Urteil des VG Gelsenkirchen vom 13.03.2007

VG Gelsenkirchen: zulage, verwaltungsakt, rücknahme, versetzung, fiskalisches interesse, rechtswidrigkeit, lehrer, behörde, rechtsgrundlage, erlass

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 12 K 2786/03
Datum:
13.03.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 K 2786/03
Schlagworte:
Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, Rücknahme, Jahresfrist,
Rechtsanwendungsfehler, Kenntnis, rechtswidrig, rechtmäßig
Normen:
VwVfG § 48, VwVfG § 48 Abs. 4
Leitsätze:
1. Ein bei Erlass rechtmäßiger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der
infolge einer nachträglichen Änderung der Sachlage rechtswidrig wird,
kann nach § 48 VwVfG mit Wirkung für die Vergangenheit ab Eintritt der
Rechtswidrigkeit zurückgenommen werden.
2. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG setzt erst ein, wenn der
Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erhebliche
Tatsachen vollständig bekannt sind.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d:
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Die am 13. Juli 1956 geborene Klägerin steht als Lehrerin im Dienst des beklagten
Landes. Nachdem sie am 24. April 1981 ihre zweite Staatsprüfung für das Lehramt für
die Sekundarstufe I in den Fächern Englisch und Hauswirtschaft abgelegt und die
entsprechende Befähigung erworben hatte, wurde sie mit Wirkung vom 4. September
1981 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin für die
Sekundarstufe I zur Anstellung ernannt. Die Klägerin wurde der I. -B. -Hauptschule in S.
zugewiesen. Zum Schuljahr 1986/87 erfolgte ihre Versetzung an die L. -L1.
Gesamtschule (Gesamtschule) S. , verknüpft mit einer teilweisen (Rück-) Abordnung an
die I. -B. -Hauptschule S. .
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Die Klägerin wandte sich unter dem 20. Januar 1987 an die Bezirksregierung N. und
wies u. a. darauf hin, dass sie einen "Vergütungsanspruch nach § 77 II BBesG-A 12 plus
Stellenzulage" habe. Ihr sei bekannt, dass Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt
der Sekundarstufe I der Gesamtschule S. nach § 77 II BBesG bezahlt würden.
Demzufolge werde sie hinsichtlich ihrer Besoldung trotz gleicher Ausbildung ungleich
behandelt. Die Bezirksregierung N. führte in ihrer Antwort unter dem 4. Februar 1987
aus, es bestehe die Möglichkeit für Lehrer mit der Befähigung für die Sekundarstufe I,
eine Zulage zu bekommen, wenn sie an einer Gesamtschule tätig seien und im
Realschul- bzw. Gymnasialbereich eingesetzt würden. Diese Voraussetzungen habe
die Klägerin frühestens mit ihrer Versetzung zum 1. August 1986 erfüllt. Aus näher
bezeichneten Gründen könne ihr zur Zeit die Zulage nicht gewährt werden, sie sei aber
bereits in einer Liste notiert. Die Klägerin erkundigte sich unter dem 4. Februar 1988 bei
der Bezirksregierung N. danach, welchen Platz sie auf der Liste einnehme und wann sie
mit der Zulage rechnen könne. Hierauf erwiderte die Bezirksregierung N. unter dem 25.
Februar 1988, vor der Klägerin rangierten noch ca. 30 Lehrkräfte. Es könne noch nicht
gesagt werden, wann sie die Zulage erhalte.
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Im Anschluss an die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geführte
Korrespondenz mit der Bezirksregierung N. teilte Letztere der Klägerin unter dem 17.
November 1989 mit, dass der Klägerin auf Grund der Stellenzuweisung durch den
Kultusminister rückwirkend ab dem 1. August 1989 die "Zulage f. Sekundar-stufe I
Lehrerinnen/Lehrer an Gesamtschulen gem. § 77 (2) BBesG" gewährt werde. Ihr
Widerspruch sei gegenstandslos geworden, von einer gesonderten Bescheidung werde
abgesehen. Ergänzend ist in dem eigens Zulagen von Beamten betreffenden Formblatt
STD 403 vom 14. November 1989 gegenüber der Klägerin ausgeführt, sie erhalte
"Widerruf l. Stellenzulage gem. § 77 (2) BBesG ab 1.8.1989".
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Auf ihren Antrag wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. Februar 1997 von der
Gesamtschule S. an die Gemeinschaftshauptschule an der I1. Straße (Hauptschule) I2.
versetzt. Die Klägerin erhielt weiterhin die Stellenzulage. Das Landesamt für Besoldung
und Versorgung Nordrhein- Westfalen (LBV) forderte mit Bescheid vom 25. Juni 1998
einen Betrag von 4.939,54 DM zurück. Die Stellenzulage habe der Klägerin mit ihrer
Versetzung an die Hauptschule I2. nicht mehr zugestanden. Für den Zeitraum vom 1.
Februar 1997 bis zum 30. Juni 1998 habe sich eine Zuvielzahlung in besagter Höhe
ergeben. Die laufende
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Zahlung der Stellenzulage werde im Monat Juli 1998 eingestellt. Die Zuvielzahlung
vermindere sich um die Nachzahlung im Hinblick auf die Erhöhung der Dienstbezüge
für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1998 in Höhe von 277,86 DM auf
4.661,68 DM. Es werde eine monatliche Rate von 310,78 DM eingeräumt; dies sei
angemessen, aber auch ausreichend, um unbillige Härten zu vermeiden. Den hiergegen
erhobenen Widerspruch wies das LBV durch Bescheid vom 2. Oktober 1998 zurück. Die
Klägerin erhob daraufhin vor dem erkennenden Gericht Klage (12 K 7125/98). Dieses
wies in der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2002 darauf hin, dass die
Rechtsgrundlage für die Gewährung der Zulage ein Verwaltungsakt sei, der noch nicht
beseitigt worden sei. Daraufhin hob der Beklagte die angefochtenen (Rückforderungs-)
Bescheide auf, das Klageverfahren wurde auf Grund beiderseitiger
Erledigungserklärungen beendet.
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Nachdem sich das LBV und die Bezirksregierung N. bereits am 9. Dezember 2002
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hinsichtlich der aus ihrer Sicht ungeklärten Rechtslage bezüglich der Rückforderung
fernmündlich korrespondiert hatten, erhielt die Bezirksregierung N. am 8. Januar 2003
vom LBV die gerichtliche Sitzungsniederschrift mit der darin enthaltenen Bewertung der
Rechtslage durch das erkennende Gericht. Ergänzend hierzu schilderte das LBV
gegenüber der Bezirksregierung N. unter dem 29. Januar 2003 den Verlauf und den
Ausgang des Rückforderungsverfahrens.
Die Bezirksregierung N. nahm nach vorheriger Anhörung durch Bescheid vom 3. April
2003 den der Zulagengewährung zugrunde liegenden Bescheid vom 17. November
1989 (in Verbindung mit STD 403 vom 14. November 1989) rückwirkend zum 1. Februar
1997 gemäß § 48 VwVfG zurück. Die Zulage habe bei einer Tätigkeit u. a. an einer
Gesamtschule gewährt werden können, nicht jedoch bei einer Tätigkeit an einer
Hauptschule. Da die Klägerin mit Wirkung vom 1. Februar 1997 von der L. - L1. -
Gesamtschule in S. an die Gemeinschaftshauptschule an der I1. Straße in I2. versetzt
worden sei, sei mit dem Wirksamwerden dieser Versetzung die Voraussetzung für die
Zahlung der Zulage entfallen. Die Zulage stehe der Klägerin somit seit dem 1. Februar
1997 nicht mehr zu, so dass der Verwaltungsakt seit diesem Zeitpunkt rechtswidrig sei.
Bei der Klägerin sei ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand des
Verwaltungsakts nicht gegeben. Sie habe mit Schreiben vom 20. Januar 1987 und
weiteren Schreiben die Zulage jeweils mit dem Hinweis auf § 77 Abs. 2 BBesG begehrt.
Es sei davon auszugehen, dass ihr der Inhalt der gesetzlichen Vorschrift auch schon zu
diesem Zeitpunkt im Wesentlichen bekannt gewesen sei. Sie habe daher Kenntnis
davon
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gehabt, dass die Gewährung der Zulage für eine Tätigkeit an einer Hauptschule nicht
möglich gewesen sei. Ihr sei eine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit
vorzuwerfen. Selbst wenn man ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des
Verwaltungsakts annähme, wäre dieses Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen
Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig. Durch die Rücknahme werde der
Zustand wieder hergestellt, den das Bundesbesoldungsgesetz vorsehe. Darüber hinaus
bestehe ein fiskalisches Interesse an der Vermeidung nicht gerechtfertigter Ausgaben
und der Rückführung zu Unrecht erfolgter Leistungen in den öffentlichen Haushalt.
Demgegenüber träten private Interessen an dem Fortbestand des Verwaltungsakts
zurück. In diesem Sinne sei das Ermessen pflichtgemäß ausgeübt worden.
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Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung N. durch
Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2003 zurück.
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Die Klägerin hat am 3. Juni 2003 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die
Voraussetzungen des § 48 VwVfG lägen nicht vor. Der die Zulage bewilligende
Bescheid sei nicht rechtswidrig. Ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig
sei, bemesse sich nach der zur Zeit seines Erlasses maßgeblichen Sach- und
Rechtslage. Durch spätere Änderung der Sach- und (oder) Rechtslage könne ein
ursprünglich rechtmäßiger Verwaltungsakt weder rechtswidrig noch ein ursprünglich
rechtswidriger Verwaltungsakt rechtmäßig werden. Selbst wenn § 48 VwVfG anwendbar
wäre, stünde der Aufhebung des in Rede stehenden - die Zulage gewährenden -
Bescheides die (überschrittene) Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen. Eine
Lehrkraft, die über keinerlei juristische Kenntnisse verfüge, müsse nicht schlauer sein
als ihr Dienstherr. Wenn die Bezirksregierung meine, sie - die Klägerin - hätte zum 1.
Februar 1997 Kenntnis davon gehabt, dass ihr die Zulage nicht zustehe, so gelte dies
gleichfalls für die Bezirksregierung.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Bezirksregierung N. vom 3. April 2003 und deren
Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2003 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte trägt vor, bei der Gewährung einer Stellenzulage handele es sich um
einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Werde ein solcher Verwaltungsakt
nachträglich rechtswidrig, sei § 48 VwVfG anwendbar. § 48 Abs. 4 VwVfG greife zu
Gunsten der Klägerin nicht ein. Die bloße Kenntnis der "nackten" Tatsachen reiche nicht
aus, dass die Frist in Lauf gesetzt werde. Zusätzlich sei erforderlich, dass die Behörde
auch die fehlerhafte Rechtsanwendung auf ihr bekannt gewordene oder auch von
Anfang an bekannte Tatsachen erkenne. Sie müsse sich der Rechtswidrigkeit des
betroffenen Verwaltungsakts und der Notwendigkeit, wegen dieser Rechtswidrigkeit
über eine eventuelle Rücknahme zu entscheiden, bewusst sein. Ihm - dem Beklagten -
sei erst durch das Schreiben des LBV vom 29. Januar 2003 bewusst geworden, dass
die Klägerin die Stellenzulage seit dem 1. Februar 1997 zu Unrecht bezogen habe. Erst
zu diesem Zeitpunkt habe er Gewissheit über die rechtliche Bewertung des
Rückforderungsbescheides des LBV durch das erkennende Gericht erhalten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der Gerichtsakte 12 K 7125/98 sowie der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Die angefochtenen Bescheide der Bezirksregierung N. vom 3. April 2003 und 22. Mai
2003 sind rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Aufhebung des die Zulage gewährenden Bescheides vom 17.
November 1989 (einschließlich STD 403 vom 14. November 1989) ist § 48 VwVfG
NRW. Denn ein bei seinem Erlass rechtmäßiger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der
infolge einer nachträglichen Änderung der Sachlage rechtswidrig wird, kann nach § 48
VwVfG NRW mit Wirkung für die Vergangenheit ab Eintritt der Rechtswidrigkeit
zurückgenommen werden.
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BVerwG, Urteil vom 14. November 1985 - 2 C 37.83 -; OVG NRW, Urteil vom 26. August
1987 - 6 A 1910/84 -, NVwZ-RR, 1988, 1 f.
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Die Bezirksregierung N. hat in ihren angefochtenen Bescheiden eingehend dargelegt,
dass es sich bei der Gewährung der Zulage ab dem 1. August 1989 um einen
Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele, dass dieser bis zur Versetzung der Klägerin
an die Hauptschule I2. zum 1. Februar 1997 rechtmäßig gewesen, anschließend jedoch
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rechtswidrig geworden sei. Insoweit wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die
zutreffenden Gründe in den angefochtenen Bescheiden verwiesen. Ergänzend und
wiederholend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der
Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die Klägerin habe nicht erkennen können,
dass ihr die Zulage nach ihrer Versetzung an die Hauptschule I2. nicht mehr zustehe,
folgendes anzumerken: Schon in ihrem Schreiben vom 20. Januar 1987 weist die
Klägerin gegenüber der Bezirksregierung darauf hin, dass ihr als Lehrerin mit der
Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I und einer Tätigkeit an der
Gesamtschule eine Stellenzulage zustehe. Die Ansicht der Klägerin wird durch das an
sie gerichtete Schreiben der Bezirksregierung N. vom 4. Februar 1987 bestätigt. Darin
heißt es, es bestehe die Möglichkeit für Lehrer mit der Befähigung für die Sekundarstufe
I, eine Zulage zu bekommen, wenn sie an einer Gesamtschule tätig seien und im
Realschul- bzw. Gymnasialbereich eingesetzt würden. Diese Voraussetzungen erfülle
die Klägerin mit ihrer Versetzung zum 1. August 1986. Unter Bezugnahme auf das
vorgenannte Schreiben fragte die Klägerin unter dem 4. Februar 1988 bei der
Bezirksregierung N. nach, wann sie mit der Zulage rechnen könne. Hierauf erwiderte die
Bezirksregierung N. unter dem 25. Februar 1988, sie - die Klägerin - sei auf der Liste der
Sekundarstufe I-Lehrer an Gesamtschulen, die noch keine Zulage erhielten,
eingetragen. Allein schon aus dieser Korrespondenz wird deutlich, dass es die Klägerin
nicht nur hätte wissen können, dass ihr die Zulage während ihrer Tätigkeit an der
Hauptschule I2. nicht zusteht, sondern dass sie es zum Zeitpunkt ihrer Versetzung von
der Gesamtschule S. an die Hauptschule I2. auch wusste.
Der Rücknahme des die Zulage gewährenden Bescheides vom 17. November 1989
steht nicht die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW entgegen. Erhält hiernach die
Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen
Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit
dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Diese Frist hat die Bezirksregierung N.
nicht überschritten.
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Die Kenntnis davon, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, setzt für sich allein die
Rücknahmefrist nicht in Lauf. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW verlangt vielmehr, dass
der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen
vollständig bekannt sind. Die positive Kenntnis der Behörde ist also anzunehmen, wenn
der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des
Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen
Überprüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter die die Rücknahme des
Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen feststellt. Da Gegenstand dieser
Feststellung zunächst der konkrete Rechtsanwendungsfehler ist, auf dem die
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beruht, kann eine fristerhebliche Feststellung erst
nach Erlass des Verwaltungsakts getroffen werden.
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BVerwG, Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1984 - Gr. Sen. 1, 2.84 -,
DVBl. 1985, 522, 524.
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Die für die Rücknahme des die Stellenzulage gewährenden Bescheides zuständige
Bezirksregierung N. ist ausweislich der Personalakten erstmalig durch Schriftsatz der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 7. November 2002 - eingegangen am 11.
November 2002 - auf das Rückforderungsbegehren des LBV hingewiesen worden.
Darin wurde die Auffassung vertreten, die Klägerin habe einen Anspruch auf die
Stellenzulage, weil die mit Verfügung vom 14. November 1989 widerruflich gewährte
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Stellenzulage zu keinem Zeitpunkt widerrufen worden sei. Sie forderten die
Bezirksregierung N. auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Stellenzulage auch ab dem 1.
Juli 1998 gezahlt werde. In einem Vermerk der Bezirksregierung N. vom 9. Dezember
2002, der sich zu einem Gespräch eines Justitiars des LBV mit der Bezirksregierung N.
verhält, welches im Hinblick auf die im Rückforderungsverfahren 12 K 7125/98
anberaumte mündliche Verhandlung geführt worden ist, wird deutlich, dass zu jenem
Zeitpunkt weder beim LBV noch bei
der Bezirksregierung N. die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der zurückgeforderten
Stellenzulage abschließend rechtlich bewertet worden ist. Danach ist dem Bediensteten
des LBV nicht klar gewesen, ob er in der mündlichen Verhandlung dahingehend
argumentieren solle, dass ein förmlicher Widerruf der Zulage nicht erforderlich gewesen
sei. Hierauf hatte der Bedienstete der Bezirksregierung N. erwidert, dass er über keine
dementsprechende Erkenntnisse verfüge. Schließlich erhielt die Bezirksregierung N.
vom LBV am 8. Januar 2003 die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung
im Verfahren 12 K 7125/98 vom 10. Dezember 2002, in der das erkennende Gericht
eindeutige Hinweise zur Sach- und Rechtslage gegeben hatte. In den
Rechtsausführungen des Gerichts wurde dargelegt, dass der Klage stattzugeben sei, da
eine Überzahlung nicht vorliege. Rechtsgrund für die Zahlung sei der Bogen STD 403
vom 14. November 1998 im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 17. November
1998.
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Nach alledem stand für den Amtswalter der Bezirksregierung N. frühestens mit dem
Hinweis der Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch Schriftsatz vom 7. November
2002, spätestens mit dem Erhalt der Sitzungsniederschrift über die mündliche
Verhandlung im Verfahren 12 K 7125/98 vom 10. Dezember 2002 fest, dass die
Gewährung der Stellenzulage auch über den 31. Januar 1997 (Versetzung an die
Hauptschule I2. ) hinaus mit rechtlicher Grundlage erfolgt ist und erst die Beseitigung
der Rechtsgrundlage erfolgen muss, um die auch ab dem 1. Februar 1997 gewährte
Stellenzulage rechtmäßig durch das LBV zurückfordern zu können. Die streitbefangene
Rücknahme der die Gewährung der Stellenzulage ab dem 1. Februar 1997
legitimierende Bescheide ist durch Bescheid vom 3. April 2003 erfolgt, mithin innerhalb
der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.
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