Urteil des VG Gießen vom 14.08.2000

VG Gießen: gemeinde, regionalplan, gewerbe, industrie, anpassung, verfügung, rechtsschutzgarantie, ausweisung, anfang, begriff

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Gericht:
VG Gießen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 293/99
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 6 Abs 1 S 4 PlanG HE 2002,
§ 9 Abs 1 PlanG HE 2002
Leitsatz
Eine Gemeinde, die die Verletzung ihrer kommunalen Planungshoheit geltend macht,
kann nicht in einem selbstständigen Verfahren gegen die Darstellungen eines
Regionalen Raumordnungsplans vorgehen, sondern nur in einem Verfahren, in dem ein
sie belastender Hoheitsakt auf den Regionalplan gestützt wird, denn diesem fehlt die
Außenrechtsverbindlichkeit.
Verwendet eine Gemeinde im Planungsverfahren feststehende Rechtsbegriffe, so ist
eine Auslegung nicht möglich, sondern auf den Wortlaut ihres Antrages samt
Begründung abzustellen.
Tatbestand
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 26.10.1995 beim Regierungspräsidium
Gießen als Obere Landesplanungsbehörde die "Zulassung einer Abweichung von
den Darstellungen des RROPM 1995", nämlich u.a. anstelle von "Gebiet
landwirtschaftlich wertvoller Böden" und "Regionaler Grünzug" die Darstellung einer
"Zuwachsfläche für Gewerbe und Industrie" östlich des Stadtteils H. und nördlich
der L 3131.
Die Klägerin führte zur Begründung des Antrags aus, dass bei den getroffenen
Festlegungen des Regionalen Raumordnungsplanes Mittelhessen 1995 (RROPM
1995) die Bauflächendarstellung ihres rechtswirksamen Flächennutzungsplanes
nicht berücksichtigt worden sei. Es stünden unter Berücksichtigung der
tatsächlichen Verhältnisse praktisch keine Zuwachsflächen zur Verfügung. Der
weiterhin starke Zuzug an Wohnbevölkerung bedinge aber eine Flächenvorsorge
für Gewerbe und Industrie zur Arbeitsplatzbeschaffung auch für die neuen
Mitbürger. Außerdem stehe die Klägerin in Konkurrenz zu den Standorten in der
Umgebung, deren Zuwachsflächenpotentiale besser nutzbar seien. Durch die
Darstellung der begehrten Zuwachsfläche ergäben sich keine Auswirkungen auf
die Planungskonzeption. Die beantragte Darstellung könne als Korrektur der
Planung verstanden werden.
Nach Durchführung eines Ortstermins, Anhörung der Klägerin und
Beschlussfassung des Haupt- und Planungsausschusses der
Regionalversammlung Mittelhessen lehnte das Regierungspräsidium Gießen mit
Bescheid vom 16.12.1997 die Abweichung zugunsten einer Zuwachsfläche für
Gewerbe und Industrie nördlich der L 3131 (L 3129) ab. Zur Begründung wurde
ausgeführt, die vorgetragenen Argumente der Klägerin seien nicht von
ausreichendem Gewicht, um die Zielaussagen des RROPM 1995 zu verdrängen,
dessen Aussagen sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus raumordnerischer Sicht
den Vorzug verdienten. Außerdem sei das mit dem Abweichungsverfahren
verfolgte Ziel schon Gegenstand der klägerischen Forderungen im
Anhörungsverfahren zur Anpassung des RROPM 1995 gewesen. Es sei aber nicht
Aufgabe eines Abweichungsverfahrens, eine Gemeinde mit ihren Absichten
durchdringen zu lassen, die im Anpassungsverfahren (Aufstellungsverfahren) nach
landesplanerischer Abwägung in Letztentscheidung zurückgestellt gestellt worden
seien, zumal die Feststellung des RROPM 1995 nur ein halbes Jahr vor dem Antrag
gelegen habe. Darüber hinaus habe sich der Gebietsagrarausschuss negativ
geäußert und aus siedlungsstruktureller Sicht sei eine Zersiedlung der Landschaft
zu befürchten. In dem streitbefangenen Bereich befänden sich auch besonders
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zu befürchten. In dem streitbefangenen Bereich befänden sich auch besonders
geschützte Gehölzstrukturen und Einzelbäume, deren Beseitigung nicht
zugelassen werden könne. Außerdem seien Beeinträchtigungen der
Naherholungsfunktion zu befürchten, der Begrenzungsweg im Norden des
Gebietes sei ein überdurchschnittlich intensiv genutzter Spazierweg. Hinzu
komme, dass die begehrte Gewerbefläche eine Schwächung des Oberzentrums
Gießen bedeuten würde und daher nicht mit den Zielen der Raumordnung
vereinbar sei. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom
08.01.1998, den sie damit begründete, dass der RROPM 1995 die
landwirtschaftliche Wertigkeit der in Anspruch zu nehmenden Böden nicht
ausreichend berücksichtigt habe. Der gegen die Abweichung ins Feld geführte
Naturschutz habe keine absolute Vorrangstellung und die
landschaftsschutzrechtlichen Bedenken seien nicht nachvollziehbar. Die begehrte
Abweichung sei raumordnerisch vertretbar und berühre die Grundzüge der
Planung nicht.
Mit Bescheid vom 19.01.1999 wies das Regierungspräsidium Gießen den
Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde unter näherer Darlegung ausgeführt,
dass sich weder neue Sachgesichtspunkte noch eine veränderte rechtliche
Betrachtung ergeben hätten.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.02.1999 Klage erhoben. Die
angefochtenen Bescheide verletzten ihre verfassungsrechtlich garantierte
Planungshoheit. Der Haupt- und Planungsausschuss der Regionalversammlung sei
nicht wirksam mit der Beschlussfassung beauftragt worden und habe deshalb nicht
endgültig entscheiden dürfen. Die Abweichung vom RROPM 1995 sei zuzulassen,
denn die angefochtenen Bescheide hätten unberücksichtigt gelassen, dass von
den 25 ha vorgesehener Zuwachsfläche tatsächlich nur 4,71 ha nutzbar seien und
selbst hierfür ein unverhältnismäßig hoher Aufwand nötig sei. Dies sei auch nicht
Gegenstand des Anpassungsverfahrens RROPM 1995 gewesen. Andernfalls sei
dieser Plan abwägungsfehlerhaft. Die streitbefangene Fläche werde auch nicht für
die langfristige Wohnsiedlungsentwicklung benötigt, da diese anderweitig gesichert
sei. Das Argument der fehlenden Befreiung nach § 23 HeNatG könne kein
tragfähiger Grund für die Ablehnung eines Abweichungsantrages sein.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.12.1997 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.01.1999 zu verpflichten, die
Abweichung vom regionalen Raumordnungsplan Mittelhessen 1995 gemäß dem
Antrag der Klägerin vom 26.10.1995 (anstelle von "Gebiet landwirtschaftlich
wertvoller Böden" und "Regionaler Grünzug" Darstellung einer "Zuwachsfläche für
Gewerbe und Industrie" östlich des Stadtteils H., nördlich der L 3131 <3129>;) auf
der mit A gekennzeichneten Fläche gemäß dem dem Bescheid vom 16.12.1997
beigefügten Plan zuzulassen,
2. hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
3. hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.12.1997
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.01.1999 zu verpflichten, die
Abweichung vom Regionalen Raumordnungsplan Mittelhessen 1995 gemäß dem
Antrag der Klägerin vom 26.10.1995 (anstelle von "Gebiet landwirtschaftlich
wertvoller Böden" und "Regionaler Grünzug" Darstellung "Gewerbe und Industrie"
östlich des Stadtteils H., nördlich der L 3131 (L 3129) auf der mit A
gekennzeichneten Fläche gemäß dem dem Bescheid vom 16.12.1997 beigefügten
Plan zuzulassen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die angefochtenen Bescheide, deren Ausführungen ergänzt und
vertieft werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend
Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der
beigezogenen Behördenakten (1 Hefter der Klägerin und 1 Hefter des beklagten
Landes).
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Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Der Hauptantrag ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn
er ist auf eine unmögliche Rechtsfolge gerichtet. Nach dem Wortlaut des Antrages
begehrt die Klägerin eine Abweichung vom Regionalplan "Regionaler
Raumordnungsplan Mittelhessen (RROPM 1995)". Die Abweichung vom
Regionalplan ist abschließend in § 9 Hessisches Landesplanungsgesetz - HLPG -
geregelt. Nach § 9 Abs. 1 HLPG bedarf es der Zustimmung der
Regionalversammlung, wenn eine Gemeinde von verbindlichen Festsetzungen des
Regionalplans abweichen will. Es ergibt sich dabei aus der planungsrechtlichen
Gesamtsystematik, dass eine Gemeinde nur mittels des ihr gesetzlich zur
Verfügung gestellten bauleitplanerischen Instrumentariums abweichen kann.
Dieses ist abschließend im Baugesetzbuch - BauGB - und in den aufgrund dieses
Gesetzes ergangenen Verordnungen geregelt. Es besteht aus den Bauleitplänen.
Dies sind der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan (§§ 1 ff. BauGB) und
die in diesen Bauleitplänen zulässigen Festsetzungen. Welche Festsetzungen die
Gemeinden in ihren Bauleitplänen treffen können, regelt näher die aufgrund von §
2 Abs. 5 BauGB erlassene (Bundes-) Planzeichenverordnung. Diese sieht die nach
dem Wortlaut des klägerischen Antrags begehrte Festsetzung einer
"Zuwachsfläche für Gewerbe und Industrie" nicht vor. Da die Klägerin somit in einer
vom RROPM 1995 abweichenden Bauleitplanung die erwünschte Festsetzung gar
nicht treffen könnte, zielt der Hauptantrag auf eine unmögliche Rechtsfolge, so
dass ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Der Hauptantrag ist aber auch dann unzulässig, wenn man abweichend vom
Wortlaut auf das tatsächliche Begehren der Klägerin abstellt. Wie das beklagte
Land im Bescheid vom 16.12.1997 zutreffend dargelegt hat, versucht die Klägerin
im Abweichungsverfahren (§ 9 HLPG) mit den Interessen durchzudringen, die sie
(kurz zuvor) in dem Verfahren zur Anpassung (Änderung) des RROPM 1995 (§ 7
Abs. 6 Satz 1 HLPG) nicht verwirklichen konnte. Dies ist unzulässig, denn
Aufstellung und Änderung des Regionalplans sind abschließend in den §§ 7, 8
HLPG geregelt. Folgerichtig hat die Klägerin zur Begründung ihres
Abweichungsantrages deshalb ausgeführt, die begehrte Darstellung
("Zuwachsfläche für Gewerbe und Industrie") könne als Korrektur der Planung
verstanden werden. Zudem setzt die Abweichung von dem Regionalplan begrifflich
voraus, dass der Regionalplan selbst unverändert bestehen bleibt und gerade
nicht korrigiert", d.h. angepasst wird. Zusammenfassend ergibt sich, dass das
Begehren der Klägerin unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrensablaufs
darauf abzielt, den Regionalplan (RROPM 1995) zu ändern. Dies ist nur nach den §§
7, 8 HLPG möglich, nicht jedoch im Wege der Abweichung nach § 9 HLPG, die
beantragt wurde.
Zudem kann eine Änderung dieses Regionalplans (§§ 7, 8 HLPG) nicht mittels der
verwaltungsgerichtlichen (Leistungs-) Klage auf Verpflichtung zur Änderung des
Regionalplans erreicht werden. Dagegen spricht, dass den Aussagen der
Regionalpläne (Raumordnungspläne) bereits die Außenrechtsverbindlichkeit fehlt
(vgl. Hess. VGH, Urteil vom 20.06.1990 - 4 UE 475/87 -, NuR 1993, 235). Dem
steht nicht die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -
entgegen. Denn dieser Rechtsschutzgarantie wird in den Fällen der
Nichtberücksichtigung gemeindlicher Interessen bei der Aufstellung und der
Änderung von Regionalplänen dadurch Rechnung getragen, dass die Gemeinde die
in einem Regionalplan getroffenen Ergebnisse in einem anderen Verfahren
verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen kann; dies gilt insbesondere für das
Bauleitplanverfahren (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 09.08.1990 - 3 UE 253/86 -, UPR
1991, 349). So kann die Gemeinde die Nichtberücksichtigung ihrer Interessen bei
der Aufstellung oder der Änderung des Regionalplans in verwaltungsgerichtlichen
Verfahren inzident überprüfen lassen, wenn die zuständige Genehmigungsbehörde
ihrem Bauleitplan unter Hinweis auf den entgegenstehenden Regionalplan (vgl. § 1
Abs. 4 BauGB) nicht genehmigt hat (vgl. die §§ 6 Abs. 1 und 2, 10 Abs. 2 BauGB)
oder beanstandet (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand
11/97, § 1 Rdnr. 92). Diese Auffassung entspricht auch der Gesamtstruktur des
Aufstellungs- und Änderungsverfahrens für Regionalpläne nach den §§ 7, 8 HLPG.
Danach sind die Gemeinden darauf verwiesen, ihre Partikularinteressen in die
Regionalversammlung einzubringen, wo eine Gesamtabwägung der
Planvorstellungen aller Beteiligten nach Maßgabe des HLPG stattfindet. Will eine
Gemeinde den am Ende dieses Aufstellungs- oder Änderungsverfahrens
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Gemeinde den am Ende dieses Aufstellungs- oder Änderungsverfahrens
stehenden Kompromiss verlassen, weil sie ihre kommunale Planungshoheit
verletzt sieht, so muss sie eine konkrete Planung vorlegen, deren Umsetzung
durch den von ihr solchermaßen beanstandeten Regionalplan unmöglich gemacht
wird. Eine solche konkrete Planung besteht bei der Klägerin aber derzeit nicht.
Im Übrigen - und dies zeigt das vorliegende Verfahren deutlich - kann eine
gerichtliche Prüfung eines Abweichungsantrages nur dann erfolgen, wenn die
Gemeinde eine konkrete Planungsentscheidung getroffen hat. Hier ist nicht klar,
ob die Klägerin ein Gewerbegebiet, ein Industriegebiet oder ein Gewerbegebiet und
ein Industriegebiet ausgewiesen wissen will, d.h. mit welcher Ausweisung von den
Darstellungen des RROPM 1995 sie abweichen will. Die Auswahl zwischen den
genannten Gebietstypen mit ihren zahlreichen rechtlichen Unterschieden muss
aber die Gemeinde im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit selbst treffen.
Dem Gericht ist es nicht möglich, allein aufgrund von Rechtssätzen streitenden
Planungsträgern eine allein mögliche positive Lösung vorzuschreiben und dadurch
die fehlende Einigung unter den Parteien zu ersetzen (vgl. Hess. VGH, Beschluss
vom 17.09.1970 - IV TG 32/70 -, ESVGH 21, 21). Würde das Gericht unter den von
der Klägerin ins Auge gefassten Alternativen (s.o.) auswählen und eine Lösung
rechtlich sanktionieren, so läge darin zweifelsfrei ein Verstoß gegen die rechtliche
und verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Gemeinde für die
Bauleitplanung (vgl. § 1 BauGB, Art. 28 Abs. 2 GG).
Das Begehren der Klägerin ist auch nicht als Verpflichtungsantrag mit dem Ziel
der Änderung des RROPM 1995 zu verstehen. Abgesehen davon, dass eine solche
Änderung derzeit ohnehin turnusmäßig nach § 7 Abs. 6 Satz 1 HLPG betrieben
wird, sieht § 7 HLPG für die Aufstellung und die Änderung der Regionalpläne ein
Verfahren vor, das im vorliegenden Fall von der Klägerin von Anfang an weder
angestrengt noch betrieben worden ist. Deshalb kann mangels Verwaltungs- und
Vorverfahren jedenfalls kein zulässiges Verpflichtungsbegehren bestehen. Auch
dem hilfsweise gestellten Antrag auf Neubescheidung muss aus den genannten
Unzulässigkeitsgründen der Erfolg versagt bleiben, denn insoweit ergibt sich kein
rechtlich relevanter Unterschied zu dem Hauptantrag. Zielt der
Verpflichtungsantrag auf eine unmögliche Rechtsfolge bzw. wurde für das
tatsächliche Begehren ein ungeeignetes Verfahren angestrengt und betrieben, so
kommt auch eine gerichtliche Verpflichtung des beklagten Landes zur
Neubescheidung der Klägerin innerhalb des vorliegenden Verfahrens nicht in
Betracht. Es ist der Klägerin selbst vorbehalten, ihre Interessen bei der laufenden
Anpassung (Änderung) RROPM 1995 zu verfolgen oder ihre (abweichenden)
Planungsvorstellungen in einem Flächennutzungsplan zu konkretisieren, der vom
zuständigen Regierungspräsidium u.a. auf seine Vereinbarkeit mit dem RROPM
1995 (oder dann dem RROPM 2000) zu überprüfen ist (§§ 1 Abs. 4, 6 Abs. 1 und 2
BauGB) oder für den eine Abweichung von diesem Regionalplan beantragt werden
könnte (§ 9 HLPG). Gegen die Nichtgenehmigung und die Versagung der
Abweichung wäre dann verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz möglich (s.o.).
Auch der in der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2000 erstmals gestellte
weitere Hilfsantrag ist unzulässig. Das Gericht folgt der Ansicht der Klägerin nicht,
ihr Begehren habe von Anfang an nur so verstanden werden können, dass sie die
Möglichkeit der Ausweisung von Gewerbe- und Industrieflächen und nicht lediglich
von entsprechenden Zuwachsflächen mit den ihr zur Verfügung stehenden
bauleitplanerischen Mitteln habe erreichen wollen. Die Klägerin hat als in
Planungsfragen erfahrene Gebietskörperschaft unter Zuhilfenahme eines
fachkundigen Planungsbüros gehandelt, so dass sie am Wortlaut ihres Antrages
festzuhalten ist. Dafür spricht zudem, dass die Klägerin keinen untechnischen
Begriff verwendet hat, bei dem es notwendig gewesen wäre, die rechtliche
Bedeutung - etwa im Wege der Auslegung - zu ermitteln. Der Begriff
"Zuwachsfläche" gehört planungsrechtlich auf die Ebene der Regionalpläne und hat
dort seine besonderes geregelte Bedeutung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 4 HLPG i.V.m. § 3
Abs. 1 Satz 4 (Landes-) Planzeichenverordnung Regionalpläne). Schließlich wäre
aber - wie bereits ausgeführt - auch im Wege der Auslegung nicht zu ermitteln
gewesen, ob die Klägerin ein Gewerbegebiet oder ein Industriegebiet oder beides
ausweisen will, so dass eine Auslegung untunlich und die Klägerin am Wortlaut
ihres Antrages festzuhalten ist.
Da zudem dieser Hilfsantrag der Klägerin auf Verpflichtung des beklagten Landes,
die Abweichung vom RROPM 1995 (Darstellung "Gewerbe und Industrie")
zuzulassen, erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2000 gestellt
worden ist, fehlt es an dem erforderlichen Vorverfahren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO
i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.