Urteil des VG Gießen vom 18.04.2001

VG Gießen: auflösende bedingung, treu und glauben, auszahlung, zuschuss, behörde, zuwendung, nummer, verzinsung, rückzahlung, landwirtschaft

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Gericht:
VG Gießen 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 E 2434/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 36 Abs 2 Nr 2 VwVfG HE, §
37 Abs 1 VwVfG HE, § 48
VwVfG HE, § 49 VwVfG HE, §
49a Abs 3 VwVfG HE
Leitsatz
Ermächtigungsgrundlage für Zinsforderungen ist regelmäßig abschließend § 49a
Abs. 3 und 4 HVwVfG; ein Rückgriff auf die VV zu § 44 LHO ist nur möglich, wenn
dies im Zuwendungsbescheid geregelt ist.
Die Geltendmachung von Erstattungs- und Zinsansprüchen durch die
Bewilligungsbehörde setzt bei Vorliegen eines konstitutiven Bewilligungsbescheides
voraus, dass dieser gem. §§ 48, 49 HVwVfG - zumindest teilweise - aufgehoben wird.
Werden Auszahlungsanordnungen über Beträge erlassen, die nach Prüfung der
Verwendungsnachweise nicht hätten ausgezahlt werden müssen oder dürfen, trifft die
Bewilligungsbehörde ein erschuldensvorwurf bzw. Verursachungsbeitrag, der
regelmäßig der Geltendmachung von insforderungen entgegensteht; insoweit hat der
Zuwendungsempfänger weder eine Überzahlung noch eine nicht fristgerechte
Verwendung zu vertreten.
Die Prüfung von Verwendungsnachweisen obliegt der Bewilligungsbehörde.
Zur Frage der Ermessensausübung der Behörde bei der Geltendmachung von
Zinsforderungen, wenn sie selbst - insbesondere bei langwierigen und schwierigen
Subventionsrechtsverhältnissen - die Grundlage für Überzahlung und nicht fristgerechte
Verwendung - zumindest mit - verursacht hat.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen die Heranziehung zu Zinszahlungen
im Rahmen eines zwischen den Beteiligten bestehenden
Subventionsrechtsverhältnisses.
Mit Bewilligungsbescheid Nr. 198/1993 vom 03.08.1993 wurde der Klägerin als
Regionale Entwicklungsgruppe für den Vogelsbergkreis im Rahmen des
Subventionsverfahrens L. I ein Zuschuss von 1.105.000,-- DM für förderfähige
Kosten in einer Gesamthöhe von 1.300.000,-- DM bewilligt.
Die Auszahlung des bewilligten Zuschusses erfolgte nach Eingang von
Auszahlungsanträgen und Verwendungsnachweisen vom 18.08.1993, 06.09.1994,
02.06.1995,10.10.1995 und 13.11.1995 jeweils in Teilbeträgen. Nach Vorlage des
Endverwendungsnachweises vom 30.05.1996 berechnete das ARLL Vogelsberg
den Zuschuss auf Grundlage der vorgelegten Nachweise neu, stellte abschließend
mit Bescheid vom 09.10.1997 fest, dass der Klägerin Zuwendungen in Höhe von
114.100,-- DM zu viel ausgezahlt worden seien und wies darauf hin, dass
hinsichtlich der Zinsberechnung ein gesonderter Bescheid ergehe. Diese
Entscheidung wurde von der Klägerin anerkannt, die in der Folgezeit den Betrag
von 114.100,-- DM in zwei Raten zurückzahlte.
Mit Bescheid vom 03.12.1997 forderte das ARLL von der Klägerin die Zahlung von
Zinsen in Höhe von 11.368,20 DM für den überzahlten Zuschuss und wegen
verfrühtem Mittelabruf. Auf den von der Klägerin mit Schreiben vom 12.12.1997
eingelegten und mit Schreiben vom 13.01.1998 begründeten Widerspruch änderte
das ARLL die Zinsforderung mit Bescheid vom 27.02.1998 auf 10.505,86 DM.
Hinsichtlich der anderen in der Widerspruchsbegründung vorgetragenen
Argumente der Klägerin sah das ARLL sich zu einer Abhilfe nicht imstande und
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Argumente der Klägerin sah das ARLL sich zu einer Abhilfe nicht imstande und
legte den Widerspruch dem Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und
Landwirtschaft Wetzlar zur Entscheidung vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2000 wies das Hessische Landesamt für
Regionalentwicklung und Landwirtschaft den Widerspruch der Klägerin zurück und
wies zur Begründung im Wesentlichen auf den Regelungsgehalt von §§ 49, 49a
HVwVfG und der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO und der ANBest-
P hin. Danach seien die streitbefangenen Zinsen zu erheben und von der Klägerin
zu zahlen. Sinn dieser Regelungen sei es unter anderem, dass
Subventionsempfänger durch den vorzeitigen Abruf von bewilligten Mitteln nicht in
den Genuss eines ungerechtfertigten Zinsvorteils kämen. Das Vorhaben müsse
planerisch so weit vorangetrieben sein, dass derartige Zinsvorteile nicht
entstünden. Auch die fristgerechte Verwendung der Auszahlungsbeträge liege im
Verantwortungsbereich des Zuwendungsempfängers. Dieser müsse anhand
erbrachter und noch ausstehender Leistungen das Risiko eines verfrühten
Mittelabrufs richtig einschätzen. Die fristgerechte Rückzahlung der zu viel
gezahlten Zuwendungen rechtfertigten ein Absehen von der Zinserhebung nicht.
Die Zuwendungen seien innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung einem
bestimmten Zweck zuzuführen und seien zu verwenden. Hinsichtlich des
geforderten Rückzahlungsbetrages ergebe sich die Zinsberechnung aus dem
Zeitpunkt der Auszahlung bis zur Rückzahlung des Betrages. Insoweit habe eine
Verzinsung vorgenommen werden müssen. Der Widerspruchsbescheid wurde der
Klägerin mittels Postzustellungsurkunde am 20.06.2000 zugestellt.
Am 19.07.2000 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und
vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt darüber hinaus
ergänzend vor, der Beklagte habe das ihm zustehende Ermessen nicht
sachgerecht, nämlich gar nicht ausgeübt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 03.12.1997, geändert durch Bescheid vom 27.02.1998, in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2000 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt
unter Bezugnahme auf die angefochtene Verwaltungsakte und die
Ausführungen im Verwaltungsverfahren, die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsätzen vom 14.03.2001 (Klägerin) und vom 21.03.2001 (Beklagter)
haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den
Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung im
schriftlichen Verfahren erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (3
Hefter) Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide des ehemaligen Amtes für Regionalentwicklung,
Landschaftspflege und Landwirtschaft Vogelsberg vom 03.12.1997 und 27.02.1998
sowie der Widerspruchsbescheid des ehemaligen Hessischen Landesamtes für
Regionalentwicklung und Landwirtschaft Wetzlar vom 16.06.2000 sind rechtswidrig
und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Einleitend sei darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des seitens des Beklagten von
der Klägerin geforderten und bereits erstatteten Rückzahlungsbetrages das
Gericht bereits der Auffassung des Beklagten nicht zu folgen vermag, dass sich die
Rückzahlungspflicht aufgrund einer in dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid
enthaltenen auflösenden Bedingung ergeben hat. Eine derartige auflösende
Bedingung, die gegebenenfalls eine Rückzahlungspflicht auslösen könnte, ist dem
Bewilligungsbescheid vom 03.08.1993 nicht zu entnehmen und auch nicht den
Grundsätzen für die Förderung von Maßnahmen nach der Gemeinschaftsinitiative
L. vom 09.03.1993 (unveröffentlicht). Zwar sind in dem Bewilligungsbescheid vom
03.08.1993 eine Reihe rechtlicher Vorschriften aufgezählt, die neben den
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03.08.1993 eine Reihe rechtlicher Vorschriften aufgezählt, die neben den
Förderungsgrundsätzen gelten sollen, indes ist auch diesen eine auflösende
Bedingung nicht zu entnehmen und wird weiterhin die Frage aufgeworfen, ob eine
derart bestimmte "auflösende Bedingung" hinreichend bestimmt im Sinne des §
37 Abs. 1 HVwVfG wäre, was nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht der
Fall ist. Allein die Verweisung auf eine Reihe rechtlicher Vorschriften, die zum Teil
von beträchtlichem Umfang sind, dürfte nicht genügen, eine auflösende
Bedingung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 HVwVfG mit der gemäß § 37 Abs. 1
HVwVfG zu fordernden hinreichenden Bestimmtheit zu konkretisieren.
Demzufolge leidet die Zinsfestsetzung bereits an dem Mangel, dass der
abschließende Rückforderungsbescheid vom 09.10.1997, mit dem die Rückzahlung
auf 114.100,-- DM beziffert worden ist, materiell rechtswidrig ist. Auf § 49a HVwVfG
kann das Erstattungsverlangen in Höhe von 114.100,-- DM jedenfalls nicht
gestützt werden, denn Grund für das "Behaltendürfen" der gewährten Zuwendung
ist der grundlegende Zuwendungsbescheid vom 03.08.1993. Allein durch die
Geltendmachung eines bezifferten Erstattungsbetrages wird nämlich der
Bewilligungsbescheid vom 03.08.1993, der in Bestandskraft erwachsen ist, in
keiner Weise tangiert. Damit bleibt dieser Bewilligungsbescheid tragfähige
Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der ausgezahlten Zuwendungen. Setzt
ein Bewilligungsbescheid nämlich konstitutiv die Gewährung von Zuwendungen
fest und fehlt es - wie vorliegend - an einer wirksamen auflösenden Bedingung, ist
für die Geltendmachung eines Rückzahlungsverlangens Voraussetzung, dass der
ursprüngliche Bewilligungsbescheid nach den Vorschriften der §§ 48, 49 HVwVfG -
zumindest teilweise - aufgehoben wird (ständige Rechtsprechung der Kammer seit
den rechtskräftigen Urteilen vom 22.01.1998, 10 E 950/97 und vom 20.03.1998,
10 E 1868/96), woran es vorliegend mangelt. Insbesondere kann in dem
Rückforderungsverlangen und dem dementsprechenden Verwaltungsakt keine
inzidente Aufhebung des Bewilligungsbescheides gesehen werden. Gleichwohl soll
diese Frage hier nicht weiter vertieft werden, da die Klägerin dem
Rückzahlungsbegehren nachgekommen ist und den geforderten Betrag
fristgerecht an den Beklagten zurückgezahlt hat.
Die angefochtenen Zinsbescheide des Beklagten erweisen sich nämlich auch
unabhängig von vorstehenden Bedenken als rechtswidrig. Denn mit den in den
angefochtenen Bescheiden seitens des Beklagten vorgenommenen Erwägungen
lässt sich der geltend gemachte Zinszahlungsanspruch nicht begründen.
Ermächtigungsgrundlage für die Verzinsung ist - bei zu unterstellender
Rechtmäßigkeit des Erstattungsbegehrens in der Sache - § 49a Abs. 3 und 4
HVwVfG. Mit Einfügung des § 49a HVwVfG in das Hessische
Verwaltungsverfahrensgesetz ist es dem Beklagten verwehrt, seinen Zinsanspruch
auf die Vorschriften der Landeshaushaltsordnung und die hierzu erlassenen
vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu stützen. Unabhängig davon, dass die
Landeshaushaltsordnung und die vorläufigen Verwaltungsvorschriften keinerlei
unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und der Klägerin
begründen und der Zinsanspruch allenfalls darauf gestützt werden kann, dass die
Landeshaushaltsordnung und die hierzu erlassenen vorläufigen
Verwaltungsvorschriften zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides von 1993
gemacht worden sind, hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 49a HVwVfG
eine abschließende Regelung getroffen, aufgrund derer die dem Regelungsbereich
des HVwVfG - wie vorliegend - unterworfenen Behörden Zinsansprüche erheben
können. Festzustellen bleibt daher, dass § 49a HVwVfG sowohl für die
verwaltungsaktmäßige Festsetzung des Erstattungsbetrages als auch der
Verzinsung abschließende Ermächtigungsgrundlage ist.
Die Voraussetzungen des § 49a Abs. 3 und 4 HVwVfG, unter denen der Beklagte
gegenüber der Klägerin Zinsansprüche festsetzen kann, liegen indes zur
Überzeugung des Gerichts mit der in den angefochtenen Bescheiden gegebenen
Begründung nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn in Ergänzung zu § 49a
Abs. 3 und 4 HVwVfG die Regelungen der Landeshaushaltsordnung und der hierzu
erlassenen vorläufigen Verwaltungsvorschriften in die rechtliche Prüfung mit
einbezogen werden.
Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 49a Abs. 3 HVwVfG für die Erhebung
der geltend gemachten Zinsen hinsichtlich des Erstattungsbetrages nicht vor.
Danach ist nämlich der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des
Verwaltungsaktes an mit 6 vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Unabhängig
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Verwaltungsaktes an mit 6 vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Unabhängig
davon, dass nach oben stehenden Ausführungen der Bewilligungsbescheid vom
03.08.1993 nicht wirksam gemäß §§ 48, 49 HVwVfG zurückgenommen worden und
damit Grundlage für das Behaltendürfen der gewährten Zuwendungen geblieben
ist, hat der Beklagte in den angefochtenen Zinsbescheiden die Regelung in § 49a
Abs. 3 Satz 2 HVwVfG verkannt. Danach kann nämlich von der Geltendmachung
des Zinsanspruchs insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte
die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des
Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden
Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. An der
fristgemäßen Rückzahlung des festgesetzten Erstattungsbetrages bestehen
vorliegend keine Zweifel. Darüber hinaus hat die Klägerin die Umstände, die zur
Geltendmachung des Erstattungsbegehrens geführt haben, nicht zu vertreten.
Diese Wertung des Gerichts ergibt sich nämlich aus den zur Gerichtsakte
gereichten und mit der Aufschrift "Auszahlungsanträge und
Zwischenverwendungsnachweise" versehenen Behördenvorgängen. Bei Durchsicht
der Auszahlungsanträge und der von der Klägerin vorgelegten
Verwendungsnachweise fällt nämlich deutlich auf, dass die Behörde
Auszahlungsanordnungen unter eklatanter Überschreitung der angemessenen
Höhe getroffen hat.
Der Auszahlungsantrag der Klägerin vom 06.09.1994 ist mit dem Vermerk
versehen: "Obwohl der gewährte Zuschuss noch nicht vollständig belegt ist, ist die
Auszahlung eines weiteren Zuschusses über 22.100,-- DM vertretbar, da in den
nächsten zwei Wochen eine Rechnung der GMA über rund 50.000,-- DM erwartet
wird." Ein entsprechender Auszahlungsantrag vom 02.06.1995 errechnet einen
Zuschuss von 91.800,-- DM; die Auszahlungsanordnung lautet indes über
255.000,-- DM, wie von der Klägerin beantragt. Hierzu ist vermerkt:
"Die L. GmbH hat mit dem Auszahlungsantrag Rechnungen über rund 120.000,--
DM vorgelegt und weiter versichert, dass noch weitere Rechnungen über rund
200.000,-- DM bis Mitte Juli 1995 erwartet werden. Daher ist die Auszahlung des
o.g. Zuschussanteils vertretbar, obwohl der bereits gewährte Zuschuss über
107.100,-- DM noch nicht vollständig belegt ist." Auf den Auszahlungsantrag vom
10.10.1995 in Höhe von 340.000,-- DM wurde die Auszahlungsanordnung
antragsgemäß erlassen, obwohl die Behörde einen Zuschuss in Höhe von
262.500,-- DM errechnet und hierzu vermerkt hatte: "Obwohl der bisher gewährte
Zuschuss noch nicht belegt ist, wird die Auszahlung eines weiteren
Zuschussanteils über 340.000,-- DM aus nachfolgenden Gründen vertreten: - Es
werden Rechnungen in Kopie vorgelegt, die zirka 180.000,-- DM umfassen und aus
dem verbliebenen Zuschussanteil von rund 100.000,-- DM nicht geleistet werden
können - Zum Kassenstand 31.07.1995 hat die L. GmbH durch
Verwendungsnachweise in den Projekten: ... eine Überbelegung von Mitteln in
Höhe von zirka 63.000,-- DM nachgewiesen, wodurch sich die Nichtbelegung der
Mittel in diesem Projekt teilweise erklärt. Auf eine ordnungsgemäße,
projektbezogene Mittelverwendung wurde der Zuschussempfänger nochmals
hingewiesen - In der abschließenden Projektdurchführungs- bzw. -
umsetzungsphase sind noch höhere Rechnungen (Werbespots, Anzeigen, etc.) zu
erwarten" Auf den Auszahlungsantrag der Klägerin vom 13.11.1995 in Höhe von
402.900,-- DM wurde aufgrund der nachgewiesenen förderfähigen Kosten ein
Zuschuss von 262.500,-- DM errechnet, die Auszahlungsanordnung aber
antragsgemäß über 402.900,-- DM erteilt und hierzu vermerkt: "Zur
abschließenden Finanzierung des Projekts in der Umsetzungsphase der
verschiedenen Maßnahmen ist die Auszahlung des verbliebenen Zuschussanteils
vertretbar." Bereits aus dieser Vorgehensweise des Beklagten ist zu entnehmen,
dass die Klägerin den Erstattungsbetrag in Höhe von 114.100,-- DM in keiner
Weise zu vertreten hat. Hätte die Bewilligungsbehörde nämlich aufgrund der
vorgelegten Verwendungsnachweise und aufgrund der danach vorgenommenen
Zuschussberechnung die Auszahlungsanordnungen in der Höhe erlassen, in der
sie gerechtfertigt gewesen wären, wäre es nicht zu einem Erstattungsbegehren
wegen zu viel gezahlter Zuwendungen gekommen. Wenn aber die
Bewilligungsbehörde Auszahlungsanordnungen in einer Höhe vornimmt, die zwar
durch das Antragsbegehren, nicht aber durch die vorgelegten
Verwendungsnachweise gedeckt sind, so trifft die Bewilligungsbehörde das
Verschulden und die Verursachung in Bezug auf einen gegebenenfalls zu
fordernden Erstattungsbetrag. Keinesfalls kann von einem Verschulden des
Zuwendungsempfängers ausgegangen werden, denn diesem entzieht sich
regelmäßig die Zuschussberechnung und die Auszahlungspraxis der
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regelmäßig die Zuschussberechnung und die Auszahlungspraxis der
Bewilligungsbehörde. Erlässt die Bewilligungsbehörde Auszahlungsanordnungen,
die eklatant über das nach Prüfung der Verwendungsnachweise gebotene und
gerechtfertigte Maß hinaus, kann sie dies nicht dem Begünstigten mit der Folge
zurechnen, dass auf die zu Unrecht und zu viel ausgezahlte Zuwendungen im Falle
einer Rückforderung Zinsen zu erheben sind. Insoweit mangelt es bei dem
Zuwendungsempfänger an einem "Vertretenmüssen". Darüber hinaus ist in
vorliegendem Fall zu berücksichtigen, dass der Klägerin in dem
Bewilligungsbescheid von 1993 zur Vorlage der Verwendungsnachweise bestimmte
Fristen gesetzt wurden, die nicht unbedingt mit der Fälligkeit zu begleichender
Aufwendungen korrelieren müssen, so dass die Klägerin sich hier geradezu in einer
Zwickmühle befindet, aus der sie nicht ohne weiteres herauskommt. Auch dies
hätte der Beklagte bei der Forderung der streitgegenständlichen Zinsen im
Ermessenswege berücksichtigen müssen.
Nach vorstehenden Ausführungen hätte der Beklagte in Bezug auf den
Rückforderungsbetrag von 114.100,-- DM und dessen Verzinsung aufgrund der
Besonderheiten des Falles über die Geltendmachung von Zinsen im
Ermessenswege entscheiden müssen, was gerade nicht geschehen ist. Insoweit ist
den angefochtenen Bescheiden nur zu entnehmen, dass hinsichtlich des zu viel
gezahlten Betrages Zinsen zu erheben sind, der Beklagte hat insoweit überhaupt
kein Ermessen betätigt und keine Ermessenserwägungen angestellt.
Das gleiche Ergebnis ergibt sich auch bei Zugrundelegung der Regelungen in
Nummern 8.3 und 8.5 der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO.
Nummer 8.3 regelt nämlich explizit, dass die Bewilligungsbehörde bei der
Ausübung ihres Ermessens die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen
hat, die vorliegend nach vorstehenden Ausführungen aber gerade dazu führen,
dass von einer zwingenden Verzinsung des Rückforderungsbetrages gerade nicht
auszugehen ist.
Lediglich ergänzend merkt das Gericht insoweit an, dass alle Umstände des zu
entscheidenden Falles dafür sprechen, in Bezug auf den Rückforderungsbetrag von
114.100,-- DM auf die Erhebung von Zinsen zu verzichten, weil diese Überzahlung
zumindest zum größten Teil auf einem Verursachungsbeitrag der
Bewilligungsbehörde beruht und der Klägerin die Umstände, die zu der
Überzahlung geführt haben, weitgehend unbekannt sein dürften. Zumindest ist
nicht ersichtlich, dass der Klägerin die Prüfung der vorgelegten
Verwendungsnachweise offengelegt wurde. Resultiert der Rückforderungsbetrag
damit im Wesentlichen auf einem Verhalten der Bewilligungsbehörde, so erscheint
es geradezu treuwidrig (§ 242 BGB entsprechend), neben dem
Rückforderungsbetrag auch noch Zinsansprüche geltend zu machen. Bei
sachgerechter Handhabung seitens der Bewilligungsbehörde wäre es nämlich zu
keinem Zeitpunkt zu einer Überzahlung gekommen, die Grundlage für
Rückzahlungs- und Erstattungsansprüche ist.
Weiter erweisen die angefochtenen Bescheide sich als rechtswidrig, soweit Zinsen
für die Zeit von der Auszahlung der Zuwendungen bis zu deren
zweckentsprechender Verwendung geltend gemacht werden.
Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 49a Abs. 4 HVwVfG, wonach für die Zeit bis
zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Abs. 3 Satz 1 verlangt werden
können, wenn eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den
bestimmten Zweck verwendet wird. Nach Auffassung des Gerichts ist für die
Geltendmachung derartiger "Zwischenzinsen" mit der Einführung von § 49a Abs. 4
HVwVfG eine abschließende Regelung getroffen worden, die einen Rückgriff auf die
Landeshaushaltsordnung und die hierzu erlassenen vorläufigen
Verwaltungsvorschriften ebenfalls ausschließt. Insoweit kann auf das oben gesagte
verwiesen werden. Selbst wenn aber die Landeshaushaltsordnung und die
vorläufigen Verwaltungsvorschriften aufgrund der Inbezugnahme im
Bewilligungsbescheid vom 03.08.1993 anwendbar sein sollten, ergäbe sich für den
konkret zu entscheidenden Fall nichts anderes. In beiden Fällen ist die
Geltendmachung derartiger "Zwischenzinsen" rechtswidrig, weil die
Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die ihr zugewendeten Geldmittel
nicht im Sinne des § 49a Abs. 4 HVwVfG alsbald nach der Auszahlung für den
bestimmten Zweck verwendet haben könnte. Bereits die zeitliche Bestimmung
"alsbald" lässt nicht auf einen konkreten Zeitraum schließen und gebietet die
Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Hierbei ist vorliegend
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Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Hierbei ist vorliegend
von Bedeutung, dass es sich um eine durchaus komplexe Subventionsmaßnahme
handelt, im Rahmen derer der Zeitraum "alsbald" durchaus mehrere Monate
betragen kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der
Zeitraum "alsbald" nicht mit dem Begriff unverzüglich belegt werden kann. Hätte
der Gesetzgeber mit der Formulierung "alsbald" unverzüglich meinen wollen, hätte
er dies in den Gesetzestext aufnehmen müssen. Die Formulierung "alsbald"
schließt es weiter aus, einen festen Zeitraum für die zulässige Mittelverwendung
zu definieren. Bereits von daher ist der von dem Beklagten angeführte Zeitraum
von zwei Monaten nach Auszahlung nicht nachvollziehbar.
Selbst wenn im Regelfall ein Zeitraum von zwei Monaten zur zweckmäßigen
Verwendung der Geldmittel ausreichen sollte, kann dies aufgrund des Umfangs,
der Komplexität und des mehrjährigen Subventionsrechtsverhältnisses zwischen
den Beteiligten nicht gelten. Bereits der Umfang der Subventionsmaßnahme und
die Schwierigkeiten sowie die Komplexität der konkreten Durchführung gebieten
nach Auffassung des Gerichts, den Zeitraum wesentlich großzügiger zu
bemessen.
Von daher vermag das Gericht die der Klägerin gemachten Vorwürfe nicht
nachzuvollziehen. Auch in diesem Zusammenhang kommt hinzu, dass der
Klägerin in den vorgenannten Auszahlungsanordnungen jeweils deutlich mehr
Geldmittel angewiesen worden sind, als dies nach den vorgelegten
Verwendungsnachweisen gerechtfertigt gewesen wäre. Wenn die Behörde indes
derartig überhöhte Zuwendungen zur Auszahlung bringt, kann es dem
Zuwendungsempfänger nicht zum Nachteil gereichen, wenn eine alsbaldige
Verwendung nicht möglich ist. Eine derartige alsbaldige Verwendung für den
bestimmten Zweck muss sich nämlich an den vorgelegten und geprüften
Verwendungsnachweisen orientieren und nicht an einer hypothetischen Größe.
Wenn die vorgelegten und geprüften Verwendungsnachweise indes die
Auszahlungsanordnung der Höhe nach nicht im Geringsten rechtfertigen, so ist
auch insoweit der Bewilligungsbehörde vorzuwerfen, zu der nicht alsbaldigen
Verwendung beigetragen zu haben. Insoweit schließt es der Grundsatz von Treu
und Glauben aus, Zinsen zu erheben.
Überdies stellt § 49a Abs. 4 HVwVfG die Erhebung derartiger Zwischenzinsen in
das Ermessen der Behörde und den angefochtenen Bescheiden ist nicht zu
entnehmen, dass dieses Ermessen nach vorstehenden Ausführungen
ordnungsgemäß und rechtmäßig ausgeübt worden ist. Selbst wenn im Rahmen
der Zinserhebung von einem sogenannten "intendierten Ermessen" auszugehen
sein sollte, liegen im konkret zu entscheidenden Fall besondere Umstände im
Sinne einer atypischen Fallgestaltung vor, die die Erhebung derartiger Zinsen
gerade nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. In diesem Zusammenhang ist
weiter darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht in allen Fällen als endgültige
Subventionsempfängerin zu qualifizieren ist. Soweit nämlich Maßnahmen in
Drittträgerschaft durchgeführt worden sind, hat die Bewilligungsbehörde zumindest
teilweise an einer Verzögerung der zweckentsprechenden Mittelverwendung
mitgewirkt, nämlich im Rahmen der Prüfung der bei der Klägerin einzureichenden
Verwendungsnachweise der Drittbetroffenen. Nach Auffassung des Gerichts
gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB auch insoweit,
von einer Zinserhebung abzusehen.
Eine abweichende rechtliche Beurteilung ergäbe sich auch nicht unter
Zugrundelegung der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zur
Landeshaushaltsordnung. Nach Nummer 8.6 der vorläufigen
Verwaltungsvorschriften zur LHO sind regelmäßig von der Zeit der Auszahlung bis
zur zweckentsprechenden Verwendung ebenfalls Zinsen in Höhe von 6 v.H. für das
Jahr zu verlangen, wenn die Zuwendung nicht innerhalb von zwei Monaten zur
Erfüllung des Zuwendungszwecks verwendet und der Zuwendungsbescheid nicht
widerrufen wird.
Bereits der Wortlaut "regelmäßig" deutet auf einen der Behörde eröffneten
Ermessensspielraum hin, den sie in sachgerechter Weise auszufüllen hat, woran es
vorliegend nach vorstehenden Ausführungen mangelt. Auch in diesem
Zusammenhang ist anzumerken, dass im Rahmen der Prüfung des
Tatbestandsmerkmals "die Zuwendung nicht innerhalb von zwei Monaten nach
Auszahlung für fällige Zahlungen verwendet" der Bewilligungsbehörde nach
Nummer 8.2.4 und 8.3 der vorläufigen Verwaltungsvorschriften ein
Ermessensspielraum eröffnet ist, den sie jedenfalls in vorliegender Fallgestaltung
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Ermessensspielraum eröffnet ist, den sie jedenfalls in vorliegender Fallgestaltung
nicht sachgerecht ausgeübt hat.
In diesem Zusammenhang ist nämlich weiter von Bedeutung, dass es der
Bewilligungsbehörde aufgrund der vorgelegten Verwendungsnachweise durchaus
möglich und zumutbar gewesen wäre zu prüfen, ob die Zuwendungen innerhalb
von zwei Monaten für fällige Zahlungen verwendet werden konnten. Bewilligt aber
die zuständige Behörde die Auszahlung über den anhand der
Verwendungsnachweise errechneten und für geboten gehaltenen Betrag hinaus,
so ist unschwer zu erkennen, dass die Zuwendung nicht innerhalb von zwei
Monaten für fällige Zahlungen verwendet werden kann. Auch insoweit trifft die
Bewilligungsbehörde ein Verschuldens-, zumindest aber ein Verursachungsvorwurf.
In diesem Zusammenhang ist weiter auf Nummer 9 der vorläufigen
Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO hinzuweisen, wonach die Verwaltung, und
damit gerade nicht die Klägerin, die Verwendung der Zuwendung zu überwachen
hat. Muss es sich der Verwaltung aber geradezu aufdrängen, dass die Zuwendung,
die zur Auszahlung angeordnet wird, nicht innerhalb von zwei Monaten für fällige
Zahlungen verwendet werden kann, so scheitert hieran die rechtmäßige
Geltendmachung des streitgegenständlichen Zinsanspruchs. Weiter ist insoweit
auf die Regelung in Nummer 7.2 der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 44
LHO zu verwenden, wonach nämlich bei Projektförderung längerfristiger Vorhaben
nur Teilbeträge ausgezahlt werden sollen und die Auszahlung in der Regel davon
abhängig gemacht wird, dass die Verwendung der bereits gezahlten Teilbeträge in
summarischer Form nachgewiesen wird. Der Bewilligungsbehörde war aufgrund der
mit den jeweiligen Auszahlungsanträgen eingereichten Verwendungsnachweise
aktenkundig bekannt, dass eine Verwendung der bereits gezahlten Teilbeträge
nicht immer ordnungsgemäß erfolgt und nachgewiesen wurde. Bereits von daher
hätte die Bewilligungsbehörde reagieren und die Auszahlung weiterer Teilbeträge
stoppen oder reduzieren müssen. Da sie dies ersichtlich nicht getan hat, sondern
Geldmittel über das gebotene und gerechtfertigte Maß hinaus zur Auszahlung
gebracht hat, muss sie sich vorhalten lassen, die nicht fristgerechte Verwendung
nicht nur begünstigt, sondern geradezu verursacht zu haben. Dies steht ebenfalls
der Geltendmachung von Zwischenzinsen entgegen.
Da die angefochtenen Bescheide sich bereits nach vorstehenden Ausführungen
als rechtswidrig und die Klägerin in ihren Rechten verletzend darstellen, bedarf es
des Eingehens auf weitere Verfahrensmängel insoweit nicht. Die angefochtenen
Bescheide sind gemäß §113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben. Ergänzend sei
zuletzt lediglich noch angemerkt, dass es geradezu absurd erscheint, wenn
ausweislich des Inhalts der vorgelegten Behördenvorgänge davon ausgegangen
wird, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, die sachgerechte Verwendung der
Zuwendungen und die Verwendungsnachweise für auch in Drittträgerschaft
stehende Vorhaben zu prüfen, ihr aber andererseits zum Vorwurf gemacht wird,
die verwendeten Mittel nicht innerhalb einer bestimmten Frist zweckgemäß
verwendet oder aber über das gebotene Maß hinaus Zuwendungen empfangen zu
haben. Insoweit muss die Bewilligungsbehörde sich den Vorwurf widersprüchlichen
Verhaltens entgegenhalten lassen.
Nach alledem erweist die Klage sich in vollem Umfang als begründet und sind die
angefochtenen Bescheide aufzuheben. Als unterliegender Beteiligter hat der
Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Abwendungsbefugnis beruht
auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.