausübung durch die
Antragsgegnerin zu berücksichtigen wäre.
Nach § 48 Abs. 2 HessVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt nicht
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Nach § 48 Abs. 2 HessVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt nicht
zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des
Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem
öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach Satz 3 dieser
Vorschrift kann sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, wenn er die
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit
nicht kannte.
Nach summarischer Prüfung ist hier davon auszugehen, dass dem Antragsteller
bereits bei Erteilung der Geeignetheitsbestätigung bewusst war, dass der
Gaststättenbetrieb eine völlig untergeordnete Rolle spielen werde und dessen
Anzeige letztlich nur dazu diene, eine Geeignetheitsbestätigung zu erhalten. Denn
bei der Frage, ob ein zulässiger Aufstellungsort vorliegt, ist auf eine natürliche
Betrachtungsweise abzustellen (vgl. VG Gießen, U. v. 18.08.2010 – 8 K 4083/09.GI
– GewArch 2010, 452, 453). Unabhängig hiervon kann der Antragsteller auch nicht
darauf vertrauen, dass ein rechtswidriger Zustand aufrechterhalten bleibt.
Die Untersagung des weiteren Betriebs der Geldspielgeräte ist nach summarischer
Prüfung ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 GewO.
Gemäß dieser Vorschrift kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen
Behörde verhindert werden, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine
Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist,
ohne diese Zulassung betrieben wird. Dies ist durch die Aufhebung der
Geeignetheitsbescheinigung und die getroffene Anordnung der sofortigen
Vollziehung dieser Maßnahme vorliegend der Fall.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch in formeller Hinsicht
ordnungsgemäß erfolgt. Die Antragsgegnerin hat das Vorliegen eines besonderen
Vollzugsinteresses (vgl. § 80 Abs. 3 VwGO) hinreichend begründet; auf die
entsprechenden Ausführungen wird Bezug genommen.
Schließlich ist auch die Androhung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nicht
zu beanstanden. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in den §§ 2, 68, 69, 75
HessVwVG. Der hiergegen vom Antragsteller eingelegte Widerspruch hat keine
aufschiebende Wirkung, weil er sich insoweit gegen eine Maßnahme der
Verwaltungsvollstreckung richtet (vgl. § 16 HessAGVwGO).
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen, da er unterlegen ist
(vgl. § 154 Abs. 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 52, 53 GKG. Das Gericht
orientiert sich hierbei an dem Streitwert für eine Gewerbeuntersagung. Ist das
ausgeübte Gewerbe betroffen, beträgt der Streitwert nach Nr. 54.2.1 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahr 2004
mindestens 15.000,-- EUR. Dieser Wert wurde im Hinblick auf die Vorläufigkeit der
erstrebten Regelung auf die Hälfte reduziert.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.