Urteil des VG Gelsenkirchen vom 15.01.2008

VG Gelsenkirchen: getrennt lebender ehegatte, anspruch auf bewilligung, rente, verkehr, see, bahn, begriff, unterkunftskosten, einkünfte, zink

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 11 K 3284/07
Datum:
15.01.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 K 3284/07
Schlagworte:
Transferleistungen, Rente wegen Alters, Erwerbsunfähigkeitsrente,
Bedarfsgemeinschaft, mittelbarer Transferleistungsempfänger
Normen:
WoGG § 1, SGB II §§ 7 und 9
Leitsätze:
Auch mittelbare Transferleistungsempfänger können vom Wohngeld
ausgeschlossen sein. Als Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente zählt
der Ehemann zur Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau.
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter
Beiordnung von Rechtsanwalt N. aus H. wird abgelehnt.
G r ü n d e:
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Der Antrag des Klägers,
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ihm zur Durchführung des Klageverfahrens 1. Instanz mit dem sinngemäßen Antrag,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 2. November 2007 zu
verpflichten, dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2007 Wohngeld als Mietzuschuss in
gesetzlicher Höhe zu bewilligen,
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Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtanwalt N. aus H. zu bewilligen,
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ist - ungeachtet der bislang nicht vorgelegten Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers - gemäß § 166 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung
auch deshalb abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung unter
Berücksichtigung des vom Bundesverfassungsgericht
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vgl. Beschluss vom 30. August 2006 - 1 BvR 955/06 -, Neue Zeitschrift für
Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport 2007, 352 ff.; Beschluss vom 26. Juni 2003 -
1 BvR 1152/02 -, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2003, 3190; Beschluss vom
07. April 2000 - 1 BvR 81/00 -, NJW 2000, 1936/1937
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entwickelten Prüfungsmaßstabes keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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Die als Verpflichtungsklage gemäß § 42 VwGO statthafte Klage wird nach dem
gegenwärtigen Sach- und Streitstand voraussichtlich als unbegründet abzuweisen sein.
Denn der ablehnende Wohngeldbescheid des Beklagten vom 2. November 2007 ist
rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat nämlich auf Grund des von
ihm am 16. Oktober 2007 gestellten Antrages für die Zeit vom 1. Oktober 2007 - der
Bewilligungszeitraum beginnt nach § 27 Abs. 2 Satz 1 des Wohngeld- gesetzes (WoGG)
am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist - keinen Anspruch auf
Bewilligung von Wohngeld als Mietzuschuss nach dem Wohn-geldgesetz.
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Wie der Beklagte in seiner Klageerwiderung vom 10. Dezember 2007 zutreffend
dargelegt hat, sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 WoGG Empfänger von Leistungen des
Arbeitslosengeldes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), bei deren
Berechnung Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden sind, von Wohngeld nach
diesem Gesetz ausgeschlossen. Da die Ehefrau des Klägers und seine Söhne für den
hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 1. Oktober 2007 unstreitig Leistungen nach dem
SGB II einschließlich anteiliger Kosten der Unterkunft erhalten, sind diese
Familienmitglieder als unmittelbare Bezieher von Transferleistungen nach dem Willen
des Gesetzgebers im Interesse einer Verwaltungsvereinfachung vom Bezug von
Wohngeld ausgeschlossen
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Vgl. Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Kommentar zum WoGG, § 1 Rdnr. 28 ff.; Gerlach,
Der Ausschluss der Empfänger von Transferleistungen vom Wohngeld nach dem
WoGG, Zeitschrift für Sozialhilfe/Sozialgesetzbuch (ZFSH/SGB) 2007, 719 ff.;
Wrackmeyer, Zum Verhältnis zwischen SGB II und Wohngeldgesetz, Nachrichtendienst
des Deutschen Vereins, 2007, 45 ff.; Oestreicher, Kommentar zum SGB II, § 5 Rdnr. 11.
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Denn es soll nicht zur gleichzeitigen Inanspruchnahme und gegenseitigen Verrech-
nung zweier bedarfs- und einkommensabhängiger Sozialleistungen kommen.
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Nach Satz 2 des § 1 Abs. 2 Nr. 1 WoGG gelten allerdings als - "mittelbare" - Em-pfänger
der Leistungen nach Satz 1 auch die in § 7 Abs. 3 SGB II genannten Per-sonen, die bei
der gemeinsamen Ermittlung ihres Bedarfs berücksichtigt worden sind
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Vgl. hierzu Bundesrats-Drucksache 666/04, Seite 40; Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba,
Kommentar zum WoGG, § 1 Rdnr. 35 ff.; Gerlach, aaO, ZFSH/SGB 2007, 720/721.
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Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a SGB II gehören zu dieser "Bedarfsgemeinschaft"
neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch der nicht dauernd getrennt lebende
Ehegatte. Ob zur Bedarfsgemeinschaft im Sinne der §§ 7 und 9 SGB II auch solche
Personen gehören können, die selbst von Leistungen nach dem SGB II ausge-
schlossen (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 SGB II) sind, bedarf vorliegend keiner Entscheidung
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Vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R -,
Zeitschrift für das gesamte Fami-lienrecht 2007, 724 <726>; Erlass des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau - und Wohnungswesen vom 28. April 2005 - Az.:
SW 23 - 30 09 98 - 2, Seiten 8 und 9; abgedruckt in Stadler/ Gutekunst/Dietrich/Fröba,
Kommentar zum WoGG, § 1 Rdnr. 35c ff..
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Denn der Kläger fällt nicht unter die allein in Betracht zu ziehende Regelung des § 7
Abs. 4 2.Alternative SGB II. Er erhält ausweislich der Verwaltungsvorgänge von der
Knappschaft Bahn See eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und nicht Rente
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wegen Alters. Auch wenn der Begriff "Rente wegen Alters" im umfassenden Sinne zu
verstehen ist und deshalb alle Bezieher von Altersrenten nach dem SGB VI erfasst
Vgl. Brühl in LPK-SGB II, § 7 Rdnr. 62; Gerenkamp in: Mergler/Zink, Kommentar zum
SGB II, § 7 Rdnr. 53; Valgolio in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 7 Rdnr. 64,
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unterfällt der Kläger mit der von ihm bezogenen Rente nicht dem Ausschlusstatbe-stand
des § 7 Abs. 4 SGB II.
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Die Höhe seiner Rente von 500,90 Euro netto überschreitet auch den auf den Kläger
entfallenden Bedarf an Regelsatzleistungen in Höhe von 312,00 Euro und anteiligen
Unterkunftskosten, unabhängig davon, ob der anteilige Unterkunftsbedarf mit 150,00
Euro (so die Berechnung für die Ehefrau und den Sohn E. ) oder mit 127,50 Euro (so die
Berechnung bis zum 31. August 2007 für den Sohn B. ) anzusetzen ist. Dies hat zur
Folge, dass bei der Berechnung der Leistungen der Ehefrau und des minderjährigen
Sohnes nach dem SGB II nach dessen § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 das Einkommen des
Klägers bedarfsmindernd angerechnet worden ist. Als "mittelbarer"
Transferleistungsempfänger gehört der Kläger damit zur Bedarfsgemeinschaft .
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Das bedeutet mit anderen Worten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Wohn-geld
nicht für Haushalte gewährt wird, die im Rahmen von "Hartz IV" sog. Transfer-leistungen
für die Kosten der Unterkunft erhalten
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Vgl. hierzu die Erläuterungen vom Bundesministerium für Verkehr, Bau - und
Wohnungswesen, Wohngeld 2005, Ratschläge und Hinweise, Seiten 6 und 7,
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so dass von Wohngeldleistungen nicht nur der unmittelbare Bezieher von Leistungen
nach dem SGB II, sondern auch dessen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte
ausgeschlossen ist, wenn seine - für ihn allein ausreichenden - Einkünfte zur Ermittlung
des Bedarfs herangezogen werden.
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Daraus folgt, dass auch der Kläger für den mit dem 1. Oktober 2007 beginnenden
Zeitraum nach den o. a. Bestimmungen des WoGG von dem Bezug von Wohngeld
gesetzlich ausgeschlossen bleibt.
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