Urteil des VG Gelsenkirchen vom 23.09.2008

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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 953/08
Datum:
23.09.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 953/08
Schlagworte:
Fahrerlaubnis, Entziehung, Kokain
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 4171/08 des Antragstellers gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 31. Juli 2008 wiederherzustellen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber
unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende
Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Entziehung der
Fahrerlaubnis bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist.
Zur Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
Ausführungen in der angegriffenen Verfügung des Antragsgegners, denen sie folgt (vgl.
§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Mit Rücksicht auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren ist ergänzend darauf
hinzuweisen, dass die Einnahme von Kokain die Kraftfahreignung unabhängig davon
ausschließt, ob dadurch die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt war oder nicht. Es kommt
nicht einmal darauf an, ob unter der Wirkung dieser sog. harten Drogen ein
Kraftfahrzeug geführt worden ist. (Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV; vgl.
auch: Nr. 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung des gemeinsamen
Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit, Berichte der
Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach, Februar 2000). Dass der
Antragsteller Kokain (und Amphetamin) konsumiert hat, wird von ihm nicht bestritten. Es
ergibt sich auch aus dem rechtsmedizinischen Gutachten des Chemischen
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Untersuchungsamtes I. vom 28. Februar 2007, demzufolge beim Antragsteller am 28.
Januar 2007 eine Kokainkonzentration von 30,0 ng/ml nachgewiesen worden ist. Ferner
waren - ohne dass es darauf ankommt - Rückstände von Amphetaminen im Urin
nachweisbar. Schon der einmalige Konsum harter Drogen ist grundsätzlich
ausreichend, die Kraftfahreignung zu verneinen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 - 16 B 332/07 -, VRS 112 (2007), 371;
BayVGH, Beschlüsse vom 20. September 2006 - 11 CS 05.2143 -, juris, und 14. Februar
2006 - 11 CS 05.1406 -, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 30. März 2006 -1 W 8/06 -,
juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2004 - 10 S 2182/04 -,
VRS 108 (2005), 123 f; OVG Brandenburg, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 4 B 37/04 -,
VRS 107 (2004), 397; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 16. Februar 2004 - 12 ME60/04 -
, Blutalkohol Nr. 41, 475 (ST) (2004), und 16. Juni 2003 - 12 ME 172/03 -, DAR 2003,
432 f.; a.A. nur: HessVGH, Beschluss vom 14. Januar 2002 - 2 TG 30008/01 -, ZfSch
2002, 599.
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Im Übrigen ist die Behauptung, bei dem Konsum am 28. Januar 2007 habe es sich um
ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt, als Schutzbehauptung zu werten, denn der
Antragsteller war darüber hinaus noch im Besitz weiteren Kokains zum Eigengebrauch
(aufgefunden in seiner Geldbörse) und er hat auch in seiner Ersteinlassung vor der
Polizei sowie vor dem Strafgericht zu keinem Zeitpunkt von Erstkonsum geredet,
sondern (unterschiedliche) Angaben dazu gemacht, wie weit der Kokainkonsum bereits
zurückliege. Er habe sich deshalb fahrtüchtig gefühlt s. beigezogene Strafakte 181 Js
64/07 StA Dortmund).
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Ein Ermessen steht dem Antragsgegner bei feststehender Ungeeignetheit nicht zu.
Angesichts dessen bestehen auch keinerlei Bedenken gegen die Anordnung der
sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Die vom Antragsteller ausgehende
Gefahr für die Allgemeinheit erscheint zu groß, als dass sie bis zur Entscheidung der
Hauptsache hingenommen werden könnte. Vielmehr besteht ein das
Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegendes öffentliches Interesse daran, ihn
durch eine sofort wirksame Maßnahme vorläufig von der Teilnahme am motorisierten
Straßenverkehr auszuschließen. Die geltend gemachten beruflichen Nachteile muss der
Antragsteller hinnehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die
Entziehung der Fahrerlaubnis inzwischen nicht mehr vorliegen. Es bleibt dem
Antragsteller unbenommen, den hierfür erforderlichen Nachweis in einem späteren
Wiedererteilungsverfahren durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu
führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 FeV).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Dabei wird der Streitwert für die Klasse B
von 5.000,- Euro wegen des nur vorläufigen Charakters der Entscheidung auf die Hälfte
reduziert.
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