Urteil des VG Gießen vom 11.06.2008

VG Gießen: bebauungsplan, neuanlage, umgestaltung, kirche, kassatorisch, hotel, bekanntgabe, anpflanzung, klageart, abgrenzung

1
2
3
4
5
6
7
8
Gericht:
VG Gießen 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 E 2131/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 8b HGO
Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens
Leitsatz
1. Zur Abgrenzung eines sogenannten kassatorischen von einem initiatorischen
Bürgerbegehren.
2. Ein Bürgerbegehren, das sich gegen den Grundsatzbeschluss vollziehende
Beschlüsse der Gemeindevertretung wendet, ist nicht als fristungebundenes
initiierendes Bürgerbegehren, sondern nur innerhalb der für den Grundsatzbeschluss
laufenden Ausschlussfrist zulässig.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht der
Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens, dessen
Vertrauensperson unter anderem der Kläger ist.
Am 16.12.2004 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten den
Bebauungsplan Nr. 45 „Ehemals D-Hotel“, der eine Veränderung des Parks zum
Ziel hat.
Unter dem 29.06.2007 beantragten der Kläger sowie zwei weitere Personen bei
dem Magistrat der Beklagten einen Antrag auf Durchführung eines
Bürgerentscheids über folgende Frage:
„Sind sie gegen die Umgestaltung des Parks an der E-Kirche durch die
Neuanlage einer Kastanienallee und das Fällen eines Teils des jetzigen wertvollen
Baumbestandes?“
Der Antrag war mit einer Begründung, einem Kostendeckungsvorschlag und der
Benennung von drei Vertrauenspersonen versehen.
Die im Bürgerbegehren angeführte Begründung lautete:
„Der Park in seiner jetzigen Form mit seinem Baumbestand ist ein
gewachsenes Naturkapital, das es zu erhalten gilt.“
Das gemeinsam mit dem Antrag von den Vertrauenspersonen eingereichte
Anschreiben an den Magistrat der Beklagten verwies in seiner Begründung - neben
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Anschreiben an den Magistrat der Beklagten verwies in seiner Begründung - neben
der Begründung des Bürgerbegehrens selbst - auf den Bebauungsplan Nr. 45 der
Beklagten sowie dessen Festsetzungen bezüglich der in Rede stehenden
Parkanlage.
Unter dem 05.07.2007 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der
Beklagten, dass im streitigen Bereich 13 Bäume gefällt und 26 neu gepflanzt
werden sollten, und erklärte in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der
Beklagten vom 30.08.2007 das Bürgerbegehren für unzulässig.
Mit Schreiben vom 03.09.2007 wies die Beklagte darauf hin, die
Stadtverordnetenversammlung habe in ihrer Sitzung am 30.08.2007 durch
Beschluss das Bürgerbegehren aus folgenden Gründen für unzulässig erklärt: Auf
den Unterschriftenlisten sei nicht auf den rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 45
„Ehemals D-Hotel“ hingewiesen worden. Ein Bürgerbegehren, das sich gegen
einen Bebauungsplan richte, müsse innerhalb einer sechswöchigen Ausschlussfrist
nach der mündlichen Bekanntgabe des Beschlusses in der Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung (hier: 16.12.2004) eingereicht worden sein.
Am 17.09.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor: Bei dem
Bürgerbegehren handele es sich um ein initiierendes, welches nicht unter die
sechswöchige Ausschlussfrist des § 8b Abs. 3 S. 1 Hs. 2 HGO falle. Das
Bürgerbegehren sei gerade deshalb nicht kassatorisch, weil es sich nicht gegen
den Bebauungsplan richte, sondern auf dessen Umsetzung abziele. Vielmehr
intendiere es die Einhaltung der im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzungen
bezüglich der Grünflächen und des Baumbestandes, dessen Erhaltung dort
festgeschrieben sei. Danach dürfe eine Neugestaltung der Allee erst nach dem
natürlichen Abgang der Altbäume umgesetzt werden. Der Bebauungsplan Nr. 45
schreibe somit den gewachsenen Parkcharakter fest. Ein Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung zum Fällen von 13 Bäumen sei zudem erst am
05.07.2007 erfolgt, mithin nach dem Antrag auf Durchführung des
Bürgerentscheids. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei das auf den Erhalt der
Bäume ausgerichtete Bürgerbegehren als initiatorisch zu bewerten.
In der mündlichen Verhandlung vom 11.06.2008 brachte der Kläger zum Ausdruck,
es gehe ihm weniger um den Erhalt der zu fällenden Bäume als vielmehr um die
Verhinderung der Ausführungen der von der Stadtverordnetenversammlung
beschlossenen Umgestaltungsmaßnahmen. Denn diese führten zu einer
Gefährdung des vorhandenen Baumbestandes. Die Ausbaumaßnahmen bewirkten
eine Schädigung des Wurzelwerks der Bäume.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Sind sie gegen die
Umgestaltung des Parks an der E-Kirche durch die Neuanlage einer Kastanienallee
und das Fällen eines Teils des jetzigen wertvollen Baumbestandes?“ für zulässig zu
erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, vorliegend handele es sich um ein kassatorisches
Bürgerbegehren, da dieses sich inhaltlich gegen die Festsetzungen des bereits am
16.12.2004 beschlossenen Bebauungsplanes Nr. 45 „Ehemals D-Hotel“ richte.
Dieser Plan setze verschiedene Baumreihen, Neuanpflanzungen und zu
erhaltende Bäume nach historischem Vorbild fest. Hierdurch sollten die axialen
Bezüge zwischen F-Anlage und G-Straße sowie Übergang zur H-Straße nachhaltig
wiederhergestellt werden. Soweit sich das Bürgerbegehren nunmehr gegen die
Umgestaltung des Parks durch die Neuanlage einer Kastanienallee und das Fällen
eines Teils des Baumbestandes ausspreche, ziele es damit auf die inhaltliche
Änderung des Bebauungsplans Nr. 45. Ein hiergegen gerichtetes sogenanntes
kassatorisches Bürgerbegehren unterliege einer Ausschlussfrist von sechs
Wochen. Das mehr als zwei Jahre nach dem Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung vom 16.12.2004 eingereichte Bürgerbegehren sei
damit verfristet. Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom
05.07.2007 zum Fällen von 13 Bäumen sei für die Zulässigkeit des
Bürgerbegehrens unerheblich, weil es sich zum einen dabei um einen
Vollzugsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 45 handele und zum anderen dieser
Beschluss erst nach dem Einreichen des Bürgerbegehrens gefasst worden sei.
18
19
20
21
22
23
24
25
Ein Bürgerbegehren, welches sich gegen einen Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung richte, müsse zudem eindeutig erkennen lassen,
dass es sich gegen einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung wende.
Dem Bürgerbegehren sei jedoch weder aus seiner Fragestellung noch aus seiner
Begründung zu entnehmen, dass die Stadtverordnetenversammlung bereits über
die Parkgestaltung entschieden habe. Die Bezugnahme auf den Bebauungsplan
Nr. 45 im Anschreiben vom 29.06.2007 an die Beklagte zum Antrag auf
Durchführung eines Bürgerentscheids genüge diesen Anforderungen nicht, da das
Anschreiben nicht Bestandteil des Bürgerbegehrens sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte, die Behördenakte der Beklagten (1 Hefter) und den
Bebauungsplan Nr. 45 der Beklagten Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen
sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Im Rahmen der Zulässigkeit kann im vorliegenden Fall das Problem der statthaften
Klageart offenbleiben. Eine Feststellungsklage, die der Hessische
Verwaltungsgerichtshof (vgl. Hess.VGH, U. v. 28.10.1999 - 8 UE 3683/97 -, HSGZ
2000, 143) in Streitigkeiten auf Zulassung eines Bürgerbegehrens annimmt, wäre
hier nämlich zulässig; insbesondere liegt ein qualifiziertes Feststellungsinteresse
hinsichtlich der Zulassung des Bürgerbegehrens vor. Die Voraussetzungen einer
Verpflichtungsklage sind hier ebenfalls gegeben. Die Kammer neigt dabei der
Ansicht zu, als statthafte Klageart in Verwaltungsstreitverfahren über die
Zulassung eines Bürgerbegehrens eine Verpflichtungsklage anzusehen (ebenso:
Ute Spies., Bürgerversammlung, Bürgerbegehren, Bürgerentscheid, 1999, S. 253;
Schmidt, HSGZ 2004, 136, 138). Dafür spricht bereits, dass auch nach der
Rechtsprechung insoweit kein - das Vorliegen eines Verwaltungsakts zwingend
ausschließender - Kommunalverfassungsstreit gegeben ist (vgl. Hess.VGH, U. v.
28.10.1999 - 8 UE 3683/07 -, HSGZ 2000, 143; VG Darmstadt, B. v. 17.01.2002 - 3
G 100/02 -, HSGZ 2002, 127; VG Gießen, B. v. 25.08.2003 - 8 G 2988/03 -, S. 2 BA;
B. v. 01.09.2003 - 8 G 3040/03 -, S. 4 BA). Vielmehr entscheidet die
Gemeindevertretung nach § 8b Abs. 4 S. 2 HGO abschließend über die
Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens, was ausschließlich im Wege eines
Verwaltungsakts erfolgen dürfte (so ausdrücklich: Ute Spies., a.a.O.; Schmidt,
a.a.O.; Steinwachs/Zeiss, VR 1998, 203, 208). Auch insoweit ist die vorliegende
Klage zulässig. Insbesondere scheitert die Zulässigkeit der Klage nicht an der
mangelnden Durchführung eines Vorverfahrens. Denn die Beklagte hat sich
rügelos zur Sache eingelassen.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zu, das
Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, bzw. auf Feststellung, dass der Beschluss
der Stadtverordnetenversammlung der Beklagten vom 30.08.2007, das
Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären, rechtswidrig gewesen ist.
Das Bürgerbegehren ist unzulässig, da bereits die Frist zur Einreichung gemäß §
8b Abs. 3 S. 1 Hs. 2 HGO nicht gewahrt wurde. Nach § 8b Abs. 3 S. 1 Hs. 2 HGO
muss ein Bürgerbegehren, das sich gegen einen Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung richtet, innerhalb einer Frist von sechs Wochen
nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Ein Bürgerbegehren richtet
sich nicht nur dann gegen einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung,
wenn es ausdrücklich dessen Aufhebung zum Ziel hat. Ein Bürgerbegehren ist
vielmehr auch dann kassatorisch, wenn es sich inhaltlich auf einen Beschluss der
Gemeindevertretung bezieht und dessen Korrektur - oder eine wesentlich
abweichende Regelung als im Beschluss vorgezeichnet - für die Zukunft anstrebt
(vgl. Hess.VGH, B. v. 13.07.2004 - 8 TG 1067/04 -, juris, Rdnr. 48; Ute Spies,
a.a.O., S. 179 f.). Dabei kann die Frage, ob sich ein Bürgerbegehren inhaltlich
gegen einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung richtet und damit
kassatorisch oder ob es im Gegensatz hierzu initiatorisch ist, nur einzelfallbezogen
beantwortet werden (vgl. VG Gießen, B. v. 26.03.2004 - 8 G 539/04 -, HSGZ 2004,
219, 220).
Das Bürgerbegehren „Sind sie gegen die Umgestaltung des Parks an der E-Kirche
25
26
27
28
29
Das Bürgerbegehren „Sind sie gegen die Umgestaltung des Parks an der E-Kirche
durch Neuanlage einer Kastanienallee und das Fällen eines Teils des jetzigen
wertvollen Baumbestandes?“ wendet sich hier kassatorisch gegen den Beschluss
der Stadtverordnetenversammlung der Beklagten vom 16.12.2004, mit dem der
Bebauungsplan Nr. 45 beschlossen wurde. Die in dem Bürgerbegehren
bezeichnete Grünfläche zwischen E-Kirche und G-Straße wird von dem
Bebauungsplan Nr. 45 erfasst. In diesem sind bezüglich des Parks unter Nr. 11.5
der Begründung des Bebauungsplans (S. 70 d. Bebauungsplanakte) folgende
Festsetzungen enthalten:
„Der vorhandene Baumbestand ist gemäß Parkpflegevermerk zu
erhalten, zu pflegen und zu entwickeln, um die Grünanlage nachhaltig
in ihrem Bestand und in ihrer Bedeutung für das Stadtbild zu sichern…
In Anlehnung an die Konzeption von I. sind verschiedene Alleen bzw.
Baumreihen zur Anpflanzung festgesetzt. Sie sollen die axialen Bezüge
zwischen F-Anlage und G-Straße und den Übergang zur H-Straße
nachhaltig wiederherstellen. Um nicht übermäßig und
unverhältnismäßig in den vorhandenen Baumbestand eingreifen zu
müssen, sind die Festsetzungen in enger Abstimmung mit der
Denkmalpflege und den Belangen des Baumschutzes sowie den
notwendigen Verpflichtungen aus der Verkehrssicherung umzusetzen.
Im Zusammenhang mit der Landesgartenschau 2010 sollen zumindest
Teile des umgesetzten Konzeptes präsentiert werden.“
Es werden drei Einzelbäume als zu erhaltende Bäume im Übergang des Parks zur
Bebauung an der H-Sraße als besonders orts- und parkbildprägend festgesetzt.
Nach historischem Vorbild werden verschiedene Alleen und Baumreihen zur
Anpflanzung ausgewiesen. Diese sollen die axialen Bezüge zwischen F-Anlage und
G-Straße und Übergang zur H-Straße nachhaltig wiederherstellen. Dabei darf nach
dem Bebauungsplan allerdings nicht übermäßig in den vorhandenen
Baumbestand eingegriffen werden. Zur Landesgartenschau 2010 sollen zumindest
Teile des Konzepts umgesetzt sein.
Das Bürgerbegehren richtet sich ausweislich der Fragestellung gegen die im
Bebauungsplan festgeschriebene Umgestaltung, die sich - wie auch in der
mündlichen Verhandlung zur Sprache kam - an dem historischen Vorbild (Konzept
von I.) orientiert. Die festgelegte Änderung sieht diesem historischen Vorbild
gemäß als wesentlichen Aspekt die Neuanlage einer Kastanienallee als axiale
Verbindung zwischen der F-Anlage und der E-Kirche vor. Im Bebauungsplan sind
lediglich drei Einzelbäume und der Altbaumbestand als solcher geschützt. Einzelne
Fällungen und Neuanpflanzungen sind allerdings notwendige Voraussetzung, um
den Bebauungsplan und sein tragendes historisches Konzept mit seinen
weiträumigen Alleen umzusetzen. Das Bürgerbegehren fordert dagegen eine
wesentlich andere Lösung als im Bebauungsplan Nr. 45 und seiner Begründung
vorgesehen, nämlich den Erhalt des Parks in seiner jetzigen Gestaltung. Denn es
wendet sich gegen das Anlegen einer Allee und das hierzu notwendige Fällen
einzelner Bäume.
Das Bürgerbegehren ist auch nicht zulässig im Hinblick auf den Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung der Beklagten vom 05.07.2007. Durch diese
Entscheidung wurde beschlossen, 13 Bäume zu fällen und 26 neu anzupflanzen,
was sich aber als reiner Vollzugsbeschluss im Hinblick auf den Bebauungsplan Nr.
45 darstellt. Bürgerbegehren, die sich gegen reine Vollzugsbeschlüsse oder
unmittelbar gegen die Vollziehung von Grundsatzbeschlüssen richten, sind nur
innerhalb der für den Grundsatzbeschluss laufenden Ausschlussfrist zulässig (vgl.
VG Darmstadt, B. v. 24.07.2007 - 3 G 1073/07 -, juris, Leitsätze 2 und 3;
Foerstermann, Die Gemeindeorgane in Hessen, 6. Aufl., 2002, § 65 Rdnr. 9, S.
258). Sinn und Zweck der Ausschlussfrist des § 8b Abs. 3 S. 1 Hs. 2 HGO ist es zu
verhindern, dass Beschlüsse der Gemeindevertretung über einen längeren
Zeitraum nicht vollzogen werden können (vgl. Hess.VGH, B. v. 13.07.2004 - 8 TG
1067/04 -, juris, Rdnr. 47; VG Gießen, B. v. 26.03.2004 - 8 G 539/04 -, HSGZ 2004,
219, 221). Diese Regelung räumt dem Schutz von Beschlüssen der
Gemeindevertretung gegenüber einem Bürgerbegehren als plebiszitärem
Verfahren Vorrang ein (vgl. Hess.VGH, U. v. 02.04.2004 - 8 UE 2529/03 -, juris,
Rdnr. 32; Spies, a.a.O., S. 180). Damit wird den Grundsätzen der
Planungssicherheit und der Effektivität des Verwaltungshandelns Rechnung
getragen (vgl. VG Köln, U. v. 31.05.1999 - 4 K 7677/96 -, juris, Orientierungssatz 1;
Spies, a.a.O., S. 179 f.). Dieser Intention des Gesetzes läuft es zuwider, wenn ein
Bürgerbegehren, das sich gegen den Grundsatzbeschluss vollziehende Beschlüsse
30
31
32
Bürgerbegehren, das sich gegen den Grundsatzbeschluss vollziehende Beschlüsse
der Gemeindevertretung wendet, als ein fristungebundenes initiierendes
Bürgerbegehren gewertet wird. Dies gilt erst recht für direkte, wenn auch zeitlich
verzögerte Umsetzungsbeschlüsse von bereits gefassten Entscheidungen der
Gemeindevertretung.
Davon ist hier hinsichtlich des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung der
Beklagten vom 05.07.2007, 13 Bäume zu fällen und 26 neu anzupflanzen,
auszugehen. Denn diese Entscheidung unterfällt ebenfalls der für den Beschluss
vom 16.12.2004 abgelaufenen Frist von sechs Wochen gemäß § 8b Abs. 3 S. 1 Hs.
2 HGO. Der Beschluss vom 05.07.2007 stellt sich mangels neuer Sachlage
nämlich als reiner Vollzugsbeschluss des Beschlusses vom 16.12.2004 über den
Bebauungsplan Nr. 45 dar. Die dort festgeschriebene Umgestaltung des Parks und
der Neuanlage einer axialen Allee setzt notwendigerweise voraus, dass neben dem
natürlichen Abgang von Altbäumen auch Bäume gefällt werden. Andernfalls würde
die Lebensdauer einzelner Bäume das Anlegen der Allee und damit den Vollzug
des Bebauungsplanes in absehbarer Zeit unmöglich machen.
Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten
des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit hat
seine Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen im Hinblick auf die
Abgrenzung eines kassatorischen vom einem initiatorischen Bürgerbegehren (vgl.
§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.