Urteil des VG Gelsenkirchen vom 13.09.2006

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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 1205/06
Datum:
13.09.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 1205/06
Schlagworte:
Fahrerlaubnis; Entziehung; Cannabis; Drogen; Schutzbehauptung;
Führen eines Kraftfahrzeuges
Tenor:
1. Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 21. Juli 2006 wiederherzustellen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 der VwGO zulässig, aber unbegründet.
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Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende
Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung
bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Zur
Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
Ausführungen in der angegriffenen Verfügung des Antragsgegners vom 21. Juli 2006,
denen sie folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
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Ausgangspunkt der Betrachtung ist im vorliegenden Fall, dass der Antragsteller am 8.
April 2006 ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss geführt und dadurch bewiesen hat,
dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
15. Dezember 2003 - 19 B 2493/03 -.
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Der in seinem Blut nach dem Ergebnis des toxikologischen Gutachtens von Prof. Dr.
med. B. N. (Institut für Rechtsmedizin der Universität C. ) vom 21. Juni 2006 festgestellte
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THC-Wert von 2,9 ng/g übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 StVG durch die
Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/g bzw. ml und rechtfertigt daher die
Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der
Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses Grenzwertes ist nämlich für die Annahme
relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend.
Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 -
mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur; Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg (VGH Mannheim), Beschluss vom 27. März 2006 - 10 S 2519/05 -,
NJW 2006, 2135.
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Die Einlassung des Antragstellers, er habe die Droge nicht bewusst eingenommen,
sieht das Gericht als Schutzbehauptung an. Der Antragsteller hat keinerlei plausible
Sachverhaltsschilderung oder Erklärung dafür gegeben, dass und warum ein Gast der
Party, an der er teilgenommen hat, Haschisch-Muffins auf das allen zugängliche Buffet
gestellt hat, ohne die übrigen Gäste zu informieren. Zwar hat der Antragsteller nur
vorgetragen, er habe von den Haschisch-Muffins nichts gewusst. Bei lebensnaher
Betrachtung ist aber davon auszugehen, dass auf der Party über die Haschisch-Muffins
geredet worden wäre, wenn die anderen Gäste nicht ahnungslos waren. Der
Antragsteller hat angegeben, er habe bis auf Kartoffelsalat so ziemlich alles gegessen,
was angeboten worden sei. Dann kann er nicht so erhebliche Mengen der angeblich mit
Haschisch versetzten Muffins verzehrt haben, dass noch Stunden später eine THC-
Konzentration von 2,9 ng/ml festgestellt werden konnte, es sei denn, die Muffins wären
mit ungewöhnlich viel Haschisch hergestellt worden. Davon ist aber bislang nicht die
Rede gewesen. Alles in allem wirkt der Vortrag des Antragstellers unsubstantiiert und
unglaubhaft.
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Vgl. zu Darlegungsanforderungen etwa VGH Mannheim, Beschluss vom 22. November
2004 - 10 S 2182/04 -, VRS 108 (2005), 123; VGH München, Beschluss vom 13.
Dezember 2005 - 11 CS 05.1350 -.
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Ganz maßgeblich spricht schließlich gegen die Behauptung des Antragstellers der
Umstand, dass er den Bußgeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt E. vom 10.
Juli 2006 mit der Sachverhaltsfeststellung hat rechtskräftig werden lassen, er habe ein
Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis geführt. Immerhin ist in dem
Bußgeldbescheid auch ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden. Zwar besteht
zu Lasten des Antragstellers keine förmliche Bindungswirkung an diese
Sachverhaltsfeststellung - nach § 3 Abs. 4 StVG ist die Fahrerlaubnisbehörde lediglich
gehalten, nicht zum Nachteil des Betroffenen abzuweichen. Es ist aber in keiner Weise
nachvollziehbar, dass der Antragsteller nicht bereits im vorangegangenen
Bußgeldverfahren vorgetragen hat, Opfer einer unbewussten Drogengabe geworden zu
sein. Dies wäre das Naheliegendste gewesen. Stattdessen hat er am 13. Juli 2006 bei
der Bußgeldstelle Rechtsmittelverzicht erklärt, seinen Führerschein abgegeben und
Ratenzahlung vereinbart. Dieses Verhalten kommt einem Schuldeingeständnis gleich
und muss der Antragsteller auch jetzt noch gegen sich gelten lassen.
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Angesichts der feststehenden Ungeeignetheit des Antragstellers bestehen auch keine
Bedenken an der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Es
bleibt ihm aber unbenommen, den Nachweis seiner Kraftfahreignung im
Widerspruchsverfahren durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu
führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 FeV).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes und
entspricht der Praxis bei Streitigkeiten um die Fahrerlaubnis der Klasse B.
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