Urteil des VG Gießen vom 08.04.2003

VG Gießen: schutz der gläubiger, aufschiebende wirkung, kommanditgesellschaft, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, öffentliches interesse, vollziehung, gewerbe, verfügung, verwaltungsakt, komplementär

1
2
3
4
5
6
Gericht:
VG Gießen 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 G 508/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 12 GewO, § 35 GewO, § 21
InsO
(Gewerbeuntersagung - Steuerschulden - Insolvenz)
Tatbestand
I. Die Antragstellerin ist eine Kommanditgesellschaft, die unter G. G. & Sohn
Bauunternehmung GmbH und Co. KG ( im Folgenden: KG) firmiert. Persönlich
haftende Gesellschafterin dieser KG ist die Firma G. & Sohn
Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: GmbH). Gegenstand der GmbH sind
Beteiligungsgeschäfte jeglicher Art an Firmen der Baubranche, insbesondere des
Hoch-, Tief- und Industriebaus sowie die Geschäftsführung derartiger Firmen. Die
Eintragung der GmbH in das Handelsregister erfolgte am 19.12.1986. Die
Gewerbeanmeldung der GmbH datiert auf den 01.01.1987.
Mit Schreiben vom 12.08.2002 teilte der Antragsgegner der GmbH mit, ein
Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet zu haben.
Unter dem 14.01.2003 teilte der Antragsgegner der GmbH mit, am 17.04.2002
habe er wegen Steuerrückständen beim Finanzamt B. ein
Gewerbeuntersagungsverfahren gegen sie eingeleitet. Am 12.08.2002 habe er die
GmbH erstmals im Verfahren angehört. Leider habe diese sich bislang mit ihm
nicht in Verbindung gesetzt. Derzeit bestünden zu Lasten der GmbH bzw. der von
ihr geführten Firma G. G. & Sohn Bauunternehmung GmbH und Co. KG
Steuerrückstände bei dem Finanzamt G. in Höhe von 3.570,60 EUR und bei dem
Finanzamt B. in Höhe von 247.343,76 EUR sowie Beitragsrückstände bei der Bau-
Berufsgenossenschaft in Höhe von 7.484,51 EUR und bei der S.-BAU in Höhe von
112.529,94 EUR. Auch komme die GmbH ihren Meldepflichten gegenüber dem
Finanzamt G. und der S.-BAU nicht nach.
Unter dem 05.02.2003 erließ der Antragsgegner gegen die GmbH die bereits bei
der Einleitung des Verfahrens angedrohte Gewerbeuntersagungsverfügung. Der
GmbH wurde das von ihr ausgeübte Gewerbe sowie jede andere selbständige
gewerbliche Tätigkeit, soweit diese unter § 35 GewO fällt, wie auch die Tätigkeit als
Vertretungsberechtigter oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs
beauftragte Person untersagt. Der Antragsgegner ordnete zugleich die sofortige
Vollziehung dieser Untersagungsverfügung an und drohte der GmbH für den Fall
der Zuwiderhandlung nach Ablauf von zwei Wochen nach Zustellung dieser
Verfügung die Schließung des Betriebs an. Die Kosten möglicher
Vollstreckungsmaßnahmen veranschlagte er auf 500,-- EUR.
Die Untersagungsverfügung begründete der Antragsgegner mit
Steuerrückständen der antragstellenden KG gegenüber dem Finanzamt G. in Höhe
von 3.540,10 EUR und dem Finanzamt B. in Höhe von 19.670,46 EUR sowie
Beitragsrückständen bei der Bau-Berufsgenossenschaft F. in Höhe von 7.484,51
EUR, bei der S.-BAU in Höhe von 120.239,94 EUR und gegenüber der
Handwerkskammer K. in Höhe von 1.166,55 EUR. Ferner komme die
Antragstellerin ihren steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht bzw. nur unvollständig
nach. Außerdem seien beim Amtsgericht B. 25 Haftbefehle gegen die
Antragstellerin zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung eingegangen.
Dieser Bescheid wurde der GmbH am 06.02.2003 zugestellt.
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
Mit Beschluss vom 05.03.2003 (Az.: 23 IN 28/03) ordnete das Amtsgericht M. zur
Sicherung der Masse und zum Schutz der Gläubiger gegen die Antragstellerin die
vorläufige Verwaltung ihres Vermögens nach § 21 Abs. 2 Ziff. 1 InsO an sowie
gemäß § 21 Abs. 2 Ziff. 2 InsO, dass Verfügungen der Antragstellerin nur mit
Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
Am 21.02.2003 hat die Antragstellerin das Gericht um Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung verweist sie darauf, ihr sei keine
Gelegenheit zur Einrede gegen das beantragte Untersagungsverfahren gegeben
worden. Das Schreiben des Antragsgegners vom 14.01.2003 sei nicht
zugegangen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des
Antragsgegners vom 05.02.2003 wiederherzustellen, soweit der GmbH das
Gewerbe Beteiligungsgeschäfte jeglicher Art an Firmen der Baubranche,
insbesondere des Hoch-, Tief- und Industriebaus sowie die Geschäftsführung
derartiger Firmen untersagt worden ist und sich die Untersagung auch auf jede
andere selbständige gewerbliche Tätigkeit, soweit diese unter § 35 GewO fällt, als
auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter oder als mit der Leitung eines
Gewerbebetriebs beauftragte Person erstreckt, und die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs anzuordnen, soweit der GmbH in dieser Verfügung die Schließung
des Betriebs angedroht worden ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Ansicht, sein Bescheid sei rechtmäßig. Im Übrigen ergreife er während
der Dauer des Antragsverfahrens keine Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der
die GmbH betreffenden Gewerbeuntersagungsverfügung. Die Antragstellerin habe
am 06.03.2003 fristgerecht Widerspruch gegen die
Gewerbeuntersagungsverfügung erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte sowie auf den der beigezogenen Behördenakten (2 Hefter), die
Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die von dem Antragsgegner getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit
ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der in dem vorliegenden Eilverfahren
gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegen die
Interessen der Antragstellerin nicht gegenüber dem öffentlichen Interesse an der
sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügung im Bescheid vom
05.02.2003. Diese Verfügung ist offensichtlich rechtmäßig und ihr Vollzug ist
eilbedürftig.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines
Rechtsbehelfs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf
Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen. Ein solcher Antrag
ist begründet, wenn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des
Verwaltungsakts gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, die
Vollziehung bis zur Entscheidung über seinen Rechtsbehelf hinauszuschieben,
nicht überwiegt. Das ist dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich
rechtswidrig ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen
Verwaltungsaktes kann kein vorrangiges öffentliches Interesse bestehen.
Umgekehrt ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen, wenn der angefochtene
Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig und seine Vollziehung eilbedürftig ist.
Nach summarischer Prüfung ist die von dem Antragsgegner getroffene Verfügung
rechtmäßig.
Nach § 35 Abs. 1 S. 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise
zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des
20
21
22
23
24
zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des
Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung
zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
Unzuverlässig in diesem Sinne ist ein Gewerbetreibender, der nach dem
Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein
Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die Unzuverlässigkeit ist nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung insbesondere dann zu bejahen,
wenn der Gewerbetreibende seine mit der Gewerbeausübung verbundenen
öffentlich-rechtlichen Erklärungs- und Zahlungsverpflichtungen wiederholt nicht
pünktlich erfüllt (vgl. BVerwG, B. v. 25.03.1992 - 1 B 50.92 -, GewArch 1992, 232;
B. v. 11.12.1996 - 1 B 250.96 -, GewArch 1999, 72; B. v. 09.04.1997 - 1 B 81.97-,
GewArch 1999, 72; Hess. VGH, U. v. 28.09.1992 - 8 UE 916/90 -, GewArch 1993,
159; B. v. 17.02.1994 - 8 TH 311/94-, GewArch 1994, 238). Diese
Voraussetzungen sind gegeben. Die GmbH hat Mitwirkungs- und
Zahlungsverpflichtungen in nachhaltiger Weise verletzt und sich dadurch als
gewerberechtlich unzuverlässig erwiesen. Dies ist in dem angefochtenen Bescheid
ausführlich und zutreffend dargelegt worden. Gesichtspunkte, die eine andere
Beurteilung rechtfertigen könnten, sind von der Antragstellerin weder dargelegt
worden noch ersichtlich. Auf jeden Fall begründen die Steuerschulden nämlich eine
ungünstige Prognose hinsichtlich des gewerblichen Wirkens der GmbH. Nicht
entscheidend ist, in welchem Rahmen die Steuerschulden entstanden sind oder ob
den Gewerbetreibenden ein Verschulden hinsichtlich seiner mangelnden
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit trifft (vgl. BVerwG, B. v. 11.11.1996 - 1 B 226.96
-, GewArch 1997, 68).
Ging der Antragsgegner danach zu Recht von der Unzuverlässigkeit der GmbH
aus, durfte er die Untersagungsverfügung über das konkret ausgeübte Gewerbe
hinaus auch auf jede sonstige selbständige gewerbliche Tätigkeit sowie auf die
Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der
Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person erstrecken (§ 35 Abs. 1 S. 2
GewO). Die festgestellten Verstöße gegen die mit der Gewerbeausübung
verbundenen öffentlich-rechtlichen Erklärungs- und Zahlungsverpflichtungen
rechtfertigen nämlich die Annahme, dass die GmbH auch für jedes andere
Gewerbe im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO unzuverlässig ist.
Entsprechendes gilt für eine Tätigkeit als Vertretungsberechtigter oder als mit der
Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person.
Die mit der Untersagung verbundene Androhung der zwangsweise Durchsetzung
sowie die Veranschlagung der hierauf voraussichtlich entfallenden Kosten beruhen
auf §§ 2, 68, 69, 75 HessVwVG und sind ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 05.02.2003 steht auch nicht der Beschluss
des Amtsgerichts M. vom 05.03.2003 (Az.: 23 IN 28/03) entgegen, mit dem gegen
die Antragstellerin gemäß §§ 21, 22 InsO zur Sicherung der Masse und zum Schutz
der Gläubiger die vorläufige Verwaltung des Vermögens der Antragstellerin
angeordnet wurde sowie, dass Verfügungen der Antragstellerin nur mit
Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Das beantragte
Insolvenzverfahren betrifft nämlich nur das Vermögen der Antragstellerin und nicht
das der gewerberechtlich unzuverlässigen GmbH.
Nach § 12 GewO (der durch Art. 71 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zur
Insolvenzordnung vom 05.10.1994, BGBl. I S. 2911, 2942 i.d.F. von Art. 1 Nr. 16
des Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung und
anderer Gesetze vom 19.12.1998, BGBl. I S. 3836, 3838, eingeführt wurde) finden
Vorschriften während eines Insolvenzverfahrens, welche die Untersagung eines
Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen
Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete
Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, während der Zeit, in der
Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und
während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 InsO) keine
Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zurzeit des Antrags auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Diese Vorschrift bewirkt einen Ausschluss
der Anwendung der Vorschriften über die Gewerbeuntersagung nach der
Gewerbeordnung für die Dauer des Insolvenzverfahrens. Der Dauer des
Insolvenzverfahrens wird die Zeit gleichgestellt, während der nach der Stellung
eines Insolvenzantrags, aber vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, - wie
vorliegend - vorläufige Sicherungsmaßnahmen angeordnet wurden. Das Bedürfnis,
die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens offen zu halten,
25
26
27
28
29
die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens offen zu halten,
besteht nämlich auch während dieser Zeit. Andererseits unterliegt der Schuldner
in dieser Phase bereits der Aufsicht durch das Insolvenzgericht (vgl. hierzu den
Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zur
Insolvenzordnung, BT-Drs. 12/3803, S. 103).
Ungeordnete Vermögensverhältnisse im Sinne von § 12 GewO liegen gemäß der
Definition in § 34 b Abs. 4 Nr. 2 GewO in der Regel dann vor, wenn über das
Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder er in
das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis
(§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist. Der Begriff des Lebens in
ungeordneten Vermögensverhältnissen ist inhaltlich gleich zu setzen mit den
Tatbestandsmerkmalen der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bzw.
des Nichtvorhandensein der für die Führung des Gewerbebetriebs erforderlichen
Mittel (vgl. Hahn, GewArch 2000, 361, der den Begriff des Lebens in ungeordneten
Vermögensverhältnissen als Anwendungsfall der Unzuverlässigkeit ansieht; vgl.
auch Heß in: Friauf [Herausgeber]: GewO, Bd. I, Stand: März 2003, § 12 Rdnr. 7, S.
7). Insoweit teilt die Kammer nicht die in der Literatur (vgl. Heß, a.a.O.) vertretene
Einschränkung, im Hinblick auf den Gefahrenabwehrgedanken im Gewerberecht
solle zumindest dann ein von dem Leben in ungeordneten
Vermögensverhältnissen abgrenzbarer Unzuverlässigkeitsgrund angenommen
werden, wenn treuhänderisch vereinnahmte Steuerbeträge oder
Sozialversicherungsbeiträge nicht an den entsprechenden Gläubiger der Abgaben
abgeführt werden. Da die Norm des § 34 Abs. 4 Nr. 2 GewO lediglich Regelbeispiele
für das Vorliegen von ungeordneten Vermögensverhältnissen anführt, können
diese Verhältnisse auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Übrigen
gestützt werden, insbesondere wenn der Gewerbetreibende gegen steuer- und
sozialversicherungsrechtliche Vorschriften verstoßen hat (Marcks, in:
Landmann/Rohmer, GewO, Bd. I, Stand: Januar 2001, § 12 Rdnr. 3, S. 2; Fuchs,
GewArch 1999, 102, 105). Für eine entsprechende Einschränkung, die Regelung
des § 12 GewO in Fällen einer durch die mangelnde Erfüllung öffentlich-rechtlicher
Zahlungspflichten bedingten andauernden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit
nicht zur Anwendung kommen zu lassen, liefert der Wortlaut der Gewerbeordnung
zudem keinerlei Anhaltspunkte (vgl. auch: Hahn, a.a.O.).
Wegen der Regelung des § 12 GewO kann während eines bereits laufenden
Insolvenzverfahrens eine Gewerbeuntersagungsverfügung nicht erlassen werden
bzw. - bei bereits zuvor erlassener Gewerbeuntersagungsverfügung - eine
Maßnahme zur Vollziehung einer Gewerbeuntersagungsverfügung nicht getroffen
werden (vgl. Hess. VGH, U. v. 21.12.2002 - 8 UE 3195/01 -, S. 7 UA; vgl. Hahn,
a.a.O., S. 363).
Die Fortsetzung des Gewerbeuntersagungsverfahrens bzw. die Vollziehung der
ausgesprochenen Gewerbeuntersagungsverfügung wird hier gleichwohl nicht durch
die Regelung des § 12 GewO ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Die Gewerbeuntersagungsverfügung vom 05.02.2003 erging gegen die GmbH.
Dies erfolgte auch zu Recht, da bei Personengesellschaften ohne eigene
Rechtspersönlichkeit - wie einer KG - die Untersagung nicht gegen die Gesellschaft
als solche, sondern gegen die geschäftsführenden Gesellschafter zu richten ist, da
nur diese gewerbetreibend im Sinne des Gewerberechts sind (Marcks, a.a.O.,
GewO § 35, Rdnr. 64). Der Beschluss des Amtsgerichts M. vom 05.03.2003 (Az.: 23
IN 28/03) zur Sicherung der Masse betrifft jedoch nicht die (Komplementär-)
GmbH, sondern die hiervon zu unterscheidende Kommanditgesellschaft. Ein
besonderes Insolvenzverfahren über das Gesellschaftsvermögen einer
Kommanditgesellschaft ist auch rechtlich möglich (vgl. Baumbach/Hopt, HGB,
Komm., 30. Aufl., München 2000, § 124 Rdnr. 46).
Die Kommanditgesellschaft ist für das vorliegende Verwaltungsstreitverfahren
zudem nicht aktivlegitimiert. Wie bereits ausgeführt betrifft die
Untersagungsverfügung vom 05.02. 2003 ausschließlich und zu Recht die GmbH
als Komplementärin der Antragstellerin. Zwar kann eine Kommanditgesellschaft
nach § 161 Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB vor Gericht klagen, dies gilt jedoch in
der Regel nicht in Angelegenheiten der sie vertretenden Komplementär-GmbH.
Ausnahmegründe, insbesondere eine zulässige Prozessstandschaft, für eine
Aktivlegitimation der Kommanditgesellschaft in einem Verfahren betreffend die
Komplementär-GmbH sind vorliegend nicht ersichtlich. Der Schriftsatz vom
19.02.2003 kann auch nicht dahingehend umgedeutet werden, nicht die KG,
sondern die GmbH habe entsprechend um einstweiligen Rechtsschutz
30
sondern die GmbH habe entsprechend um einstweiligen Rechtsschutz
nachgesucht. Insoweit ist nämlich zu beachten, dass nicht nur ein Briefbogen der
KG benutzt wurde, sondern dieser Schriftsatz auch ausdrücklich im Namen der
Kommanditgesellschaft eingereicht und unterzeichnet wurde. Überdies handelt es
sich bei den betreffenden Gesellschaften um solche mit rechtlicher und
wirtschaftlicher Erfahrung, wie nicht nur die Höhe der Abgabenrückstände belegen,
sondern auch der Umstand, dass die Kommanditgesellschaft mehrere Mitarbeiter
hatte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.