Urteil des VG Gelsenkirchen vom 08.06.2010
VG Gelsenkirchen (aufschiebende wirkung, antragsteller, antrag, vollziehung, verwaltungsgericht, verfügung, haschisch, interesse, stand, tätigkeit)
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 495/10
Datum:
08.06.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 495/10
Schlagworte:
Gewerbeuntersagung
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Regelung der Vollziehung wird auf Kosten des
Antragstellers abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbeschadet der wirtschaftlichen
und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers abzulehnen, weil die beabsichtigte
Rechtsverfolgung, wie sich aus Nachstehendem ergibt, keine hinreichenden Aussichten
auf Erfolg bietet, § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. § 114 Satz 1
der Zivilprozessordnung - ZPO -.
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 1981/10 gegen die Ordnungsverfügung der
Antragsgegnerin vom "5. April 2010" (richtig: 5. Mai 2010) wiederherzustellen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber nicht
begründet. Die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung, mit der dem
Antragsteller die weitere selbstständige Ausübung des ausgeübten Gewerbes (Imbiss)
und jeder anderen selbstständigen und leitenden unselbstständigen gewerblichen
Tätigkeit wegen Unzuverlässigkeit auf Dauer untersagt worden ist, ist im
überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Demgegenüber muss das private
Interesse des Antragstellers an einer weiteren selbstständigen oder leitenden unselbst-
ständigen gewerblichen Tätigkeit zurückstehen.
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An der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung bestehen nämlich nach der im
vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen
Zweifel. Der Antragsteller ist unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 der
Gewerbeordnung - GewO -. Die Gewerbeuntersagung ist auch unter Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zum Schutz der Allgemeinheit vor weiteren
Schadenszufügungen durch den Antragsteller notwendig. Dies gilt auch bezüglich der
erweiterten Untersagung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO auf die
zutreffende Begründung der angefochtenen Verfügung Bezug genommen.
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Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller im Klage- und
Antragsverfahren keine Tatsachen vorgetragen hat, die eine andere Beurteilung
ermöglichten. Soweit er nunmehr behauptet, die Aussagen des Zeugen hinsichtlich des
ihm vorgeworfenen Drogenhandels aus seinem Imbiss heraus seien unzutreffend, kann
dem nach Aktenlage nicht gefolgt werden. Denn dessen Aussagen vom 16. und 18.
Februar 2010 (Bl. 47 ff und 82 f des Verwaltungsvorgangs - VV -) sind so detailiert und
lebensnah, dass allein die bloße gegenteilige Behauptung des Antragstellers diese
nicht erschüttern können. Im Übrigen kommt hinzu, dass bei der Durchsuchung des
Imbisses mit über 300 Gramm eine Menge Haschisch aufgefunden worden ist, die
offensichtlich nicht nur für den Eigenbedarf angeschafft worden ist, zumal auch die
erforderliche Feinwaage vorhanden war. Auch spricht die von der Polizei bei dem
Auffinden des Haschisch am 17. Februar 2010 protokollierte Aussage des Antragstellers
(Bl. 61 VV), er müsse sich für die Versorgung seiner Familie auch solcher Geschäfte
bedienen, für die Richtigkeit der Aussagen des Zeugen. Angesichts der Eindeutigkeit
der polizeilichen Feststellungen und der Zeugenaussagen konnte die Antragsgegnerin
diesen Sachverhalt ihrer Entscheidung zu Grunde legen.
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Darüber hinaus ist es weiter nicht erforderlich, dass der Antragsteller wegen der ihm
vorgeworfenen Straftaten des Drogenhandels rechtskräftig verurteilt sein müsste, ehe
ein solcher Sachverhalt für eine Gewerbeuntersagung berücksichtigt werden könnte.
Denn nach übereinstimmender Rechtsauffassung sind Straftaten auch vor einem
Strafverfahren bzw. einem Strafurteil zu berücksichtigen, wenn die Behörde wie
vorliegend den bereits ermittelten Sachverhalt selbstständig prüft und bewertet.
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Vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung (Stand: August 2009), § 35 Rdnr.
42; Heß in Friauf, Gewerbeordnung (Stand: Mai 2010), § 35 Rdnr. 122; Tettinger/Wank,
Gewerbeordnung, 7. Aufl. 2004, § 35 Rdnr. 39.
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Auch aus Sicht des Gerichts sind die inzwischen per Anklageschrift der
Staatsanwaltschaft Bochum (34 Js 139/10) vom 7. Mai 2010 erhobenen Vorwürfe derart
schwerwiegend, dass sie die Unzuverlässigkeit des Antragstellers begründen. Aus den
in der Ordnungsverfügung dargestellten Gründen, denen sich die Kammer anschließt,
ist deshalb auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der
Streitwertpraxis des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bei sog.
erweiterten Gewerbeuntersagungsverfahren (vgl. Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 4 B
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1637/04 -, NVwZ-RR 05, 215).
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