Urteil des VG Gelsenkirchen vom 05.01.1995
VG Gelsenkirchen (realschule, schule, besuch, entstehen, schulweg, sohn, begründung, schuljahr, verwaltungsgericht, schüler)
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 4 K 6126/94
Datum:
05.01.1995
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
4 K 6126/94
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand;
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Der am 00. Juli 19** geborene Sohn N. der Klägerin besucht im Schuljahr 1994/95 die
Jahrgangs stufe 5 der X. -von-T. Realschule in H. .
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Unter dem 16. Juni 1994 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Ausstellung einer
Schülerjahresfahrkarte mit der Begründung, der Schulweg ihres Sohnes zu der
besuchten Schule sei länger als 3,5 km.
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Mit Bescheid vom 4. Juli 1994 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab,
die X. -von-T. Realschule sei nicht nächstgelegene Realschule iSd. § 9 Abs. 3 der
Schülerfahrkostenverordnung. Das sei vielmehr die F. -L. -Realschule, bei deren
Besuch Schülerfahrkosten nicht entstehen würden.
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Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 11. Juli 1994 Widerspruch, zu dessen
Begründung sie vortrug, die von ihrem Sohn besuchte Ganztagsrealschule könne nicht
mit einer herkömmlichen Realschule verglichen werden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 1994 wies der Beklagte den Widerspruch der
Klägerin mit der Begründung zurück, die Konzeption der X. -von-T. Realschule als
Ganztagsschule begründe keinen eigenen Schultyp
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Am 12. August 1994 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Die Klägerin
beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 4. Juli 1994 und des
Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1994 zu verpflichten, für ihren Sohn N. für den
Besuch der X. -von T. Realschule im Schuljahr 1994/95 Schülerfahrkosten zu erstatten.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
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Entscheidungsgründe;
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Die Kammer entscheidet gemäß § 84 Abs. l der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine
besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der
Sachverhalt geklärt ist.
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Die zulässige Verpflichtungsklage ist sachlich nicht begründet. Die Klägerin hat keinen
Rechtsanspruch auf die Übernahme von Schülerfahrkosten für ihren Sohn N. und wird
somit durch die streitgegenständlichen Bescheide nicht in ihren Rechten verletzt, § 113
Abs. 5 VwGO.
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Gemäß den §§1 Abs. 3, 2 und 7 Abs. l des Gesetzes über die Finanzierung der
öffentlichen Schulen (Schulfinanzgesetz - SchFG -) i.V.m. § l der Verordnung zur
Ausführung des § 7 SchFG (Schülerfahrkostenverordnung - SchfkVO -) vom 24. März
1980 - GV NW 1980, 486 - in der Fassung der letzten Änderungsverordnung vom 17.
April 1989 - GV NW 1989, 240 - gehören zu den vom Schulträger zu tragenden
Sachausgaben der öffentlichen Schulen auch die Kosten, die für die wirtschaftlichste
Beförderung von Schülern zu den Schulen im Sinne des § 7 Abs. 2 SchFG und zurück
notwendig entstehen.
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Gemäß § 5 Abs. 2 SchfkVO entstehen Fahrkosten unter anderem dann notwendig,
wenn der Schulweg für einen Schüler der Sekundarstufe I.in der einfachen Entfernung
mehr als 3,5 km beträgt. Schulweg ist gemäß § 7 Abs. l SchfkVO der kürzeste Weg
(Fußweg) zwischen der Wohnung des Schülers und der nächstgelegenen Schule oder
dem Unterrichtsort. Der Schulweg beginnt an der Haustür des Wohngebäudes und
endet am nächstgelegenen Eingang des Schulgrundstücks. Der Schulweg des Sohnes
der Klägerin zur X. -von-T. Realschule erreicht diese Mindestlänge offenbar, denn der
Beklagte hat der entsprechenden Behauptung der Klägerin nicht widersprochen.
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Gleichwohl scheidet ein Anspruch auf Übernahme der entstehenden Schülerfahrkosten
gemäß § 9 Abs.7 SchfkVO aus. Sofern ein Schüler nicht die nächstgelegene Schule
besucht, sind nach dieser Vorschrift vom Schulträger Schülerfahrkosten nur in der Höhe
zu übernehmen, die auch beim Besuch der nächstgelegenen Schule entstehen würden.
Mit anderen Worten, ein Erstattungsanspruch entfällt vollständig, wenn beim Besuch der
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nächstgelegenen Schule Schülerfahrkosten überhaupt nicht entstehen würden.
Insoweit kann als unstreitig angesehen werden, daß beim Besuch der vom Beklagten
als nächstgelegene Realschule genannten F. -L. -Realschule
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Schülerfahrkosten nicht entstehen würden, denn die Klägerin hat weder geltend
gemacht, daß die Länge des Schulwegs dorthin die Mindestlänge von 3,5 km
überschreitet, noch daß der Schulweg dorthin iSd. § 6 Abs.2 SchfkVO nach den
objektiven Gegebenheiten besonders gefährlich oder nach den örtlichen Verhältnissen
für Schüler ungeeignet ist.
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Zwischen den Beteiligten ist lediglich streitig, ob die F. -L. -Realschule überhaupt als
nächstgelegene Schule im Rechtssinne zu qualifizieren ist. Das ist nach Auffassung des
Gerichts allerdings der Fall: Soweit für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung,
definiert § 9 Abs. 3 SchfkVO als nächstgelegene Schule die Schule der gewählten
Schulform, die mit dem geringsten Aufwand an Kosten und einem zumutbaren Aufwand
an Zeit erreicht werden kann und deren Besuch schulorganisatorische Gründe nicht
entgegenstehen. Die Klägerin hat für ihren Sohn N. die Schulform Realschule gewählt,
so daß die Schulformwahl auch beim Besuch der F. -L. -Realschule berücksichtigt wäre.
Der Umstand, daß die besuchte X. -von T. Realschule als Ganztagsschule konzipiert ist,
begründet entgegen der Auffassung der Klägerin keine besondere Schulform oder einen
besonderen Schultyp, denn abgestellt auf die Unterrichtsinhalte unterscheidet sie sich
von anderen Realschulen nicht. Eigenarten einer Schule, die nicht in typisierten
Lehrplänen zum Ausdruck kommen, müssen bei der Feststellung, welchem Schultyp
eine Schule zuzuordnen ist, außer Betracht bleiben, selbst wenn Eltern - wie vorliegend
-ein nachvollziehbares Interesse am Besuch einer bestimmten Schule der gewählten
Schulform haben.
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Da im übrigen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Sohn der Klägerin im
Schuljahr 1994/95 aus schulorganisatorischen Gründen nicht in die F. -L. -Realschule
hätte aufgenommen werden können, war die Klage mit der sich aus § 154 Abs. l VwGO
ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§167 VwGO, 708 Nr.
11, 711 ZPO.
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Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 131 Abs. 2 und 3
VwGO nicht vorliegen.
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