Urteil des VG Gelsenkirchen vom 03.03.2009

VG Gelsenkirchen: aufschiebende wirkung, entziehung, rechtskraft, einspruch, rücknahme, verwarnung, geschwindigkeitsüberschreitung, beratung, entziehen, zivilprozessordnung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 43/09
Datum:
03.03.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 43/09
Schlagworte:
Punkte, Entziehung der Fahrerlaubnis, Tattagprinzip
Normen:
StVG § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Regelung der Vollziehung wird auf Kosten des
Antragstellers abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbeschadet der wirtschaftlichen
und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers abzulehnen, weil die beabsichtigte
Rechtsverfolgung, wie sich aus Nachstehendem ergibt, keine hinreichenden Aussichten
auf Erfolg bietet, § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Satz 1
der Zivilprozessordnung (ZPO).
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 239/09 gegen die Ordnungsverfügung des
Antragsgegners vom 00.00.0000 anzuordnen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des
vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu
Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung, durch die der
Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen hat, offensichtlich
rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die Ausführungen in der angegriffenen Verfügung des
Antragsgegners, die sie sich zu eigen macht (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
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Im Hinblick auf die Klage- und Antragsbegründung ist hinzuzufügen, dass gemäß § 4
Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG derjenige als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt,
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der mit 18 oder mehr Punkten im Verkehrszentralregister eingetragen ist; in diesem Fall
hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass ihr ein
Ermessensspielraum eingeräumt wäre. Dabei ist sie gemäß Satz 2 der Vorschrift an die
rechtskräftigen Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gebunden.
So liegt der Fall hier; der Antragsteller ist vorliegend mit 18 Punkten im
Verkehrszentralregister eingetragen. Die zeitliche Dichte der aufeinanderfolgenden
Verkehrsverstöße ist auch - entgegen der Ansicht des Antragstellers - so hoch, dass
gerade die schnellstmögliche Tilgung von zwei Jahren (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG)
wegen nachfolgender Taten nicht eintreten konnte. Im Übrigen ist die Ahndung des
Verkehrsverstoßes vom 00.00.0000 erst am 00.00.0000 rechtskräftig geworden, so dass
die Tilgungsfrist erst zu diesem späteren Zeitpunkt beginnt (vgl. § 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG)
und noch nicht abgelaufen ist. Die Kammer hat mit Rücksicht darauf, dass der
Antragsteller eine fehlerhafte Eintragung der Rechtskraft geltend gemacht hat, die
Bußgeldakte der Kreisverwaltung S. -I. beigezogen, aus der sich ergibt, dass der
Antragsteller - entgegen seiner anders lautenden Behauptung - gegen den
Bußgeldbescheid vom 00.00.0000 (Tattag: 00.00.000003) Einspruch erhoben hatte, so
dass Rechtskraft erst nach Rücknahme bzw. Verwerfung des Einspruchs am 00.00.0000
eingetreten ist (Beiakte Heft 2).
Reduzierungstatbestände, namentlich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 S. 2 StVG,
sind nicht erfüllt. Denn der Antragsteller hat an der freiwilligen verkehrspsychologischen
Beratung nicht teilgenommen. Er ist auf diese Möglichkeit auch mit der Anordnung vom
00.00.0000 zur Teilnahme am Aufbauseminar hingewiesen worden; der entsprechende
Text ist in den Hinweisen unter Ziff. 3 klar und deutlich gefasst. Sollte der Antragsteller
hierüber tatsächlich im Unklaren gewesen sein, so hätte es nahegelegen, den
Antragsgegner kurz telefonisch zu befragen.
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Im Übrigen sind gegen den Antragsteller vor Erreichen von 14 und 18 Punkten die
Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 (Verwarnung vom 00.00.0000 beim Stand von
10 Punkten) und Nr. 2 StVG (Aufbauseminaraufforderung vom 00.00.0000 beim Stand
von 17 Punkten) ergriffen worden. Da der Antragsteller nach dem Seminarbesuch
(September 2007) am 00.00.0000 noch eine Geschwindigkeitsüberschreitung (1 Punkt)
begangen hat, entspricht die Entziehung mit nunmehr 18 Punkten § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr.
3 StVG.
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Weil es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis um eine gebundene Entscheidung
handelt, ist es darüber hinaus weder dem Antragsgegner noch dem Gericht möglich, die
dargestellten beruflichen und familiären Schwierigkeiten des Antragstellers, die sich aus
dem Verlust der Fahrerlaubnis ergeben, zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht mit
3.750 EUR der Praxis bei Streitigkeiten um die Fahrerlaubnis der Klassen B und C in
einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren.
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