Urteil des VG Gelsenkirchen vom 16.05.2007

VG Gelsenkirchen: überwiegendes öffentliches interesse, besondere gefahr, aufschiebende wirkung, cannabis, verkehr, entziehung, vollziehung, energie, widerspruchsverfahren, landesplanung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 354/07
Datum:
16.05.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 354/07
Schlagworte:
Fahrerlaubnis, Entziehung
Normen:
§ 14 Abs. 1 FeV
Tenor:
1. Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 14. März 2007 wiederherzustellen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber
unbegründet. Die Vollzugsanordnung ist insbesondere hinreichend begründet worden.
Sie hebt die besondere Gefahr bei weiterer Teilnahme des Antragstellers am
Straßenverkehr hervor, sollte dieser erneut unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug
führen. Damit ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO genügt.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehungsverfügung ist
auch in der Sache gerechtfertigt. Die im Rahmen des vorläufigen
Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des
Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung bei summarischer Prüfung mit großer
Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der angegriffenen Verfügung
des Antragsgegners vom 14. März 2007, denen sie folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
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Ausgangspunkt der Betrachtung ist im vorliegenden Fall, dass der Antragsteller am 2.
April 2006 ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss geführt und dadurch bewiesen hat,
dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
15. Dezember 2003 - 19 B 2493/03 -.
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Der in seinem Blut nach dem Ergebnis des toxikologischen Gutachtens von Prof. Dr. B.
N. (Institut für Rechtsmedizin der Universität C. ) vom 14. Juni 2006 festgestellte THC-
Wert von 23,2 ng/g übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 StVG durch die
Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/g bzw. ml bei weitem und rechtfertigt
daher die Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der
Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses Grenzwertes ist nämlich für die Annahme
relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend.
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Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 -
mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur.
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Das toxikologische Gutachten spricht zudem in erheblichem Maße dafür, dass der
Antragsteller häufiger und über einen längeren Zeitraum Cannabis konsumiert hat. Bei
ihm ist ein THC-COOH-Wert (THC-Metabolit) von 129,0 ng/g festgestellt worden. Es
entspricht auch gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis, dass von der Höhe der THC-
COOH-Werte auf das Konsumverhalten geschlossen werden kann.
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Vgl. Daldrup, Blutalkohol 2000, 39; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. Juli
2003 - 12 ME 287/03 -, DAR 2003, 480 f.
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Nach dem auf diesen Erkenntnissen beruhenden Runderlass des Ministeriums für
Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
vom 10. Juni 1999 - 632-21-03/2.1 - i. d. F. des Runderlasses des Ministeriums für
Verkehr, Energie und Landesplanung vom 18. Dezember 2002 - Az.: VI B 2-21-03/2.1 -,
begründet ein THC-COOH-Wert von über 75 ng/g bzw. ml den Verdacht, dass der
Betreffende Cannabis regelmäßig konsumiert.
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Angesichts der feststehenden Ungeeignetheit des Antragstellers bestehen keinerlei
Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung.
Die von ihm ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit erscheint zu groß, als dass sie bis
zur Entscheidung der Hauptsache hingenommen werden könnte. Vielmehr besteht ein
das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegendes öffentliches Interesse daran,
ihn durch eine sofort wirksame Maßnahme vorläufig von der Teilnahme am
motorisierten Straßenverkehr auszuschließen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die
Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis inzwischen nicht mehr vorliegen.
Der bloße Zeitablauf belegt dies nicht. Es bleibt dem Antragsteller aber unbenommen,
den hierfür erforderlichen Nachweis im Widerspruchsverfahren oder in einem späteren
Wiedererteilungsverfahren durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu
führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 FeV).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes und
entspricht der Praxis bei Streitigkeiten um die Fahrerlaubnis der Klasse B.
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