Urteil des VG Gelsenkirchen vom 11.06.2008

VG Gelsenkirchen: anerkennung, ausweisung, brustkrebs, klinikum, behandlung, zahl, arbeitsgemeinschaft, vorschlag, anhörung, konzept

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 K 1641/06
Datum:
11.06.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 1641/06
Schlagworte:
Krankenhausplan, Brustzentrum, Rahmenbedingung, Rahmenvorgaben,
Auswahlentscheidung
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor in Höhe von 110 % des jeweils
beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand:
1
Mit Schreiben vom 13. Dezember 2002 beantragte die Beigeladene die Anerkennung
ihres Krankenhauses, des St.-K. -Hospitals E. , als kooperatives Brustzentrum im
Verfahren gemäß § 16 des Krankenhausgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
(KHG NRW). Als Kooperationspartner, auch für operative Leistungen, war das St. S. -
Hospital in D. -S1. vorgesehen; Strahlentherapie, Pathologie und Nuklearmedizin
sollten von niedergelassenen Ärzten abgedeckt werden. In dem Erhebungsbogen gab
die Beigeladene die Zahl der Ersteingriffe bei Mammakarzinomen für das Jahr 2000 mit
ca. 140, für das Jahr 2001 mit 186, für das erste Halbjahr 2002 mit 100 und für das
gesamte Jahr 2002 mit voraussichtlich 200 Eingriffen an.
2
Mit Schreiben vom 10. Februar 2003 beantragte die Trägerin des Klinikums E.
(Beigeladene des Verfahrens 7 K 1642/06) die Anerkennung ihres Krankenhauses als
Brustzentrum unter einem Dach. Im beigefügten Erhebungsbogen wurde angegeben, es
seien 2000/2001 jährlich 181 Ersteingriffe bei Mammakarzinomen durchgeführt worden.
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Mit Schreiben vom 29. bzw. 30. April 2003 beantragten das St.-K1. - Hospital in E1.
(Klägerin) sowie das Marienkrankenhaus T. , das Evangelische Krankenhaus M. und
das Knappschaftskrankenhaus E1. , als kooperatives Brustzentrum anerkannt zu
werden. Aus den jeweils beigefügten Erhebungsbögen ergibt sich, dass das St.-K1. -
Hospital in den Jahren 2000 bis 2002 zwischen 50 und 65 Ersteingriffe bei
Mammakarzinomen durchgeführt hatte, das Evangelische Krankenhaus M. 35 bzw. 33
Ersteingriffe und das Knappschaftskrankenhaus 54 Ersteingriffe im Jahre 2002
durchgeführt hatten. Die Zahl der im Marienkrankenhaus T. durchgeführten Ersteingriffe
ist nicht bekannt, hielt sich aber nach den übereinstimmenden Annahmen der
Beteiligten im vergleichbaren Rahmen. Das Konzept dieses kooperativen
Brustzentrums sah keinen bestimmten Operationsstandort vor; vielmehr wollten die
kooperierenden Krankenhäuser ein gemeinsames mobiles OP-Team einrichten, das
sich ausschließlich auf Erkrankungen der weiblichen Brust konzentrieren sollte. Aus der
Sicht dieser Krankenhäuser entsprach das hochspezialisierte mobile OP-Team einer
senologischen Abteilung an mehreren Standorten, die eigenständig agieren und unter
der Leitung eines anerkannten Operateurs stehen werde. Diese innovative
Organisationsform biete den Vorteil einer wohnortnahen Versorgung auf spezialisiertem
und qualitativ hoch stehendem Niveau. Eingebunden in die bestehenden Kliniken
würden die Patientinnen von Spezialisten operiert und in ihrer gewohnten Umgebung
betreut.
4
Da die Verhandlungen über ein regionales Planungskonzept zur Ausweisung von
Brustzentren im Versorgungsgebiet E1. auf der Basis dieser drei Anträge ergebnislos
blieben, schlug die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-
Lippe der Beklagten vor, das Klinikum E1. einerseits und das St.-K. -Hospital E1. in
Kooperation mit dem St. S. -Hospital D. -S1. andererseits als Brustzentren in den
Krankenhausplan aufzunehmen, wobei die operativen Leistungen des kooperativen
Brustzentrums auf den Standort St.-K. - Hospital konzentriert werden sollten. Mehr als
zwei Brustzentren seien für das Versorgungsgebiet E1. nicht erforderlich. Dabei legte
die Arbeitsgemeinschaft die vom zuständigen Ministerium am 31. Juli 2002 erlassenen
Rahmenbedingungen für eine Anerkennung als Brustzentrum zugrunde. Die Beklagte
schloss sich diesem Vorschlag an und berichtete darüber mit Schreiben vom 30. Januar
2004 dem zuständigen Ministerium. Gleichzeitig beteiligte sie die kommunale
Gesundheitskonferenz E1. . Mit Schreiben vom 4. März 2004 teilte das zuständige
Ministerium den betroffenen Krankenhäusern mit, dass es ebenso wie die Beklagte dem
Vorschlag der Verbände der Krankenkassen folge und insbesondere die modellhafte
Entwicklung eines mobilen OP-Teams nicht für mit der Zielsetzung der
Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen vereinbar halte. Mit Schreiben vom 2.
März 2005 teilte das zuständige Ministerium der Beklagten mit, im Anhörungsverfahren
seien gegen die Anerkennung des Klinikums E1. als Brustzentrum unter einem Dach
und des kooperativen Brustzentrums St.-K. -Hospital E. und St. S. -Hospital D. - S1.
keine Einwendungen erhoben worden; es werde daher gebeten, die entsprechenden
Feststellungsbescheide zu erteilen.
5
Daraufhin lehnte die Beklagte mit gleichlautenden Bescheiden vom 27. April 2005 die
Anträge der Klägerin und ihrer drei Kooperationspartner auf Aufnahme als Brustzentrum
in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein- Westfalen ab. Zur Begründung wurde
darauf hingewiesen, dass von den beteiligten Krankenhäusern die
Mindestvoraussetzungen des Erlasses vom 31. Juli 2002 für die Anerkennung nicht
erfüllt würden; danach sollten Brustzentren mindestens 150 Erstoperationen bei
Neuerkrankungen pro Jahr und mindestens 50 Operationen je Operateur durchführen; in
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begründeten Fällen könnten die operativen Leistungen auf mehrere Standorte verteilt
werden, wenn in den Standorten mindestens 100 Operationen und je Operateur
mindestens 50 Operationen pro Jahr erbracht würden. Diese Zahlen erreiche keines der
beteiligten Krankenhäuser und es erscheine auch nicht realistisch, perspektivisch eine
Steigerung der Anzahl der Ersteingriffe auf mindestens 100 Operationen anzunehmen.
Ebenfalls mit Bescheiden vom 27. April 2005 wurden das Klinikum E1. als Brustzentrum
unter einem Dach (Brustzentrum E1. I) und das Krankenhaus der Beigeladenen in
Kooperation mit dem St. S. - Hospital D. -S1. als kooperatives Brustzentrum
(kooperatives Brustzentrum E1. II) in den Krankenhausplan aufgenommen, wobei das
Krankenhaus der Beigeladenen einziger Operationsstandort sein sollte. Diese
Bescheide wurden in der Folgezeit mehrfach fortgeschrieben.
7
Die Klägerin legte gegen die Ablehnung ihres Antrags Widerspruch ein. Außerdem
legte sie gegen die Feststellungsbescheide für das Klinikum E1. und das Krankenhaus
der Beigeladenen Widerspruch ein, soweit diese Bescheide die Ausweisung der
Krankenhäuser als Brustzentren betrafen.
8
Das St. S. -Hospital D. -S1. legte bei der Bezirksregierung N. Widerspruch gegen die
Nichtanerkennung ihres Krankenhauses als OP-Standort ein. Die Beigeladene teilte der
Beklagten daraufhin mit, die Kooperation mit dem St. S. -Hospital werde nicht
fortgesetzt. Da die Beklagte und das zuständige Ministerium der Ansicht waren, das
Krankenhaus der Beigeladenen erfülle auch nach Beendigung der Kooperation mit dem
St. S. -Hospital in Verbindung mit den verbleibenden Kooperationspartnern im
niedergelassenen Bereich die Voraussetzungen für die Anerkennung als kooperatives
Brustzentrum, erließ die Beklagte am 19. April 2006 einen entsprechend geänderten
Feststellungsbescheid zu Gunsten des Krankenhauses der Beigeladenen. Außerdem
wurde in diesem Bescheid erstmals das Teilgebiet „Senologie" als Unterabteilung der
Abteilung Frauenheilkunde mit sechs Betten von den insgesamt 42 Betten
ausgewiesen. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein.
9
Durch Bescheid vom 20. April 2006 wurde der das Klinikum E1. betreffende
Feststellungsbescheid fortgeschrieben und ebenfalls erstmals das Teilgebiet
„Senologie" als Unterabteilung der Abteilung Frauenheilkunde mit sechs Betten von den
insgesamt 77 Betten ausgewiesen. Die Klägerin legte auch hiergegen Widerspruch ein.
10
Den Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung ihres Antrages, als Brustzentrum in
den Krankenhausplan aufgenommen zu werden, wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006 zurück. Hiergegen hat die Klägerin rechtzeitig
Klage erhoben (7 K 1640/06).
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Ebenfalls mit Widerspruchsbescheiden vom 16. Mai 2006 wies die Beklagte die
Widersprüche der Klägerin gegen den das Klinikum E1. betreffenden
Feststellungsbescheid vom 20. April 2006 und den das Krankenhaus der Beigeladenen
betreffenden Feststellungsbescheid vom 19. April 2006 zurück. Gegen beide Bescheide
hat die Klägerin ebenfalls rechtzeitig Klage erhoben, wobei das vorliegende Verfahren
das Krankenhaus der Beigeladenen und das Verfahren 7 K 1642/06 das Klinikum E1.
betrifft.
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Zur Begründung trägt die Klägerin zusammengefasst in allen Verfahren vor: Die
Anerkennung des Klinikums E1. und des St.-K. -Hospitals E1. als Brustzentren für das
13
Versorgungsgebiet E1. bei gleichzeitiger Ablehnung ihres Antrags sei unzulässig. Die
Auswahlentscheidung der Beklagten sei fehlerhaft gewesen. Die Beklagte habe dem
Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen zugestimmt, ohne eine eigene
Abwägung vorzunehmen. Auch die anschließende Entscheidung des beim Fehlen
eines regionalen Planungskonzepts gemäß § 16 Abs. 5 KHG NRW allein zuständigen
Ministeriums sei ohne dokumentierte und nachvollziehbare Begründung ergangen.
Bei der Schließung von Krankenhäusern oder Abteilungen müsse das Ministerium
gemäß § 16 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Satz 5 KHG NRW die betroffenen Gemeinden anhören.
Dies sei nicht geschehen Die Konzentration der Brustkrebsbehandlung auf Brustzentren
bewirke den Fortfall entsprechender Kapazitäten anderer Krankenhäuser; dies löse
nach Sinn und Zweck der Vorschrift ein entsprechendes Anhörungserfordernis der
Gemeinden aus.
14
Die Entscheidung der Beklagten sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie bei ihrer
Auswahlentscheidung die Zahlen über die Erstoperationen zu Grunde gelegt habe, die
die betroffenen Krankenhäuser angegeben hätten, ohne diese Zahlen kritisch zu
hinterfragen. Die Belastbarkeit der Zahlen sei nicht überprüft worden.
15
Sie - die Klägerin - sei zu Unrecht mit ihrem Konzept eines mit Kooperationspartnern
gebildeten mobilen OP-Teams aus dem Anerkennungsverfahren ausgeschlossen
worden. Der Verweis auf die in den Rahmenbedingungen des Ministeriums genannten
Mindestzahlen trage die Ablehnung des Konzeptes nicht. Operiere ein OP-Team an
verschiedenen Standorten der beteiligten Einrichtungen, blieben standortbezogene
Fallzahlen ohne Aussagewert. Nach Sinn und Zweck der Rahmenbedingungen
müssten in einem solchen Falle alle Operationen addiert und dem Team zugerechnet
werden. Hiervon ausgehend würden die Mindestanforderungen der ministeriellen
Rahmenbedingungen erfüllt. Im Übrigen werde sie entgegen der Annahme der
Beklagten perspektivisch auch die Mindestvoraussetzungen an Erstoperationen
erreichen; im Quervergleich mit anerkannten Brustzentren sei bei ihr nicht von einer
schlechteren Kriterienerfüllung auszugehen.
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Die Beklagte und das zuständige Ministerium seien auch gar nicht berechtigt, im
Rahmen der Krankenhausplanung Brustzentren mit dem Ziel der Beschränkung der
Brustkrebsbehandlung auf diese Einrichtungen anzuerkennen. Weder die bestehenden
Rahmenvorgaben des Krankenhausplanes 2001 noch sonstige Rechtsnormen forderten
die Bildung von Brustzentren oder gestatteten diese. § 18 Abs. 1 KHG NRW liste
abschließend die in einem Feststellungsbescheid möglichen Festlegungen auf. Der
Bescheid enthalte danach Zahl und Art der Abteilungen mit Bettenzahl und Plätzen; die
Vorschrift gebe jedoch nicht die Möglichkeit, ein Krankenhaus als Brustzentrum
anzuerkennen.
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Die Rahmenbedingungen vom 31. Juli 2002 des zuständigen Ministeriums für eine
Anerkennung als Brustzentrum seien keine Rahmenvorgaben im Sinne von § 14 Abs. 1
Satz 1 KHG NRW; vielmehr enthielten sie ausschließlich qualitative Forderungen zur
Leistungsstruktur, zur Möglichkeit kooperativer Leistungserbringung, zur
Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen, zum Qualitätsmanagement, zur
Patientenbeteiligung und zur Fortbildung. Sie bezweckten die Optimierung der
Behandlungsqualität und stellten keine Konkretisierung der 13 in den Rahmenvorgaben
des bestehenden Krankenhausplanes festgelegten Planungsgrundsätze dar. Sie
bezögen sich weder auf das Planungsziel der Bedarfsgerechtigkeit noch auf das der
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Wirtschaftlichkeit. Auch das Verfahren zur Einführung des Teilgebiets „Senologie" habe
nicht dazu geführt, aus den Rahmenbedingungen Rahmenvorgaben im Sinne von § 14
Abs. 1 Satz 1 KHG NRW zu machen.
Die Krankenhausplanung sei jenseits der nach § 15 KHG NRW möglichen
Schwerpunktbildung nicht befugt, fachmedizinische Detailvorgaben für die Behandlung
einzelner Krankheiten festzulegen. Insbesondere dürfe die Krankenhausplanung keine
Mindestmengen bei der Durchführung von Brustkrebsoperationen festlegen mit der
Folge, die Mehrzahl der gegenwärtig 250 Brustkrebs behandelnden Krankenhäuser aus
der Behandlung dieser Krankheit auszuschließen. Mindestzahlen für
Brustkrebsoperationen gebe es lediglich in einigen strukturierten
Behandlungsprogrammen auf der Grundlage des § 137 f. SGB V (Disease-
Management-Programme - DMP -). Im Bezirk Westfalen-Lippe sei ein DMP-Vertrag
Brustkrebs zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen
Vereinigung abgeschlossen worden. Die Klägerin nehme daran teil. Dieses Programm
stelle im Wesentlichen die selben Qualitätskriterien auf wie die Rahmenbedingungen
des Ministeriums. Die bundesrechtliche Gestattungsnorm erlaube, im Rahmen von
DMP-Verträgen Mengenvorgaben zu formulieren; eine entsprechende landesrechtliche
Gestattung für die Krankenhausplanung gebe es jedoch nicht. Zudem oblägen die
Maßnahmen der Qualitätssicherung zugelassener Krankenhäuser bei der Behandlung
gemäß § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB V den dort abschließend aufgezählten Beteiligten.
Diese Kompetenzzuweisung dürfe nicht durch eigenständige und abweichende
Qualitätsanforderungen im Krankenhausplanungsrecht eines Landes unterlaufen
werden. Die Kriterien, nach denen die Beklagte über die Anerkennung von Brustzentren
entschieden habe, griffen daher über die gesetzlichen Regelungen zur
Krankenhausplanung weit hinaus und konterkarierten zugleich die bundesgesetzlichen
Gestattungsnormen für Mindestmengen.
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Da auch Krankenhäusern, die an DMP-Brustkrebs teilnähmen, die Anerkennung als
Brustzentren verweigert werde, finde eine Entwertung der Investitionen statt, die dort
zum Erreichen und zur Sicherstellung der besonderen Qualitätsanforderungen bei der
Brustkrebsbehandlung eingesetzt worden seien; dies mache zugleich öffentliche
Fördermittel zu einer Fehlinvestition. Zwar sei im Zusammenhang mit der
Nichtanerkennung als Brustzentrum die Zahl der Planbetten nicht verringert worden. Die
Nichtanerkennung wirke sich aber bereits bei den Budgetverhandlungen aus und werde
zu einem Abbau von Planbetten führen; dies sei auch zentrale Zielsetzung der
Ausweisung von Brustzentren.
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Die Verweigerung der Anerkennung als Brustzentrum stelle für sie - die Klägerin - einen
Eingriff in das durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Grundrecht der
Berufsfreiheit dar. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Entscheidung seien so gravierend,
dass sie an der Ausübung ihres Berufes gehindert werde. Umfang und Grenzen dieses
Eingriffs müssten daher vom Gesetzgeber selbst festgelegt werden und seien nur
gerechtfertigt, wenn Gemeinwohlbelange von hoher Bedeutung berührt seien.
Gegenwärtig sei davon auszugehen, dass alle Einrichtungen objektiv der
Bedarfsdeckung dienten, die an den DMP-Brustkrebs in Nordrhein-Westfalen beteiligt
seien. Die Anerkennung von Brustzentren reduziere den bisherigen
Planungsgesichtspunkt der abteilungsscharfen Planbettenzuordnung auf einen
kleineren Kapazitätsausschnitt, der nur noch an die Behandlung einer einzelnen
Erkrankung anknüpfe. Dies sei wegen des damit verbundenen Eingriffs in die
Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtlich nur dann hinzunehmen, wenn alle
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Anforderungen wissenschaftlich gesichert und geboten wären. Weder für die Größe des
Einzugsbereichs von 360.000 bis 450.000 Einwohner noch für die zugrunde gelegte
Mindestmenge an Operationen gebe es eine wissenschaftliche Absicherung. Die
Annahme, bei Brustkrebs sei der Zusammenhang zwischen hohen Fallzahlen und
Behandlungserfolgen international nachgewiesen, sei falsch. Schon gar nicht
nachvollziehbar sei, dass die Mindestmengen nur bei einer dauerhaften Zuordnung des
Operateurs zu einem bestimmten Krankenhaus relevant sein sollten, nicht aber bei
wechselnden Tätigkeitsorten mit mobilen OP-Teams. Die vom Ministerium
vorgegebenen Werte seien auch in sich nicht plausibel, da nicht nachvollziehbar sei,
weshalb in einem kooperativen Brustzentrum weniger Eingriffe je Haus
qualitätssichernd sein sollten als in einem Alleinzentrum, obwohl die Schwelle des
einzelnen Operateurs mit einheitlich 50 Eingriffen vorgegeben werde. Die inzwischen
bundesweit angelaufenen DMP-Brustkrebs sähen völlig unterschiedliche Mindest-OP-
Zahlen für die Krankenhäuser zwischen 30 und 150 jährlich vor.
Durch die Nichtanerkennung als Brustzentrum sei sie auch in ihrem Grundrecht aus Art.
14 Abs. 1 GG verletzt. Schließlich liege eine Verletzung von Art. 3 GG vor. Die
Besonderheiten eines mobilen OP-Teams seien nicht berücksichtigt worden. Außerdem
seien Krankenhäuser als Brustzentren anerkannt worden, die die Mindestmengen bei
Weitem verfehlt hätten und weiter verfehlten.
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Die Klägerin beantragt,
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den Feststellungsbescheid der Beklagten vom 19. April 2006, soweit darin die
Ausweisung der Beigeladenen als Brustzentrum E1. II betroffen ist, und den hierzu
ergangenen Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
26
Die Beigeladene beantragt,
27
die Klage abzuweisen.
28
Die Beklagte trägt zur Begründung in Ergänzung ihrer Widerspruchsbescheide
Folgendes vor: Die an die Klägerin und ihre Kooperationspartner gerichteten
ablehnenden Bescheide seien unter Hinweis auf die vom zuständigen Ministerium
erlassenen Rahmenbedingungen ausreichend begründet worden. Danach sei es
nachvollziehbar, für das Versorgungsgebiet E1. nur zwei Brustzentren auszuweisen.
Die ausgewählten Brustzentren erfüllten insbesondere die Mindestanforderungen für
Ersteingriffe bei Mammakarzinomen. Dies sei bei den einzelnen Standorten des von der
Klägerin mit ihren Kooperationspartnern geplanten kooperativen Brustzentrums nicht
der Fall. Das Marienkrankenhaus T. habe sich im Übrigen im Jahre 2004 dem
kooperativen Brustzentrum Märkischer Kreis angeschlossen und die Kooperation mit
der Klägerin und den übrigen Kooperationspartnern verlassen.
29
Die umstrittenen Entscheidungen beinhalteten auch keine Schließungen von
Krankenhäusern oder Abteilungen. Daher sei das Ministerium auch nicht verpflichtet
gewesen, die Stadt E1. anzuhören. Dies sei aber im Übrigen geschehen.
30
Die Rahmenbedingungen für die Anerkennung von Brustzentren vom 31. Juli 2002
seien dem zuständigen Landtagsausschuss zur Anhörung gemäß § 14 Abs. 2 KHG
NRW vorgelegt worden. Dieses Verfahren habe u. a. die Anerkennung von Brustzentren
in Verfahren nach § 16 KHG NRW durch Ausweisung des Teilgebietes „Senologie" im
Rahmen der Frauenheilkunde beinhaltet. Die Rahmenbedingungen seien daher Teil
der Rahmenvorgaben des Krankenhausplanes des Landes Nordrhein-Westfalen nach §
14 KHG NRW geworden.
31
Der Abschluss von DMP-Verträgen habe keine Bedeutung für die Verfahren nach § 16
KHG NRW zur Ausweisung als Brustzentrum im Krankenhausplan. Durch die
Ausweisung oder Nicht-Ausweisung eines Krankenhauses als Brustzentrum ändere
sich die Bettenzahl der Abteilung Frauenheilkunde und die Gesamtbettenzahl des
Krankenhauses nicht. Die Ausweisung habe daher auch keine Auswirkungen auf die
pauschale Förderung eines Krankenhauses. Anträge auf Einzelförderung von
Investitionskosten seien im Zusammenhang mit einem Brustzentrum in der Region E.
nicht gestellt worden. Die Einrichtung von Brustzentren und die Ablehnung des darauf
gerichteten Antrages der Klägerin berührten nicht ihre Berechtigung, weiterhin
Brustkrebspatienten operieren zu dürfen. Wie sich die Ausweisung des Teilgebietes
„Senologie" im Rahmen der Frauenheilkunde bei den anerkannten Brustzentren auf das
Krankenhaus der Klägerin auswirken werde, sei zurzeit nicht vorhersehbar. Eine
Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch die Nichtausweisung des Krankenhauses
der Klägerin als Teil eines kooperativen Brustzentrum sei nicht ersichtlich.
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Auch das von der Klägerin und ihren Kooperationspartnern vorgelegte Konzept eines
mobilen OP-Teams sei geprüft worden. Sowohl die Krankenkassenverbände als auch
das zuständige Ministerium und sie - die Beklagte - seien der Meinung, dass dieses
Modellvorhaben nicht mit der Zielsetzung der Krankenhausplanung in Nordrhein-
Westfalen vereinbar sei. Eine kritische Überprüfung der von der Klägerin und ihren
Kooperationspartnern selbst vorgelegten Zahlen über Ersteingriffe bei
Mammakarzinomen sei nicht erforderlich gewesen, weil schon auf der Grundlage dieser
Zahlen erkennbar gewesen sei, dass auch perspektivisch die erforderliche Zahl nicht
erreicht werden könne.
33
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten einschließlich 7 K 1640/06 und 7 K 1642/06 und der zu den drei
Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge (8 Hefte) verwiesen.
34
Entscheidungsgründe:
35
Die Klage ist nicht begründet. Die Entscheidung der Beklagten, das Krankenhaus der
Beigeladenen in E1. als kooperatives Brustzentrum und alleinigem Operationsstandort
in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufzunehmen, ist rechtlich
nicht zu beanstanden. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 19. April 2006 und
der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 16. Mai 2006 sind rechtmäßig und
verletzen die Klägerin nicht in Ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
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Der angefochtene Bescheid findet seine verfahrensrechtliche Grundlage in § 16 Abs. 6
Satz 1 des inzwischen außer Kraft getretenen Krankenhausgesetzes des Landes
Nordrhein-Westfalen (KHG NRW). Das die Materie jetzt regelnde
Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein- Westfalen (KHGG NRW) vom
37
11. Dezember 2007 ist auf die vor seinem Inkrafttreten ergangene
Planungsentscheidung der Beklagten nicht anwendbar. Nach § 16 Abs. 6 Satz 1 KHG
NRW wird die Entscheidung nach Abs. 5 durch Bescheid nach § 18 KHG NRW an den
Krankenhausträger Bestandteil des Krankenhausplans. Nach § 16 Abs. 5 Satz 1 KHG
NRW entscheidet, soweit regionale Planungskonzepte nicht vorgelegt werden, das
zuständige Ministerium von Amts wegen nach Anhörung der Beteiligten nach § 17 Abs.
1 und 2 KHG NRW, wenn der Krankenhausplan fortgeschrieben werden soll. Diese
Voraussetzungen lagen vor. Die Verhandlungen über ein regionales Planungskonzept
über die Errichtung von Brustzentren in E1. waren ohne Einigung beendet worden. Die
Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe schlug
daraufhin der Beklagten vor, den Antrag der Klägerin und ihrer Kooperationspartner
abzulehnen und die Krankenhäuser der Beigeladenen und der Beigeladenen des
Verfahrens 7 K 1642/06 als Brustzentren in den Krankenhausplan aufzunehmen. Das
zuständige Ministerium schloss sich diesem auch von der Beklagten unterstützten
Vorschlag an und wies die Beklagte nach Anhörung der Beteiligten an, den
Krankenhausplan entsprechend fortzuschreiben. Dies ist durch die in diesem und dem
Verfahren 7 K 1642/06 angefochtenen Feststellungsbescheide geschehen.
Die Entscheidung, das Krankenhaus der Beigeladenen als Brustzentren in den
Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufzunehmen und das
Krankenhaus der Klägerin (und die Krankenhäuser ihrer Kooperationspartner) nicht, ist
auch in der Sache zu Recht ergangen. Materiellrechtliche Grundlage ist § 8 Abs. 1 Satz
1 des (Bundes-)Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur
Regelung der Krankenhauspflegesätze - Krankenhausfinanzierungsgesetz - (KHG).
Danach haben Krankenhäuser Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den
Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind. Bei notwendiger Auswahl
zwischen mehreren Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde nach §
8 Abs. 2 Satz 2 KHG unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt
der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den
Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird. Auf der ersten
Entscheidungsstufe wird festgestellt, welche Krankenhäuser nach den Kriterien der
Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit geeignet sind. Nur wenn
mehrere Krankenhäuser diese Anforderung erfüllen und eine Auswahl nötig ist, ist auf
der zweiten Entscheidungsstufe diese Auswahl ermessensfehlerfrei zu treffen.
38
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25 Juli 1985 - 3 C 25/84 -,
BVerwGE, 72, 38 (50)
39
Für die Ausweisung von Brustzentren hat das seinerzeit zuständige Ministerium mit
seinem den Beteiligten bekannten Erlass vom 31. Juli 2002 III 2-0506.4.1 die
Anforderungen an die Bedarfsgerechtigkeit und Leistungsfähigkeit der in Betracht
kommenden Krankenhäuser konkretisiert. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass das
Ministerium hierzu nicht befugt gewesen sein sollte. Der Umstand, dass auch
bundesrechtlich im Rahmen des SGB V qualitative und quantitative Vorgaben für die
Erbringung medizinischer Leistungen möglich sind und für die Behandlung von
Brustkrebs auf dieser Grundlage Disease-Management-Programme (DMP) aufgestellt
und mit den Krankenhäusern, die die Anforderungen erfüllen, Verträge über die
Beteiligung daran abgeschlossen worden sind, hindert die für die Krankenhausplanung
zuständigen Landesbehörden nicht, diesen Bereich im Interesse einer Verbesserung
der Versorgung von Brustkrebs- Patientinnen mit den Mitteln der Krankenhausplanung
zu ordnen. Sozialversicherungsrechtliche Strukturen und Krankenhausplanung stehen
40
zueinander nicht in einem Konkurrenzverhältnis und hindern sich nicht gegenseitig, eine
Aufgabe gleichzeitig und gemeinsam anzugehen.
Der Landeskrankenhausplan besteht aus folgenden drei Teilen: Rahmenvorgaben,
Schwerpunktfestlegungen und regionale Planungskonzepte (§ 13 Abs. 2 Satz 2 KHG
NRW). Das Landes- Krankenhausgesetz schreibt nicht vor, in welcher redaktionellen
Form der Krankenhausplan, der nach der Rechtsprechung lediglich ein
Verwaltungsinternum des Landes mit Bindungswirkung für die dem zuständigen
Ministerium nachgeordneten Behörden ist, zu führen ist. Es bestimmt lediglich, den
Krankenhausplan alle zwei Jahre im Ministerialblatt zu veröffentlichen (§ 13 Abs. 3 KHG
NRW), womit zugleich eine ggf. zwischenzeitlich erfolgte Planfortschreibung
veröffentlicht wird. Diese Bestimmung dient erkennbar der allgemeinen Information; sie
lässt jedoch das Wirksamwerden einer Planungsentscheidung, etwa einer
Fortschreibung, gegenüber den durch sie Betroffenen unberührt. Der seinerzeit neu
erarbeitete Krankenhausplan 2001 ist im Ministerialblatt 2002, S. 322 veröffentlicht
worden. Dass das Ministerium in der Folgezeit der o. a. Informationspflicht nicht
nachgekommen ist, ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, weil die Regelung
für den hier maßgeblichen Inhalt des - fortgeschriebenen - Krankenhausplans, mithin
materiell-rechtlich unerheblich ist.
41
Die Senologie (Lehre von der Erkrankung der Brust) und die Einrichtung von
Brustzentren sind zwar im Krankenhausplan 2001 bei den Rahmenvorgaben oder
Schwerpunktfestlegungen nicht aufgeführt worden. Gleichwohl waren sie im Zeitpunkt
der angefochtenen Feststellungsbescheide Gegenstand des Krankenhausplans. Das
zuständige Ministerium hatte nämlich den Krankenhausplan 2001 im Ergebnis gemäß §
13 Abs. 2 KHG NRW fortgeschrieben, und zwar jedenfalls die Schwerpunktfestlegungen
nach § 15 KHG NRW betreffend. Mit dem Erlass vom 31. Juli 2002 sind die
Rahmenbedingungen für eine Anerkennung als Brustzentrum festgelegt worden. Mit
den Rahmenbedingungen werden Ziele (besondere Aufgaben) verfolgt, die nach § 14
Abs. 1 Satz 1 und § 15 Abs. 1 KHG NRW durch Schwerpunktfestlegungen erfasst
werden. Zugleich enthalten die Rahmenbedingungen Elemente von Rahmenvorgaben
(§ 14 Abs. 1 KHG NRW ). Die Richtlinien sind auch vom Landesausschuss nach § 17
Abs. 1 KHG NRW erörtert worden (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 KHG NRW), Bedenken bezüglich
der Anhörung der Beteiligten nach § 17 Abs. 2 KHG NRW gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 KHG
NRW bestehen nicht.
42
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 23. Februar 2007 - 13 A 3730/06 -, juris.
43
Die Rahmenbedingungen sind auch sachlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist
die Anzahl der Erstoperationen bei Neuerkrankungen und der Operationen pro
Operateur nach allen im europäischen Raum bestehenden Zertifizierungsverfahren
wesentliches Merkmal der vorgegebenen Qualitätsstandards, so namentlich in den
Verfahren der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und der Deutschen Gesellschaft
für Senologie (DGS), nach den Kriterien der European Society of Breast Cancer
Specialists (EUSOMA) und dem DMP-Brustkrebs der Verbände der Krankenkassen.
Die Anknüpfung hieran beruht auf internationalen wissenschaftlichen Studien (nationale
Studien fehlen noch, da es entsprechende Strukturen in Deutschland noch nicht lange
gibt), die eine signifikante Verbesserung der Überlebensrate von Patientinnen mit
Brustkrebs in Abhängigkeit von der Anzahl der Brustkrebsoperationen der
behandelnden Kliniken belegen. Aber nicht nur die Rezidivrate, sondern auch der Anteil
44
der brusterhaltenden Therapien könnte danach durch eine Spezialisierung der
Operateure bzw. durch eine Zentralisierung gesenkt werden.
Vgl. S. Brucker, U. Krainick, M. Bamberg, B. Aydeniz, U. Wagner, A. Du Bois, C.
Claussen, R. Kreienberg und D. Wallwiener, Brustzentren: Rationale, funktionelles
Konzept, Definition und Zertifizierung, Der Gynäkologe 2003, 862-877 (online publiziert:
19. September 2003)
45
Von der Anzahl der Neuerkrankungen pro Einwohner ausgehend, die sich aus
entsprechenden Statistiken ergibt, ist die Annahme des Bedarfs für ein Brustzentrum bei
einer Einwohnerzahl zwischen 360.000 und 450.000 in dessen Einzugsbereich nicht zu
beanstanden. Danach hat E1. einen Bedarf von höchstens zwei Brustzentren. Zur
Deckung dieses Bedarfs haben sich in E1. drei Krankenhäuser bzw. Kooperationen von
Krankenhäusern beworben. Die Kammer geht für ihre Entscheidung davon aus, dass
diese drei Interessenten leistungsfähig waren und die Aufgaben eines Brustzentrums
erfüllen konnten. Bedenken sind insoweit nur bezüglich des von der Klägerin und ihren
Kooperationspartnern angebotenen Modells eines mobilen OP- Teams geäußert
worden. Die Kammer geht dieser Frage nicht weiter nach, weil es für die Entscheidung
darauf nicht ankommt. Auch wenn das Modell mit den Rahmenbedingungen des
Ministeriums vereinbar wäre, wäre die Entscheidung, das Angebot der Klägerin und
ihrer Kooperationspartner abzulehnen und die Konkurrenten als Brustzentren in den
Krankenhausplan aufzunehmen, nicht zu beanstanden.
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Im Gegensatz zu den am Kooperationsmodell der Klägerin beteiligten Krankenhäusern
haben die Krankenhäuser der Beigeladenen und der Beigeladenen des Verfahrens 7
K1642/06 in den für die Anträge zugrunde gelegten Jahren 2001 bis 2003 die in den
Rahmenbedingungen geforderten 150 Erstoperationen erbracht. Von diesen Zahlen
sind die an der Kooperation mit der Klägerin beteiligten Krankenhäuser weit entfernt.
Daher braucht dem Einwand der Klägerin, die Definition der Erstoperation sei nicht
verbindlich festgelegt und die Zahlen seien nicht im Einzelnen geprüft worden, nicht
nachgegangen zu werden. Die Zahlen der bevorzugten Krankenhäuser liegen so
eindeutig über 150 und die der anderen Krankenhäuser so eindeutig unter den für ein
Kooperationsmodell für ausreichend angesehenen 100 Operationen je OP-Standort,
dass es auf genaue Zahlen nicht ankommt. Die Beklagte hat in der mündlichen
Verhandlung aber darauf hingewiesen, dass man sich die in den Erhebungsbögen
angegebenen Zahlen zwar nicht habe belegen lassen, wohl aber im Hinblick darauf,
dass es Erfahrungswerte gebe, wie viele Erstoperationen bei vorgegebener
Bevölkerungszahl zu erwarten seien, auf Plausibilität überprüft habe. Im Übrigen hat die
Beigeladene des Verfahrens 7 K 1642/06 im Verwaltungsverfahren dargelegt, dass die
bisweilen zum Vergleich herangezogenen Zahlen der abgerechneten Fallpauschalen
nicht aussagekräftig für die Gesamtzahl der Erstoperationen sind, weil im fraglichen
Zeitraum nicht alle Brustkrebsbehandlungen mit Fallpauschalen abgerechnet worden
sind.
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Vor diesem Hintergrund ist es ermessensfehlerfrei, dass die Krankenhäuser bevorzugt
berücksichtigt worden sind, die die geforderte Anzahl operativer Leistungen an einem
Standort erbringen können. Auf diesen sachgerechten und naheliegenden
Gesichtspunkt hat das seinerzeit zuständige Ministerium in seinem Anschreiben vom
31. Juli 2002, mit dem es die Rahmenbedingungen den Mitgliedern des
Landesausschusses für Krankenhausplanung übersandt hat, auch ausdrücklich
hingewiesen. Können in einem Brustzentrum die notwendigen Operationen an einem
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Standort konzentriert werden, so kann es auch einem Brustzentrum vorgezogen werden,
dass die in den kooperierenden Krankenhäusern anfallenden Operationen mit einem
mobilen OP-Team durchführen will. Für ein solches Vorhaben fehlt es bislang an
Erfahrungswerten, und es gibt keinen gewichtigen Grund, es als Modell in einem Gebiet
zu erproben, in dem Brustzentren ausgewiesen werden können, die die Vorgaben der
Krankenhausplanung ohne Weiteres erfüllen.
Der Einwand der Klägerin, die Auswahlentscheidung des zuständigen Ministeriums und
die angefochtenen Bescheide seien nicht nachvollziehbar begründet worden, ist
unberechtigt. Das Ministerium hat sich erkennbar die Begründungen der
Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und der Beklagten zu eigen gemacht. Diese
Begründung hat auch ihren Niederschlag in dem der Klägerin gegenüber ergangenen
Ablehnungsbescheid und den in dieser Sache ergangenen Widerspruchsbescheiden
gefunden. In der Sache ist sie, wie oben dargelegt, ausreichend und nicht zu
beanstanden. Dass die Begründung der Auswahlentscheidung nicht auch in den
Feststellungsbescheiden, durch die die Krankenhäuser der Beigeladenen und der
Beigeladenen des Verfahrens 7 K 1642/06 als Brustzentren in den Krankenhausplan
des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden sind, wiederholt worden ist, ist
rechtlich ohne Bedeutung, da die Begründung gegenüber der durch diese
Entscheidungen belasteten Klägerin in ihrem Ablehnungsbescheid erfolgt ist. Ebenfalls
unerheblich ist ihr Einwand, die Stadt E1. sei nicht gemäß § 16 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Satz
5 KHG NRW angehört worden. Da die Abteilungen für Frauenheilkunde im
Krankenhaus der Klägerin und ihrer Kooperationspartner weder rechtlich noch faktisch
geschlossen worden sind - sie bestehen im Übrigen immer noch -, bestand diese
Anhörungspflicht nicht. Die Beklagte hat aber auch unwidersprochen vorgetragen, dass
die Stadt E1. durch das zuständige Ministerium zu der beabsichtigten Ausweisung von
Brustzentren in E1. angehört worden ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind für erstattungsfähig erklärt und aus
Billigkeit der Klägerin auferlegt worden, weil die Beigeladene in der Sache ebenfalls
obsiegt und sich durch Stellung eines Antrags selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt
sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 der Zivilprozessordnung.
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