Urteil des VG Gelsenkirchen vom 30.01.2008

VG Gelsenkirchen: aufschiebende wirkung, reifen, entsorgung, grundstück, abfall, juristische person, tatsächliche sachherrschaft, vwvg, androhung, verfügung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 14 L 1330/07
Datum:
30.01.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 L 1330/07
Schlagworte:
Abfallbeseitigungsrecht, Altreifen, Entsorgung, Reifen, Grundstück,
Betreten, Betretungsrecht, Zuständigkeit
Normen:
KrW-/AbfG § 21; KrW-/AbfG § 44
Leitsätze:
Zwangsgeldfestsetzung nach einer bestandskräftigen
Ordnungsverfügung mit welcher der Antragstellerin die Beseitigung von
Altreifen und das Vorlegen entsprechender Entsorgungsnachweise
aufgegeben wurde.
Tenor:
1. Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin abgelehnt.
2. Der Streitwert wird auf 1.000,- EUR festgesetzt.
Gründe:
1
Der sinngemäß gestellte Antrag der Antragstellerin,
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die aufschiebende Wirkung der Klage 14 K 3896/07 gegen die Zwangsgeldfestsetzung
und damit verbundene Androhung eines weiteren Zwangsgeldes vom 27. November
2007 anzuordnen,
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ist zulässig, aber nicht begründet.
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Dem öffentlichen Interesse an der gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehung der
Zwangsgeldfestsetzung und Zwangsgeldandrohung gebührt Vorrang gegenüber dem
Interesse der Antragstellerin, von Vollzugsmaßnahmen vorläufig verschont zu bleiben.
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Nach § 80 Abs. 1 VwGO entfaltet der Widerspruch gegen einen belastenden
Verwaltungsakt grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch u.a. dann,
wenn es sich bei dem Verwaltungsakt um eine Maßnahme im Rahmen der
Verwaltungsvollstreckung handelt, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 8 AGVwGO
NRW, wozu auch die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes gehören. Auf
einen entsprechenden Antrag hin kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anordnen. Die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1
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VwGO kommt aufgrund der gesetzlichen Wertung des § 80 Abs. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 8
AGVwGO NRW, die von dem Vorrang des öffentlichen Interesses an der Vollziehung
ausgeht, nur in Betracht, wenn das Interesse der Antragstellerin, von
Vollziehungsmaßnahmen vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an
einer sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. In Streitigkeiten der
vorliegenden Art ist dies nur dann der Fall, wenn die Zwangsgeldfestsetzung
offensichtlich rechtswidrig wäre oder wenn ihr Sofortvollzug die Antragstellerin
unzumutbar hart treffen würde. Diese beiden Voraussetzungen sind vorliegend nicht
erfüllt.
Die Zwangsgeldfestsetzung stellt sich als rechtmäßig dar.
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Rechtsgrundlage für die Festsetzung sind §§ 55 Abs. 1, 57 und 60
Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG).
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Der Antragsgegner hat die der Zwangsgeldfestsetzung zugrunde liegende
Ordnungsverfügung vom 26. April 2007 erlassen und ist daher gemäß § 56 Abs. 1
VwVG auch für deren Durchsetzung im Wege der Verwaltungszwangs zuständig.
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Die hier streitgegenständliche Zwangsgeldfestsetzung wurde gemäß § 63 Abs. 1 und 2
VwVG zusammen mit der Ordnungsverfügung angedroht und der Antragstellerin
ausweislich der Postzustellungsurkunde am 30. April 2007 zugestellt (§ 63 Abs. 6
VwVG). Die Androhung ist hinsichtlich des angedrohten Zwangsgeldes, in Bezug auf
die gesetzte Frist sowie im Übrigen inhaltlich hinreichend bestimmt. Insbesondere ist für
den Adressaten zu erkennen, in welchem Fall die Zwangsgeldfestsetzung erfolgen wird,
nämlich sobald der Anordnung zu Punkt 1 und der Auflage zu Punkt 2 der
Ordnungsverfügung vom 26. April 2007 nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht
nachgekommen wird.
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Neben den formellen liegen auch die übrigen Voraussetzungen der Festsetzung des
angedrohten Zwangsgeldes vor.
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Die Ordnungsverfügung vom 26. April 2007, mit welcher der Antragstellerin „1. die
ordnungsgemäße Entsorgung der auf dem Grundstück E. Str. in F. mit dem Erdwall
abgedeckten und vor und neben dem Wall gelagerten Altreifen (s. beiliegenden
Lageplan) innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung",
sowie „2. die Vorlage von Nachweisen über die ordnungsgemäße Entsorgung bis zum
o.g. Zeitpunkt", aufgegeben wurde, ist bestandskräftig geworden, nachdem die
Antragstellerin ihren am 4. Mai 2007 dagegen eingelegten Widerspruch am 21. Juni
2007 zurückgenommen hat.
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Eine inhaltliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser bestandskräftigen
Grundverfügung ist wegen der eingetretenen Bestandskraft grundsätzlich entbehrlich.
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Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 6. April 1979 - 11 A 1550/78 - und Beschluss vom 18.
Januar 2000 - 5 B 1956/99 -, jeweils Juris
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In jedem Stadium des Vollstreckungsverfahrens sind allerdings sowohl ein Mangel
inhaltlicher Bestimmtheit als auch die Nichtigkeit eines im Wege der
Verwaltungsvollstreckung durchzusetzenden Gebots zu beachten. Dies gilt auch bei
Bestandskraft der Grundverfügung.
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Vgl. z.B. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 1998 - 10 B 3029/97-, Juris
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Die der streitigen Zwangsgeldfestsetzung zugrunde liegende Ordnungsverfügung ist
jedoch weder unbestimmt, noch stellt sie sich als nichtig dar. Sie erweist sich vielmehr
als offensichtlich rechtmäßig. Ob sich die gegen die seitens der Antragstellerin gegen
die Verfügung vom 26. April 2007 nunmehr vorgebrachten Einwände möglicherweise
sogar als rechtsmissbräuchlich darstellen, weil die Antragstellerin ihren Widerspruch
gegen die Ordnungsverfügung ausdrücklich zurückgenommen und die in der Verfügung
enthaltenen Verpflichtungen damit anerkannt hat, kann deshalb dahinstehen.
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Der Antragsgegner kann als nach §§ 63 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes
(KrW-/AbfG) i.V.m. §§ 34 und 35 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) und - zum Zeitpunkt
des Erlasses der Ordnungsverfügung den Bestimmungen der Verordnung zur Regelung
von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes vom 14. Juni
1994 - seit dem 1. Januar 2008 nach den Bestimmungen der Zuständigkeitsverordnung
Umweltschutz vom 11. Dezember 2007 (GVBl 2007, S 662) als
Sonderordnungsbehörde zuständige Behörde gemäß § 21 KrW-/AbfG im Einzelfall die
erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf seiner
Grundlage erlassenen Rechtsverordnung durchführen.
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Die Ordnungsverfügung vom 26. April 2007 ist inhaltlich hinreichend bestimmt. Die zu
beseitigenden Reifen sind nicht nur im Text der Verfügung beschrieben, sondern
darüber hinaus sind die Bereiche, in denen sie auf dem Grundstück aufgefunden
wurden, in einem der Ordnungsverfügung beigefügten Lageplan deutlich
gekennzeichnet. Die von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren vorgebrachte
Einschränkung, dass sie nur zur Beseitigung von Lkw - Reifen verpflichtet sei, ergibt
sich weder aus dem Text der bestandskräftigen Ordnungsverfügung, noch aus der
nachfolgenden Vereinbarung über die Fristverlängerung oder dem sonstigen in den
Verwaltungsvorgängen befindlichen oder von der Antragstellerin vorgelegten
Schriftwechsel. Eine solche Einschränkung wäre auch sinnwidrig, da sich aus dem
gesamten Verfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine sachgerechte
Unterscheidung zwischen auf dem Grundstück zu belassenden Pkw- und zu
entsorgenden Lkw - Reifen zu treffen gewesen wäre.
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Bei den in Rede stehenden Altreifen handelt es sich - wie auch von der Antragstellerin
während des Verwaltungsverfahrens ursprünglich nicht in Abrede gestellt - um Abfall im
Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Sie fallen unter die Abfallgruppe Q 14 des
Anhangs I. des KrW-/AbfG (Produkte, die vom Besitzer nicht oder nicht mehr verwendet
werden ) und stellen sowohl Abfall im objektiven Sinne gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 in
Verbindung mit Abs. 4 KrW-/AbfG,
20
vgl. zum objektiven Abfallbegriff hinsichtlich Altreifen im einzelnen BVerwG, Urteil vom
24. Juni 1993 - 7 C 10/92-, BVerwGE 92, 359ff,
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als auch Abfall im subjektiven Sinne gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 3
KrW-/AbfG dar. Dies wird bereits durch die von der Antragstellerin im
Verwaltungsverfahren wiederholt bekundete Bereitschaft, die Altreifen selbst durch ein
Entsorgungsunternehmen beseitigen zu lassen, belegt. Darüber hinaus liegen auch die
Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Nr. 2 KrW-/AbfG offensichtlich vor.
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Die Abfalleigenschaft entfällt nicht durch die von der Antragstellerin im vorliegenden
Verfahren erstmalig behauptete vorgesehene Wiederverwertung der Altreifen.
Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den Reifen nicht um Abfall, sondern ein
Wirtschaftsgut handelt, ergeben sich nicht. Allein die, im übrigen unsubstantiierte,
Behauptung der Antragstellerin, die Altreifen unentgeltlich an einen Kfz - Betrieb
weitergegeben zu haben, welcher Autoteile nach Afrika exportiere, da die Reifen dort
zulässigerweise noch als solche Verwendung finden könnten, reicht dazu nicht aus.
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Ob eine private Weiterverwendung oder Wiederverwertung dazu geeignet ist, die
Abfalleigenschaft einer Sache entfallen zu lassen, ist nach den Umständen des
Einzelfalles anhand objektiver Maßstäbe zu beurteilen. Dabei kommt der Frage, ob für
die betreffenden Altstoffe ein Markt besteht, erhebliche Bedeutung zu. Können derartige
Stoffe an verwendungs- oder verwertungsbereite Dritte gegen Entgelt veräussert
werden, handelt es sich also um "Wirtschaftsgut", so ist dies im allgemeinen ein
wesentliches Indiz dafür, daß eine Entsorgung als Abfall nicht geboten ist. Können
Altstoffe dagegen mangels Marktgängigkeit nicht verkauft werden, so ist dies ein
Hinweis darauf, dass die Weitergabe solcher Stoffe an Dritte typischerweise mit
Gefahren verbunden ist, die eine Entsorgung als Abfall gebieten. Das trifft vor allem für
Stoffe mit "negativem Wert" zu, für deren Abnahme der bisherige Besitzer - wie bei
Altreifen nach der Kenntnis des Gerichts durchaus üblich - ein Entgelt bezahlen muss.
Hier besteht in besonderem Maß die Besorgnis, dass die Stoffe aus Kostengründen
umweltgefährdend verwertet oder beseitigt werden.
24
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 - 7 C 10/92-, BVerwGE 92, 359ff.
25
Nach den bisherigen Angaben der Antragstellerin ist in höchstem Maße ungewiss, was
überhaupt mit den angeblich an den nicht näher benannten Kfz - Betrieb abgegebenen
Altreifen geschehen soll, insbesondere ob Verwendungen oder Verwertungen in
Betracht kommen, von denen angenommen werden kann, daß sie nach Art und
Verfahren nicht typischerweise zu Umweltgefahren führen. Die Antragstellerin hat unter
Verletzung ihrer verwaltungsverfahrensrechtlichen (vgl. § 40 Abs. 2 Krw- /AbfG; § 26
Abs. 2 VwVfG) und verwaltungsprozessualen (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO)
Mitwirkungspflichten sowohl den Antragsgegner als auch das beschließende Gericht in
wesentlichen Punkten im Unklaren über das weitere Schicksal der Reifen gelassen. So
spricht schon der Umstand, dass die Antragstellerin die Reifen unentgeltlich an den Kfz
- Betrieb abgegeben haben will, dagegen, dass es sich bei den Altreifen wirklich um ein
marktgängiges Wirtschaftsgut handelt. Sie hat ferner keine klaren Auskünfte darüber
gegeben, welches die Absichten des unbekannten Abnehmers sind, sondern nur vage
von Verwendungsmöglichkeiten in Afrika gesprochen, ohne überhaupt darzulegen, dass
ein solcher Export tatsächlich zulässig und vorgesehen ist. Gerade auch bei der
Verbringung typischerweise umweltgefährdender Altstoffe in das Ausland muß zur
Verhinderung unzulässiger Abfallausfuhren der weitere Weg dieser Stoffe im Ausland
nachvollziehbar belegt werden. Dieser Nachweis ist Aufgabe des bisherigen
Stoffbesitzers oder des Exporteurs, nicht aber der Behörden. Wird der Nachweis - wie
hier - nicht erbracht, sind die betreffenden Stoffe regelmäßig schon aus diesem Grund
als Abfall im objektiven Sinne anzusehen.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 - 7 C 10/92-, BVerwGE 92, 359ff.
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Auch der Umstand, dass die Antragstellerin im gesamten Verwaltungsverfahren die
fachgerechte Entsorgung der Reifen zugesagt hat und die Ordnungsverfügung hat
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bestandskräftig werden lassen, spricht dafür, dass auch sie - entgegen ihrem derzeitigen
Vortrag - die ganze Zeit von der Abfalleigenschaft der Reifen ausgegangen ist.
Der Verpflichtung der Antragstellerin zur ordnungsgemäßen Entsorgung auch der in
dem Erdwall liegenden Reifen steht insbesondere nicht die wasserrechtliche Erlaubnis
vom 10. Januar 2007 entgegen. Diese Erlaubnis gestattet der Antragstellerin nach §§ 2,
3, 4 und 7 Wasserhaushaltsgesetz i.V.m. §§ 24 und 25 Landeswassergesetz, auf dem
Grundstück E. Str. 103 das im Gutachten vom 15. September 2006 beschriebene
Material zur Herstellung des Schallschutzwalls einzubauen. Wie sich aus der internen
Stellungnahme des Sachgebiets 59-5-4 des Antragsgegners im wasserrechtlichen
Erlaubnisverfahren ergibt, handelt es sich bei dem hier in Bezug genommenen
Gutachten offensichtlich um den „Kurzbericht" der °°°° Beratung und Umwelttechnik
GmbH, welcher dem Antragsgegner am 14. September 2006 (Bl. 41ff des
Verwaltungsvorgangs) per Telefax zuging. Diesem Bericht sowie dem zugehörigen
Prüfbericht des Instituts G. ist eindeutig zu entnehmen, dass bei der Probenentnahme
nur hinter dem Wall teilweise von Erde überdeckte Autoreifen aufgefunden wurden, in
dem Wall selbst bei der Probenentnahme jedoch keine Reifen festgestellt wurden. Die
wasserrechtliche Erlaubnis erstreckt sich also durch die Inbezugnahme dieses
Prüfberichts keinesfalls auf den Einbau von Altreifen in den Erdwall.
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Der Frage, warum die später durch den Antragsgegner im Bereich des Erdwalls
aufgefundenen und durch Lichtbilder dokumentierten Reifen bei der
Bodenuntersuchung nicht festgestellt wurden, muss in diesem Zusammenhang
ebensowenig nachgegegangen, wie der Frage, wann und in welcher Menge die Reifen
in den Erdwall gelangt sind, denn Anlass zum Einschreiten ist allein die Tatsache, dass
sich bei Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung in dem Erdwall als Abfall
zu qualifizierende Reifen befanden.
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Die Antragstellerin ist auch Besitzerin der Altreifen gemäß § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG, da sie
als juristische Person die tatsächliche Sachherrschaft über diese ausübt. Der von der
Antragstellerin ebenfalls nicht in Abrede gestellte Abfallbesitz folgt jedenfalls aus ihrer
Stellung als Eigentümerin des in Rede stehenden Grundstücks. Er besteht auch, soweit
die Altreifen nicht von den (vormaligen) Grundstückseigentümern oder Nutzern
abgelagert, sondern - wie von der Antragstellerin behauptet - möglicherweise durch
unbekannte Personen unerlaubt auf dem Grundstück abgelagert wurden. Denn auch
bezüglich von Dritten verbotswidrig auf Grundstücken weggeworfener Abfälle ist der
Grundstücksbesitzer regelmäßig Abfallbesitzer. An dem im Rahmen des § 3 Abs. 6
KrW-/AbfG erforderlichen Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft fehlt es nur dann,
wenn das Grundstück aufgrund von gesetzlichen Betretungsrechten der Allgemeinheit
nicht dem Zugriff oder Zutritt Dritter entzogen werden kann,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2003 -7 C 15.02-, BayVBl. 2004, 151;
Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar 2. Auflage 2003, § 3 Rn 58,
32
wofür hier kein Anhaltspunkt besteht.
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Die Heranziehung der Antragstellerin zur Entsorgung der auf dem Grundstück
abgelagerten Altreifen ist auch unter dem Gesichtspunkt der Störerauswahl nicht zu
beanstanden. Dabei bedarf es keiner näheren Prüfung, ob die (vormaligen) Eigentümer
oder Pächter der hier in Rede stehenden Grundstücksteilfläche überhaupt (noch) als
Adressaten einer abfallrechtlichen Beseitigungsanordnung herangezogen werden
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können, da jedenfalls die in der angefochtenen Ordnungsverfügung aus Gründen der
Effektivität der Gefahrenabwehr getroffene Auswahl der Antragstellerin als
Zustandsstörerin nach Aktenlage sachgerecht ist.
Die in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung ausgesprochene Verpflichtung zur
ordnungsgemäßen Entsorgung der Altreifen (vgl. § 27 Abs. 1 KrW-/AbfG) einschließlich
der getroffenen Fristsetzung ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
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Dies gilt auch für die in Ziffer 2. der Verfügung ausgesprochene Verpflichtung,
Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung der Reifen vorzulegen. Rechtliche
Grundlage für diese Anordnung ist § 44 KrW-/AbfG (zuvor § 42 KrW-/AbfG in der bis zum
31.01.2007 gültigen Gesetzesfassung). Die Anordnung ist insbesondere erforderlich
und geeignet, um die oben dargestellte unsachgemäße Entsorgung der Altreifen zu
verhindern und dem Antragsgegner zu ermöglichen, die Erfüllung der Ziffer 1. der
Ordnungsverfügung überprüfen zu können.
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Die Antragstellerin ist den sich aus der bestandskräftigen und rechtmäßigen
Ordnungsverfügung ergebenden Pflichten auch nicht innerhalb der zwischen den
Beteiligten vereinbarten Frist zur Befolgung der Ordnungsverfügung nachgekommen.
Die im Gegenzug zur Rücknahme des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung bis
zum 31. Oktober 2007 verlängerte Frist ist abgelaufen, ohne dass die Antragstellerin die
in dem Erdwall befindlichen Reifen entsorgt und für die bislang von dem Grundstück
entfernten Reifen die verlangten Entsorgungsnachweise vorgelegt hätte.
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Der Vortrag, bei den nunmehr auf dem Grundstück befindlichen Reifen handele es sich
nicht um die Reifen, welche Gegenstand der Ordnungsverfügung waren, sondern um
nachträglich von Unbekannten dort abgelegte, ist nicht nachzuvollziehen. Aus den im
Verwaltungsvorgang befindlichen Lichtbildern ergibt sich anhand der Vegetation und
der Lage der Reifen im Erdreich eindeutig, dass die in dem Erdwall befindlichen Reifen
dort schon seit längerer Zeit liegen müssen.
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Die von der Antragsgegnerin bei dem Ortstermin am 20. November 2007 gewonnenen
Erkenntnisse über die nach wie vor in dem Erdwall liegenden Reifen unterliegt,
entgegen der Ansicht der Antragstellerin, insbesondere keinem „Verwertungsverbot",
weil sich die Mitarbeiter des Antragsgegners unbefugt auf das Grundstück begeben
hätten.
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Unabhängig von der Frage, ob die durch ein unbefugtes Betreten gewonnenen
Erkenntnisse von dem Antragsgegner als Sonderordnungsbehörde bei der
Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht berücksichtigt werden dürften, haben sich die
Mitarbeiter des Antragsgegners nicht rechtswidrig verhalten. Das Recht, auch das
befriedete Besitztum der Antragstellerin ohne deren Zustimmung zu betreten, folgt aus §
40 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG. Der Termin zur Besichtigung des Grundstücks am 20.
November 2007 wurde der Antragstellerin mit Schreiben vom 7. November 2007
angekündigt, so dass sie hinreichende Gelegenheit hatte, über ihre schriftliche
Stellungnahme vom 15. November 2007 hinaus, auch an der Besichtigung
teilzunehmen.
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Anhaltspunkte dafür, dass die Zwangsgeldfestsetzung eine von der Antragstellerin nicht
hinzunehmende Härte begründen könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes in Verbindung mit der Festsetzung eines
Zwangsgeldes ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG zulässig und auch inhaltlich nicht zu
beanstanden. Das angedrohte weitere Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- EUR bewegt
sich im unteren Bereich des durch § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG gesteckten Rahmens, trägt
dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Nichtbefolgung der Verfügung
Rechnung und stellt sich nicht als unverhältnismäßig dar.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3
Gerichtskostengesetz. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine im
selbständigen Vollstreckungsverfahren ergangene Zwangsgeldfestsetzung mit
gleichzeitiger Androhung eines weiteren Zwangsgeldes setzt die Kammer in
Übereinstimmung mit der Praxis des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein -
Westfalen den Streitwert auf ein Viertel des festgesetzten zuzüglich ein Achtel des
angedrohten Betrages fest (Ziffer 1.5. in Verbindung mit Ziffer 1.6.1 des
Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 7/2004, NVwZ 2004, S.
1327).
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2006 - 18 B 1077/06 -, Juris.
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