Urteil des VG Gelsenkirchen vom 21.08.2006
VG Gelsenkirchen: aufschiebende wirkung, recht der europäischen union, vergnügungssteuer, vorauszahlung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, satzung, vollziehung, stadt, spiel, härte
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 2 L 587/06
Datum:
21.08.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 L 587/06
Schlagworte:
Vergnügungssteuer Spieleautomat Gewinnmöglichkeit Vorauszahlung
Leitsätze:
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Satzungsbestimmung,
mit der Apparate mit Gewinnmöglichkeit nach dem Spieleraufwand
besteuert werden und bei jährlicher Abrechnung eine Vorauszahlung auf
diese Steuer vorgesehen ist, bestehen grundsätzlich nicht.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die
Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 10.170,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
1
Der Antrag,
2
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 10. Januar 2006
gegen den Vorauszahlungsbescheid der Antragsgegnerin über Vergnügungssteuern für
das Jahr 2006 vom 30. Dezember 2005 anzuordnen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -
zulässig, in der Sache aber unbegründet.
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Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage kommt abweichend von der
gesetzlichen Wertung in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, wonach die aufschiebende
Wirkung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben entfällt, nur in Betracht, wenn
eine Interessenabwägung ergibt, dass das private Interesse des Betroffenen an dem
einstweiligen Nichtvollzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen
Vollziehung vorrangig erscheint. In Abgabensachen ist dies der Fall, wenn ernstliche
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides bestehen (1) oder die
Vollziehung des Bescheides für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (2), § 80 Abs. 5
i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO. Beide Gesichtspunkte führen im vorliegenden Fall nicht zu
einer Aussetzung der Vollziehung.
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(1) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestehen, wenn aufgrund
summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im
Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher als ein Unterliegen ist. Die hiernach
erforderliche Prognose über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im
Hauptsacheverfahren kann nur mit den Mitteln des Eilverfahrens getroffen werden.
Demgemäß sind in erster Linie die vom Rechtsschutzsuchenden selbst vorgebrachten
Einwände zu berücksichtigen, andere Fehler der Heranziehung hingegen nur, wenn sie
sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich aufdrängen. Allerdings können im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes weder schwierige Rechtsfragen
abschließend entschieden noch komplizierte Tatsachenstellungen getroffen werden.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NRW -,
Beschluss vom 31. März 2004 - 11 B 116/04 - Juris-Dokument; OVG NRW, Beschluss
vom 17. März 1994 - 15 B 3022/93 -, NWVBl. 1994, S. 337 f. (S. 337); jew. m.w.N.
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Soweit es dabei um die Anwendbarkeit der dem angegriffenen Abgabenbescheid
zugrunde liegenden gemeindlichen Satzung geht, ist in aller Regel von ihrer
Wirksamkeit als Rechtsnorm auszugehen; etwas anderes gilt nur dann, wenn sich
Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Satzung bei summarischer Prüfung geradezu
aufdrängen.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 1994 - 15 B 3022/93 -, NWVBl. 1994, S. 337 f.
(S. 337) m.w.N.
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Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitbefangenen
Vorauszahlungsbescheides lassen sich angesichts dessen nicht bejahen.
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Rechtsgrundlage der streitigen Abgabenerhebung ist die Satzung der Stadt C. über die
Erhebung der Vergnügungssteuer - VStS - vom 16. Dezember 2005. Nach § 2 Nr. 6
VStS unterliegt der Besteuerung in der Stadt C. die Haltung bzw. die Nutzung von Spiel-
, Musik-, Geschicklichkeits-, Unterhalts- und ähnlichen Apparaten in a) Spielhallen oder
ähnlichen Unternehmen und b) Schankwirtschaften, Speisewirtschaften,
Gastwirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen, Vereins-, Kantinen-
oder ähnlichen Räumen sowie an anderen jedermann zugänglichen Orten. Gem. § 12
Abs. 1 VStS beträgt die Steuer für die Nutzung von Spielgeräten im Sinne von § 11 Abs.
2 Nr. 1 (Spielgeräte mit Geld- oder Warengewinnmöglichkeit) 6 vom Hundert des
Spieleraufwandes. Der Spieleraufwand errechnet sich aus der Anzahl der Spiele,
multipliziert mit dem Preis pro Spiel. Bei der Verwendung von Chips, Token und
dergleichen ist der hierfür maßgebliche Geldwert zugrunde zu legen. Gem. § 13 Abs.1
VStS beginnt die Steuerpflicht mit der Aufstellung des Spielgerätes. Der
Steueranspruch, soweit es sich nicht um Vorauszahlungen handelt, entsteht, soweit der
Tatbestand verwirklicht ist, an den die Satzung die Leistungspflicht knüpft (§§ 11 - 13
VStS). Die Steuer für ein Kalenderhalbjahr wird jeweils zur Hälfte fällig am 10. Juli und
10. Januar des Folgejahres (§ 15 Satz 1 und 2 VStS). Nach § 16 Abs. 1 VStS hat der
Steuerschuldner Vorauszahlungen zu entrichten. Jede Vorauszahlung beträgt
grundsätzlich 1/12 des Jahresbetrages, der sich bei der letzten Veranlagung ergeben
hat und ist bis zum 15. eines jeden Kalendermonats zu entrichten. Eine Änderung der
Vorauszahlungen kann auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen (§ 16 Abs. 2 VStS).
Gem. § 17 Abs. 1 VStS werden die für ein Kalenderjahr entrichteten Vorauszahlungen
auf die Steuerschuld angerechnet. Die Vorauszahlungen entstehen mit Beginn des
Kalendermonats, in dem die Steuerpflicht (§ 13 VStS) beginnt (§ 18 VStS). Nach § 19
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Abs. 1 und 2 VStS hat der Aufsteller bis zum zehnten Tag des Kalendermonats, der
seiner Anzeige (§ 14 VStS) folgt, beim Beginn und Ende der Steuerpflicht (§ 13 VStS)
eine Steuererklärung für die aufgestellten und entfernten Spielgeräte nach amtlich
vorgeschriebenen Muster abzugeben und die zu entrichtende Steuer selbst zu
berechnen. Jeweils zum 10. Juli und 10. Januar hat der Aufsteller für das abgelaufene
Kalenderhalbjahr auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck eine Steuererklärung
abzugeben und die Steuer für alle in C. bestehenden Aufstellungsorte gesondert und
insgesamt zu berechnen. Nach § 20 VStS treffen den Steuerpflichtigen bestimmte
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten.
Die Feststellung einer Unvereinbarkeit dieser Ermächtigungsgrundlage mit
höherrangigem Recht ist nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen
Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich.
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Nach Art. 105 Abs. 2a GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die
örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht
bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Besteuerungskompetenz
und -befugnis ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das
Land Nordrhein-Westfalen - KAG NRW - auf die Gemeinden übertragen. Die
Steuererhebung muss - wie hier - aufgrund einer Satzung erfolgen, § 2 Abs. 1 Satz 1
KAG NRW.
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Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG sind Steuern auf die in der
Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Zu diesen Aufwandsteuern gehört traditionell die
Spielautomatensteuer, die als Pauschalsteuer auf Spiel-, Musik-, und ähnliche
Automaten wirtschaftlich den Aufwand des Spielers erfasst, der sich des Automaten zu
seinem Vergnügen bedient.
14
Vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 1. März 1997 - 2 BvR
1599/89 -, NVwZ 1997, S. 573 f. (S. 574).
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Danach sind die Gemeinden zur satzungsgemäßen Regelung der Vergnügungssteuer
ermächtigt. Wie die zu entrichtende Steuer ermittelt wird, ist eine Frage des Maßstabes
bzw. der Berechnungsmöglichkeit, der bzw. die ihrerseits einer Überprüfung unterliegen.
Der anzuwendende Maßstab ist jedoch für die Frage der Besteuerungskompetenz und -
befugnis unerheblich; er ändert an der Einordnung der Vergnügungssteuer als
Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG nichts.
16
Die im Rahmen der übertragenen Steuerkompetenzen erhobene Spielautomatensteuer
überschreitet weiter nicht die nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Grenze eines Eingriffs in
die Berufsfreiheit, d.h. hier in die freie Wahl des Aufstellerberufes.
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Ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl wäre nur dann anzunehmen, wenn die
Besteuerung es unmöglich machen würde, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur
wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen.
18
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, S. 8 ff. (S. 29).
19
Es kommt nicht auf die wirtschaftliche Situation des Einzelnen an, sondern auf diejenige
der ganzen Branche im räumlichen Geltungsbereich der einschlägigen Satzung.
20
Vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - OVG Saarland -, Beschluss vom 21. Mai
2003 - 1 W 11/03 -, Juris-Dokument.
21
Konkrete Anhaltspunkte dafür, der in der Stadt C. geltende Steuersatz führe dazu, die
Angehörigen dieses Berufsbildes seien in aller Regel nicht mehr in der Lage, den
gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen,
sind weder vorgetragen noch drängen sie sich im Rahmen der im vorliegenden
Verfahren allein tunlichen summarischen Prüfung anderweitig auf. Entgegen ihrer
Ankündigung in der Antragsschrift hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin
auch eine Beispielsberechnung, mit der eine erheblich höhere prozentuale Besteuerung
der Nettokasse belegt werden soll, nicht vorgelegt.
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Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in § 12 Abs. 1 VStS getroffenen
Entscheidungen der Stadt C. , Apparate mit Gewinnmöglichkeit nach dem
Spieleraufwand zu besteuern und in § 16 VStS monatliche Vorauszahlungen
vorzusehen, lassen sich aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ebenfalls nicht
herleiten.
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Mit der Besteuerung des Spieleraufwandes, wie er in § 12 Abs. 1 Satz 3 VStS definiert
ist, wird der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand besteuert. Dies ist „zweifellos
der sachgerechteste Maßstab für eine Vergnügungssteuer".
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Vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Urteil vom 10. Mai 1962 - 1 BvL 31/58 -,
BVerfGE 14, S. 76 ff. (S. 87).
25
Einer weitere Befassung mit der jüngeren Rechtsprechung zur pauschalen Besteuerung
von Geldspielapparaten mit Gewinnmöglichkeiten,
26
vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, DVBl. 2001, S. 1135 ff.;
BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, KStZ 2005, S. 171 ff.; BVerwG, Urteil
vom 13. April 2005 - 10 C 8.04 -; KStZ 2005, S. 176 ff.; Finanzgericht Hamburg,
Beschluss vom 26. April 2005 - VII 293/99, GewArch 2005, S. 339 ff.,
27
bedarf es daher nicht.
28
Die Normierung einer Vorauszahlungsverpflichtung unterliegt ebenfalls keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken. Die dem gemeindlichen Satzungsgeber
zugewachsene Besteuerungsgewalt eröffnet diesem einen weit reichenden Spielraum
zur Ausgestaltung, Veränderung oder auch Fortentwicklung der Steuer. Derartige
steuerrechtliche Regelungen sind unter dem Blickwinkel der grundgesetzlichen
Zuständigkeitsverteilung solange verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, als sie die
herkömmlichen, die jeweilige Steuer kennzeichnenden Merkmale wahren.
29
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, DVBl. 2001, S. 1135 ff. (S.
1136) m.w.N.
30
Vorauszahlungsverpflichtungen gehören im Rahmen des Steuerrechts aufgrund
spezialgesetzlicher Anordnung seit jeher zur Verfassungswirklichkeit, vgl. z.B. § 37 des
Einkommensteuergesetzes oder § 19 des Gewerbesteuergesetzes. Sie sollen einen
stetigen Mittelzufluss zugunsten der öffentlichen Hand und eine zeitnahe Ausschöpfung
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der Steuerquellen sicherstellen.
Vgl. z.B. Gosch in: Kirchhof (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, 2. Auflage, Heidelberg
2002, § 37 Rn 1; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 6. Auflage, München 2006, §
19 Rn 1.
32
Es widerspricht auch nicht dem Wesen der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer, dass
eine Vorauszahlung auf die endgültig festzusetzende Steuer schon vor der Tätigung des
tatsächlich besteuerten Aufwandes erhoben wird.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1998 - 8 B 228/97 -, NVwZ-RR 1998, S. 672 f.
(S. 673) zu endgültigen Festsetzung der Vergnügungssteuer zu Beginn des
Erhebungszeitraumes.
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Die gebotene Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer auf die Spieler selbst wird durch
solche monatlichen Vorauszahlungen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der
Automatenaufsteller kann die geschuldeten und im Voraus zu entrichtenden Beträge für
das gesamte Jahr seinen unternehmerischen Entscheidungen auf Grund der
Erfahrungen der Vorjahre und der Umsatzerwartung für das laufende Jahr kalkulatorisch
zu Grunde legen. Gemäß § 19 Abs. 2 VStS hat der Aufsteller jeweils zum 10. Juli und
zum 10. Januar für das abgelaufene Kalenderhalbjahr auf amtlich vorgeschriebenem
Vordruck eine Steuererklärung abzugeben und die Steuer für alle in C. bestehenden
Aufstellungsorte gesondert und insgesamt zu berechnen. Nach § 17 Abs. 1 VStS
werden die für ein Kalenderjahr entrichteten Vorauszahlungen auf die Steuerschuld
angerechnet. Dadurch ist es gewährleistet, dass es bei der Besteuerung des Aufwandes
der Spieler für den Erhebungszeitraum sein Bewenden hat. Etwaigen
Unzuträglichkeiten im Laufe eines Jahres kann gem. § 16 Abs. 2 VStS begegnet
werden. Danach kann eine Änderung der Vorauszahlungen auf Antrag oder von Amts
wegen erfolgen. Dieses Angebot hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin bereits
mehrfach unterbreitet, worauf die Antragstellerin allerdings nicht reagiert hat. Die
Kammer geht in diesem Zusammenhang aber davon aus, dass die Antragstellerin eine
Verringerung der geforderten Vorauszahlungen beantragen würde, wenn der von ihr
tatsächlich ermittelte Spieleraufwand geringer als von der Antragsgegnerin in ihrem
Vorauszahlungsbescheid veranschlagt wäre.
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Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Antragsgegnerin besteuere, nunmehr als
„Vorauszahlung" umschrieben Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit weiter wie bisher
pauschal pro Gerät und Monat, und zwar auch in der bisherigen Höhe und versuche
damit offenkundig, das durch die Rechtsprechung entwickelte Gebot zu umgehen, die
Erlöse aus Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit einer am tatsächlichen Aufwand
orientierten Vergnügungssteuer zu unterwerfen, vermag dies ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheides nicht zu begründen.
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Die Argumentation der Antragstellerin berücksichtigt nicht hinreichend, dass es sich nur
um eine Vorauszahlung handelt, die endgültige Festsetzung der Steuer erfolgt aufgrund
des tatsächlichen Aufwandes nach Ablauf des Besteuerungszeitraumes. Im Übrigen ist
darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin nach Erlass des
Vorauszahlungsbescheides im Laufe des Jahres 2006 bislang mindestens fünf weitere
Geldspielgeräte an verschiedenen Aufstellungsorten in C. aufgestellt hat und insoweit
keine weiteren Vorauszahlungserhöhungen durch die Antragsgegnerin verfügt worden
sind. Daher kann keine Rede mehr davon sein, dass die Antragsgegnerin weiterhin die
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Besteuerung nach dem sogenannten „Stückzahlmaßstab" durchführt.
Es drängt sich auch nicht auf, dass die hier interessierende Erhebung einer
Vergnügungssteuer gegen Recht der Europäischen Union verstößt. Es ist sowohl in der
verwaltungsgerichtlichen als auch in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung geklärt,
dass die Spielautomatensteuer nicht den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des
Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG hat.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 3/99 -, Juris-Dokument;
Finanzgericht Hamburg, Vorlagebeschluss vom 26. April 2005 - 7 C 293/99 -, Juris-
Dokument.
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Schließlich vermag die Kammer - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht
anzunehmen, die satzungsmäßige Bemessungsgrundlage des § 12 Abs. 1 VStS sei
insbesondere vor dem Hintergrund der nunmehr geltenden Verordnung über
Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung) - SpielVO - mit
dem Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar und untauglich. Die Kammer geht zunächst
davon aus, dass die Antragsgegnerin vor dem Erlass der neuen satzungsrechtlichen
Bestimmungen bei der Wahl des Steuermaßstabes bewusst und begründet davon
ausgegangen ist, dass der Spieleraufwand, der sich aus der Anzahl der Spiele
multipliziert mit dem Preis pro Spiel errechnet, von dem Steuerpflichtigen technisch und
damit auch rein tatsächlich ermittelt werden kann. Die Antragstellerin hat nichts
Substantiiertes vorgetragen, was diese Grundannahme für das hier vorliegende
Eilverfahren in Frage stellen könnte. Wenn die Antragstellerin konkret seit Januar 2006
Geldspielgeräte in C. aufgestellt hätte, bei denen es technisch nicht möglich sein soll,
die Anzahl der Spiele zu erfassen, so hätte sie dies im Einzelnen darlegen müssen
(Welche Geräte? An welchem Aufstellungsort?) und ggf. für die Antragsgegnerin und
das Gericht nachvollziehbar belegen müssen. Ein allgemeiner Hinweis darauf, dass es
z.Zt. marktübliche und von der PTB abgenommene Geräte gibt, die nicht über eine
entsprechende Auslesesoftware verfügen, genügt insoweit ebenso wenig, wie der
Verweis auf die neuen Bestimmungen der SpielVO und im Hinblick darauf auf die
Möglichkeit, entsprechend angepasste Geräte zu erwerben. Dass die Anzahl der Spiele
in den sogenannten „Langausdrucken" ausgewiesen wird, legen schließlich auch die
Ausführungen des Rechtsanwaltes H. am 20. September 2005 im Rahmen der
öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses der Bürgerschaft der Freien und
Hansestadt I. nahe, denen die Antragstellerin nichts entgegengesetzt hat. Im Übrigen
wäre, selbst wenn es sich tatsächlich so verhalten sollte, dass es zugelassene und im
Einsatz befindliche Geräte gibt und auch zukünftig geben wird, bei denen es ausgehend
vom Status quo technisch nicht möglich ist, die Anzahl der Spiele zu erfassen, zu
fragen, ob es nicht im Ergebnis verhältnismäßig und zumutbar für den Aufsteller möglich
wäre, die entsprechenden Daten mittels eines zusätzlichen Aufwandes zur Ermittlung
der Besteuerungsgrundlagen zu beschaffen.
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Der Bescheid steht auch inhaltlich mit der Ermächtigungsnorm in Einklang und weist
keine offensichtlichen Fehler auf. Anhaltspunkte dafür, die Vorauszahlung sei der Höhe
nach willkürlich gegriffen, bestehen nicht. Im übrigen hat die Antragstellerin es in der
Hand, durch Abgabe der Steueranmeldung nach § 19 VStS eine am tatsächlichen
Aufwand orientierte endgültige Festsetzung der Vergnügungsteuer herbeizuführen, was
für das erste Kalenderhalbjahr 2006 bereits hätte erfolgen können.
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(2) Die Vollziehung des hier streitgegenständlichen Bescheides hat keine unbillige,
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nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für die Antragstellerin
zur Folge. Eine solche Härte setzt voraus, dass dem Betroffenen durch die sofortige
Vollziehung wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung
hinausgehen und die nicht bzw. kaum wieder gutzumachen sind, etwa wenn die
Zahlung die Insolvenz herbeiführt oder sonst zur Existenzvernichtung führen kann.
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 1989 - 16 B 3000/88 -, NVwZ 1989, S. 588
ff. (S. 591); OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 1999 - 3 B 2955/96 -, Juris-Dokument.
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Eine solche Sichtweise findet ihre Rechtfertigung in Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes.
Diese Regelung gewährt nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit,
die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Dieses
Verfahrensgrundrecht verlangt jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn
schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren
nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage
wäre.
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Vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 26. August 2004 - 1 BvR 1446/04 -, NVwZ 2005, S.
438 f. (S. 439).
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Anhaltspunkte für solch einschneidende Folgen, die durch die Vorauszahlung auf die
Vergnügungsteuer der Antragstellerin entstehen sollten, sind weder vorgetragen noch
sonst ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Mangels Erfolges des
Hauptantrages konnte auch der Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO keinen Erfolg
haben.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 des
Gerichtskostengesetzes. Die Kammer legt im Einklang mit Nr. 1.5. des
Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Stand Juli 2004, in ständiger
Rechtsprechung in abgabenrechtlichen Verfahren 1/4 des geforderten Betrages
zugrunde.
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