Urteil des VG Gelsenkirchen vom 13.02.2008
VG Gelsenkirchen: wechsel, schichtarbeit, schichtdienst, dienstzeit, dienstanweisung, bezirk, präsenz, erschwernis, wiederaufnahme, erlass
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 1 K 4078/05
Datum:
13.02.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 4078/05
Schlagworte:
Erschwerniszulage, Schichtzulage, Polizei, Beamter, Bezirksdienst
Normen:
EZulV § 20, BAT § 33a
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Der Kläger steht als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er ist
beim Polizeipräsidium C. als Bezirksbeamter tätig.
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Mit Schreiben vom 7. März 2005 wandte sich der Kläger an das Polizeipräsidium C. , da
ihm im laufenden Jahr 2004 seine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 17,90
EUR kommentarlos gestrichen worden sei, obwohl für ihn die Voraussetzungen nach §
20 Abs. 2 Satz 1 c) der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) gegeben seien. Er
ersuchte die Verwaltung um Nachzahlung und Wiederaufnahme der laufenden Zahlung.
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Mit Bescheid vom 21. April 2005 lehnte das Polizeipräsidium C. den Antrag des Klägers
auf Wiederaufnahme der Zahlung der Schichtzulage ab. Zur Begründung wurde u.a.
ausgeführt: Mit Wirkung vom 1. September 2004 sei die Zahlung der Schichtzulage in
Höhe von 17,90 EUR eingestellt worden. Als Bezirksbeamter habe er keinen Anspruch
auf eine Schichtzulage. Gemäß § 20 Abs. 2 EZulV erhielten Beamte eine Schichtzulage
in Höhe von 17,90 EUR, wenn sie ständig Schichtdienst leisteten (Dienst nach einem
Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in
Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht) und der Schichtdienst innerhalb
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einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet werde. Die geforderte
Stundenzahl müsse im Durchschnitt an den im Schichtplan vorgesehenen Arbeitstagen
erreicht werden. Die Arbeitszeitregelung des § 9 Abs. 1 AZVOPol gelte für die nicht im
Wechseldienst eingesetzten Polizeivollzugsbeamten. Beginn und Ende der täglichen
Arbeitszeit dieser Beamten richteten sich nach der für die Verwaltungsbeamten
getroffenen jeweiligen Regelung. Feste Arbeitszeiten wie die Verwaltungsbeamten
hätten die Bezirksbeamten aber nicht. Sie hätten vielmehr eine flexible
Dienststundenregelung, die einem Wechseldienst näher komme als die für die
Verwaltungsbeamten getroffene Dienststundenregelung. Diese Regelung finde ihre
Grundlage in § 9 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz AZVOPol. Gemäß Schreiben der
Bezirksregierung Arnsberg vom 3. September 2004 sei die flexible Gestaltung der
Dienstzeit der Bezirksbeamten jedoch rechtlich nicht als Wechseldienst zu qualifizieren
und löse daher auch keinen Anspruch auf eine Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 Satz 1
b) und c) EZulV aus. Auch die Bezirksbeamten des Polizeipräsidiums C. gestalteten
entsprechend einer Stellungnahme der Abteilung GS vom 8. März 2005 ihre
Dienstplanung flexibel. Der Dienst orientiere sich am jeweiligen Bedarf vor Ort und
richte sich nicht nach einem Schichtdienstmodell. Nach der Dienstanweisung für die
Polizeiinspektionen der Kreispolizeibehörde C. vom 8. März 1996 versähen die
Bezirksbeamten ihren Dienst im Zeitraum Montag bis Freitag von 7.00 bis 22.00 Uhr und
Samstag bis 18.00 Uhr. Danach sei bei den Bezirksbeamten keine Erschwernis durch
eine Umstellung des Lebens- und Arbeitsrhythmus gegeben, der nach Sinn und Zweck
der Zulagengewährung nach § 20 EZulV gegeben sein müsse.
Unter dem 20. Mai 2005 legte der Kläger Widerspruch ein, der unter dem 31. August
2005 begründet wurde. Dabei wurde u.a. folgendes ausgeführt: Der Kläger habe einen
Anspruch auf Zahlung der Schichtzulage gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 c) EZulV ab
September 2004. Da § 20 EZulV im wesentlichen mit § 33 a BAT übereinstimme, sei die
dazu seitens des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entwickelte Rechtsprechung
anzuwenden. Das BAG habe im Urteil vom 22. März 1995 entschieden, dass nach dem
Wortlaut der tariflichen Bestimmungen ein dienstplanmäßiger Einsatz die
Voraussetzungen der Schichtarbeit erfülle, wenn der Dienstplan überhaupt regelmäßig
einen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabständen von längstens einem Monat
vorsehe. Danach erfülle auch ein Dienstplan, der nur einen einmaligen Wechsel der
täglichen Arbeitszeit in Zeitabständen von längstens einem Monat vorsehe, die
tariflichen Voraussetzungen der Schichtarbeit. Nach dem tariflichen Bestimmungen
komme es nicht auf den zeitlichen Umfang der verschiedenen Schichten, sondern auf
den regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit an. Dabei sei der Zeitraum, in dem
der Wechsel zu erfolgen habe, mit längstens einem Monat vorgegeben. Ferner führe das
BAG aus, dass auch bei einem einmaligen Wechsel der täglichen Arbeitszeit innerhalb
eines Monats „ständige" Schichtarbeit im Sinne des § 33 a Abs. 2 BAT vorliegen könne.
Der Angestellte müsse auf Dauer augrund von Schichtplänen eingesetzt werden. Dies
sei auch dann der Fall, wenn diese Schichtpläne nur einen einmaligen Wechsel der
täglichen Arbeitszeit in Zeitabständen von längstens einem Monat vorsehen sollten.
Folgerichtig habe das Innenministerium NRW im Erlass vom 18. August 2003
ausgeführt, da die Vorschriften über die Gewährung von Schichtzulagen in § 20 EZulV
und die tarifrechtlichen Bestimmungen in § 33 a BAT im Wesentlichen inhaltsgleich
seien, stimme es im Benehmen mit dem Finanzministerium zu, dass entsprechend der
Handhabung im Tarifbereich Beamten eine Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 EZulV zu
gewähren sei, wenn innerhalb der vorgeschriebenen Zeitabschnitte und -spannen die
tägliche Arbeitszeit nur einmal wechsele. Die bisherige Rechtsauffassung, dass eine in
etwa gleichgewichtige Heranziehung des Beamten zu den einzelnen Schichten
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erforderlich sei, werde auch vom Finanzministerium nicht mehr aufrechterhalten. Er, der
Kläger, erfülle diese Voraussetzungen. Der Bezirksdienst der PI Mitte des
Polizeipräsidiums C. versehe zu 60% Früh- und zu 40% Spätdienst. Spätdienste hätten
stets bis mindestens 20.00 Uhr anzudauern, wobei ausgefallene Spätdienste
nachzuholen seien. Ferner gestalteten sich Sonn- Feiertags- und Nachtdienste beim
Bezirksdienst gelegentlich als Sonderdienste. Auch ergäben sich beim Bezirksdienst
aus dienstlichen Gründen immer wieder andere aktuell angeordnete
Dienstzeitregelungen. So müsse der Bezirksdienst beispielsweise zur
Schulwegsicherung für Schulanfänger vom 22. August 2005 bis 30. September 2005
Frühdienst versehen. Von einer flexiblen Dienststundenregelung könne daher nicht die
Rede sein. Für den Bezirksdienst in der PI Mitte gebe es eine wöchentliche
Dienstvorplanung. Sie gebe an, welche Beamte an welchen Tagen Früh- bzw.
Spätdienst versähen. Die Vorplanung werde durch den Dienststellenleiter geprüft, ggf.
geändert und erst nach Genehmigung im Dezentralen Schichtenmanagement (DSM) bis
jeden Donnerstag 15.00 Uhr verbindlich festgesetzt. Dies entspreche der gleichen
Verfahrensweise wie beim Wach- und Wechseldienst und stelle somit unzweifelhaft
einen Schichtplan dar.
Am 27. September 2005 machte EPHK B. gegenüber der Abteilung VL u.a. folgende
Angaben: „Die Dienstzeiten der Bezirksdienste ergeben sich auf der Grundlage der
Dienstanweisung für die Polizeiinspektionen der KPB C. vom 8. März 1996. Danach
bestehen zunächst Rahmendienstzeiten, beispielsweise Montag bis Freitag zwischen
7.00 und 22.00 Uhr. Darüber hinaus ist jedoch auch außerhalb dieser Zeiten
anlassbezogene Präsenz im Betreuungsbereich zu leisten. Allgemein ist die jeweilige
Dienstzeit den besonderen polizeilichen Gegebenheiten in den Bezirken anzupassen.
Die Dienstzeitgestaltung obliegt den Bezirksbeamten. Die Dienste des Bezirksdienstes
werden bedarfsorientiert unter Ausnutzung des Zeitrahmens durch den jeweiligen
Bezirksbeamten wöchentlich vorgeplant. Hier gibt es also keine generelle Festlegung
durch den Vorgesetzten, sondern der Bezirksdienstbeamte entscheidet
verfügungsgemäß grundsätzlich selbst über die den besonderen Gegebenheiten seines
Bezirks angepasste Dienstzeit und das schließt nicht aus, dass anlassbezogen darauf
geachtet wird, dass - beispielsweise zu Zeiten des Schulanfangs - zeitweise nur
„Frühdienste" geleistet werden. Sonderdienste aus besonderen Anlässen, auch
beispielsweise an Sonn- und Feiertagen, können auch anfallen." Ferner wurde
bestätigt, dass die Beamten des Bezirksdienstes dazu angehalten werden, „Frühdienst"
und „Spätdienst" im ungefähren Verhältnis von 60 zu 40 versehen und „Spätdienste" bis
mindestens 20.00 Uhr andauern sollen.
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Durch Widerspruchsbescheid vom 22. November 2005 wies die Bezirksregierung
Arnsberg den Widerspruch als unbegründet zurück. Es wurde u.a. ausgeführt: Das
Innenministerium NRW habe zu § 20 Abs. 2 EZulV klarstellende Regelungen getroffen.
Danach soll eine Zulagengewährung nur dann erfolgen, wenn eine gewisse
„Erschwernis" durch die Umstellung des Lebens- und Arbeitsrhythmus vorliege. Insofern
müssten die grundsätzlichen Voraussetzung für die Anerkennung von Schichtdienst im
Sinne dieser Verordnung erfüllt sein. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
BAG bedeute dies, dass ein Anspruch auf Schichtdienstzulage nicht durch jeden
Wechsel der täglichen Arbeitzeit begründet werde, sondern nur dann, wenn innerhalb
eines Monats ggf. auch nur ein einmaliger Wechsel der Schichtart im Rahmen eines
ständigen und regelmäßigen Schichtdienstes erfolge. Daher sei zu fordern, dass der
Beamte innerhalb eines Zeitraums von 7 Wochen mindestens 40 Stunden in einer
weiteren Schichtart ableiste. Diese Voraussetzungen erfüllten Bezirksbeamte nicht.
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Kennzeichnend für den Bezirksdienst sei, dass dessen Aufgaben nicht zu bestimmten,
immer gleichen Zeiten anfielen und dieser daher in seiner täglichen Arbeitszeit flexibel
gestaltet werde. Diese flexible Gestaltung sei rechtlich nicht als Wechseldienst zu
qualifizieren und löse keinen Anspruch auf Schichtzulage aus. Eine Umstellung des
Lebens- und Arbeitsrhythmus, welche mit einer Erschwernis verbunden sei, bedeute,
dass z.B. Familienleben und Freizeitaktivitäten des Beamten beeinträchtigt seien bzw.
diese auf Grund der Schichtarbeit anders organisiert werden müssten. Dies sei bei
Diensten im Bezirksdienst nicht der Fall.
Der Kläger hat rechtzeitig Klage erhoben. Zur Begründung bezieht er sich zunächst auf
sein bisheriges Vorbringen. Darüber hinaus macht er geltend: Nach den von ihm
vorgelegten „Dienstplänen" für den Zeitraum September 2004 bis Oktober 2007 könne
entgegen der Auffassung des Beklagten nicht von einer flexiblen Dienstleistung
gesprochen werden. In seiner Polizeiinspektion bestehe die Anweisung, dass der
Bezirksbeamte einen wöchentlichen Spätdienstanteil von 40 % abzuleisten habe. Bis
zur Neuorganisation im Oktober 2007 hätten sich sechs Bezirksbeamte ihre Dienste pro
Arbeitstag so einteilen müssen, dass nie alle Kollegen gleichzeitig Spät- oder
Frühdienst versahen. Im Dezentralen Schichtenmanagement hätten die
Bezirksdienstbeamten ihre wöchentlichen Dienstpläne entsprechend im PC-Programm
vorplanen und genehmigen lassen müssen. Eine flexible Dienstplangestaltung liege
daher nicht vor. Es handle sich vielmehr um starre Vorgaben entsprechend eines
Schichtplanes.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums C. vom 21. April
2005 und des Widerspruchbescheides der Bezirksregierung B1. vom 22. November
2005 zu verpflichten, dem Kläger ab dem 1. September 2004 eine Schichtzulage in
Höhe von 17,90 EUR monatlich gemäß § 20 Abs. 2 c) i.V.m. Abs. 4 EZulV zu gewähren
nebst Zinsen i.H.v. 5% über dem Basiszinssatz aus 286,40 EUR seit dem 20. Dezember
2005 und für die ab Januar 2006 fälligen Zulagebeträge ab Fälligkeit.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung machte er über sein bisheriges Vorbringen hinaus geltend: Die
Zahlung der Schichtzulage sei zum 1. September 2004 aufgrund klarstellender
Regelung des Innenministeriums NRW durch Erlass vom 27. April 2004 i.V.m. einer in
Bezug auf die Bezirksdienstbeamten erläuternden Rundverfügung der Bezirksregierung
B1. vom 3. September 2004 eingestellt worden. Die Dienste des Klägers seien
grundsätzlich selbst bestimmt. Die DSM-Dienstvorplanung sei kein Schichtplan und
auch einem solchen nicht gleichzusetzen, da sie lediglich der Sicherstellung der
Koordination des Dienstes des einzelnen Bezirksbeamten mit den anderen Bereichen
der polizeilichen Tätigkeit diene. Sie verschaffe außerdem einen Überblick über die
Betreuung der einzelnen Bezirke. Der Leiter des Bezirksdienstes habe durch das
Eingreifen in die Vorplanung die Möglichkeit, die Betreuung der Bezirke zu optimieren.
Die interne Regelung des wöchentlichen Spätdienst-Anteils von 40% ziele auf eine gut
verteilte Präsenz der Bezirksbeamten während der regulären Dienstzeit zwischen 7.00
Uhr und 22.00 Uhr in deren Bezirken. Einem Bezirksbeamten bleibe es weiterhin offen,
wann er die zu unterschiedlichen Tageszeiten anfallenden Aufgaben in seinem Bezirk
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regele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (2 Hefte) Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Verpflichtungsklage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Gewährung einer
Schichtzulage ab dem 1. September 2004 in Höhe von 17,90 EUR monatlich gem. § 20
Abs. 2 Satz 1 c) i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EZulV. Der eine solche Schichtzulagengewährung
ablehnende Bescheid des Polizeipräsidiums C. vom 21. April 2005 und der
Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung B1. vom 22. November 2005 sind
rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
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Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 c) EZulV erhalten Beamte und Soldaten, wenn sie ständig
Schichtdienst zu leisten haben (Dienst nach einem Schichtplan, der einen
regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem
Monat vorsieht), eine Schichtzulage von 35,79 EUR monatlich, wenn der Schichtdienst
innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird. Nach § 20 Abs. 4
Satz 1 EZulV wird u.a. diese Erschwerniszulage nur zur Hälfte gewährt, wenn für
denselben Zeitraum Anspruch besteht auf eine Stellenzulage nach den Nummern 5a, 8,
8a, 9, 10 und 12 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B
des Bundesbesoldungsgesetzes. Als Polizeivollzugsbeamter erhält der Kläger eine
Stellenzulage nach Nr. 9 der genannten Vorbemerkungen, so dass er die begehrte
Schichtzulage nur in Höhe von 17,90 EUR beanspruchen kann.
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Der Kläger, der in der Funktion des Bezirksbeamten beim Polizeipräsidium C. seinen
Dienst versieht, hat nicht ständig Schichtdienst zu leisten, wie § 20 Abs. 2 Satz 1 EZulV
voraussetzt.
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Der in § 20 Abs. 2 Satz 1 EZulV enthaltene Begriff des Schichtdienstes stammt aus dem
allgemeinen Arbeitsrecht. Seine Definition als Dienst nach einem Schichtplan, der einen
regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem
Monat vorsieht, entspricht der arbeitsrechtlichen Definition des Schichtdienstes, wie sie
z. B. in § 33a BAT enthalten ist. Für die weitere Frage, ob im konkreten Einzelfall die
Voraussetzungen eines Schichtdienstes gegeben sind, ist deshalb auch die Übernahme
der weiteren arbeitsrechtlichen Konkretisierung dieses Begriffs geboten.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. Juni 1995 - 12 A 2544/93 - in Schütz/Maiwald,
Beamtenrecht des Bundes und der Länder, ES/C I 1.4 Nr. 27.
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Nach allgemeiner arbeitsrechtlicher Bedeutung ist Schichtarbeit gegeben, wenn eine
bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tatsächliche
Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und deshalb von mehreren
Arbeitnehmern (bzw. Arbeitnehmergruppen) in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge
teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit geleistet wird. Dabei ist
Schichtarbeit auch dann gegeben, wenn sich die einzelnen Schichten nicht aneinander
anschließen, sondern teilweise überlappen. Ferner liegt Schichtarbeit nicht nur dann
vor, wenn ein Arbeitnehmer das begonnene Arbeitsergebnis des anderen
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Arbeitnehmers mit denselben Mitteln oder mit der gleichen Intensität und Belastung
vervollständigt, sondern auch dann, wenn ein gewisses Maß an Arbeitsteilung für ein
und denselben Arbeitserfolg notwendig ist.
Vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 20. April 2005 - 10 AZR 302/04 -, juris;
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 4. Juni 1993 - 12 Sa 255/93 -, juris.
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In dieser beschriebenen Weise versehen die Bezirksbeamten des Polizeipräsidiums C.
und damit auch der Kläger ihren Dienst nicht.
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Nach dem Inhalt der Dienstanweisung für die Polizeiinspektionen der
Kreispolizeibehörde C. vom 8. März 1996, die die Grundlage für die Dienstausübung
des Klägers bildet, ist sein Dienst als Bezirksbeamter zwar von häufig wechselnden
Arbeitszeiten geprägt, da er im Hinblick auf die regelmäßige Dauer des Bezirksdienstes
Montag bis Freitag von 7.00 bis 22.00 Uhr und an Samstagen bis 18.00 Uhr sowohl
Früh- als auch Spätdienst umfasst und sich zudem den besonderen polizeilichen
Gegebenheiten im Bezirk anzupassen hat. Zudem ist anlassbezogene Präsenz im
Betreuungsbereich auch außerhalb dieser Zeiten zu gewährleisten. Allein aus dem
Wechsel der Arbeitszeit, der zwar typisch für Schichtarbeit ist, lässt sich jedoch noch
nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen von Schichtdienst schließen.
Hinzukommen muss eine gerade für den Schichtdienst typische
Aufgabenwahrnehmung. Daran fehlt es vorliegend.
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Der Bezirksdienst ist nicht von einer Arbeitsaufgabe geprägt, die über einen erheblich
längeren Zeitraum als die tatsächliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus erfüllt
wird und erfordert deshalb nicht eine Ablösung des Bezirksbeamten zur Bewältigung
der im „Bezirksdienst" anfallenden Arbeitsaufgaben. Der Bezirksbeamte betreut seinen
Bezirk grundsätzlich allein und eigenverantwortlich. Dabei hat sich seine Dienstzeit
zwar den besonderen Gegebenheiten seines Bezirks anzupassen. Dennoch reicht die
zur Verfügung stehende wöchentliche Arbeitszeit zur Erfüllung der im Bezirk
anfallenden Aufgaben aus. Aus der Dienstanweisung für die Polizeiinspektionen der
Kreispolizeibehörde C. vom 8. März 1996 folgt, dass auch der Bezirksdienst seinen
Dienst unter Berücksichtigung der wöchentlichen Arbeitszeit versieht. Diese richtet sich
auch im Fall des Klägers nach § 1 Abs. 1 AZVOPol mit der Besonderheit von § 9 Abs. 2
AZVOPol. Dies wird bestätigt durch die vom Kläger im Rahmen des Klageverfahrens
vorgelegten persönlichen Monatsbögen. Danach hat sich seine Arbeitszeit in der Zeit
von September 2004 bis Oktober 2007 mit ca. 8 bis 9 Stunden täglich im Rahmen der
allgemeinen Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten gemäß § 1 Abs. 3 AZVOPol
bewegt.
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Die Arbeit der Bezirksdienste insgesamt kann ebenfalls nicht als eine gemeinsame
Arbeitsaufgabe aller Bezirksbeamten aufgefasst werden, so dass insoweit von
Schichtdienst ausgegangen werden könnte.
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So auch Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 7. März 2007 - 2 K 956/05 -, nrwe.
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Vielmehr betreut jeder Bezirksbeamte seinen Bezirk eigenverantwortlich allein. Dies hat
der Kläger durch seine Angaben in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht, nach
denen die Betreuung seines Bezirks mit dem Ende seiner jeweiligen Dienstzeit endet.
Die Abstimmung seiner Dienstzeiten mit denen anderer Bezirksbeamter soll lediglich
gewährleisten, dass er im Bedarfsfall zu seiner Unterstützung auf einen weiteren
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Beamten zugreifen kann.
Gerade die in der Dienstanweisung vom 8. März 1996 von dem Bezirksbeamten
geforderte flexible Dienstplanung, mit der den besonderen polizeilichen Gegebenheiten
in den Bezirken Rechnung getragen werden soll, spricht gegen das Vorliegen von
Schichtarbeit, da es an einem Wechsel der Arbeitszeit nach einem starren Schema, wie
es für Schichtarbeit typisch ist, fehlt. Auch dies lässt sich den vom Kläger im Rahmen
des Klageverfahrens vorgelegten persönlichen Monatsbögen entnehmen. Allein ein
Wechsel der Arbeitszeit, auch wenn er unter der Vorgabe steht, in welchem Verhältnis
Früh- und Spätdienst zu leisten ist, erfüllt damit noch nicht die Voraussetzungen für eine
Schichtarbeit, die eine Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 Satz 1 c) EZulV auslöst. Das
angestrebte Verhältnis von Früh- zu Spätdienst von 60:40 dient lediglich der
Sicherstellung einer gut verteilten Präsenz des Bezirksbeamten in der regulären
Dienstzeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr.
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Die Voraussetzungen für Schichtdienst lassen sich auch nicht aus dem Umstand
herleiten, dass die Bezirksbeamten des Polizeipräsidiums C. ihre Dienste im Rahmen
der DSM-Dienstplanung wöchentlich voraus zu planen haben. Diese Dienstvorplanung
verfolgt andere Zwecke als ein Schichtplan. Damit sollen nach den Angaben des
Beklagten die Dienste der einzelnen Bezirksbeamten mit den anderen Bereichen der
polizeilichen Tätigkeit koordiniert und dem Leiter der Bezirksdienste die Möglichkeit
gegeben werden, die Betreuung der Bezirke zu optimieren.
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Zu Recht hat das Polizeipräsidium C. die Zahlung der Schichtzulage an den Kläger mit
Wirkung vom 1. September 2004 eingestellt.
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Dagegen sprechen auch nicht die Angaben des Klägers, nach denen Bezirksbeamten
anderer Kreispolizeibehörden des Landes NRW nach wie vor die Schichtzulage
erhalten. Aus einer insoweit zu Unrecht geleisteten Zulage kann der Kläger keine
Ansprüche herleiten.
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Siehe auch VG Arnsberg , Urteil vom 7. März 2007, aaO.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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