Urteil des VG Gießen vom 09.10.2001

VG Gießen: kommission, schule, leiter, vergleich, rektor, zusammenarbeit, befangenheit, beförderung, behörde, rechtswidrigkeit

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Gericht:
VG Gießen 5.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 G 1845/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 33 Abs 2 GG , § 8 BG HE ,
§ 21 Abs 1 S 1 VwVfG HE
Leitsatz
In der Auswahl einer im Überprüfungsverfahren zur Besetzung einer Schulleitungsstelle
Unterricht erteilenden Lehrkraft liegt ein beachtlicher Verfahrensfehler, wenn zum
Zeitpunkt des Überprüfungsverfahrens zwischen dieser Lehrkraft und einem/einer an
ihrem Unterricht zum Zwecke der Unterrichtsanalyse und Beratung teilnehmenden
Bewerber/Bewerberin eine freundschaftliche Beziehung
besteht.
Es spricht einiges dafür, die fehlerhafte Besetzung einer im Überprüfungsverfahren
gebildeten Kommission unabhängig von ihrem möglichen Einfluss auf die später
getroffene Auswahlentscheidung stets als Verfahrensfehler zu werten, der zur
Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung führt. Jedenfalls erweist sich die
Auswahlentscheidung als fehlerhaft, wenn sich aus bestimmten Gründen nicht
ausschließen lässt, dass sich die Zugehörigkeit einer nach der Erlasslage nicht
teilnahmeberechtigten Person zu der im Überprüfungsverfahren gebildeten
Kommission auf den Inhalt der Auswahlentscheidung ausgewirkt hat.
Nimmt am Überprüfungsverfahren ein Amtsträger teil, dessen Befangenheit zu
besorgen ist, macht dies die vorgenommene Amtshandlung stets rechtswidrig.Eine
Auswahlentscheidung zur Besetzung einer Schulleitungsstelle genügt nur dann dem
formellen Begründungserfordernis, wenn sie den bisherigen beruflichen Werdegang, die
nachgewiesenen Leistungen und Qualifikationen, die Aussagen der
dienstlichen Beurteilungen und - gegebenenfalls - Würdigungsberichte der
Bewerberinnen und Bewerber sowie die Ergebnisse des Überprüfungsverfahrens
gewichtet und bewertet.
Gründe
Der Antrag, mit dem die Antragstellerin begehrt, dem Antragsgegner im Wege der
einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer neu zu treffenden
Auswahlentscheidung zu untersagen, der Antragstellerin bei der Besetzung der
Stelle einer/eines Hauptlehrerin/Hauptlehrers als Leiterin/Leiter einer Grundschule
mit mehr als 80 bis zu 180 Schülerinnen und Schülern an der ... Schule in ...
(Besoldungsgruppe A 13) die Beigeladene vorzuziehen, ist zulässig und begründet.
Gem. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO darf eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn
die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers bzw. der Antragstellerin vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Der Grund für die vorläufige
Eilmaßnahme (Anordnungsgrund) und der Anspruch, dessen Erhaltung durch die
einstweilige Anordnung gesichert werden soll (Anordnungsanspruch), sind vom
Antragsteller bzw. der Antragstellerin glaubhaft zu machen (§§ 123 Abs. 3 VwGO,
920 Abs. 2 ZPO). Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft
gemacht. Die von ihr begehrte Sicherungsanordnung erweist sich als eilbedürftig.
Der Antragsgegner hat sich in dem Auswahlverfahren betreffend die Stelle der/des
Hauptlehrerin/Hauptlehrers als Leiterin/Leiter einer Grundschule mit mehr als 80
bis zu 180 Schülerinnen und Schülern an der ... Schule in ... zugunsten der
Beigeladenen entschieden. Von der in diesen Fällen üblichen Beauftragung mit
den Dienstgeschäften der ausgeschriebenen Stelle zum Zwecke der Bewährung
hat der Antragsgegner allein im Hinblick auf das vorliegende Eilverfahren Abstand
genommen. Allerdings könnte eine Dienstpostenübertragung anders als eine
genommen. Allerdings könnte eine Dienstpostenübertragung anders als eine
Beförderung aufgrund einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren rückgängig
gemacht werden. Gleichwohl drohten der Antragstellerin bei einer Verweisung auf
das Hauptsacheverfahren wesentliche Nachteile bzw. die wesentliche Erschwerung
oder gar Vereitelung eines Rechts. Durch die Übertragung eines Dienstpostens
zum Zwecke der Bewährung erhält der/die ausgewählte Bewerber/Bewerberin
einen Vorsprung, durch den der so genannte Bewerbungsverfahrensanspruch
eines Konkurrenten bzw. einer Konkurrentin, insbesondere auf chancengleiche
Behandlung im Auswahlverfahren, gefährdet, wenn nicht gar vereitelt werden kann
(vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 13.01.1989, NVwZ-RR 1989, 376). Auch wenn sich aus
der Übertragung des Dienstpostens kein Anspruch auf Beförderung ableiten lässt,
kommt diese Maßnahme einer Vorentscheidung gleich. Die Antragstellerin hat
auch Tatsachen glaubhaft gemacht, aus denen sich der geltend gemachte
Anordnungsanspruch ergibt, der Beigeladenen nicht den Dienstposten der
Schulleiterin der ... Schule in ... zu übertragen. Die Auswahlentscheidung
zugunsten der Beigeladenen verletzt die Antragstellerin in ihrem durch Art. 33
Abs. 2 GG, Art. 134 HV gewährleisteten grundrechtsgleichen Recht auf (chancen-
)gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe von Eignung,
Befähigung und fachlicher Leistung (vgl. hierzu Hess. VGH, Beschlüsse vom
26.10.1993, DVBl. 1994, 593, und vom 19.11.1993, NVwZ-RR 1994, 347). Die von
dem Leiter des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis Gießen und den
Vogelsbergkreis am 27.04.2001 durch Abzeichnung und Hinzufügen des Wortes
"einverstanden" des ihm vorgelegten "Abwägungsberichtes" vom 23.04.2001
getroffene Auswahlentscheidung erweist sich als rechtsfehlerhaft. Nach der
Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (s. etwa Beschluss vom
26.10.1993, DVBl. 1994, 593) setzt eine rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung
voraus, dass der Dienstherr zunächst für den zu besetzenden höherwertigen
Dienstposten ein spezifisches Anforderungsprofil festlegt, soweit dieses nicht
bereits durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsvorschrift vorgegeben ist. Er
hat dann auf der Grundlage des gesamten für die persönliche und fachliche
Einschätzung von Eignung und Leistung der Bewerber/innen bedeutsamen Inhalts
der Personalakten - wobei der letzten, aktuellen Beurteilung wesentliche
Bedeutung zukommt - die persönliche und fachliche Eignung der
Bewerber/Bewerberinnen im Hinblick auf das spezifische Anforderungsprofil des zu
besetzenden Dienstpostens einem Vergleich zu unterziehen und nach Festlegung
der insoweit bedeutsamen Tatsachen eine wertende Abwägung und Zuordnung
vorzunehmen. Diese Feststellungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen
sind schriftlich niederzulegen. Über dieses formelle Begründungserfordernis hinaus
muss die Begründung der Auswahlentscheidung inhaltlich den Bedingungen
rationaler Abwägung genügen. Die rechtliche Kontrolle ist dabei aber wegen der
dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Satz 1 HBG eingeräumten
Beurteilungsermächtigung inhaltlich darauf beschränkt, die Einhaltung ihrer
Grenzen zu kontrollieren, nämlich, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff
oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von
einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemein gültige
Wertmaßstäbe nicht beachtet hat, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen
Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Diesen Anforderungen wird die
Auswahlentscheidung des Leiters des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis
Gießen und den Vogelsbergkreis nicht gerecht. Die Auswahlentscheidung ist
allerdings formal ordnungsgemäß zustande gekommen. Sie stammt von der zur
Sachentscheidung befugten Stelle. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Anordnung über
Zuständigkeiten in beamtenrechtlichen Personalangelegenheiten im
Geschäftsbereich des Hessischen Kultusministeriums vom 11.09.1999 (GVBl. I S.
419), geändert durch Anordnung vom 20.02.2001 (GVBl. I S. 122), obliegt den
Staatlichen Schulämtern die Ernennung von Beamtinnen und Beamten bis
einschließlich Besoldungsgruppe A 15. Das von der Antragstellerin verfolgte
Begehren betrifft eine nach Besoldungsgruppe A 13 BBesO bewertete Stelle. Die in
§ 1 Abs. 2 der Anordnung vorgesehene Ausnahmeregelung greift nicht ein.
Danach hat sich das Hessische Kultusministerium bei der Besetzung der Stellen
von Schulleiterinnen und Schulleitern die Zuständigkeit vorbehalten. Dies gilt
jedoch erst ab der Besoldungsgruppe A 15. Der gem. § 79 Nr. 2 c HPVG
zuständige Gesamtpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer beim Staatlichen
Schulamt für den Landkreis Gießen und den Vogelsbergkreis hat die gem. § 77
Abs. 1 Nr. 1 b HPVG notwendige Zustimmung zu der beabsichtigten
Personalmaßnahme mit Schreiben an die Dienststelle vom 22.05.2001 erteilt. Die
nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGlG vorgeschriebene Beteiligung der
Frauenbeauftragten ist erfolgt. Die Frauenbeauftragte beim Staatlichen Schulamt
für den Landkreis Gießen und den Vogelsbergkreis hat den "Abwägungsbericht"
der Dienststelle am 25.04.2001 abgezeichnet und mit dem Vermerk "keine
der Dienststelle am 25.04.2001 abgezeichnet und mit dem Vermerk "keine
Einwände" versehen. Die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen leidet
jedoch an durchgreifenden inhaltlichen Mängeln. Es erscheint bereits zweifelhaft,
ob die Auswahlentscheidung dem formellen Begründungserfordernis genügt. Nach
Nr. 8.1 des Erlasses des Hessischen Kultusministeriums vom 02.09.1994
betreffend das Ausschreibungs- und Auswahlverfahren zur Besetzung von Stellen
(ABl. 1994, 946) sind bei der zu treffenden Auswahlentscheidung der bisherige
berufliche Werdegang, die nachgewiesenen Leistungen und Qualifikationen, die
Aussagen der Würdigungsberichte und die Ergebnisse des Überprüfungsverfahrens
funktionsbezogen zu gewichten und zu bewerten. Eine entsprechende Gewichtung
der einzelnen in die Auswahlentscheidung eingeflossenen Bewertungen der
Leistungen und Befähigungen der Bewerberinnen lässt sich dem
"Abwägungsbericht" vom 23.04.2001 nicht eindeutig entnehmen. Insbesondere
bleibt unklar, welches Gewicht der Antragsgegner den als Würdigungsbericht
bezeichneten dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin sowie der
Beigeladenen, die deren über einen längeren Zeitraum erbrachten dienstlichen
Leistungen und gezeigten Befähigungen bewerten, im Vergleich zu den von diesen
im Überprüfungsverfahren an einem Tag in einer prüfungsähnlichen Situation
gezeigten Leistungen beigemessen hat. Ebenso wenig wird dargestellt, ob etwa
einzelne Teile des Überprüfungsverfahrens wie die durchgeführte Konferenz
gegenüber anderen Teilen eine größere Bedeutung für die Auswahlentscheidung
erlangt haben oder ob die Auswahlentscheidung auf der Annahme eines gleichen
Gewichts der einzelnen Teile des Überprüfungsverfahrens beruht. Entsprechende
Ausführungen in der unter Nr. 8 des "Abwägungsberichtes" gegebenen
zusammenfassenden Darstellung wären nur entbehrlich gewesen, wenn der
Bericht zuvor in allen für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Bestandteilen
einen Vorsprung der Beigeladenen festgestellt hätte. Dies dürfte aber zumindest
bezüglich des notwendigen Vergleichs der dienstlichen Beurteilungen zu verneinen
sein. Deren wesentlicher Inhalt wird in dem "Abwägungsbericht" vom 23.04.2001,
ohne dies deutlich zu machen, in dem Abschnitt "berufliche Werdegänge der
Bewerberinnen" wiedergegeben. Eine vergleichende Bewertung beider
Beurteilungen findet an dieser Stelle jedoch nicht statt. Die unter Nr. 7.3 des
"Abwägungsberichtes" getroffene Feststellung, die Würdigungsberichte
bescheinigten allen Bewerberinnen vorzügliche Leistungen im Unterricht und in der
Schule, betrifft gemessen an der Überschrift dieses Teilabschnittes
"Unterrichtskompetenz, Unterrichtsbewertung und Unterrichtsberatung" nur einen
Teilaspekt der in den dienstlichen Beurteilungen bewerteten Leistungen. Ob der
Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin bereits durch eine
unzureichende Begründung der Auswahlentscheidung verletzt ist, bedarf letztlich
keiner abschließenden Entscheidung. Es kann auch dahinstehen, ob in der Auswahl
der unterrichtenden Lehrkraft im Überprüfungsverfahren ein beachtlicher
Verfahrensfehler liegt. Dies wäre der Fall, wenn zum Zeitpunkt des
Überprüfungsverfahrens zwischen der Beigeladenen und der unterrichtenden
Lehrkraft eine freundschaftliche Beziehung bestanden hätte. Wie der
Antragsgegner in der mit Schriftsatz vom 17.09.2001 vorgelegten Stellungnahme
des Vorsitzenden der Überprüfungskommission einräumt, ist die Frage der
Atmosphäre für jedes Beratungsgespräch von großer Bedeutung. Es liegt auf der
Hand, dass sich eine bestehende Freundschaft zwischen einer Bewerberin und der
unterrichtenden Lehrkraft von vornherein positiv auf die Atmosphäre im
Beratungsgespräch niederschlägt und insbesondere auch von der Bewerberin
geäußerte Kritik in diesem Fall von der unterrichtenden Lehrkraft anders
aufgenommen wird als vergleichbare Äußerungen einer nicht mit ihr befreundeten
Lehrkraft. Hingegen wäre die Auswahl der unterrichtenden Lehrkraft nicht zu
beanstanden, wenn es sich bei ihr lediglich um eine Studienkollegin der
Beigeladenen handeln sollte. Allein eine solche Beziehung lässt eine bewusste
oder unbewusste Einflussnahme auf den Ablauf des Überprüfungsverfahrens nicht
befürchten. Dies gilt auch noch dann, wenn sich die unterrichtende Lehrkraft und
die Bewerberin - wie hier - duzen. Der Gebrauch des "Du" ist in Lehrer- und
Lehrerinnenkreisen weit verbreitet und spricht ohne das Hinzukommen weiterer
Tatsachen nicht für eine persönlich enge und vertraute Beziehung. Der Frage, ob
eine solche Beziehung zwischen der Beigeladenen und der unterrichtenden
Lehrkraft zum Zeitpunkt des Überprüfungsverfahrens bestanden hat, musste das
Gericht nicht weiter nachgehen. Die Auswahlentscheidung zugunsten der
Beigeladenen erweist sich jedenfalls durch die Teilnahme des Rektors R. an der im
Überprüfungsverfahren gebildeten Kommission als verfahrensfehlerhaft. Dessen
Beteiligung verstößt gegen die in Nr. 5.3 des Erlasses des Hessischen
Kultusministeriums vom 02.09.1994 betreffend Ausschreibungs- und
Auswahlverfahren zur Besetzung von Stellen getroffene Regelung. Danach führen
unter Federführung einer Vertreterin bzw. eines Vertreters der nach der
unter Federführung einer Vertreterin bzw. eines Vertreters der nach der
Zuständigkeitsanordnung für die Auswahl zuständigen Behörde mindestens zwei
Vertreterinnen bzw. Vertreter der Schulaufsichtsbehörden das
Überprüfungsverfahren bei der Besetzung von Funktionsstellen zügig durch. Eine
Besetzung der Überprüfungskommission mit nicht der Schulaufsichtsbehörde
angehörenden Personen ist in dem Erlass nicht vorgesehen. Neben der sich aus
gesetzlichen Regelungen ergebenden Beteiligung der Frauenbeauftragten, auf die
in Nr. 5.3 Satz 2 des Erlasses nochmals ausdrücklich hingewiesen wird, sowie der
Personalvertretung, wird vielmehr in Nr. 5.5 Satz 1 des Erlasses lediglich bei der
Besetzung von Funktionsstellen im Schulbereich der Schulleiterin oder dem
Schulleiter der Schule die Möglichkeit eröffnet, als Gast am Überprüfungsverfahren
teilzunehmen. Nach der ausdrücklichen Regelung in Nr. 5.5 Satz 2 des Erlasses
handelt es sich hierbei um eine beobachtende und keine mitwirkende Teilnahme.
Gemessen an diesen Regelungen war die Teilnahme des Rektors R. am
Überprüfungsverfahren ausgeschlossen. Er durfte nicht der
Überprüfungskommission angehören, weil er nicht als Beamter beim Staatlichen
Schulamt für den Landkreis Gießen und den Vogelsbergkreis beschäftigt ist.
Mangels einer ordnungsgemäßen Zugehörigkeit zu der Überprüfungskommission
durfte Rektor R. auch nicht das Protokoll des Überprüfungsverfahrens führen. Er
hätte im Übrigen nicht einmal gemäß der Regelung in Nr. 5.5 des Erlasses vom
02.09.1994 als Gast an dem Überprüfungsverfahren teilnehmen dürfen. Denn es
geht hier nicht um den von dieser Regelung erkennbar erfassten Fall der
Besetzung einer der Schulleitungsstelle nachgeordneten Funktionsstelle, sondern
um die Schulleitungsstelle selbst. Es spricht einiges dafür, die fehlerhafte
Besetzung einer im Überprüfungsverfahren gebildeten Kommission unabhängig
von ihrem möglichen Einfluss auf die später getroffene Auswahlentscheidung stets
als Verfahrensfehler zu werten, der zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung
führt. Die vom Hessischen Kultusministerium in seinem Erlass vom 02.09.1994
festgelegten Regeln über die Zusammensetzung der Kommission sollen ein
objektives und faires Überprüfungsverfahren sicherstellen. Zu diesem Zweck hat
die oberste Dienstbehörde in Nr. 5.3 Satz 1 des Erlasses vom 02.09.1994 als
Mitglieder der Kommission ausschließlich Vertreterinnen und Vertreter der
Schulaufsichtsbehörden vorgesehen. Dahinter steckt erkennbar die Zielsetzung,
mit der Durchführung des Überprüfungsverfahrens nur Personen zu betrauen, bei
denen nicht bereits aufgrund einer Zusammenarbeit in der Schule ein
Meinungsbild über die Leistungen und Befähigungen von Bewerberinnen und
Bewerbern vorhanden ist. Unabhängig von diesen Überlegungen lässt sich hier
nicht ausschließen, dass sich die Zugehörigkeit des Rektors ... zu der im
Überprüfungsverfahren gebildeten Kommission auf die Auswahlentscheidung
ausgewirkt hat. Hierdurch hat die Beigeladene zumindest einen psychologischen
"Startvorteil" erlangt. Der Kommission gehörte mit Rektor ... eine Person an, die
der Beigeladenen durch mehrjährige Zusammenarbeit in der Schulleitung der ...
Schule vertraut gewesen ist, die, wie sich aus der dienstlichen Beurteilung vom
19.02.2001 ergibt, die Leistungen und Befähigungen der Beigeladenen in hohem
Maße schätzt und die, wie der in die USA übermittelte Hinweis auf die
Stellenausschreibung zeigt, um das berufliche Fortkommen der Beigeladenen
bemüht ist. Eine Person, die aus Sicht der Antragstellerin als Pendant zu Rektor ...
hätte auftreten können, war in der Kommission nicht vorhanden. Neben der
fehlerhaften Besetzung der im Auswahlverfahren gebildeten Kommission beruht
die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung auch auf der Teilnahme eines
Amtsträgers am Überprüfungsverfahren, dessen Befangenheit zu besorgen war.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine
Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem
Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu
enthalten, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine
unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Diese Voraussetzungen sind
gegeben, wenn aufgrund objektiv feststellbarer Tatsachen die subjektiv
vernünftigerweise mögliche Besorgnis nicht auszuschließen ist, ein bestimmter
Amtsträger werde die ihm übertragene Amtshandlung nicht unparteiisch,
unvoreingenommen oder unbefangen vornehmen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7.
Aufl., § 21 Rdnr. 5 m. w. N.). Im Hinblick auf die mehrjährige dienstliche
Zusammenarbeit zwischen der Beigeladenen und Rektor R., die von diesem
erfolgte Unterrichtung der in den USA weilenden Beigeladenen über die
Stellenausschreibung und die von diesem der Beigeladenen erteilte dienstliche
Beurteilung waren zumindest nach Übertragung der Protokollführung im
Überprüfungsverfahren für die Antragstellerin Zweifel an der
Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Rektors R. angebracht. Diese
waren insofern begründet, als es sich bei dem im Überprüfungsverfahren erstellten
Protokoll nicht um ein Wortprotokoll handelt und die sich vom Protokollführer
Protokoll nicht um ein Wortprotokoll handelt und die sich vom Protokollführer
wiedergegebene selektive Darstellung des Überprüfungsverfahrens nicht nur auf
Tatsachen beschränkt, sondern auch Werturteile beinhaltet. Eine unter Mitwirkung
eines Amtsträgers, bei dem die Besorgnis der Befangenheit besteht,
vorgenommene Amtshandlung ist rechtswidrig. Dies gilt nicht nur, wenn der
Amtsträger einer Anordnung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG, sich der Mitwirkung
zu enthalten, nicht Folge geleistet hat, sondern auch, wenn - wie hier - eine solche
Anordnung nicht ergangen ist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 02.04.1992,
NVwZ-RR 1993, 395; Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 22 Rdnr. 13). Die
Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen hält im Übrigen auch einer
inhaltlichen Prüfung nicht stand. Es erscheint bereits fraglich, ob die in die
Auswahlentscheidung eingeflossenen aktuellen dienstlichen Beurteilungen der
Antragstellerin und der Beigeladenen eine taugliche Entscheidungsgrundlage
bieten. Zumindest der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin dürfte es an
einem die Leistungen und die Persönlichkeit abschließend und umfassend
wertenden Gesamturteil mangeln. Die unter Nr. 7 "Gesamtbeurteilung" getroffene
Feststellung, die Antragstellerin sei eine engagierte Lehrkraft mit großen
pädagogischen Kenntnissen, und es habe sich, als sie unerwartet vor der Aufgabe
gestanden habe, kurzfristig eine Klassenführung zu übernehmen, gezeigt, dass sie
belastbar sei, sich auf neue Situationen einstellen und sich schnell einarbeiten
könne, spricht eher für eine Bewertung einzelner Qualifikationsmerkmale als für
eine abschließende Würdigung der von der Antragstellerin im Beurteilungszeitraum
erbrachten Leistungen und ihrer Persönlichkeit. Dies bedarf letztlich jedoch keiner
endgültigen Klärung. Wie bereits ausgeführt, enthält der "Abwägungsbericht" vom
23.04.2001 keinen wertenden Vergleich der dienstlichen Beurteilungen der
Antragstellerin und der Beigeladenen. Darüber hinaus lässt er auch jegliche
Aussage darüber vermissen, welches Gewicht einem bei diesem Vergleich etwa
festgestellten Leistungsvorsprung gegenüber den (Teil-)Ergebnissen des
Überprüfungsverfahrens und dem beruflichen Werdegang der Bewerberinnen
zuerkannt worden ist. Ein weiterer inhaltlicher Mangel der Auswahlentscheidung
liegt in der zusammenfassenden Bewertung der Unterrichtsanalyse und der
Unterrichtsberatung. Die Feststellung, die Beigeladene habe in diesem Abschnitt
des Überprüfungsverfahrens - mit weitem Abstand als Beste - abgeschnitten, hält
sich nicht mehr im Rahmen der dem Dienstherrn bei Auswahlentscheidungen
eingeräumten Beurteilungsermächtigung. Es ist unter Berücksichtigung der von
der Antragstellerin und der Beigeladenen zu dem beobachteten Unterricht
gemachten Bemerkungen und vor allem zu dessen Bewertung weder
nachvollziehbar, warum es der Beigeladenen gelungen sein soll, den Unterricht
sachgerechter zu analysieren als die Antragstellerin, noch leuchtet es wegen des
hervorgehobenen Bruchs bei der von der Beigeladenen durchgeführten Beratung
ein, warum diese als überwiegend gelungen eingestuft wird. Auch die
zusammenfassende Bewertung der im schulfachlichen Gespräch gezeigten
Leistungen erweist sich als nicht nachvollziehbar. Es bleibt unklar, wodurch sich die
Beigeladene einen Vorsprung - durch sachdienlichere und schulbezogenere
Überlegungen erarbeitet - haben soll. Der in der Stellungnahme des
schulfachaufsichtlichen Beamten ... vom 12.09.2001 unter Hinweis auf das
Protokoll gegebene Hinweis, die Beigeladene habe ihre Antworten auf einem
konkreten schulischen Hintergrund formuliert und schulische Erfahrungen
miteinbezogen, erhellt die getroffene Feststellung nicht. Selbst wenn in dieser
Stellungnahme insoweit nachvollziehbare Erwägungen zu sehen wären, müssten
diese bei der rechtlichen Beurteilung unberücksichtigt bleiben. Ein
Begründungsmangel kann durch im gerichtlichen Konkurrentenverfahren
nachgeschobene Auswahlerwägungen nur geheilt werden, wenn diese von der für
die Auswahlentscheidung zuständigen Stelle stammen (vgl. Hess. VGH, Beschluss
vom 18.08.1992, NVwZ 1993, 284). Diesen Anforderungen genügt die mit
Schriftsatz vom 17.09.2001 vom Antragsgegner übersandte Stellungnahme des
schulfachaufsichtlichen Beamten ... nicht. Der Schriftsatz vom 17.09.2001 ist nicht
vom Leiter des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis Gießen und den
Vogelsbergkreis unterschrieben, sondern trägt die Unterschrift des
Prozesssachbearbeiters. Hingegen hält das Gericht die zusammenfassende
Bewertung der im Rahmen des Überprüfungsverfahrens durchgeführten Konferenz
auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände
für einleuchtend. Allein auf die hierbei mit Ausnahme der Vorbereitung der
Konferenz von der Beigeladenen gezeigten besseren Leistungen ließe sich
indessen eine Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen inhaltlich nicht
stützen. Als unterliegender Teil hat der Antragsgegner gem. § 154 Abs. 1 VwGO
die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen sind gem. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig.
Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch nicht einem
Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch nicht einem
Kostenrisiko ausgesetzt. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes
beruht auf §§ 13 Abs. 4 Sätze 1 a und 2, 20 Abs. 3 GKG. Ausgehend von der
Wertfestsetzung in Beförderungsangelegenheiten, in denen 3/8 des
Hauptsachestreitwertes für das vorläufige Rechtsschutzverfahren festgesetzt
werden, ist der Streitwert in Fällen der vorliegenden Art um ein weiteres Achtel zu
reduzieren, um damit die Notwendigkeit der Bewährung in der Erprobungszeit und
im Rahmen eines Kommissariats in eine angemessene Beziehung zu den Fällen zu
setzen, in denen nach rechtskräftiger Ablehnung des vorläufigen
Rechtsschutzbegehrens zur Sicherung des so genannten
Bewerbungsverfahrensanspruchs sofort eine Beförderung ausgesprochen wird (vgl.
Hess. VGH, Beschl. v. 09.12.1997 - 1 TZ 3086/97 -). Dementsprechend ist hier
gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 GKG von dem dreizehnfachen Betrag des
Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 13 BBesO auszugehen. Dieser Betrag
ist gem. Satz 2 der Vorschrift zu halbieren, da das Verfahren die Verleihung eines
anderen Amtes betrifft. Der daraus resultierende Betrag von 46.687,49 DM
(7.182,69 DM x 6,5) ist nach der genannten Rechtsprechung auf ¼, also auf
11.671,87 DM, zu reduzieren.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.