Urteil des VG Gelsenkirchen vom 27.05.2010

VG Gelsenkirchen (aufschiebende wirkung, psychologisches gutachten, antragsteller, tilgung, entziehung, antrag, verwaltungsgericht, ordnungswidrigkeit, eintragung, gutachten)

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 358/10
Datum:
27.05.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 358/10
Schlagworte:
Alkohol, Fahrerlaubnis, Entziehung, medizinisch-psychologische
Untersuchung, Tilgung
Normen:
FeV § 13 Satz 1 Nr. 2 b, FeV § 11 Abs. 8
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Regelung der Vollziehung wird auf Kosten des
Antragstellers abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbeschadet der wirtschaftlichen
und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers abzulehnen, weil die beabsichtigte
Rechtsverfolgung, wie sich aus Nachstehendem ergibt, keine hinreichenden Aussichten
auf Erfolg bietet, § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. § 114 Satz 1
der Zivilprozessordnung - ZPO -.
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 1502/10 gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 19. März 2010 wiederherzustellen bzw.
anzuordnen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber
unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende
Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die
Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen worden ist,
bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Er ist nämlich
der Aufforderung des Antragsgegners, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über
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seine Kraftfahreignung beizubringen, nicht gefolgt. Wegen der Begründung verweist die
Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der
angegriffenen Ordnungsverfügung, denen sie folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Mit Rücksicht auf das Antrags- und Klagevorbringen wird ergänzend Folgendes
ausgeführt: Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) schreibt in § 13 Satz 1 Nr. 2 b)
zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vor, wenn
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen
wurden. Ein Ermessen steht dem Antragsgegner nicht zu. Diese Voraussetzungen sind
vorliegend gegeben. Der Antragsteller hat jedenfalls am 8. Juni 2001 und am 24. August
2008 mit einer Atemalkoholkonzentrationen von 0,33 mg/l bzw. von 0,30 mg/l ein
Kraftfahrzeug geführt und ist deshalb am 16. Juli 2001 bzw. am 20. August 2009 jeweils
mit einem Bußgeld und einem Fahrverbot belegt worden.
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Insbesondere für die Ordnungswidrigkeit vom 8. Juni 2001 ist die Tilgungsfrist derzeit
nicht abgelaufen. Zwar beträgt die Tilgungsfrist für Ordnungswidrigkeiten grundsätzlich
lediglich 2 Jahre ab dem Tag der Rechtskraft der Entscheidung (§ 29 Abs. 1 Satz 2 Nr.
1, Abs. 4 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG -). Sind aber im Register - wie
vorliegend der Fall - mehrere Entscheidungen über eine Person eingetragen, so ist die
Tilgung einer Eintragung grundsätzlich erst zulässig, wenn für alle betreffenden
Eintragungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen (§ 29 Abs. 6 Satz 1 StVG). Die
vorgenannte Bußgeldentscheidung kann nicht nach 2 Jahren getilgt werden, da die
ebenfalls bestehende Eintragung der Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers
vom 7. November 2001 nicht tilgungsreif ist. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis
handelt es sich um eine nach § 28 Abs. 3 Nr. 6 StVG im Verkehrszentralregister
einzutragende Entscheidung, die gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG einer 10-
jährigen Tilgungsfrist unterworfen ist. Diese Frist beginnt vorliegend mit der
Neuerteilung der Fahrerlaubnis gegenüber dem Antragsteller am 28. April 2005 (§ 29
Abs. 5 Satz 1 StVG). Die Voraussetzungen der Tilgung der Entziehung der
Fahrerlaubnis - und somit auch der am 8. Juni 2001 begangenen Ordnungswidrigkeit -
werden danach erst im Jahr 2015 vorliegen. Auch die Regelung des § 29 Abs. 6 Satz 3
StVG führt nicht zu einem anderen Ergebnis, da es sich bei der in Rede stehenden
Ordnungswidrigkeit aus dem Jahr 2001 um eine solche nach § 24 a StVG handelt.
Unabhängig davon dürften vorstehende Ausführungen auch hinsichtlich der weiteren 3
noch im Verkehrszentralregister eingetragenen Ordnungswidrigkeiten gelten.
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Das demnach zu Recht angeforderte Gutachten hat der Antragsteller bislang nicht
beigebracht. Deshalb ist er gemäß § 11 Abs. 8 FeV als ungeeignet zum Führen von
Kraftfahrzeugen anzusehen und ihm die Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG
zwingend zu entziehen. Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine Bedenken an der
Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Die damit
verbundenen Schwierigkeiten hat der Antragsteller hinzunehmen, weil gegenüber
seinen Belangen das Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer
Verkehrsteilnehmer eindeutig überwiegt.
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Angesichts dessen ist auch die Zwangsmittelandrohung nicht zu beanstanden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - und
entspricht der neuen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis in einem vorläufigen
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Rechtsschutzverfahren, vgl. Beschluss vom 4. Mai 2009 - 16 E 550/09 -, juris.
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