Urteil des VG Gießen vom 23.01.2001

VG Gießen: aufschiebende wirkung, lärm, überwiegendes interesse, gaststätte, genehmigung, bad, verwaltungsakt, bindungswirkung, rechtsschutz, behörde

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Gericht:
VG Gießen 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 G 3077/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 1 Nr 2 GastG, § 4 Abs
1 Nr 3 GastG, § 15 Abs 1 S 2
BauNVO, § 3 Abs 1 BImSchG
(Gaststättenerlaubnis - zur Beurteilung von
Gaststättenlärm; hier: Biergarten)
Gründe
Der Antrag der Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 03.07.2000
gegen die Erweiterung der Erlaubnisse der Antragsgegnerin vom 23.06.2000 zum
Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft (Café S...) in L., S...gasse ..., für einen
zusätzlichen Freisitz (Biergarten) wiederherzustellen,
ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die von der Antragsgegnerin
getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der gaststättenrechtlichen
Erlaubnisse für den Betrieb eines Biergartens ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Bei einem begünstigenden Verwaltungsakt mit belastender Drittwirkung, wie
vorliegend, richtet sich der vorläufige Rechtsschutz nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80
Abs. 5 VwGO. Hiernach kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des
Rechtsbehelfs gegen einen von der Behörde für sofort vollziehbar erklärten
Verwaltungsakt auf Antrag des Drittbetroffenen ganz oder teilweise
wiederherstellen. Einem solchen Antrag eines Dritten auf vorläufigen Rechtsschutz
ist stattzugeben, wenn der angefochtene Verwaltungsakt - hier die den
Beigeladenen erteilten gaststättenrechtlichen Erlaubnisse - offensichtlich die
Rechte des Dritten verletzt. Denn in diesem Fall kann ein überwiegendes Interesse
des Genehmigungsinhabers oder der Öffentlichkeit an einer sofortigen Ausnutzung
der Genehmigung nicht bestehen. Umgekehrt ist der Antrag des Dritten
abzulehnen, wenn die Genehmigung ihn offensichtlich nicht in eigenen Rechten
verletzt. Ein Abwehrrecht des Dritten gegen die erteilte Genehmigung besteht nur,
wenn das genehmigte Vorhaben gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts
verstößt und die verletzten Vorschriften auch zum Schutze des Dritten zu dienen
bestimmt, also nachbarschützend sind.
Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens über den Rechtsbehelf des Dritten
offen, hat das Gericht eine Abwägung der betroffenen privaten und öffentlichen
Interessen vorzunehmen, die für oder gegen eine sofortige Ausnutzung der
Genehmigung sprechen. Bei dieser Abwägung hat das Gericht zum einen das
Gewicht der Beteiligteninteressen und das konkrete Ausmaß der Betroffenheit zu
berücksichtigen. Zum anderen hat es zu würdigen, ob der Rechtsbehelf des
Dritten wahrscheinlich Erfolg haben wird.
Der Antragstellerin stehen vorliegend Abwehrrechte nicht zur Seite. Sie wird durch
die angefochtene gaststättenrechtliche Erlaubnis nicht in ihren Rechten verletzt.
Mit der für die Errichtung des Biergartens erteilten Baugenehmigung steht bindend
fest, dass sich die von einer bestimmungsmäßigen Nutzung des Biergartens
typischerweise ausgehenden Immissionen im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 2, 3
GastG halten (dazu 1.). Im Übrigen können die von der Antragstellerin erhobenen
Einwände ausschließlich im baurechtlichen Verfahren angegriffen werden (dazu 2.).
Darüber hinaus lassen sich schädliche Umwelteinwirkungen nicht feststellen (dazu
3.).
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1. Mit ihrem Vortrag, der Biergartenbetrieb habe unzumutbare Lärmbelästigungen
zur Folge, kann die Antragstellerin schon deshalb nicht durchdringen, weil sie mit
diesem Argument nicht die gaststättenrechtliche, sondern allenfalls die
baurechtliche Erlaubnis erfolgreich anzufechten vermag. Mit Bescheid vom
19.06.2000 erteilte der Landkreis G. dem Eigentümer des fraglichen Grundstücks
eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Biergartens für 20 Personen. Die
Nutzungszeit wurde von 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr und samstags/sonntags von
10.00 Uhr bis 22.00 Uhr zugelassen. Diese Baugenehmigung stellt umfassend die
Vereinbarkeit des Bauvorhabens einschließlich der ihm zugedachten Nutzung mit
den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften fest. Damit entfaltet die
Baugenehmigung - jedenfalls solange die Genehmigung besteht und die
Verhältnisse sich nicht rechtserheblich ändern -, im gaststättenrechtlichen
Erlaubnisverfahren Bindungswirkung, soweit die in Rede stehende Maßnahme in
die originäre Regelungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde fällt oder zu ihr doch
den stärkeren Bezug hat (vgl. BVerwG, B. v. 05.02.1996 - 1 B 18.96 -, GewArch.
1996, 240 r. Sp.; Urt. v. 17.10.1989 - 1 C 18.87 - und 04.10.1988 - 1 C 72.86 -,
BVerwGE 84, 11, 14; 80, 259, 262). So darf eine Gaststättenerlaubnis für eine
baurechtlich genehmigte Gaststätte nicht mit der Begründung versagt werden, die
vorgesehene Nutzung widerspreche dem öffentlichen Baurecht (BVerwG, B. v.
28.11.1991 - 1 B 152.91 -, GewArch. 1992, 109; VGH Bad.-Württ., B. v. 06.05.1992
- 14 S 2960/91 -, NVwZ-RR 1993; U. v. 06.11.1991 - 14 S 279/91 -, GewArch. 1992
434, 436 l. Sp). Aber auch die Frage, inwieweit eine Gaststätte den
Immissionsschutzanforderungen des in § 15 Abs. 1 BauNVO statuierten
baurechtlichen Rücksichtnahmegebots genügt, fällt in die originäre
Entscheidungskompetenz der Baubehörde. Die typischerweise von der
bestimmungsgemäßen Nutzung einer Gaststätte in einer konkreten baulichen
Umgebung ausgehenden Immissionen weisen nämlich einen stärkeren Bezug zur
Zuständigkeit der Baurechts- als zur Gaststättenbehörde auf. Denn die typischen
Immissionen hängen von Größe, Beschaffenheit und Standort der baulichen
Anlage ab, die Gegenstand der Baugenehmigung sind und nicht vom jeweiligen
Gastwirt, dem die Gaststättenerlaubnis gerade für seine Person erteilt wird
(BVerwG, U. v. 04.10.1988 - 1 C 72.86 -, a. a. O.). Da die
Immissionsschutzanforderungen nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO mit denen des § 4
Abs. 1 Nr. 3 GastG übereinstimmen, Störungen daher nicht nach beiden
Rechtsvorschriften verschieden beurteilt werden können, stellt die
Baugenehmigung nicht nur deren Vereinbarkeit mit § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO
bindend fest, sondern es ist sogleich bindend entschieden, dass sich die von der
Nutzung der Gaststätte typischerweise ausgehenden Immissionen im Rahmen des
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG halten (BVerwG, U. v. 04.10.1988 - 1 C 72.86 -, a. a. O., S.
262/263; VGH Bad.-Würt-t., B. v. 15.02.1993 - 14 S 291/93 -, NVwZ-RR 1993, 479,
480; U. v. 06.11.1991 - 14 S 279/91 -, GewArch. 1992, 434, 436 f; OVG NW, U. v.
18.02.1992 - 4 A 1269/90 -, NVwZ-RR 1992, 614, 615; Hess. VGH, B. v. 08.11.1995
- 14 TG 3375/95 - GewArch 1996, 252, 253; B. v. 02.07.1991 - 14 TH 356/90 -,
NVwZ-RR 1992, 615, 617 l. Sp.). Lediglich atypische mit dem Betrieb der
Gaststätte verbundene Immissionen, die mit der Person des Betreibers
zusammenhängen bzw. seiner besonderen Betriebsweise entsprechen, werden
von der Baugenehmigung nicht erfasst und können folglich Gegenstand einer
näheren Ausgestaltung durch die gaststättenrechtliche Erlaubnis sein (BVerwG, U.
v. 04.10.1988 - 1 C 72.86 -, a. a. O., S. 263, Hess. VGH, B. v. 18.05.1990 - 8 TH
362/90 -, GewArch. 1990, 330, 331). Dieser Rechtsansicht hat sich die
beschließende Kammer bereits in früheren Verfahren angeschlossen (B. v.
08.09.1995 - 8 G 944/95(3), bestätigt durch Hess. VGH, B. v. 08.11.1995 - 14 TG
3375/95 -; a.a.O.).
Beurteilt man das vorliegende Verfahren nach den vorstehend gemachten
Ausführungen ist festzustellen, dass sich die Antragstellerin ausschließlich gegen
Lärmimmissionen zur Wehr setzt, die typischerweise von dem ihr benachbarten
Biergarten zu erwarten sind. Unter solchen Immissionen sind jene zu verstehen,
die die Ausnutzung der Baugenehmigung objektiv zulässt (vgl. Hess. VGH, U. v.
04.07.1985 - III OE 92/82, UPR 1986, 354, 356 l. Sp.). Da hier die Baugenehmigung
die Errichtung eines Biergartens für 20 Personen gestattet, ist der insoweit von
diesen Personen ausgehende Lärm, der im Wesentlichen gekennzeichnet ist durch
Unterhaltungen, Lachen, Zurufe an die Kellner, Stühlerücken und
Geschirrabstellen, von der Baugenehmigung mitumfasst. Durch die
Baugenehmigung steht indessen bindend fest, dass sich diese von der Nutzung
des Biergartens ausgehenden Immissionen im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG
halten. Soweit die Antragstellerin ferner geltend macht, die Beigeladenen hätten
vor Erlaubniserteilung den Biergartenbetrieb illegal betrieben und seien deswegen
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vor Erlaubniserteilung den Biergartenbetrieb illegal betrieben und seien deswegen
nicht gewillt, sich an öffentlich-rechtliche Vorschriften zu halten, kann dies schon
begrifflich keine Lärmbeeinträchtigung sein. Soweit die Antragstellerin im Ergebnis
damit eine atypische Eigentümlichkeit der Betreiber benennen will, die deren
Zuverlässigkeit berührt, ist darauf hinzuweisen, dass nicht gestattete Nutzungen
die Genehmigung als solche nicht rechtswidrig machen (vgl. BVerwG, U. v.
04.10.1988 - 1 C 72.86 -, a. a. O.). Hinzu kommt, dass nichts dafür ersichtlich ist,
dass sich die Beigeladenen nicht an die nunmehr vorliegenden Gestattungen zu
halten beabsichtigen. Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, die Beigeladenen
hätten den Biergarten an manchen Tagen für mehr als 20 Gäste geöffnet, dem
sind jedoch die Beigeladenen in nachvollziehbarer Weise und substantiiert
entgegengetreten, indem sie darauf hingewiesen haben, dass weitere Sitzplätze
lediglich vorgehalten und nicht für die Bewirtung benutzt worden seien und im
Übrigen einige Gäste eigenmächtig, aber nur kurzfristig von nach draußen
geräumten Tischen und Stühlen Gebrauch gemacht hätten.
Von der Bindungswirkung der Baugenehmigung muss hier auch ausgegangen
werden. Zwar hat die Antragstellerin Widerspruch gegen die Baugenehmigung
eingelegt. Diese kann dennoch vollzogen werden. Denn der Widerspruch entfaltet
gemäß § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung und der Eilantrag der
Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Gießen blieb ohne Erfolg - wie die 1.
Kammer am 14.09.2000 - 1 G 2831/00 - entschieden hat. Ist die Baugenehmigung
- wie hier - sofort vollziehbar, greift die Bindungswirkung ein (VGH Bad.-Württ., B. v.
28.06.1994 - 14 S 1207/94 -, GewArch. 1994, 431; Metzner, GastG, 5. Aufl. 1995,
Rdnr. 130 zu § 4, S. 203).
2. Ungeachtet dessen kann die Antragstellerin ihre den Lärm betreffenden
Einwände im vorliegenden Verfahren nicht erheben. Sie ist insoweit vielmehr
gehalten, ausschließlich gegen die Baugenehmigung für die Errichtung des
Biergartens vorzugehen, um ihrem Begehren zum Erfolg zu verhelfen. Dies ergibt
sich aus der oben beschriebenen grundsätzlichen Aufteilung der
Sachkompetenzen zwischen der Bauaufsichtsbehörde einerseits und der die
gaststättenrechtliche Erlaubnis erteilenden Behörde - hier der Magistrat der
Antragsgegnerin - andererseits. Denn Einwände, die sich auf die typische Nutzung
und die damit einhergehenden typischen Immissionen beziehen, d. h.
baurechtlicher Art sind, müssen in dem entsprechenden baurechtlichen Verfahren
gegenüber der Bauaufsichtsbehörde angegriffen werden, während die
gaststättenrechtlichen Einwände nur im Gaststättenverfahren angebracht werden
können (Metzner, GastG, a.a.O., Rdnr. 135 zu § 4; Jarass, WiVerw 1984, 169, 175).
3. Abgesehen davon ist dem Antrag auch deshalb der Erfolg zu versagen, weil
durch den Betrieb des Biergartens als einer nicht genehmigungsbedürftigen
Anlage i.S.d. § 22 BImSchG (vgl. dazu BVerwG, U. v. 07.05.1996 - 1 C 10.95 -,
BVerwGE 101, 157, 161 m.w.N.; Jarass, BImSchG, 4. Aufl. 1999, Rdnr.9 zu § 22)
keine schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. BImSchG zu erwarten sind.
Schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. Vorschrift setzen voraus, dass die
Immissionen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden, erheblichen
Nachteil oder einer erheblichen Belästigung führen. Als erheblich werden
Beeinträchtigungen angesehen, die dem Betroffenen nicht zumutbar sind. Hierbei
ist auf das Empfinden des sogenannten "verständigen" Durchschnittsmenschen
abzustellen (BVerwG, U. v. 07.10.1983 - 7 C 44.81 -, BVerwGE 68, 62, 67; B. v.
19.03.1998 - 1 B 33.98 -, GewArch. 1998, 254; BGH, U. v. 20.11.1992 - V ZR 82/91
-, NJW 1993, 925, 929). Im vorliegenden Fall sind keine erheblichen, der
Antragstellerin nicht mehr zumutbaren Lärmeinwirkungen festzustellen.
Auszugehen ist zunächst davon, dass es normative Vorgaben für die rechtliche
Beurteilung derartiger Lärmbeeinträchtigungen nicht gibt. Die beschließende
Kammer orientiert sich in solchen, den Immissionsschutz betreffenden Fällen, in
denen gesetzliche Regelungen nicht vorhanden sind, ebenso wie die sonstige
Rechtsprechung der allgemeinen Verwaltungsgerichte (vgl. z B. Bad.-Württ., B. v.
17.07.1984 - 14 S 1053/84 -, GewArch. 1985, 136, 137; Bay.VGH, B v. 17.10.1996 -
24 CS 96.3415 -, NJW 1997, 1181, 1182) an den einschlägigen technischen
Regelwerken, die unter sachverständiger Beratung der Fachöffentlichkeit erarbeitet
worden sind (VG Gießen, U. v. 28.05.1997 - 8 E 666/96(1) - , GewArch 1997, 491,
492 l.Sp; U. v. 18.02.1998 - 8 E 1785/94 -, GewArch 1998, 350, 351 r.Sp).
Vorliegend sind dies die technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom
26.08.1998 - TA-Lärm - (GMBl 503) bzw. die VDI-Richtlinie 2058 (Bl. 1 des Vereins
deutscher Ingenieure zur Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft), die
sich direkt jedoch auf gleichförmigen Arbeitslärm beziehen und daher nur als
Orientierungshilfen bzw. Anhaltspunkte zu bewerten sind (vgl. OVG Bremen, B. v.
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Orientierungshilfen bzw. Anhaltspunkte zu bewerten sind (vgl. OVG Bremen, B. v.
15.04.1993 - OVG 1 B 94/92 - GewArch 1994, 431, 433).
Nach dem vom TÜV Süddeutschland im Rahmen des Genehmigungsverfahrens
vorgelegten Gutachten vom 05.05.2000 werden die für die Nachbarschaft nach der
TA-Lärm bzw. DIN 2058 geltenden Immissionsrichtwerte nicht überschritten,
sondern deutlich eingehalten. Das Gutachten errechnet nachvollziehbar unter
Berücksichtigung der maßgebenden Lärmfaktoren, die einerseits durch den
Betrieb als solchen, andererseits durch die anwesenden Gäste und schließlich
durch Fahrzeuge versacht werden, am Immissionsort IP 2, dem Wohnhaus der
Antragstellerin in der S...gasse Nr. ..., einen Beurteilungspegel von 51 dB(A) für die
Zeit von 10 bis 22 Uhr. Unzutreffenderweise geht die Antragstellerin davon aus,
dass wegen der Gebäudeanordnung ein höherer Lärmwert zugrunde zu legen sei.
Wie sich nämlich eindeutig aus dem Gutachten ergibt, hat der Gutachter sowohl
den direkten Schall berücksichtigt als auch einen Reflektionsteil durch die
besondere Gebäudestellung und folgerichtig den Beurteilungspegel sowohl aus
dem Direktschall als auch dem Reflektionsanteil (nämlich 48,5 dB, tags) mit einem
Wert von insgesamt 50,6 dB(A) in rechtlich nicht zu beanstandender Weise
errechnet. Dabei geht der Gutachter von einer Öffnungszeit von 10 Uhr morgens
bis 22 Uhr aus. Die gaststättenrechtliche Erlaubnis sieht dagegen eine
Öffnungszeit von 16 bis 22 Uhr montags bis freitags vor und legt insoweit eine um
die Hälfte reduzierte Betriebszeit zugrunde. Die Halbierung der Einwirkzeit der
Immissionen hat eine Reduzierung um 3 dB(A) zur Folge, was sich rechnerisch aus
dem Gutachten Seite 11, letzte Formel, ergibt. Auch wenn der Biergarten an den
Samstagen und Sonntagen von 10 bis 22 Uhr geöffnet ist, ergibt sich jedenfalls für
montags bis freitags, dass der errechnete Beurteilungpegel für tags von 50,6
dB(A) (aufgerundet auf 51 dB(A)), um 3 dB(A) zu hoch ist. Für das Eilverfahren ist
daher davon auszugehen, dass der von dem Biergarten ausgehende Lärm die
Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm bzw. DIN 2058, die fast für ein reines
Wohngebiet (gemäß Nr. 3.3.1 lit. e DIN 2058 bzw. Nr. 6.1) lit. e TA Lärm 50 dB(A)
auf jeden Fall die für ein allgemeines Wohngebiet (gemäß Nr. 3.3.1 lit. d DIN 2058
bzw. Nr. 6.1 lit. d TA Lärm 55 dB(A)) bzw. ein Mischgebiet (gemäß 3.3.1 lit. c DIN
2058 bzw. Nr. 6.1. lit. c TA Lärm 60 dB(A)) vorgesehen sind, einhält. Nach
Maßgabe dieser Feststellung sind deshalb auch für die Antragstellerin schädliche
Umwelteinwirkungen durch Lärm infolge des Betriebs des Biergartens nicht zu
erwarten. Die Frage, wie das Gebiet, in dem die Gaststätte liegt,
bauplanungsrechtlich einzustufen ist - als allgemeines Wohngebiet, wie die
Antragstellerin meint, oder als Mischgebiet, wie von der Antragsgegnerin und
Bauaufsichtsbehörde angenommen - kann daher ebenso wie das Problem der
Bildung so genannter Zwischenwerte oder Frage eines Zuschlages für Tageszeiten
mit erhöhter Empfindlichkeit dahinstehen.
Die Antragstellerin vermag sich auch nicht darauf zu berufen, das Gutachten sei
im Ergebnis unzutreffend, weil der Verkehrslärm der Gaststättenbesucher und der
An- und Abfahrverkehr der umliegenden Geschäftsräume zu den Stellplätzen als
so genannte Vorbelastung unberücksichtigt geblieben seien. Zwar darf eine hohe
Lärmvorbelastung grundsätzlich nicht außer Betracht bleiben (vgl. OVG NW, B. v.
18.08.1998 - 10 B 1353/98 -, BRS 60, Nr. 202, S. 689, 693 m. w. N.). Von einer
entsprechend hohen, die Zumutbarkeitsschwelle tangierenden Lärmvorbelastung
kann hier aber bei summarischer Prüfung nicht ausgegangen werden. Abgesehen
davon, dass Parkplätze auch in Wohnbereichen zwingend notwendig sind, ist im
Rahmen des nur eine kursorische Prüfung zulassenden Eilverfahrens nichts dafür
ersichtlich, dass ein Zu- und Abgangsverkehr der Geschäfte und Praxen noch nach
Geschäftsschluss, der erfahrungsgemäß in der Zeit von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr
liegt, stattfindet. Was den Verkehrslärm der an- und abfahrenden
Gaststättenbesucher anbetrifft, so ist dieser bereits teilweise in dem Gutachten
des TÜV-Süddeutschland mitberücksichtigt worden, und im Übrigen ist nicht
erkennbar, dass sich sämtliche Gaststättenbesucher ausschließlich mit
Kraftfahrzeugen zur Gaststätte begeben oder nicht zumindest ein Großteil von
ihnen aus der unmittelbaren räumlichen Nachbarschaft kommt und folglich ein
Kraftfahrzeug nicht benutzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es
entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen den
Antragstellern aufzuerlegen, da die Beigeladenen sich durch das Stellen eines
Antrages am Kostenrisiko beteiligt haben. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§
20 Abs. 3 i.V.m. 13 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer das Interesse der
Antragstellerin mit einem Betrag von 30.000,-- DM bewertet und hier den hälftigen
Betrag zugrunde legt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.