Urteil des VG Gelsenkirchen vom 18.12.2006

VG Gelsenkirchen: überwiegendes öffentliches interesse, aufschiebende wirkung, amphetamin, betäubungsmittel, ecstasy, kokain, verfügung, wahrscheinlichkeit, cocain, rechtsgrundlage

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 1615/06
Datum:
18.12.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 1615/06
Schlagworte:
Fahrerlaubnis, Drogen, Betäubungsmittel, Kokain, Cocain, Amphetamin,
Ecstasy
Tenor:
1. Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
2. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 2. November 2006 wiederherzustellen
und bezüglich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des
vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu
Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung, durch die der
Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen hat, bei summarischer
Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die
Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der
angegriffenen Verfügung des Antragsgegners vom 2. November 2006, denen sie folgt
(vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
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Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Einnahme von Amphetamin, Ecstasy und
Kokain wie die Einnahme aller anderen Betäubungsmittel im Sinne des
Betäubungsmittelgesetzes außer Cannabis die Kraftfahreignung unabhängig davon
ausschließt, ob unter der Wirkung dieser sog. harten Drogen ein Kraftfahrzeug geführt
worden ist oder nicht. (Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV; vgl. auch: Nr.
3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung des gemeinsamen Beirats für
Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und
beim Bundesministerium für Gesundheit, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen,
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Bergisch-Gladbach, Februar 2000).
Auf dieser Grundlage ist die Fahrerlaubnisentziehung mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit zu Recht erfolgt, weil der Antragsteller am 10. Dezember 2005
Kokain und Amphetamin bzw. Ecstasy konsumiert hat. Davon muss aufgrund des
rechtsmedizinischen Gutachtens von Prof. Dr. med. B. N. (Institut für Rechtsmedizin der
Universität C. ) vom 13. Februar 2006 ausgegangen werden. Danach hatte der
Antragsteller 62 ng/ml Amphetamin, 339 ng/ml MDMA und 23 ng/ml Cocain im Blut.
Außerdem wurden die Stoffwechselprodukte dieser Betäubungsmittel nachgewiesen.
Seine Einlassung, er bestreite den Vorfall, sieht das Gericht als Schutzbehauptung an.
Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass seine Blutprobe vertauscht oder dass die
Begutachtung fehlerhaft durchgeführt worden ist.
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Unerheblich ist auch, dass der Antragsteller bislang erst einmal als Konsument harter
Drogen aufgefallen ist. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass der Nachweis
mehrmaligen Drogenkonsums oder gar einer Abhängigkeit geführt wird. Vielmehr reicht
regelmäßig der einmalige Konsum (harter Drogen) aus,
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so auch OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 16. Februar 2004 - 12 ME60/04 - und 16. Juni
2003 - 12 ME 172/03 -, DAR 2003, 432 f.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 22. Juli
2004 - 4 B 37/04 -; OVG Saarland, Beschluss vom 30. März 2006 -1 W 8/06 -; VGH
Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2004 - 10 S 2182/04 -, VRS 108
(2005), 123 ff; offenlassend OVG NRW, Beschlüsse vom 11. November 2005 - 16 B
198/05 und 28. Januar 2004 - 19 B 29/04 - ; a.A. nur: HessVGH, Beschluss vom 14.
Januar 2002 - 2 TG 30008/01 -, zfs 2002, 599.
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Angesichts der schon mit Rücksicht auf den Konsum harter Drogen feststehenden
Ungeeignetheit des Antragstellers bestehen auch keine Bedenken an der Anordnung
der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Die von ihm ausgehende Gefahr
für die Allgemeinheit erscheint zu groß, als dass sie bis zur Entscheidung der
Hauptsache hingenommen werden könnte. Vielmehr besteht ein das
Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegendes öffentliches Interesse daran, ihn
durch eine sofort wirksame Maßnahme vorläufig von der Teilnahme am motorisierten
Straßenverkehr auszuschließen. Daran ändern auch die geltend gemachten beruflichen
Gründe nichts. Auch sie müssen hinter dem Interesse an der Sicherheit des öffentlichen
Straßenverkehrs zurücktreten. Selbst die Gefährdung seines Arbeitsplatzes muss
derjenige hinnehmen, der wegen seines Drogenkonsums ungeeignet zum Führen von
Kraftfahrzeugen ist. Unerheblich ist, dass seit dem Vorfall ein Jahr vergangen ist. Es ist
nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis
inzwischen nicht mehr vorliegen. Es bleibt dem Antragsteller aber unbenommen, den
hierfür erforderlichen Nachweis im Widerspruchsverfahren oder in einem späteren
Wiedererteilungsverfahren durch eine medizinisch- psychologische Untersuchung zu
führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 FeV).
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Die Anordnung, den Führerschein bei dem Antragsgegner abzuliefern, findet ihre
Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Die
Zwangsgeldandrohung begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Sie entspricht den
anzuwendenden und in der Verfügung angegebenen Rechtsvorschriften.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Dabei ist im Hauptsacheverfahren gemäß
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ständiger Rechtsprechung bei einer Fahrerlaubnis der früheren Klasse 2 der
gesetzlichen Ersatzstreitwert um 2.500,00 Euro auf 7.500,00 Euro zu erhöhen und in
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes von der Hälfte dieses Betrages
auszugehen.
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