Urteil des VG Gelsenkirchen vom 06.10.2010

VG Gelsenkirchen (aufschiebende wirkung, genehmigung, geschäftsführer, leistungsfähigkeit, verwaltungsgericht, streitwert, widerruf, antrag, bezahlung, bezug)

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 1096/10
Datum:
06.10.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 1096/10
Schlagworte:
Personenbeförderung, Widerruf
Tenor:
1. Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin abgelehnt.
2. Der Streitwert wird auf 40.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 4055/10 der Antragstellerin gegen die
Widerrufsverfügung des Antragsgegners vom 12. August 2010 wiederherzustellen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber nicht
begründet. Die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung, mit der die der
Antragstellerin erteilte Mietwagengenehmigung für 8 Mietwagen vom 15. Dezember
2009 widerrufen, die weitere Teilnahme am Verkehr mit Mietwagen untersagt und die
Rückgabe der erteilten Genehmigungsurkunden verlangt worden ist, ist im
überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Demgegenüber muss das private
Interesse der Antragstellerin an einer weiteren Ausnutzung der ihr erteilten
Genehmigungen und der Fortsetzung ihres Mietwagengewerbes zurückstehen.
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Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu,
dass an der materiellen Rechtmäßigkeit der Widerrufsverfügung nach der im
vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel
bestehen. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der erteilten
Mietwagengenehmigung sind mit großer Wahrscheinlichkeit gegeben.
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Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 des Personenbeförderungsgesetzes - PBefG - hat die
Genehmigungsbehörde eine Genehmigung zu widerrufen, wenn nicht mehr alle
Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 - 3 PBefG vorliegen. Nach dieser Vorschrift darf
die Genehmigung u.a. nur erteilt werden, wenn die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit
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des Betriebes gewährleistet sind (Nr. 1) und wenn die Antragstellerin als Unternehmerin
bzw. die für die Führung der Geschäfte bestellte Person fachlich geeignet ist (Nr. 3).
Diese Voraussetzungen für den Widerruf der der Antragstellerin erteilten Genehmigung
sind voraussichtlich erfüllt. Dies gilt zunächst für die fachliche Eignung der für die
Führung der Geschäfte bestellten Person, wie der Antragsgegner im Widerrufsbescheid
zutreffend dargestellt hat; auf diesen nimmt die Kammer deshalb zunächst entsprechend
§ 117 Abs. 5 VwGO Bezug. Es erscheint auch der Kammer offensichtlich, dass Herr H.
als Geschäftsführer nur vorgeschoben war bzw. ist oder jedenfalls im Verlaufe des
Jahres 2010 diese Funktion mangels Bezahlung durch die Antragstellerin oder aus
anderen, gesellschaftsinternen Gründen aufgegeben hat. Anders ist nicht erklärbar,
warum der formal als Geschäftsführer eingesetzte Herr H. sich zum 1. Mai 2010
arbeitslos gemeldet hat, seitdem bis Oktober 2010 nach eigenen Angaben Hartz IV -
Mittel bezieht und am 27. Mai 2010 gegenüber dem Antragsgegner erklärt hat, ihm sei
für alle geschäftlichen Belange die Vollmacht entzogen und er sei nicht mehr
Geschäftsführer. Soweit er und die Gesellschafterin und inzwischen weitere
Geschäftsführerin der Antragstellerin im Erörterungstermin am 29. September 2010
versucht haben, dies anders darzustellen - nämlich im Sinne, dass er eigentlich ohne
(angemessene) Bezahlung die vollen Geschäftsführerfunktionen seit Dezember 2009
bis heute ausfüllen würde in der Hoffnung, dass die Firma irgendwann zu Geld käme
und er seine Ansprüche realisieren könnte -, ist dies unglaubhaft und eher auf die, wie
angegeben, langjährige Freundschaft zwischen Herrn H. und der Gesellschafterin
zurückzuführen.
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Hinzu kommt, dass offensichtlich auch die Leistungsfähigkeit des Betriebes nicht (mehr)
gewährleistet ist. Dies ergibt sich schon ohne weiteres aus den Erklärungen der
Antragstellerin selbst, dass sie mangels Ertragslage den Geschäftsführer nicht bzw.
nicht im vertraglich vereinbarten angemessenen Umfang bezahlen konnte. Weiter ist
dafür vorliegend maßgeblich, dass die Antragstellerin seit längerer Zeit (Dezember
2008) die erforderlichen Beiträge bei der Minijob-Zentrale der L. C. T. nicht gezahlt hat
und inzwischen über 35.000 EUR Rückstände aufgelaufen sind. Auch eine
Ratenzahlungsvereinbarung im Frühjahr dieses Jahres hat die Antragstellerin nach
eigenen Angaben nicht einhalten können. Angesichts dessen kommt es nicht darauf an,
ob sie - wie mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2010 vorgetragen - die
Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes nur aus buchungstechnischen
Gründen noch nicht erhalten hat, obwohl sie inzwischen Rückstände ausgeglichen
haben will. Ebenso ist rechtlich nicht erheblich, dass die Antragstellerin nach eigenen
Angaben durch zusätzliche Verträge in Zukunft eine bessere Ertragslage erwartet, weil
hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Widerrufsverfügung die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung maßgebend ist. Ist demnach die
Leistungsfähigkeit des Betriebs (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 PBefG) nicht gewährleistet, kann nicht
(mehr) davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin (noch) wirtschaftlich in der
Lage ist, die aus dem Betrieb erwachsenden Verbindlichkeiten zu erfüllen und ihre
Kraftfahrzeuge in betriebssicherem Zustand zu halten.
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Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz Ausführungen zum durch die Minijob-
Zentrale beantragten Insolvenzverfahren oder zu den Beamtenverhältnissen der Städte
C1. und E. macht, ist dies befremdlich und ein Bezug zu diesem Verfahren nicht
erkennbar. Wenn die Antragstellerin ein Mietwagengewerbe beginnt, muss sie - wie
andere Konzessionsinhaber auch - die Voraussetzungen des
Personenbeförderungsgesetzes erfüllen, um eine Genehmigung zu erhalten und zu
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behalten.
Die Widerrufsverfügung ist auch hinsichtlich der Untersagung der weiteren
Durchführung gewerbsmäßiger Personenbeförderung sowie der Aufforderung zur
Rückgabe der Genehmigungsurkunden (§ 17 Abs. 5 PBefG) rechtmäßig; insoweit sind
Bedenken auch nicht vorgetragen worden.
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Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des
Gerichtskostengesetzes. Auf der Grundlage des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (juris bzw. DVBl 04, 1525 - dort Nr. 47.5) ist der
Streitwert bei Streitigkeiten um eine Mietwagenkonzession im Klageverfahren auf
10.000 Euro und entsprechend im Eilverfahren auf 5.000 Euro festzusetzen. Da die
Antragstellerin über eine Genehmigung für 8 Mietwagen verfügte, ergibt sich der
festgesetzte Streitwert.
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