Urteil des VG Gießen vom 15.04.2002

VG Gießen: anspruch auf einbürgerung, genfer flüchtlingskonvention, anerkennung, aufenthaltserlaubnis, aufschiebende wirkung, staatsangehörigkeit, neues recht, widerruf, altes recht, bundesamt

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Gericht:
VG Gießen 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 E 3032/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 85 Abs 1 AuslG , § 85 Abs 2
AuslG , § 87 Abs 1 Nr 6 AuslG ,
§ 102a AuslG , § 35 Abs 1
AuslG
Leitsatz
Bei anerkannten Asylberechtigten zählen die Zeiten der Aufenthaltsgestattung zu
denen des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts im Inland und sind bei der Frage
eines Einbürgerungsanspruchs nach §§ 85 ff. AuslG relevant.
Auf den durch den - unanfechtbaren - Anerkennungsbescheid des Bundesamtes für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vermittelten Status kann der Ausländer sich
rechtswirksam berufen, solange die Anerkennung nicht unanfechtbar zurückgenommen
oder widerrufen ist; eine diesbezügliche Anfechtungsklage entfaltet aufschiebende
Wirkung und steht einer Vollziehbarkeit des Asylwiderrufsbescheides entgegen. Die
Verbindlichkeit der Statusfeststellung durch das Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge schließt eine von dessen Befugnis zum Widerruf losgelöste
Beurteilung der voraussichtlichen Dauer der Verfolgungsgefahr durch andere Behörden
aus; dies gilt auch für die erforderlichen Aufenthaltszeiten nach § 85 AuslG, die u.a.
einen Anspruch auf Einbürgerung begründen, und das Absehen vom Verlust der
bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 AuslG).
Tatbestand
Die Kläger, jugoslawische Staatsangehörige, begehren mit der Klage die
Verpflichtung des Beklagten, sie in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
Der Kläger zu 1) reiste am 04.08.1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein und
beantragte am 12.06.1992 die Asylanerkennung. Die gegen den ablehnenden
Bundesamtsbescheid vom 10.07.1992 unter dem Aktenzeichen 9 E 11587/92
beim VG Gießen geführte Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 05.07.1994 wurde die
Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten nach Art.
16 a Abs. 1 GG anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des §
51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
In Umsetzung dieses Urteils wurde der Kläger zu 1) mit Bescheid des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 03.01.1995 als
Asylberechtigter und Abschiebungsschutzberechtigter anerkannt.
Am 18.01.1995 erteilte der Landrat des W... Kreises dem Kläger zu 1) eine
unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Die Klägerin zu 2) reiste am 07.08.1994 in die Bundesrepublik Deutschland ein und
beantragte am 10.08.1994 die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung. Am
11.08.1994 erhielt sie eine Duldung, die immer wieder verlängert wurde. Am
09.11.1995 schlossen die Kläger zu 1) und 2) in B. N. die Ehe.
Daraufhin erteilte der Landrat des W... Kreises der Klägerin zu 2) am 21.12.1995
eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die seitdem fortlaufend verlängert wurde und
aktuell bis zum 18.03.2004 gültig ist.
Die Klägerin zu 3) wurde am 30.07.1997 in Deutschland geboren und erhielt auf
ihren Antrag am 13.03.1998 eine Aufenthaltserlaubnis, gültig bis zum 30.07.2013.
Mit Bescheid vom 01.08.2000 widerrief das Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge die Asylanerkennung und
Abschiebungsschutzberechtigung des Klägers zu 1). Über die hiergegen unter
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Abschiebungsschutzberechtigung des Klägers zu 1). Über die hiergegen unter
dem Aktenzeichen 9 E 2659/00 beim Verwaltungsgericht Gießen geführte Klage ist
noch nicht entschieden.
Bereits am 05.03.1997 beantragte der Kläger zu 1) die Einbürgerung in den
deutschen Staatsverband. Dieser Antrag wurde mehrfach zurückgestellt aufgrund
fehlender Beherrschung der deutschen Sprache. Am 06.11.2000 bestand der
Kläger zu 1) den wiederholten Sprachtest. Ausweislich der vorgelegten
Verdienstbescheinigungen verfügt die Familie über ein monatliches
Bruttoeinkommen aufgrund der Erwerbstätigkeit des Klägers zu 1) von über
3.000,- DM monatlich.
Am 06.11.2000 beantragten auch die Kläger zu 2) und 3) die Einbürgerung in den
deutschen Staatsverband. Die Anträge wurden mit Schreiben vom 21.03.2001
zunächst zurückgestellt, weil der Einbürgerungsbehörde die Zeiten des erlaubten
Inlandsaufenthaltes nicht ausreichend erschienen.
Mit Schreiben vom 15.06.2001 stellte die Einbürgerungsbehörde die Entscheidung
über den Einbürgerungsantrag des Klägers zu 1) nochmals zurück, diesmal unter
Berufung auf das Asylwiderrufsverfahren.
Am 04.10.2001 haben die Kläger gem. § 75 VwGO Untätigkeitsklage erhoben. Mit
Bescheiden vom 05.01.2002 lehnte das Regierungspräsidium D. die Anträge auf
Einbürgerung sämtlicher Kläger ab.
Zur Begründung wurde hinsichtlich des Klägers zu 1) dargelegt, die Behörde sehe
sich auf Grund des - nicht bestandkräftigen - Widerrufs der Asylberechtigung
gehindert, die formal (noch) bestehenden Einbürgerungsvoraussetzungen in
materiell-rechtlicher Hinsicht als gegeben anzunehmen, weil durch die begehrte
Einbürgerung die asyl- und ausländerrechtliche Statusfrage überholt würde. Die
offene Frage des Asylstatus habe Auswirkungen auf den Aufenthaltstitel bis hin zur
Frage einer eventuellen Hinnahme der Mehrstaatlichkeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 6
AuslG, eine Privilegierung, die dem Kläger zu 1) auf Grund fehlender materiell-
rechtlich abgesicherter Rechtsposition als Asylberechtigter nicht zustehe.
Hinsichtlich der Klägerinnen zu 2) und 3) wurde ausgeführt, eine Einbürgerung
könne nicht erfolgen, da die zeitlichen Voraussetzungen eines achtjährigen
rechtmäßigen gewöhnlichen Inhaltsaufenthaltes hierfür nicht vorlägen. Eine
Miteinbürgerung sei nicht möglich, da der Kläger zu 1) derzeit nicht eingebürgert
werden könne. Daran scheitere auch die Einbürgerung des Kindes. Daraufhin
haben die Kläger mit Schriftsatz vom 15.01.2002 die Klage auf ein
Verpflichtungsbegehren umgestellt.
Zur Begründung wird im wesentlichen vorgetragen, sämtliche Kläger hätten einen
Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband, hilfsweise stehe den
Klägerinnen zu 2) und 3) ein Anspruch auf Erteilung einer
Einbürgerungszusicherung zu. Da der Asylwiderruf des Klägers zu 1) nicht
unanfechtbar sei, sei dieser vollumfänglich politisch Verfolgter im Sinne der
Anerkennung und zwar nicht nur in formaler, sondern auch in materiell-rechtlicher
Hinsicht. Der Gesetzgeber habe im Hinblick auf den besonderen Status eines
Asylberechtigten oder eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention die
Möglichkeit des Widerrufs des Asyls eng eingeschränkt und dessen Wirkung,
nämlich den Wegfall der Flüchtlingseigenschaft, erst mit dessen Bestandskraft
festgelegt. Alles andere sei mit dem Grundrecht auf Asyl und den Grundsätzen der
Genfer Flüchtlingskonvention nicht vereinbar.
Gleichzeitig sei für diesen Personenkreis die Möglichkeit der Einbürgerung
erleichtert worden und zwar auch in Anbetracht der Tatsache, dass das Grundrecht
auf Asyl aus der Natur der Sache heraus nicht lebenslang bestehen müsse. Der
Beklagte verkenne die insoweit eindeutige Rechtslage. Der Gesetzgeber habe
normativ festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Asylberechtigter
eingebürgert werden müsse und diese Voraussetzungen lägen beim Kläger zu 1)
vor.
Zwar habe der Kläger zu 1) den Einbürgerungsantrag vor der Änderung des
Staatsangehörigkeitsrechts gestellt, gleichwohl sei der Einbürgerungsantrag nach
neuem Recht zu beurteilen, da der Einbürgerungsantrag auf Wunsch des Klägers
auf die ab dem 01.01.2000 geltende Rechtslage umgestellt worden sei. Ein auf
dieser Grundlage am 06.11.200 durchgeführter neuer Deutschtest habe ein
ausreichendes Ergebnis gebracht.
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Den Klägerinnen zu 2) und 3) stehe ein Einbürgerungsanspruch nach § 85 Abs. 2
AuslG zu. Danach sei eine Einbürgerung auch dann möglich, wenn der
Einbürgerungsbewerber sich noch nicht acht Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet
aufhalte. Zwar räume diese Vorschrift der Einbürgerungsbehörde ein Ermessen
ein, dieses dürfte indes im Falle der Klägerinnen auf Null reduziert sein, da sowohl
das Kind als auch die Ehefrau über langfristige Aufenthaltsgenehmigungen
verfügten und darüber hinaus ein weiteres Kind bereits mit Geburt deutscher
Staatsangehöriger geworden sei. Zudem seien keine Gesichtspunkte erkennbar,
warum die Klägerinnen zu 2) und 3) nicht zusammen mit dem Kläger zu 1), dem
Ehemann und Vater, eingebürgert werden sollten. Auch seien die Klägerinnen zu
2) und 3) bereit, auf ihre jugoslawische Staatsangehörigkeit zu verzichten. Für den
Fall, dass ein Einbürgerungsanspruch der Klägerinnen zu 2) und 3) nicht bestehen
sollte, hätten diese jedoch einen Anspruch auf Erteilung von
Einbürgerungszusicherungen.
Die Kläger beantragen,
das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide vom 05.01.2002 zu
verpflichten, die Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern, hilfsweise
den Klägerinnen zu 2) und 3) eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird im wesentlichen vorgetragen, den Klägern stehe der geltend
gemachte Anspruch nicht zu. Auch sei die deutsche Staatsangehörigkeit des nach
dem 01.01.2000 geborenen Kindes D. fraglich. Dieses Kind könne eine deutsche
Staatsangehörigkeit nur vom Vater ableiten, da die Mutter sich erst seit 1995
rechtmäßig in Deutschland aufhalte. Ob die erforderlichen Voraussetzungen beim
Vater indes vorlägen, könne erst nach Abschluss des Asylwiderrufsverfahrens und
den daraus resultierenden Folgen festgestellt werden. Wenn der Status des
Klägers zu 1) sich negativ verändere, habe dies Auswirkungen auf die
Staatsangehörigkeit des nach dem 01.01.2000 geborenen Kindes. Auch der
Beklagte gehe betreffend den Kläger zu 1) von der Anwendbarkeit neuen Rechts
aus. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenvorgänge des Beklagten
(2 Hefter) und der Ausländerbehörde (3 Hefter) Bezug genommen, die allesamt
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im
Übrigen dagegen unbegründet. Die Bescheide des Regierungspräsidiums D. vom
05.01.2002 sind hinsichtlich sämtlicher Kläger rechtswidrig und verletzen diese in
ihren Rechten; der Kläger zu 1) hat einen Anspruch auf Einbürgerung in den
deutschen Staatsverband und die Klägerinnen zu 2) und 3) haben einen Anspruch
darauf, dass die Einbürgerungsbehörde unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts erneut über ihre Einbürgerungsanträge entscheidet (§ 113 Abs. 5 S. 1
und S. 2 VwGO).
Der Kläger zu 1) hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Einbürgerung
in den deutschen Staatsverband nach § 85 Abs. 1 AuslG in der ab dem 01.01.2000
geltenden Fassung.
Zwar datiert der Einbürgerungsantrag des Klägers zu 1) vom 05.03.1997,
gleichwohl kommt die Anwendung des vor dem 01.01.2000 geltenden Rechts gem.
§ 102 a AuslG nicht in Betracht. Mit den Beteiligten geht die Kammer davon aus,
dass das Begehren des Klägers zu 1), seinen Antrag auf neues Rechts gestützt zu
sehen, sich rechtlich so bewerten lässt, als habe er seinen alten Antrag
zurückgenommen und nunmehr einen neuen gestellt. Auch aus Sicht des
erkennenden Gerichts macht es keinen Sinn, einen alten Einbürgerungsantrag, für
den nach § 102 a AuslG altes Recht Anwendung findet, zunächst förmlich
zurückzunehmen, um sodann gestützt, auf neues Recht, einen erneuten Antrag zu
stellen. Dies würde allein die Verfahrensdauer verlängern und nicht zu einem
sachdienlicheren Ergebnis führen. Zudem kommt im Falle des Klägers zu 1) hinzu,
dass nach Inkrafttreten der Einbürgerungsnovellierung ein Sprachtest durchgeführt
worden ist, der ausreichende Kenntnisse des Klägers zu 1) zeitigte. Da zudem
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worden ist, der ausreichende Kenntnisse des Klägers zu 1) zeitigte. Da zudem
auch nach Ablehnung früherer Einbürgerungsanträge ohne weiteres und jederzeit
ein neuer Einbürgerungsantrag gestellt werden kann, erachtet die Kammer es aus
prozessökonomischen Erwägungen für sachgerecht, auf den vorliegenden Fall das
ab dem 01.01.2000 geltende Einbürgerungsrecht anzuwenden. In Bezug auf die
Klägerinnen zu 2) und 3), die erst am 06.11.2000 um Einbürgerung nachgesucht
haben, findet ohnedies das in der derzeitigen Fassung geltende
Einbürgerungsrecht Anwendung.
Der Kläger zu 1) erfüllt die Einbürgerungsvoraussetzungen nach § 85 Abs. 1 AuslG
und hat demzufolge einen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen
Staatsverband.
Zunächst erschließen sich dem Gericht aus den beigezogenen
Verwaltungsvorgängen des Beklagten und der Ausländerbehörde keinerlei
Umstände, die darauf hindeuten, die Voraussetzungen des § 85 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 -
3, 5 AuslG lägen nicht vor. Daran haben auch die Beteiligten keine Zweifel
geäußert. Darüber hinaus ist die Kammer der Überzeugung, dass der Kläger zu 1)
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (vgl. §
85 Abs. 1 S. 1, 1. Hs.) und in diesem Umfang dem inzwischen erfolgten Widerruf
seiner Asylberechtigung und Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge solange keine einbürgerungsrechtlichen
Wirkungen zukommen, wie dieses Widerrufsverfahren noch nicht unanfechtbar
abgeschlossen ist. Als rechtmäßiger Aufenthalt zählen zunächst alle Zeiten, in
denen der Einbürgerungsbewerber eine Aufenthaltsgenehmigung, eine
Aufenthaltserlaubnis - EG -, eine Aufenthaltsberechtigung oder eine
Aufenthaltserlaubnis besaß. Zudem zählen hierzu die Zeiten des Besitzes einer
Aufenthaltsgestattung, wenn der Ausländer später als Asylberechtigter anerkannt
wurde oder eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 S. 2 AuslG
erhielt. Die Aufenthaltsgestattung ist zwar nur auf die Dauer des Asylverfahrens
beschränkt, reicht aber bei dem später als asylberechtigt anerkannten Ausländer
aus (vgl. § 55 Abs. 3 AsylVfG), weil für ihn, wie später deklaratorisch festgestellt
wird (§ 3 AsylVfG), von Anfang an Art. 16a Abs. 1 GG Grundlage eines
Daueraufenthaltes in Deutschland war (vgl. Renner, Ausländerrecht, Nachtrag "
Staatsangehörigkeitsrecht" zur 7. Auflage, Stand Juni 2000, § 85 AuslG
Randnummern 12 und 20). Auf Grundlage der vorstehenden Ausführungen kommt
das Gericht zu der Überzeugung, dass der Kläger zu 1) seit mindestens acht
Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, denn sein
Aufenthalt gilt ab der Stellung des Asylantrages am 12.06.1992 als erlaubt und er
ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Besitz einer unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis.
Die Überzeugung des Gerichts, dass die Zeiten des rechtmäßigen gewöhnlichen
Aufenthaltes des Klägers zu 1) im Inland ab der Stellung des Asylantrages und
damit ab der Ausstellung der Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des
Asylverfahrens zu berechnen sind, ist darin begründet, dass der Kläger zu 1)
aufgrund des Verpflichtungsurteils vom 15.07.1994 in dem Asylklageverfahren 9 E
11587/92 durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als
Asylberechtigter und Abschiebungsschutzberechtigter anerkannt wurde. Erst
aufgrund dieser Anerkennung kam der Kläger zu 1) schließlich am 18.01.1995 in
den Genuss der noch geltenden unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Auch im
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung verfügt der Kläger noch über den Status
eines Asylberechtigten und Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Der
zwischenzeitlich erfolgte Widerruf durch das Bundesamts für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge ändert hieran nichts, weil der Widerrufsbescheid noch
nicht unanfechtbar ist. Zwar sind nach § 4 AsylVfG die Entscheidungen des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in allen
Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung oder das Vorliegen der
Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG rechtserheblich ist, wie bei der Frage der
Dauer des rechtmäßigen Inlandsaufenthaltes. Hierauf kommt es vorliegend
nämlich deshalb an, weil die Zeiten des erforderlichen achtjährigen rechtmäßigen
gewöhnlichen Inlandsaufenthaltes erst dann erreicht werden, wenn die Zeiten der
asylrechtlichen Gestattung Berücksichtigung finden. Indes findet § 4 AsylVfG eine
Einschränkung dergestalt, dass von einer Verbindlichkeit der asylrechtlichen
Entscheidungen nur dann ausgegangen werden kann, wenn diese unanfechtbar
sind oder sie gesetzlich sofort vollziehbar sind. Dies ist jedoch beim Widerruf der
Asylanerkennung oder Flüchtlingseigenschaft des Klägers zu 1) nicht der Fall. Die
gegen den Widerrufsbescheid vom 01.08.2000 unter dem Aktenzeichen 9 E
2659/00 beim Verwaltungsgericht Gießen anhängige Klage hindert nämlich die
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2659/00 beim Verwaltungsgericht Gießen anhängige Klage hindert nämlich die
Vollziehbarkeit. Nach § 75 AsylVfG hat die Klage gegen die Widerrufsentscheidung
nach § 73 AsylVfG aufschiebende Wirkung. Erst mit Unanfechtbarkeit des Widerrufs
kann daher der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge vom 01.08.2000 die in § 4 AsylVfG normierte Verbindlichkeit entfalten.
Damit ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung von der Asylberechtigung und
der Flüchtlingseigenschaft des Klägers zu 1) auszugehen und die Zeiten der
asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsgestattung zählen zu denen des
rechtmäßigen Aufenthaltes im Inland.
Gemäß § 55 Abs. 3 AsylVfG werden bei unanfechtbarer Asylanerkennung - wie
vorliegend aufgrund des Bundesamtsbescheides vom 03.01.1995 - die Zeiten der
asylverfahrensrechtlichen Gestattung auf den Aufenthalt angerechnet. Dies muss
auch für den Fall gelten, dass das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge eine noch nicht unanfechtbare Widerrufsentscheidung erlassen hat.
Nach § 68 AsylVfG ist dem Ausländer eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu
erteilen, wenn er unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt ist und gilt bis zur
Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sein Aufenthalt im Bundesgebiet als erlaubt.
Insgesamt ist den maßgeblichen Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes
jedenfalls zu entnehmen, dass im Falle der unanfechtbaren Anerkennung, wie im
Fall des Klägers zu 1), der Aufenthalt im Inland auch in den Zeiten des Besitzes
einer asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsgestattung erlaubt und damit
rechtmäßig im Sinne des § 85 Abs. 1 AuslG ist. Der Widerruf der Asylanerkennung
vermag hierauf allenfalls nach Unanfechtbarkeit einzuwirken. Folgerichtig
bestimmt somit § 73 Abs. 6 i.V.m. § 72 Abs. 2 AsylVfG, dass der Ausländer den
Anerkennungsbescheid und den Reiseausweis unverzüglich bei der
Ausländerbehörde erst dann abzugeben hat, wenn der Widerruf oder die
Rücknahme der Anerkennung als Asylberechtigter und der Feststellung, dass die
Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, unanfechtbar geworden ist. Auch
§ 43 AuslG bestimmt, dass die Aufenthaltsgenehmigung nur widerrufen werden
kann, wenn u.a. die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Feststellung des
Vorliegens der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG in der Person des Ausländers
erlischt oder unwirksam wird. Im Zusammenspiel mit den
asylverfahrensrechtlichen Regelungen ist von Erlöschen bzw. unwirksam werden
aber erst dann auszugehen, wenn die entsprechende Entscheidung des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unanfechtbar ist,
woran es vorliegend mangelt.
Nach alledem verfügt der Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über
einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland von mehr als acht Jahren
(1992 - 2002) und steht ihm nach § 85 Abs. 1 AuslG ein Anspruch auf
Einbürgerung zur Seite, zumal nicht auch nur im geringsten Anhaltspunkte für
Ausschlussgründe nach § 86 AuslG ersichtlich sind. Weiter kann in diesem
Zusammenhang der Kläger zu 1) die Privilegierung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 AuslG für
sich in Anspruch nehmen, wonach von der Voraussetzung des § 85 Abs. 1 S. 1 Nr.
4 AuslG (Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit) abgesehen wird, wenn der
Ausländer politisch Verfolgter im Sinne von § 51 AuslG ist oder wie ein Flüchtling
nach dem Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen
aufgenommene Flüchtlinge behandelt wird. Auch insoweit gilt nach wie vor der
Status, den der Kläger zu 1) aufgrund des unanfechtbaren
Anerkennungsbescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge vom 03.01.1995 erhalten hat.
Dieser Wertung des erkennenden Gerichts können die Argumente des Beklagten
nicht entgegen gehalten werden. In zu unterstellender bewusster Kenntnis der
asylverfahrensrechtlichen Regelungen hat nämlich der Bundesgesetzgeber die
Anspruchseinbürgerung nach §§ 85 ff. AuslG zum 01.01.2000 geändert und das
Erfordernis eines lediglich achtjährigen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthaltes
im Inland konstituiert. Bei dieser gesetzgeberischen Entscheidung ist weiter davon
auszugehen, dass dem Gesetzgeber die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts bekannt und
bewusst war, wonach die Anerkennungsentscheidung über die Asylberechtigung
eine für alle staatlichen Behörden grundsätzlich maßgebliche Statusentscheidung
darstellt und dass das Asylrecht unter einen Verfahrensvorbehalt gestellt ist,
wonach es als Status grundsätzlich erst nach Erwirkung eines Anerkennungsaktes
geltend gemacht werden kann. Der Anerkennungsbescheid ist erforderlich und
ausreichend, um dem Status des Asylberechtigten im Sinne des Grundgesetzes
Anerkennung zu verschaffen (BVerfGE 60, 253 ff.). Schließlich verleiht das
Asylgrundrecht, anders als die Menschenrechte, die dem Individuum zeit seines
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Asylgrundrecht, anders als die Menschenrechte, die dem Individuum zeit seines
Lebens zustehen, seinem Träger keinen unveränderbaren Status. Daher
konkretisiert § 73 AsylVfG auf der Ebene des einfachen Rechts, was sich ohnehin
aus der Verfassungsnorm ergibt, und zieht aus der in ihr vorausgesetzten
gegenwärtigen Verfolgungsbetroffenheit die Konsequenz, dass politisch Verfolgte
Asyl nur so lange genießen, als sie politisch verfolgt sind (BVerwG vom 24.11.1992,
9 C 3/92; Renner, § 4 AsylVfG Randnummern 9 und 10). Letztlich schließt die
Verbindlichkeit der Statusfeststellung durch das Bundesamt eine von der Befugnis
des Bundesamtes zum Widerruf losgelöste Beurteilung der voraussichtlichen
Dauer der Verfolgungsgefahr durch andere Behörden aus (VGH Baden-
Württemberg vom 30.06.2000, 13 S 2740/99), und ist es nach § 43 Abs. 1 Nr. 4
AuslG grundsätzlich nicht zulässig, die unbefristete Aufenthaltserlaubnis des
anerkannten Asylbewerbers unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der
Bestandskraft des mit der Klage angefochtenen Widerrufs der Asylanerkennung zu
widerrufen (VGH Baden-Württemberg vom 13.03.2001, 11 S 2374/99).
Nach alledem vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass durch die
einbürgerungsrechtliche Entscheidung eine asyl- oder ausländerrechtliche
Statusentscheidung überholt oder verdrängt werden könnte. Vielmehr ist es im
Gegenteil so, dass die vorbezeichneten Statusentscheidungen vorgreiflich für die
Prüfung der Dauer des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland sind
und dass insoweit das Ausländerrecht und das Asylverfahrensgesetz
abschließende Regelungen enthalten, die dem Widerruf der Anerkennung erst
dann Wirksamkeit beimessen, wenn er unanfechtbar geworden ist. Solange
Unanfechtbarkeit des Widerrufs nicht eingetreten ist, muss der betreffende
Ausländer seinen Status als Asylberechtigter oder
Abschiebungsschutzberechtigter weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben
geltend machen können, was auch in Bezug auf die Einbürgerung gilt. Im zu
unterstellenden Bewusstsein der vorstehend dargestellten Rechtslage hat nämlich
der Gesetzgeber die Anspruchseinbürgerung für anerkannte Asylbewerber in §§ 85
ff. AuslG (in der ab dem 01.01.2000 geltenden Fassung) einer eindeutigen
Regelung zugeführt, die keinen Spielraum für Auslegungen eröffnet. Solange
danach der Status als Asylberechtigter oder Abschiebungsschutzberechtigter nach
§ 51 Abs. 1 AuslG nicht unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen worden
ist, kann der Ausländer sich auf diesen Status berufen und gelten die Zeiten des
asylverfahrensrechtlich gestatteten Aufenthaltes im Inland als rechtmäßig. Dies
verkennt der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid.
In Bezug auf die Klägerinnen zu 2) und 3) erweist sich der ihre Einbürgerung
ablehnende Bescheid vom 05.01.2002 ebenfalls als rechtswidrig und sie in ihren
Rechten verletzend. Die Rechtswidrigkeit des die Klägerinnen zu 2) und 3)
betreffenden Bescheides folgt daraus, dass die zur Begründung der Ablehnung
des Einbürgerungsantrages gemachten Ausführungen die Tenorierung des
Bescheides nicht tragen. Unabhängig davon, dass die Klägerinnen zu 2) und 3)
unstreitig noch nicht über einen achtjährigen rechtmäßigen Inlandsaufenthalt
verfügen, hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid verkannt, dass dem
Kläger zu 1), dem Ehemann und Vater der Klägerinnen zu 2) und 3), ein Anspruch
auf Einbürgerung nach § 85 Abs. 1 AuslG zusteht und daher die Klägerinnen zu 2)
und 3) nach § 85 Abs. 2 AuslG eingebürgert werden können. Danach können
nämlich der Ehegatte und die minderjährigen Kinder des Ausländers nach
Maßgabe des Abs. 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht acht
Jahre rechtmäßig im Inland aufhalten. Abgesehen von dem achtjährigen
Inlandsaufenthalt erfüllen die Klägerinnen zu 2) und 3) die Voraussetzungen des §
85 Abs. 1 AuslG, was auch von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt wird.
Insoweit hätte es dem Beklagten als zuständige Einbürgerungsbehörde oblegen zu
prüfen, ob die Klägerinnen zu 2) und 3) infolge des Einbürgerungsanspruches des
Klägers zu 1) nach § 85 Abs. 2 AuslG eingebürgert werden können. Dies hat er
indes in der Begründung der angefochtenen Entscheidung unterlassen, was zu
deren Rechtswidrigkeit führt. Der die Klägerinnen zu 2) und 3) betreffende
Bescheid des Regierungspräsidiums D. vom 5. Januar 2002 unterliegt damit
ebenfalls der Aufhebung.
Über einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung verfügen die Klägerinnen zu 2) und
3) nach dem derzeitigen Erkenntnisstand allerdings noch nicht. Nach § 85 Abs. 2
AuslG steht es nämlich im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob Ehegatte und
minderjährige Kinder des Ausländers mit eingebürgert werden können. Aufgrund
der Ausgestaltung als Ermessenseinbürgerung könnten die Klägerinnen zu 2) und
3) nur dann über einen Einbürgerungsanspruch verfügen, wenn das
Einbürgerungsermessen der Behörde dahingehend reduziert ist, dass sich allein
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Einbürgerungsermessen der Behörde dahingehend reduziert ist, dass sich allein
die Entscheidung zur Einbürgerung als rechtmäßig darstellt. Da das
Regierungspräsidium D. als zuständige Einbürgerungsbehörde sich über eine
Einbürgerung der Klägerinnen zu 2) und 3) nach § 85 Abs. 2 AuslG indes bislang
unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zum Kläger zu 1) noch keine
Gedanken gemacht hat und von seinem Standpunkt aus auch nicht hat machen
müssen, sieht das Gericht derzeit noch davon ab, den Beklagten zur Einbürgerung
der Klägerinnen zu 2) und 3) zu verpflichten, sondern begnügt sich mit der
Aufhebung des die Einbürgerung ablehnenden Bescheides vom 05.01.2002 und
verpflichtet den Beklagten zur Neubescheidung der Klägerinnen zu 2) und 3) unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach der Rechtsauffassung des Gerichts wird der Beklagte bei der erneuten
Entscheidung über die Einbürgerungsanträge der Klägerinnen zu 2) und 3) zu
beachten haben, dass das ihm in § 85 Abs. 2 AuslG eingeräumte Ermessen
weitgehend reduziert sein dürfte. Dies folgt daraus, dass die Klägerin zu 2) bereits
seit dem 21.12.1995, und damit seit über sieben Jahren, im Besitz einer
Aufenthaltserlaubnis ist, die nunmehr bis zum 18.03.2004 verlängert wurde. Damit
wird die Klägerin zu 2) mit Ablauf des Jahres 2003 und damit noch innerhalb der
geltenden Aufenthaltserlaubnis selbst in eine Anspruchseinbürgerung nach § 85
Abs. 1 AuslG hineinwachsen, zumal dem Gericht keinerlei Umstände ersichtlich
sind, aufgrund derer die Ausländerbehörde die erteilte Aufenthaltserlaubnis ohne
weiteres widerrufen oder zurücknehmen könnte. Die Einbürgerungsbehörde wird
daher zu bedenken haben, dass die Klägerin zu 2) in ca. 1 ½ Jahren selbst über
einen Anspruch auf Einbürgerung nach § 85 Abs. 1 AuslG, allerdings unter dem
Vorbehalt des Verlustes der bisherigen Staatsangehörigkeit, verfügt. Hinsichtlich
der Klägerin zu 3) wird die Einbürgerungsbehörde zu würdigen haben, dass dieser
auf ihren Antrag hin am 13.03.1998 eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 30.07.2013
erteilt wurde und damit auch die Klägerin zu 3) zwangsläufig in einen
Einbürgerungsanspruch nach § 85 Abs. 1 AuslG hineinwächst, allerdings ebenfalls
mit dem Vorbehalt des vorherigen Verlustes der jugoslawischen
Staatsangehörigkeit. Auch in Bezug auf die Klägerin zu 3) erschließen sich dem
Gericht keinerlei Anhaltspunkte, aus welchen Gründen die bis zum 30.07.2013
durch die Ausländerbehörde erteilte Aufenthaltserlaubnis widerrufen oder
zurückgenommen werden könnte. Weiter wird der Beklagte ermessenslenkend zu
berücksichtigen haben, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) in familiärer
Lebensgemeinschaft mit einem anerkannten Asylberechtigten, dem Kläger zu 1),
leben. Ungeachtet der Tatsache, dass dessen Anerkennung mittlerweile widerrufen
und im Klageverfahren anhängig ist, gilt der Status des Klägers zu 1) weiter fort
und muss auch Auswirkungen auf die Statusfragen der Klägerinnen haben. Weiter
ist zu berücksichtigen, dass ein weiteres Kind der Kläger zu 1) und 2) in der
Bundesrepublik Deutschland geboren wurde, das aufgrund der vorstehenden
Ausführungen zu dem Einbürgerungsanspruch des Klägers zu 1) gem. § 4 Abs. 3
StAG durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Im Zeitpunkt
der Geburt dieses Kindes am 02.08.2000 hatte nämlich der Kläger zu 1) aufgrund
der Zeiten des gestatteten Aufenthaltes und der Zeiten der unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis einen seit acht Jahren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt
im Inland und war seit über drei Jahren im Besitz einer unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis. Insoweit vermag das Gericht die Auffassung des Beklagten
nicht nachzuvollziehen, eine Änderung im Status des Klägers zu 1) könnte
Rückwirkungen auf die deutsche Staatsangehörigkeit des am 02.08.2000
geborenen Kindes D. haben. Zum einen ist das Staatsangehörigkeitsrecht im
Bereich der Statusfragen bedingungsfeindlich und zum anderen kommt es
ausweislich der gesetzlichen Regelungen in § 4 Abs. 3 StAG auf die Sach- und
Rechtslage im Zeitpunkt der Geburt an. Es kann auch nicht davon ausgegangen
werden, dem Kläger zu 1) sei im Zeitpunkt der Geburt seines jüngsten Kindes
(02.08.2000) der Widerrufsbescheid vom 01.08.2000 bereits bekannt gegeben
worden. Insoweit wird also die Einbürgerungsbehörde auch zu prüfen haben, ob der
Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit innerhalb einer Kernfamilie den
Klägerinnen zu 2) und 3) zu einer Einbürgerung nach § 85 Abs. 2 AuslG zu
verhelfen hat.
Sofern das Regierungspräsidium D. als zuständige Einbürgerungsbehörde zu dem
Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) nach § 85 Abs. 2 AuslG
eingebürgert werden können oder einzubürgern sind, wird es sich weiter Gedanken
dazu machen müssen, ob die Klägerinnen unter Hinnahme von Mehrstaatlichkeit
einzubürgern sind. Dies könnte, wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen
Verhandlung dargelegt hat, nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 AuslG der Fall sein, wenn dem
Ausländer bei der Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche
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Ausländer bei der Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche
Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen
würden. Zur Prüfung dieses Merkmals ist indes auf die aktuellen
Einkommensverhältnisse abzustellen, hinsichtlich derer keine aktuellen Unterlagen
vorliegen.
Schließlich haben die Klägerinnen zu 2) und 3) unter Berücksichtigung der
vorstehenden Ausführungen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch)
keinen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, da die
Einbürgerungsbehörde vorgreiflich zu prüfen haben wird, ob eine Einbürgerung
nach § 85 Abs. 2 AuslG möglich ist, ggf. unter Hinnahme der Mehrstaatlichkeit.
Erst wenn die Behörde zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerinnen zu 2)
und 3) eingebürgert werden können und dass von ihnen der vorherige Verlust der
jugoslawischen Staatsangehörigkeit zu verlangen ist, kommt die Ausstellung einer
Einbürgerungszusicherung in Betracht. Auch dies wird der Beklagte im Rahmen der
von ihm nunmehr vorzunehmenden Ermessensbetätigung zu prüfen haben.
Einen diesbezüglichen Rechtsanspruch auf Erteilung von
Einbürgerungszusicherungen vermag das Gericht daher nicht festzustellen, zumal
unter Umständen eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatlichkeit in
Betracht kommt und das Erfordernis einer Einbürgerungszusicherung in diesem
Fall nicht besteht.
Da die Kammer im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Rechtsanspruch
der Klägerinnen zu 2) und 3) auf Einbürgerung oder auf Erteilung von
Einbürgerungszusicherungen (noch) nicht festzustellen vermag, ist die Klage im
Übrigen abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 155 Abs. 1 S. 2 VwGO. Die Kammer
bemisst das Teilunterliegen der Klägerinnen zu 2) und 3) als derart gering, dass es
unbillig erscheint, sie mit Kosten zu belasten. Der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit und Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§§ 124 Abs. 2 Nr.
3, 124 a Abs. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.