Urteil des VG Gießen vom 30.09.2010

VG Gießen: aufschiebende wirkung, vorläufiger rechtsschutz, hauptsache, anfechtungsklage, vollziehung, verwaltungsakt, vollstreckung, quelle, zivilprozessrecht, gefahr

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Gericht:
VG Gießen 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 L 2069/10.GI
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 123 VwGO, § 80 VwGO
Rechtsschutz gegen eine Pfändungsverfügung
Leitsatz
Einzelfall eines unzulässigen Antrags gegen eine Pfändungsverfügung.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Streitwert wird auf 285,29 Euro festgesetzt.
Gründe
Der bei Gericht am 26.07.2010 eingegangene Antrag des Antragstellers,
im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO die beiden in Ziffer 1
genannten streitgegenständlichen Pfändungsverfügungen bzw. Zahlungsverbote
Nr. 2010/137 und 2010/224 längstens bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in
der Hauptsache aufzuheben bzw.
hilfsweise eine dem im vorgenannten Antrag sinngemäß entsprechende
Entscheidung zu treffen,
bleibt ohne Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor
Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand
treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden
Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder
wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur
Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um
wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus
anderen Gründen nötig erscheint.
Der Hauptantrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach
§ 123 VwGO ist jedoch unzulässig. Denn nach § 123 Abs. 5 VwGO gelten die
Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a VwGO. Aus §
123 Abs. 5 VwGO ergibt sich der Vorrang des Verfahrens nach §§ 80, 80a VwGO,
soweit es um vorläufigen Rechtsschutz hinsichtlich der vorläufigen Vollziehbarkeit
eines Verwaltungsakts geht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 13. Aufl., 2003, §
123 Rdnr. 4). Vorliegend ist in der Hauptsache auch eine Anfechtungsklage
gegeben und insofern korrespondierend vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5
VwGO nachzusuchen. Denn der Antragsteller wendet sich gegen die
Forderungspfändung, Zahlungsverbot sowie die Überweisungs- und
Einziehungsverfügungen Nr. 2010/137 und 2010/224, jeweils vom 16.07.2010 (vgl.
Bl. 9 und Bl. 11 der Akte). Bei beiden Verfügungen handelt es sich um
Verwaltungsakte, die grundsätzlich auch im Wege einer Anfechtungsklage
aufgehoben werden können.
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Auch der Hilfsantrag des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Sofern er das Gericht
insoweit ersucht, eine „sinngemäß entsprechende Entscheidung zu treffen“, meint
er damit ebenfalls, ihm Eilrechtsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung
nach § 123 VwGO zu gewähren. Er führt nämlich ausdrücklich aus, dass nach
seiner Ansicht Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht ausreiche (Bl. 3 und 4 d.
A. bzw. S. 3 und 4 der Antragsschrift). Dort heißt es: „Denn zum einen hätte ein
Widerspruch gegen einen als Vollstreckungsmaßnahme zu qualifizierenden
Verwaltungsakt nach § 16 HAGVwGO keine aufschiebende Wirkung und zum
zweiten müsste er solchen-falls nach § 80 Abs. 5 ff. VwGO einen Eilantrag mit dem
Inhalt stellen, das angerufene Gericht möge gegen die Vollziehung eines
Vollstreckungsaktes die aufschiebende Wirkung anordnen. Damit aber würde die
angefochtene Vollstreckungsmaßnahme selbst nicht beseitigt, denn dies müsste
noch zusätzlich beantragt und gerichtlich angeordnet werden. Überdies ist das
Rechtsschutzsystem des § 80 VwGO auf einen Verwaltungsakt zugeschnitten, der
erst noch der Vollziehung bzw. der Vollstreckung bedarf, nicht aber auf einen
solchen Akt, der selbst schon ein Vollstreckungsakt ist. Daher ist im vorliegenden
Fall die analoge Anwendung der Rechtsschutzmöglichkeiten des
Vollstreckungsrechtes und dabei wegen des Verweises in der VwGO dasjenige in
der ZPO entsprechend anzuwenden.“
Diese Ausführungen des anwaltlich vertretenen Antragstellers lassen eine
Auslegung dahingehend nicht zu, er suche gleichwohl um einstweiligen
Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nach.
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es im Rahmen eines Verfahrens nach § 80
Abs. 5 VwGO durchaus – entgegen der Ansicht des Antragstellers – auch möglich
ist, Vollziehungsmaßnahmen rückgängig zu machen (vgl. § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO).
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen, da er unterlegen ist
(vgl. § 154 Abs. 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 52, 53 GKG. Hierbei hat
die Kammer die beiden Forderungen von 435,07 Euro und 420,81 Euro (vgl. S. 1
der Antragsschrift) addiert und hiervon ein Drittel als Streitwert festgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.