Urteil des VG Gelsenkirchen vom 09.12.2008

VG Gelsenkirchen: hauptsache, rechtsschutz, erlass, beförderung, akteneinsicht, verfügung, konkurrenz, wiederholung, bekanntgabe, mitbewerber

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 1 L 1160/08
Datum:
09.12.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 L 1160/08
Schlagworte:
Vorwegnahme der Hauptsache, Konkurrentenstreit, Konkurrenz,
Beamter, Beamte, Angestellter, Angestellte, Stellenbesetzung,
Rechtsschutzbedürfnis, Erledigung
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2; VwGO § 123; BAT § 22 Abs. 2
Leitsätze:
1. Der Antrag auf eine "vorläufige" Besetzung einer streitbefangenen
Stelle mit dem Antragsteller beinhaltet eine grundsätzlich unzulässige
(teilweise) Vorwegnahme der Hauptsache.
2. In Fällen der Konkurrenz zwischen Beamten und Angestellten entfällt
das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung mit der Besetzung der Stelle mit dem
Angestellten. "Besetzt" in diesem Sinne ist eine Stelle dann, wenn dem
ausgewählten Bewerber eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt ist,
d.h. wenn ihm die Stelle rechtswirksam auf Dauer übertragen wird.
3. Dem unterlegenen Konkurrenten steht nur ausnahmsweise dann ein
Anspruch darauf zu, dass eine bereits besetzte Stelle wieder
freigemacht wird, wenn durch das Verhalten des öffentlichen
Arbeitgebers, die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu erlangen,
vereitelt worden ist, oder wenn der Arbeitgeber und der Konkurrent, dem
die Stelle übertragen wurde, kollusiv zusammengewirkt haben.
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
G r ü n d e
1
Der sinngemäß gestellte Hauptantrag des Antragstellers,
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den Antragsgegner im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu
verpflichten, ihm einen Arbeitsplatz eines Leiters von besonders schwierigen Projekten,
Kennziffern 2110.20100.020/030, zu übertragen,
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hat keinen Erfolg.
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Der Hauptantrag umfasst bei Zugrundelegung der wörtlichen Antragstellung nur die
Stelle mit der Kennziffer 2110.20100.020. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass
der Antragsgegner in einem Auswahlverfahren über die Besetzung zwei vakanter
Stellen eines Leiters von besonders schwierigen Projekten entschieden und die
eingegangenen Bewerbungen jeweils auf beide Stellen bezogen hat, ist bei
sachgerechter Antragsauslegung unter Einbeziehung des gesamten Vorbringens des
Antragstellers und der insofern erkennbaren Antragsziele gemäß §§ 88, 122 Abs. 1
VwGO der Hauptantrag des Antragstellers dahingehend zu begreifen, dass er sich auch
auf die zweite Stelle mit der Kennziffer 2110.20100.030 erstreckt.
5
Der derart ausgelegte Hauptantrag zielt auf eine vorläufige Besetzung einer der
streitbefangenen Stellen mit dem Antragsteller. Dieser Antrag beinhaltet eine
grundsätzlich unzulässige (zumindest teilweise) Vorwegnahme der Hauptsache. Dass
der Antragsteller nur die „vorläufige" Besetzung einer Stelle begehrt, ändert daran
nichts. Entgegen dem Sinn und Zweck der einstweiligen Anordnung, die grundsätzlich
nur der Sicherung, nicht aber der Befriedigung des geltend gemachten Rechts dient,
würde durch eine „vorläufige" Besetzung der in der Hauptsache verfolgte Anspruch
bereits teilweise erfüllt. Denn dem Hauptsacheantrag würde jedenfalls bis zu einer
Entscheidung in der Hauptsache zeitlich befristet entsprochen.
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Vgl. bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Januar 2008 - 6 B 1763/07 -, IÖD 2008, 146
f., und vom 25. Februar 2008 - 6 B 1896/07 -, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 3.
Juni 1992 - 1 W 15/92 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. September 2008 -
1 L 1059/08 -, juris.
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Eine solche teilweise Vorwegnahme der eigentlich dem Hauptsacheverfahren
vorbehaltenen Entscheidung ist nach ständiger Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 123 VwGO nur
ausnahmsweise dann zulässig, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen
Verfahren nicht erreichbar ist, der Antragsteller ohne Erlass der einstweiligen
Anordnung in unzumutbarer Weise belastet würde und er im Hauptsacheverfahren
voraussichtlich obsiegen würde.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. September 1984 - 6 B 1028/84 -, DÖD 1985, 280,
vom 3. August 1999 - 6 B 759/99 -, NWVBl 2000, 27, und vom 9. Januar 2008 - 6 B
1763/07 -, a.a.O.; vgl. auch VG München, Beschluss vom 2. Juli 1998 - M 5 E 98.1133 -,
juris.
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Der Antragsteller hat indes schon nicht aufgezeigt, dass er - mit einem entsprechenden
Verpflichtungsantrag - im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen würde. Dies
würde voraussetzen, dass bezüglich der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung
eine Ermessensreduzierung dergestalt gegeben ist, dass der Antragsteller als
offensichtlich am besten geeignetster Bewerber für die ausgeschriebene Stelle
zwingend auszuwählen wäre. Derartiges hat der Antragsteller hingegen nicht dargelegt.
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Er hat vielmehr selbst eingeräumt, dass er nicht mit den Karrieren der beiden
Beigeladenen so intensiv vertraut sei, dass er sich die Behauptung anmaßen könne, er
sei besser qualifiziert als diese beiden.
Auch der sinngemäß gestellte Hilfsantrag des Antragstellers,
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den Antragsgegner im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig dazu zu
verpflichten, die Übertragung der Dienstposten mit den Kennziffern 2110.20100.020/030
an die Beigeladenen rückgängig zu machen,
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hat keinen Erfolg.
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Der bei sachgerechter Auslegung wiederum auch auf die zweite Stelle bezogene
Antrag, der nach den Angaben des Antragstellers dazu dienen soll, „die
Beförderungsposten so lange freizuhalten, bis eine endgültige Entscheidung vorliegt",
ist entsprechend § 88 VwGO dahingehend zu verstehen, dass dem Antragsgegner im
Wege der einstweiligen Anordnung aufgeben werden soll, zunächst die Übertragung
der streitbefangenen Stellen rückgängig zu machen und sodann diese Stellen nicht mit
den Beigeladenen (erneut) zu besetzen, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
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Für diesen Antrag nach § 123 VwGO ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers
entfallen. Die streitbefangenen Stellen sind den Beigeladenen bereits auf Dauer
übertragen worden. Dem Antragsteller steht auch kein Anspruch auf
„Wiederfreimachung" dieser Stellen zu.
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Für den Fall, dass zwei oder mehrere Beamte um eine Beförderung konkurrieren, ist in
der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass sich das auf die
Verhinderung der Beförderung des ausgewählten Konkurrenten gerichtete Verfahren auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erledigt, wenn dieser vom Dienstherrn
befördert, d.h. ihm eine entsprechende Ernennungsurkunde ausgehändigt wird.
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Dem entspricht in den Grundzügen die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, wonach für
den Fall, das zwei oder mehrere Angestellte um eine Stelle konkurrieren, ein Anspruch
des unterlegenen Konkurrenten auf Wiederholung der Auswahlentscheidung entfällt,
wenn die streitgegenständliche(n) Stelle(n) endgültig besetzt ist bzw. sind. „Besetzt" ist
eine Stelle, wenn dem ausgewählten Bewerber eine gesicherte Rechtsposition
eingeräumt ist, d.h. wenn ihm die Stelle rechtswirksam auf Dauer übertragen wird. Ist
dies der Fall, steht dem unterlegenen Konkurrenten grundsätzlich kein Anspruch darauf
zu, dass der Arbeitgeber die besetzte(n) Stelle(n) wieder freimacht. Die Stelle steht nach
der erstrebten Wiederholung des Auswahlverfahrens nicht zur Disposition, weil der
Arbeitgeber/Dienstherr an ihre endgültige Vergabe vertraglich gebunden ist. Dem
unterlegenen Konkurrenten steht nur ausnahmsweise dann ein Anspruch darauf zu,
dass eine bereits besetzte Stelle wieder freigemacht wird, wenn durch das Verhalten
des öffentlichen Arbeitgebers die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu erlangen,
vereitelt worden ist oder wenn der Arbeitgeber und der Konkurrent, dem die Stelle
übertragen wurde, kollusiv zusammengewirkt haben.
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Vgl. BAG, Urteile vom 18. September 2007 - 9 AZR 672/06 -, MDR 2008, 576, und vom
19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 -, MDR 2008, 1108; LAG Hessen, Urteil vom 13. August
2004 - 3 Sa 1946/03 -, juris; LAG Niedersachsen, Urteil vom 8. November 2004 - 5 Sa
18
576/04 -, juris; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2007 - 10 Sa 18/07 -,
juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Dezember 2007 - 8 Sa 566/07 -, juris, jeweils
mit weiteren Nachweisen.
Dieser Rechtsprechung hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-
Westfalen bereits in der Vergangenheit angeschlossen und sie für Fälle der Konkurrenz
zwischen Beamten und Angestellten übernommen, bei denen die streitgegenständliche
Stelle Angestellten übertragen wird, wobei das Oberverwaltungsgericht den
angesprochenen Problemkreis im Rahmen der Zulässigkeit beim
Rechtsschutzbedürfnis prüft.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2005 - 1 B 1450/05 -, NWVBl 2006, 262,
und vom 6. Mai 2008 - 1 B 1786/07 -, juris, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der
arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung; vgl. im Anschluss an die Rechtsprechung des
ersten Senats auch VG Münster, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - 4 L 942/05 -, und
hierzu OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2006 - 6 B 2145/05 -, juris.
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Die Anwendung der vorstehend dargestellten Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis,
dass die streitbefangene Stelle mit der Kennziffer 2110.20100.020 als bereits mit dem
Beigeladenen zu 2. „besetzt" anzusehen ist. Der Beigeladene zu 2. wurde mit Schreiben
vom 19. August 2008 darüber in Kenntnis gesetzt, dass er für die streitbefangene Stelle
ausgewählt worden sei. Zugleich wurde er mit Wirkung vom 1. September 2008 auf die
Stelle (endgültig und nicht nur probeweise) umgesetzt. Eine förmliche (schriftliche)
Änderung des Arbeitsvertrages wurde zwar insoweit nicht vorgenommen. Allerdings
informierte der Landesbetrieb Straßenbau NRW - nach zwischenzeitlich erfolgter
Zustimmung zur Stellenbesetzung durch den Personalrat - das Landesamt für
Besoldung- und Versorgung NRW mit Änderungsmitteilung vom 29. August 2008 über
die Änderung der Entgeltgruppe des Beigeladenen zu 2. (vgl. die in der Personalakte
des Beigeladenen zu 2. enthaltene Durchschrift); danach ist der Beigeladene zu 2.
beginnend mit dem 1. September 2008 von der Entgeltgruppe 12 in die Entgeltgruppe
13 höhergruppiert worden. Dies dürfte der allgemeinen Tarifautomatik entsprechen,
nach der ein Angestellter für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen
Tätigkeit eine Zulage erhält und ansonsten sofort in der Vergütungsgruppe (ohne
ausdrückliche individualvertragliche Änderung des Arbeitsvertrages) eingruppiert ist,
deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende
Tätigkeit entspricht, vgl. § 14 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder
(TV-L) und § 17 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder
in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) i.V.m. § 22 Abs. 2
des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) bzw. gemäß § 14 des Tarifvertrages für
den öffentlichen Dienst (TVöD) und § 17 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der
Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-
Bund) resp. § 17 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der
kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-
VKA) jeweils wiederum i.V.m. § 22 Abs. 2 BAT.
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Auch mit Blick auf die zweite ausgeschriebene Stelle eines Leiters von besonders
schwierigen Projekten mit der Kennziffer 2110.20100.030 gilt nichts anderes. Diese
zweite Stelle ist mit der Beigeladenen zu 1. besetzt worden. Auch ihr wurde mit
Schreiben vom 19. August 2008 mit Wirkung vom 1. September 2008 die Stelle -
endgültig - übertragen. Gemessen hieran haben sowohl die Beigeladene zu 1. als auch
der Beigeladene zu 2. mit Beginn des 1. September 2008 eine gefestigte Rechtsposition
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erlangt, die den Beigeladenen nach Maßgabe der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung
grundsätzlich nicht mehr genommen werden kann.
Im vorliegenden Fall kommt auch die eingangs erwähnte Ausnahme nicht in Betracht.
Dem Antragsteller steht kein Anspruch darauf zu, dass die besetzten Stellen mit den
Kennziffern 2110.20100.020 und 2110.20100.030 wieder freigemacht werden.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner und die Beigeladenen kollusiv
zusammengewirkt haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Antragsteller
hatte auch ausreichend Zeit, um vor der Übertragung der Stellen ein Verfahren auf
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes einzuleiten. Hierfür erachtet die
Rechtsprechung im Allgemeinen unter Abwägung der Interessen der beteiligten
Dienstherren bzw. Arbeitgeber an einer raschen Besetzung vakanter Stellen sowie den
Interessen der betroffenen Bewerber, effektiven Rechtsschutz zu erlangen,
grundsätzlich eine Frist von etwa zwei Wochen für ausreichend.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2005 - 1 B 1450/05 -, a.a.O.;
Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2005, Rn. 76; ders., Konkurrenzen
um Beförderungsämter - geklärte und ungeklärte Fragen, ZBR 1997, 169 (174 f.) mit
weiteren Nachweisen; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR
206/07 -, NVwZ 2007, 1178 („Frist von zwei Tagen genügt [...] nicht").
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Entsprechend der eigenen Angaben des Antragstellers in seiner Antragsschrift vom 16.
September 2008 wurde ihm mit Schreiben vom 20. August 2008, ausgehändigt am 21.
August 2008, mitgeteilt, dass die Wahl auf einen anderen Bewerber gefallen sei.
Wörtlich heißt es in der Konkurrentenmitteilung: „Sehr geehrter Herr F. , das
Bewerbungsverfahren konnte inzwischen abgeschlossen werden. Leider ist die Wahl
dabei auf einen anderen Bewerber gefallen. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur
Verfügung." Die Übertragung der fraglichen Stellen erfolgte zwar schon mit Schreiben
vom 19. August 2008, dies allerdings - ausweislich der Schreiben - erst „mit Wirkung
vom 1. September 2008"; erst mit Beginn dieses Tages wurde - wie soeben ausgeführt -
auch die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 wirksam. Bis dahin wäre es dem
Antragsgegner, hätte ein Mitbewerber noch im Monat August 2008 einen Antrag auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, insofern ohne weiteres möglich
gewesen, die Stellenübertragung auf die Beigeladenen noch abzubrechen. Zwar hat der
Antragsgegner damit, da er dem Antragsteller mithin nur 11 Tage (ab Bekanntgabe der
Konkurrentenmitteilung bis zur Wirksamkeit der Stellenübertragung) für die Ersuchung
um Rechtsschutz belassen hat, die Zweiwochenfrist geringfügig unterschritten.
Hierdurch ist der Antragsteller jedoch im Ergebnis nicht in seinen Rechten beschnitten
worden. Denn er hat erst am 16. September 2008 und damit erst mehrere Tage nach
Ablauf der Zweiwochenfrist das vorliegende Verfahren eingeleitet. Folglich wäre sein
Antrag auch dann zu spät gekommen, wenn der Antragsgegner die volle
Zweiwochenfrist, gerechnet ab der Bekanntgabe der Konkurrentenmitteilung,
abgewartet hätte. Daher ist die geringfügige Unterschreitung dieser Frist durch den
Antragsgegner im vorliegenden Verfahren unerheblich.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2005 - 1 B 1450/05 -, a.a.O.
26
Soweit der Antragssteller sich darauf stützt, dass man ihm nur das Ergebnis, nicht aber
auch die Gründe für die Auswahl mitgeteilt habe, führt dieser Einwand hier zu keinem
anderen Ergebnis. Zwar ist wesentlicher Bestandteil des aus Art. 33 Abs. 2 GG
herzuleitenden Bewerbungsverfahrensanspruchs, dass die Ablehnung der Auswahl
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eines Beförderungsbewerbers neben der Mitteilungs- auch einer Begründungspflicht
unterliegt.
Vgl. bereits VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 18. März 2008 - 1 L 367/08 -, juris, mit
weiteren Nachweisen; vgl. zum - allerdings auch noch nachträglich im Gerichtsverfahren
erfüllbaren - Begründungserfordernis nach § 39 VwVfG auch Schnellenbach, a.a.O., Rn.
76, und NdsOVG, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317/07 -, juris.
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Entscheidend ist dabei, dass - wie auch das Bundesverfassungsgericht jüngst betont
hat - „nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen (…)
der Mitbewerber in die Lage versetzt" wird, „sachgerecht darüber befinden zu können,
ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen
Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner
Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen
will." Derartige schriftlich fixierte Erwägungen müssen dem unterlegenen Bewerber
mitgeteilt oder anderweitig zugänglich gemacht werden; jedenfalls muss sich der
Bewerber zumindest deren Kenntnis durch Akteneinsicht verschaffen können.
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Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, a.a.O.; dem folgend
bereits VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 18. März 2008 - 1 L 367/08 -, a.a.O.
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Diesen Anforderungen hat der Antragsgegner hinreichend Rechnung getragen. Er hat
die maßgeblichen Auswahlerwägungen schon während des Verwaltungsverfahrens im
Rahmen eines Vermerks („Anlage zur PR-Vorlage zur Stellenbesetzung der
Stellennummern 2110.201100.020/030", vgl. Bl. 35 f. des beigezogenen
Verwaltungsvorgangs) schriftlich niedergelegt. Überdies hat er dem Antragsteller in der
Konkurrentenmitteilung von sich aus angeboten, für Rückfragen zur Verfügung zu
stehen. Hierbei hätte der Antragsteller auch Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge
beantragen können, so dass die Auswahlerwägungen in einer auch ihm zugänglichen
Art und Weise - bereits vor Stellung des Antrags auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes - niedergelegt waren.
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Hinzu kommt schließlich, dass es unstreitig am 29. August 2008 ein Telefongespräch
zwischen dem Antragsteller und dem Niederlassungsleiter gegeben hat; spätestens im
Rahmen dieses Gesprächs hätte der Antragsteller die Gründe für die getroffene
Auswahlentscheidung erfahren oder Akteneinsicht beantragen können. Auch nach
diesem Telefonat hat er indes nicht etwa umgehend oder zumindest innerhalb von zwei
Wochen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Vielmehr hat er
bis zum 16. September 2008 weitere 18 Tage verstreichen lassen. Auch und gerade vor
diesem Hintergrund vermag die Kammer nicht zu erkennen, inwiefern der Antragsteller
im Ergebnis in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG beschnitten
worden sein soll.
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Soweit im Übrigen in der Konkurrentenmitteilung eine Begründung nach § 39 VwVfG
NRW nicht enthalten war, bleibt anzumerken, dass der Antragsgegner eine Begründung
für seine Auswahlentscheidung im Rahmen der Antragserwiderung vom 2. Oktober
2008 wirksam nachgeholt hat, wodurch der Formfehler der Konkurrentenmitteilung
geheilt wurde (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das
Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW -).
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War nach alledem auch dem Hilfsantrag bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses
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nicht stattzugeben, kommt es nicht mehr darauf an, ob die streitbefangene
Auswahlentscheidung (etwa mit Blick auf eine ausreichende Beachtung des Prinzips
der Bestenauslese und die durchgeführten Auswahlgespräche) rechtmäßig war.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen
Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko nicht unterworfen haben (§ 154 Abs. 3
VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes
und trägt dem Umstand Rechnung, dass sich das vorliegende Verfahren zwar auf zwei
Stellen bezogen hat, dass für die Streitwertbemessung die Anzahl der Stellen allerdings
grundsätzlich unerheblich ist, weil im Rahmen einer Bewerbung der
Bewerbungsverfahrensanspruch nur einmal gesichert werden kann. Eine andere
Betrachtung war hier - im Anschluss an OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2008 - 6 B
194/08 -, juris - nicht gerechtfertigt, da über die Besetzung der beiden Stellen in einem
Verfahren eine einheitliche Auswahlentscheidung getroffen wurde. Berücksichtigt wurde
allerdings, dass aufgrund der mit dem Hauptantrag begehrten (teilweisen)
Vorwegnahme der Hauptsache eine Reduzierung des Streitwertes von 5.000,- EUR auf
2.500,- EUR nicht angezeigt war. Eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr.
1, Satz 2 GKG kam nicht in Betracht, da sich die begehrte vorläufige Besetzung einer
der Stellen mit dem Antragsteller für diesen nicht unmittelbar als Beförderung erwiesen
hätte (laut Stellenbeschreibung erfolgten „Beförderungen von Beamtinnen und Beamten
[...] im Rahmen der zur Verfügung stehenden Stellenwertigkeit gemäß Stellenplan sowie
der Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen"), sondern zunächst allenfalls als
Besetzung eines Beförderungsdienstpostens. Anzumerken bleibt schließlich, dass sich
der Hilfsantrag gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht streitwerterhöhend ausgewirkt hat.
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