Urteil des VG Gelsenkirchen vom 29.06.2010

VG Gelsenkirchen (beförderung, wartezeit, kläger, zeitpunkt, tätigkeit, staatliches handeln, grund, wartefrist, aktiven, tochter)

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 12 K 2072/06
Datum:
29.06.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 K 2072/06
Schlagworte:
Feststellungsinteresse; Beförderung; Wartezeit; Leistungsvergleich
Normen:
VwGO § 113 Abs 1 Satz 4; GG Art 33 Abs 2; PostPersRG § 4 Abs 3 Satz
3; PostLV
Leitsätze:
Eine vorrangig am Vorliegen einer bestimmen Wartezeit orientierte
Auswahlentscheidung ist auch bei den von der Deutschen Telekom AG
beurlaubten und einem Tochterunternehmen angestellten Beamten
rechtswidrig.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Ablehnung der Beförderung zum 1. März
2006 im Bescheid vom 20. April 2006 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2006 rechtswidrig war.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
1
Der am 0. Oktober 0000 geborene Kläger stand im Dienst der Beklagten und war bei der
E. U. AG beschäftigt. Der Kläger, der zuvor Beamter des gehobenen
fernmeldetechnischen Dienstes gewesen war, wurde nach der Zulassung zum
Verwendungsaufstieg in den höheren nichttechnischen Dienst im Dezember 1993 mit
Wirkung vom 1. Juni 1994 zum Rat (A13) und mit Wirkung vom 1. Februar 1996 zum
Oberrat (A 14) befördert.
2
Mit Ablauf des 31. Oktober 2008 wurde der Kläger in den Ruhestand versetzt.
3
Seit dem 1. Juli 1994 war der Kläger zur Aufnahme einer Tätigkeit als Angestellter bei
der U. -Tochter 00System beurlaubt. Seit dem 1. September 2001 war er bei
fortwährender Beurlaubung als Angestellter bei der Systems O. GmbH,
Entwicklungszentrum Rhein-Ruhr als Leiter eines Entwicklungsbereiches tätig.
4
Eine Teilnahme des Klägers am seinerzeit praktizierten Verfahren zur Erweiterung der
Ämterreichweite für Verwendungsaufsteiger nach A 15 wurde im August 2002
abgelehnt.
5
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 beantragte der Kläger, in den Kreis der zu
befördernden Beamten aufgenommen zu werden. Nachdem die E. U. AG,
Niederlassung Personalbetreuung für zu Töchtern beurlaubte Mitarbeiter (0000)mit
Schreiben vom 30. Januar 2006 eine ablehnende Mitteilung gemacht und der Kläger mit
Schreiben vom 22. Februar 2006 um einen anfechtbaren Bescheid gebeten hatte, erließ
die 0000 den Bescheid vom 20. April 2006. Hierin wurde ausgeführt, grundsätzlich wäre
eine Beförderung nach A 15 erst nach einer erfolgreichen Vorstellung vor dem
Bundespersonalausschuss und dessen entsprechende Entscheidung möglich
gewesen. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger nicht gegeben. Erst durch die
Änderung der Laufbahnverordnung (0000LV) zum 10. Mai 2003 sei ab diesem Zeitpunkt
das Verfahren zur Befähigungserweiterung entfallen. Da für Verwendungsaufsteiger
eine Beförderung ohne Befähigungserweiterung bis zum 9. Mai 2003 nicht möglich
gewesen sei, könne die Wartezeit in diesen Fällen nicht nach der Zeit seit der letzten
Beförderung berechnet werden. Stattdessen sei für die Berechnung der individuellen
Mindestwartezeit der beurlaubten Beamten ohne Befähigungserweiterung der 10. Mai
2003 zu wählen. Diese Regelung diene dem Schutz vor Benachteiligung der Beamten,
die das Erweiterungsverfahren vor dem Bundespersonalausschuss erfolgreich
durchgeführt hätten.
6
Der Kläger habe bei den Beförderungen zum 1. März 2006 nicht berücksichtigt werden
können, da er die Wartezeit nicht erfüllt habe. Die Wartezeiten hätten in den letzten
Jahren 100 bis 120 Monate betragen.
7
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15. Mai 2006 Widerspruch ein. Er trug
unter Hinweis auf sein Schreiben vom 22. Februar 2006 vor, es bleibe unklar, wie der
Beförderungszeitpunkt für ihn als beurlaubter Beamter ermittelt werde und inwieweit das
Leistungsprinzip Berücksichtigung finde.
8
Der Vorstand der E. U. AG wies den Widerspruch durch Bescheid vom 16. Juni 2006
zurück; er wertete das Schreiben des Klägers vom 22. Februar 2006 als Antrag auf
Berücksichtigung bei der Beförderungsaktion 2006.
9
Zur Begründung führte er aus, das Verfahren zur Beförderung der aus dienstlichem
Interesse beurlaubten Beamten sei in einer Anweisung vom 6. August 1997 und
entsprechenden Ergänzungsanweisungen geregelt. Voraussetzung für eine
Beförderung sei - wie auch bei aktiven Beamten -, dass eine höherwertige Tätigkeit
verrichtet werde.
10
Die von den Beamten bei der Tochtergesellschaft ausgeübte Tätigkeit müsse nach Art
und Schwierigkeit mindestens den Anforderungen des Beförderungsdienstpostens der
aktiven Beamten entsprechen.
11
Bevor die Beförderungsvoraussetzungen geprüft würden, müsse der Beamte eine für
das Beförderungsamt vorgegebene Mindestwartezeit abgeleistet haben. Da bei den
Tochterunternehmen die Zahl der höherwertigen Arbeitsplätze nicht an
Stellenplanvorgaben gekoppelt sei, sei über das Regulativ einer vorgegebenen
durchschnittlichen Wartezeit die Zahl der verfügbaren Beförderungsplanstellen
angepasst worden. Diese Wartezeit werde jährlich neu berechnet. Reguliert durch die
Wartezeit hätten Beförderungsplanstellen für Beamte mit einem allgemeinen Dienstalter
(gemeint: die Zeit seit der letzten Beförderung) 1. Juli 1997 und älter zur Verfügung
gestanden. Dieser Personenkreis sei in die Vorbereitung der Beförderungsmaßnahme
zum 1. März 2006 einbezogen worden. Das allgemeine Dienstalter des Klägers sei
jedoch fiktiv der 10. Mai 2003. Er sei daher nicht in die weitere Prüfung der
Beförderungsvoraussetzungen für die Maßnahme 1.März 2006 einbezogen worden.
12
Mit Inkrafttreten der Änderungsverordnung zur 0000LV am 10. Mai 2003 sei gemäß § 16
000LV (n.F.) das Verfahren zur Befähigungsnachweisung für Verwendungsaufsteiger
nach Entscheidung durch einen Ausschuss entfallen.
13
Zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen von Beamten ohne
Befähigungserweiterung gegenüber Beamten, die eine erfolgreiche Vorstellung vor dem
Bundespersonalausschuss absolviert und damit die Erweiterung der Ämterreichweite für
eine Beförderung nach A 15 erhalten hätten, sei fiktiv als allgemeines Dienstalter der
Zeitpunkt der Umsetzung der Änderung der 000LV gewählt worden. Dies sei der 10. Mai
2003.
14
Die Ableistung einer Mindestwartezeit sei bei den beurlaubten Beamten unabdingbar,
um das Fortkommen der beurlaubten Beamten der regelmäßigen Laufbahnentwicklung
der aktiven Beamten anzupassen.
15
Das Leistungsprinzip werde dadurch nicht in Frage gestellt, da die Wartezeit bei
beurlaubten Beamten nur ein zusätzliches Kriterium sei.
16
Am 13. Juli 2006 hat der Kläger Klage erhoben.
17
Der Kläger trägt vor, die ablehnende Entscheidung seines Beförderungsgesuchs
verstoße gegen das in Art. 143 b Abs. 3 GG und § 5 Abs. 1 Postpersonalrechtsgesetz
(000PersRG) enthaltene Benachteiligungsverbot. Wenn sich auch die laufenden
Bezüge bei einer Beförderung nicht änderten, habe die Besoldungsgruppe maßgebliche
Auswirkungen für die Versorgungsbezüge. Er dürfe nicht schlechter gestellt werden, als
ein Bundesbeamter, der weiter im aktiven Beamtenverhältnis geblieben sei.
18
Er habe eine Führungsposition inne, in der ihm über 70 Arbeitnehmer unterstellt seien.
Ihm seien Mitarbeiter unterstellt, die der Besoldungsgruppe A 15 BBesO angehörten.
19
Infolge der ausgeübten Tätigkeiten und der von ihm getragenen Verantwortung dürfe
außer Frage stehen, dass er eine höherwertige Tätigkeit ausübe.
20
Dies folge auch aus der von der Beklagten vorgenommenen Zuordnung der
Besoldungsgruppen zu den entsprechenden Vergütungsgruppen. Nach dieser an den
Tätigkeitsmerkmalen gemessenen Zuordnung sei die höchste Tarifgruppe T 10 bereits
der Besoldung nach A14/A15 gleichgestellt. Er werde aber bei dem
Tochterunternehmen seit Jahren in der höchsten außertariflichen Stufe (AT 4) bezahlt,
21
d.h. er liege vier Vergütungsstufen über dem Tarifvertrag, bei dem die höchste Tarifstufe
bereits mit A 14/A15 bewertet sei. Die Führungsposition zeige die Höhe seiner
Vergütung; sein Jahreseinkommen betrage 115.000,00 Euro brutto, d.h. 9.500,00 Euro
monatlich.
Er erfülle auch die (Eignungs-) Voraussetzungen für eine Beförderung nach der
Besoldungsgruppe A 15 BBesO. Bereits bei der Teilnahme am Erweiterungsverfahren
im Jahre 2002 habe kein Zweifel daran bestanden, dass er die Voraussetzungen erfüllt
habe. Obwohl er die damalige Tätigkeit erst ein Jahr ausgeübt
22
habe, habe er in der Beurteilung vom 22. Mai 2002 die zweithöchste Stufe ("übertrifft die
Anforderungen in vielen Hinsichten") erreicht.
23
Seine Eignung im Jahre 2006 folge auch daraus, dass er zum 1. Juni 2007 hätte
befördert werden sollen. Zwischen 2006 und 2007 habe sich aber bei seiner Tätigkeit
nichts verändert. Er sei im Juni 2007 nur deshalb nicht befördert worden, weil zu diesem
Zeitpunkt die zweijährige Wartefrist bis zur Zurruhesetzung nicht mehr habe eingehalten
werden können.
24
Die Beförderungsentscheidung dürfe zunächst nur auf die Qualifikation abstellen. Die
Beklagte habe ihre Entscheidung darauf gestützt, dass die geltende Mindestwartezeit
nicht erfüllt sei. Eine Bestenauslese sei überhaupt nicht durchgeführt worden. Die
Wartezeit könne jedoch nur bei gleich geeigneten Beamten als Hilfskriterium Bedeutung
erlangen.
25
Dass die Beförderung in unzulässiger Weise nur nach der Wartezeit erfolge, ergebe sich
auch aus den Hinweisen für die Vorgesetzten zum Ausfüllen des Vordrucks
"Beförderungsmeldung". Danach werde dieser gebeten, lediglich durch Ankreuzen die
Eignung festzustellen. Eine zusätzliche Begründung würde die Beförderungsaussichten
nicht erhöhen, da die Beförderungen nach der Wartezeit und der Zahl der
zugewiesenen Planstellen erfolgten.
26
Es sei auch nicht zutreffend, wenn die Beklagte vortrage, dass Beurteilungen bei den
Tochterunternehmen nicht durchgeführt werden könnten. Im Übrigen widerspreche sich
die Beklagte auch, weil sie anderseits in anderem Zusammenhang selbst beurteilende
Äußerungen der jeweiligen Vorgesetzten voraussetze. Er, der Kläger, habe auch selbst
derartige Beurteilungen erstellen müssen.
27
Selbst wenn jedoch eine Wartezeit in der von der Beklagten angenommenen Länge als
Entscheidungsgrundlage rechtmäßig wäre, wären die Voraussetzungen dafür bei ihm
gegeben, da dann auf den Zeitpunkt der letzten Beförderung am 1. Februar 1996 und
nicht auf den 10. Mai 2003 abzustellen sei. Die Berechnung der Wartefrist ab dem
Datum des Inkrafttretens der Änderungsverordnung zur 000LV am 10. Mai 2003 sei
rechtswidrig.
28
Der Gesetzgeber (richtig: Verordnungsgeber) habe nicht geregelt, wie Altfälle zu
behandeln seien. Er habe die Abschaffung einer Beschränkung regeln wollen, ohne
allerdings den Beamten, denen man die Teilnahme am Erweiterungsverfahren versagt
habe, entsprechend zu benachteiligen. Wenn vom 10. Mai 2003 für den Beginn der
Wartezeit ausgegangen werde, werde mittelbar weiterhin am Erfordernis der Teilnahme
am Erweiterungsverfahren festgehalten. Das sei jedoch gerade nicht gewollt gewesen.
29
Zudem bedeute der Beginn der Wartefrist am 10. Mai 2003, dass die Beamten in seiner
Altersgruppe nie mehr bis zum Eintritt in den Ruhestand befördert werden könnten. Er
werde deshalb ohne sachlichen Grund gegenüber aktiven Beamten schlechter gestellt.
30
Der Kläger, der ursprünglich begehrt hatte, seinen Antrag auf Beförderung neu zu
bescheiden, beantragt nunmehr,
31
festzustellen, dass die Ablehnung der Beförderung zum 1. März 2006 im Bescheid vom
20. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2006
rechtswidrig war.
32
Hierzu trägt der Kläger vor, durch die Versetzung in den Ruhestand habe sich der
Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Es bestehe für eine
Fortsetzungsfeststellungsklage ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da er
beabsichtige, eine Schadensersatzklage zu erheben.
33
Die Beklagte beantragt,
34
die Klage abzuweisen.
35
Die Beklagte trägt vor, Voraussetzung für eine Beförderung sei zunächst, dass der
beurlaubte Beamte einen höherwertigen Arbeitsposten bekleide. Diesem Kriterium
komme bei beurlaubten Beamten eine besondere Bedeutung zu. Auf eine Beurteilung
könne bei diesen Beamten als tragendes Kriterium nicht abgestellt werden. Eine
Beurteilung der Vorgesetzten komme aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht
in Betracht. Deshalb werde auf die Übertragung eines solchen höherwertigen
Arbeitspostens zurückgegriffen. Die Übertragung eines solchen höherwertigen
Arbeitspostens sei entweder das Ergebnis einer Ausschreibung bei der Tochter durch
Bestenauslese oder - bei einer Verlagerung der Aufgaben im Wege des
Betriebsübergangs von der E. U. AG zu einer Tochter - einer Ausschreibung bei der
Mutter.
36
An anderer Stelle des Vortrags der Beklagten heißt es, den Arbeitgebern werde eine
Liste der Beschäftigten übersandt, die nach den Beförderungsvoraussetzungen (u.a. die
Erfüllung der Mindestwartezeit) in die Beförderungsbetrachtung einzubeziehen seien.
Diesem Anschreiben sei ein Vordruck "Tätigkeitsbeschreibung" sowie ein Vordruck
"Beförderungsvorschlag" beigefügt. Letzterer beinhalte Aussagen dazu, ob der jeweilige
Beamte ohne Einschränkungen für eine Beförderung geeignet sei.
37
Für die so ermittelten Beschäftigten würden den Betreuungsstellen der E. U. AG die
Beförderungsvorschläge nebst ausgefüllter Tätigkeitsbeschreibung zugeleitet. Nunmehr
sei durch die dortigen Bewerter zu prüfen, ob die während der Beurlaubung ausgeübte
Tätigkeit bei der Tochtergesellschaft mindestens den Anforderungen eines
Beförderungsdienstpostens bei der E. U. AG entspreche.
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Weiterhin müsse der beurlaubte Beamte eine für das Beförderungsamt vorgegebene
durchschnittliche Wartezeit abgeleistet haben, die sich grundsätzlich an der
durchschnittlichen Wartezeit der Beförderung der der aktiven Beamten orientiere.
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Beim Kläger sei bei der Berechnung der Mindestwartezeit zu berücksichtigen, dass
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nach Inkrafttreten der Änderung der 0000LV zum 10. Mai 2003 das bis dahin
vorgeschriebene Verfahren zur Befähigungserweiterung nach Entscheidung durch
einen Ausschuss entfallen sei. Nach diesem Zeitpunkt habe die Wartezeit nicht mehr
nach dem allgemeinen Dienstalter (Zeit nach der letzten Beförderung) berechnet
werden können. Deshalb sei fiktiv als allgemeines Dienstalter der Zeitpunkt des
Inkrafttretens der Änderung der 0000LV am 10. Mai 2003 gewählt worden. Dies diene
dem Schutz der Beamten, die sich zuvor dem Erweiterungsverfahren vor dem
Bundespersonalausschuss gestellt hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
42
Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, mit dem der schriftsätzlich
angekündigte Feststellungsantrag modifiziert worden ist, wird nur als Klarstellung im
Hinblick auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und nicht als teilweise
Rücknahme des Klagebegehrens gewertet.
43
Die Klage ist zulässig.
44
Statthafte Klageart ist die Fortsetzungsfeststellungsklage, die im Falle der Erledigung
des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO
zur Anwendung gelangt.
45
Für den Feststellungsantrag entfällt nicht deshalb das Feststellungsinteresse, weil
bereits für den vor der Zurruhesetzung des Klägers gestellten Antrag auf
Neubescheidung das allgemeine Rechtsschutzinteresse nicht vorgelegen hätte. Zwar
hätte der Kläger nach der zum Zeitpunkt der angestrebten Beförderung (1. März 2006)
noch geltenden Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG)
von vornherein keine erhöhten Versorgungsbezüge erhalten können. Denn die Zeit bis
zur Zurruhesetzung betrug seinerzeit bereits weniger als drei Jahre. Nach dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 -, BVerfGE
117, 372; ist allerdings nur eine Wartefrist von maximal zwei Jahren noch
verfassungsgemäß. Die zweijährige Wartefrist hätte der Kläger bei einer Beförderung
zum 1. März 2006 aber im Zurruhesetzungszeitpunkt (Ende Oktober 2008) erfüllt gehabt,
so dass insoweit ein Rechtsschutzinteresse für die Klage besteht.
46
Auch im Übrigen ist ein Feststellungsinteresse gegeben.
47
Der Kläger hat vorgetragen, er beabsichtige, eine Schadensersatzklage zu erheben. In
einem solchen Fall ist ein Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn ein solcher
anschließender Schadensersatzprozess ernsthaft beabsichtigt ist und nicht
offensichtlich aussichtslos ist.
48
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 1 A 183/07 - m.w.N. und
Beschluss vom 30. Oktober 2009 - 6 A 3996/06 -.
49
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Insbesondere ist ein Schadensersatzprozess
nicht offensichtlich aussichtslos, auch nicht unter Berücksichtigung des ebenfalls im
Beamtenrecht geltenden Rechtsgedankens des § 839 Abs. 3 BGB. Danach tritt die
50
Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln nicht ein, wenn der Verletzte
mögliche Rechtsbehelfe unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung,
insbesondere gerichtlichen Rechtsschutz ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch
genommen hat. Hierzu gehört in beamtenrechtlichen Konkurrenzsituationen auch die
Inanspruchnahme von vorläufigem Rechtsschutz.
Für den Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB bedarf es aber einer
schuldhaften Unterlassung eines solchen Rechtsbehelfes. Dies setzt voraus, dass der
Dienstherr dem Beamten die für eine Rechtsschutzentscheidung erforderlichen
Informationen zukommen lässt. Der Beamte darf nicht Gefahr laufen, einen Rechtsbehelf
auf ungesicherter tatsächlicher oder rechtlicher Basis zu ergreifen.
51
BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 -2 C 26/03 - NVwZ 2004, 1257, juris.
52
Der Kläger hat zwar im Vorfeld der Beförderungsentscheidungen im März 2006 keinen
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zur Verhinderung
der Beförderung von Konkurrenten gestellt. Es erscheint aber fraglich, ob diese
Unterlassung als schuldhaft gewertet werden kann, da sich der Vorgang der
Beförderung durch die E1. U. AG bei den beurlaubten Beamten von einer "normalen"
Beförderungskonkurrenz unterscheidet. Der Kläger hatte soweit ersichtlich keine
näheren Informationen über das konkurrierende Bewerberfeld. Ob ihm gleichwohl in der
konkreten Situation die Inanspruchnahme von vorläufigem Rechtsschutz zumutbar
gewesen wäre, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung. Auf Grund der
diesbezüglich bestehenden Zweifel ist die beabsichtigte Schadensersatzklage
jedenfalls nicht offensichtlich aussichtslos.
53
Die Klage ist auch begründet.
54
Die Ablehnung der Beförderung zum 1. März 2006 durch den Bescheid vom 20. April
2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2006 war rechtswidrig
(§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in entsprechender Anwendung).
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Bei Entscheidungen über die Besetzung von Beförderungsstellen hat der Dienstherr bei
seiner im pflichtgemäßen Ermessen stehenden Auswahlentscheidung das in Art. 33
Abs. 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung
und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten.
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Der sogenannte Bewerbungsverfahrensanspruch umfasst den Anspruch eines
Bewerbers auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften und den Anspruch darauf, dass
der Dienstherr von seinem Auswahlermessen einen fehlerfreien Gebrauch macht.
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Diesen Maßstäben wird die in den genannten Bescheiden erfolgte Ablehnung der
Beförderung des Klägers zum 1. März 2006 nicht gerecht.
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Die Praxis der Beförderung der bei der E. U. beurlaubten Beamten ist - folgt man der
Darstellung der Beklagten - auf Grund der bestehenden Ungereimtheiten und
Widersprüche nur eingeschränkt nachvollziehbar. Werden die Darstellungen der
Beklagten und des Klägers sowie das tatsächliche Vorgehen im vorliegenden Fall
zusammen gewürdigt, stellt sich das Beförderungsverfahren zum hier maßgeblichen
Zeitpunkt (1. März 2006) wie folgt dar:
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Es wurde vorweg die Erfüllung einer bestimmten Wartezeit gefordert, was sich dem den
Kläger betreffenden Bescheid vom 20. April 2006 und insbesondere auch dem
Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2006 eindeutig entnehmen lässt. Da der Kläger
nach Auffassung der Beklagten die Wartezeit nicht erfüllte, wurden keine weiteren
Auswahlkriterien geprüft.
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Nur für die Beamten, die die Wartezeit erfüllten bzw. kurz vor deren Erfüllung standen,
wurde dann eine sogenannte "Beförderungsmeldung" des zuständigen Vorgesetzten
beim Arbeitgeber eingeholt. Dieser Vorgesetzte sollte durch Ankreuzen des
zutreffenden Feldes angeben, ob der Beamte für eine Beförderung geeignet war oder
nicht. Anschließend erfolgte noch eine Prüfung bei der zuständigen Stelle der E. U.
anhand der vom Arbeitgeber vorgelegten Tätigkeitsbeschrei-bung, ob die dortige
Tätigkeit den Anforderungen eines Beförderungsdienstpostens bei der U. entsprach
(Wertigkeitsprüfung).
61
Diese Vorgehensweise der E. U. AG genügt dem Leistungs- und Eignungsgrundsatz
des Art. 33 Abs. 2 GG nicht. Das gilt auch, wenn berücksichtigt wird, dass ein Leistungs-
und Eignungsvergleich bei beurlaubten Beamten, die bei einer privaten
Tochtergesellschaft tätig sind, auf besondere Schwierigkeiten stößt. Diese nicht zu
verkennenden Schwierigkeiten mögen es rechtfertigen, die Anforderungen an einen
Bewerbervergleich nicht allzu hoch anzusetzen. Das rechtfertigt jedoch nicht, die
Auswahl der zu befördernden Beamten in erster Linie nach einer Wartezeit
vorzunehmen. Eine vorrangige Auswahl nach einer bestimmten Warte- bzw. Standzeit
ist unzulässig, weil es sich dabei nicht um ein leistungsbezogenes Kriterium handelt.
62
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122,147, juris; OVG
NRW, Urteil vom 22. Juni 2006 - 1 A 1732/04 -, juris, Rdnrn. 39-43, zu einem Fall eines
ebenfalls von der E. U. beurlaubten Beamten.
63
Das Dienst- bzw. Beförderungsdienstalter kann allenfalls als Hilfskriterium in Betracht
kommen, wenn ein Leistungsvergleich zu keinem eindeutigen Ergebnis führt.
64
Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid auf § 8 0000LV hingewiesen hat, führt
dies zu keiner anderen Beurteilung. In jener Vorschrift wird auf § 4 Abs. 3 Satz 3 des
0000PersRG Bezug genommen, in dem es heißt, eine Beurlaubung stehe einer
Beförderung im Rahmen einer regelmäßigen Laufbahnentwicklung nicht entgegen. Es
kann offen bleiben, wie diese gesetzliche Norm im Einzelnen zu verstehen ist.
Möglicherweise handelt es sich nur um eine Klarstellung, dass auch beurlaubte und in
einem Arbeitsverhältnis befindliche Beamte befördert werden können, wofür die
Gesetzesformulierung spricht, dass die Beurlaubung einer Beförderung nicht
"entgegensteht". Denkbar ist auch ein Verständnis dieser Vorschrift als ein
"Programmsatz", der verdeutlichen soll, dass die beurlaubten Beamten hinsichtlich des
Aufstiegs in Beförderungsämter nicht gegenüber nicht beurlaubten Beamten
benachteiligt werden sollen, wofür der Hinweis auf die regelmäßige
Laufbahnentwicklung sprechen könnte. Jedenfalls kann diese Norm nicht so verstanden
werden, dass eine Beförderung in erster Linie davon abhängig gemacht werden kann,
dass eine bestimmte Wartezeit erfüllt ist.
65
Es besteht im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten auch Anlass darauf hinzuweisen,
dass die Beurlaubung von Beamten es nicht grundsätzlich ausschließt, ihre Leistungen
zu bewerten und einen Leistungs- und Eignungsvergleich der Bewerber vorzunehmen,
66
wenn dies auch durch ihre Tätigkeit bei einem privaten Unternehmen erschwert wird. Es
entspricht ständiger Rechtsprechung, dass bei Umständen, die einen Leistungs- und
Eignungsvergleich erschweren, wie etwa bei dem Vergleich zwischen einem Beamten
und einem Angestellten oder bei einem Vergleich zwischen einem der Behörde
angehörenden und einem externen Bewerber, der Vergleich zwischen den Bewerbern
gleichwohl erfolgen muss. Von daher stellt sich die vorliegende Konstellation anders dar
als bei der Beförderung von Personalratsmitgliedern, die bei gänzlicher Freistellung für
die Zeit der Wahrnehmung von Personalratstätigkeit nicht beurteilt werden können und
dürfen. Deren Beförderung ist nur auf Grund einer fiktiven Laufbahnnachzeichnung
bezogen auf den "normalen" Beamten möglich, die sich an einer durchschnittlichen
Wartezeit aller vergleichbaren Beamten orientieren muss.
Im Übrigen geht es im vorliegenden Fall nicht einmal um einen Vergleich der
beurlaubten Beamten zu nicht beurlaubten Beamten, sondern allein um die Rangfolge
der beurlaubten Beamten untereinander. Hierfür ist erst recht eine Notwendigkeit,
Beförderungen von der Erfüllung einer bestimmten Wartezeit abhängig zu machen, nicht
erkennbar.
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Selbst wenn aber gleichwohl einmal nur unterstellt wird, es könne als vorrangige
Voraussetzung für eine Beförderung auf eine bestimmte Wartezeit abgestellt werden, ist
die Wartezeit im vorliegenden Fall jedenfalls in einer rechtlich nicht haltbaren Weise
ermittelt worden.
68
In der Vergangenheit war nach der Praxis der E. U. AG bis zu der am 10. Mai 2003 in
Kraft getretenen Änderung der PostLV der Verwendungsbereich für
Verwendungsaufsteiger beschränkt, und zwar für Verwendungsaufsteiger im höheren
Dienst bis zur Besoldungsgruppe A 14 BBesO. Die Beförderung in ein Amt der
Besoldungsgruppe A 15 BBesO setzte seinerzeit voraus, dass ein sogenanntes
Erweiterungsverfahren erfolgreich absolviert worden war. Dieses frühere von der E. U.
AG bis zum 10. Mai 2003 praktizierte Erweiterungsverfahren beruhte jedoch nicht auf
einer normativen Vorgabe. Insbesondere war das Erweiterungsverfahren auch nicht in
der bis dahin geltenden 0000LV geregelt. Insoweit geht auch die Darstellung im
Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2006 fehl, das Erweiterungsverfahren sei gemäß §
16 0000LV n.F. entfallen (Seite 4 f. a.a.O.). Diese Übergangsvorschrift regelt nämlich nur
hinsichtlich der Zulassung zum Aufstieg die Weitergeltung der früheren 0000LV in
bestimmten Fällen, macht aber gerade keine normativen Vorgaben zur Vorgehensweise
bei Beförderungen. Zutreffend ist allein, dass der Verwendungsaufstieg als solcher (§ 13
0000LV in der bis zum 10. Mai 2003 geltenden Fassung) durch den Praxisaufstieg (§ 11
0000LV n.F.) ersetzt worden ist. So wie die von der E. U. AG früher vorgenommene
Beschränkung der Verwendungsbreite allein auf ihrer entsprechenden Praxis beruhte,
enthält auch die zum 10. Mai 2003 geänderte 0000LV keine Regelung, wie bei
Beförderungen der beurlaubten Beamten zu verfahren ist. Soweit in den von der
Beklagten vorgelegten Dienstrechts-Infos (vgl. etwa Dienstrechts-Info Nr. 5 " Urlaub
unter Wegfall der Besoldung" vom 21. Juli 2003, Seite 2) ein gegenteiliger Eindruck
erweckt wird, die Wartezeit für Beamte ohne erfolgreiches Erweiterungsverfahren
beginne nach Inkrafttreten der Änderung der 0000LV am 10. Mai 2003 erst ab diesem
Zeitpunkt, hat diese Verfahrensweise jedenfalls keine normative Grundlage.
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Für die nunmehrige Berechnung der Wartezeit gibt es auch keine Rechtfertigung aus
sonstigen Gründen. Soweit die Beklagte sowohl im Vorverfahren als auch im
Klageverfahren wiederholt vorgetragen hat, diese Vorgehensweise diene dem Schutz
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vor Benachteiligung der Beamten, die sich bereits dem früheren Erweiterungsverfahren
gestellt hätten, vermag das nicht zu überzeugen. Denn selbst wenn das frühere
Erweiterungsverfahren gerade durch die Änderung der 0000LV im Mai 2003 abgeschafft
worden wäre, was - wie bereits ausgeführt - so nicht zutrifft, wäre kein Grund dafür
ersichtlich, an dem früheren Erweiterungsverfahren mittelbar doch weiter festzuhalten,
indem diejenigen Beamten bevorzugt befördert werden, die das frühere
Erweiterungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben. Es ist kein sachlicher Grund dafür
ersichtlich, weshalb es insoweit "Bestandsschutz" für diese Beamten geben sollte.
Zudem bedeutet eine solche Vorgehensweise nicht nur eine nicht gerechtfertigte
Bevorzugung jener Beamten, sondern insbesondere eine unverhältnismäßige
Benachteiligung der Beamten, die - die wie der Kläger - am alten Erweiterungsverfahren
bisher nicht haben teilnehmen können. So bliebe beim Kläger eine Wartezeit von ca. 10
Jahren seit der Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 BBesO gänzlich
unberücksichtigt. Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass bei Beginn der Wartefrist
erst ab dem 10. Mai 2003 und einer im Bescheid vom 20. April 2006 mitgeteilten
Wartefrist von 100 bis 120 Monaten Beamte seiner Altersgruppe nie mehr bis zum
Eintritt den Ruhestand befördert werden könnten.
Im Übrigen ist anzumerken, dass der Vortrag der Beklagten auch in vielfacher Hinsicht
widersprüchlich bzw. inkonsequent ist:
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So ist etwa der Vortrag der Beklagten, das Leistungsprinzip werde nicht in Frage
gestellt, da die Wartezeit nur ein "zusätzliches" Kriterium sei bzw. "weiterhin" müsse
eine Mindestwartezeit abgeleistet worden sein, zumindest irreführend, weil dieser
Vortrag nahelegt, die Wartezeit werde gewissermaßen nur sekundär bzw. am Rande
berücksichtigt. Diese Darstellung widerspricht eklatant dem Inhalt der angefochtenen
Bescheide, aus denen sich eindeutig ergibt, dass der Kläger wegen der Nichterfüllung
der Wartezeit von vornherein aus dem Beförderungsverfahren herausgenommen wurde.
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Zudem ist auch zu fragen, auf welche Weise die Beachtung des Leistungsprinzips
sichergestellt wird. Bezeichnenderweise enthalten die angefochtenen Bescheide dazu
denn auch keine Ausführungen. Der Vortrag der Beklagten im Klageverfahren, die
Übertragung eines höherwertigen Arbeitspostens sei das Ergebnis einer Ausschreibung
bei der Tochter durch Bestenauslese oder - im Falle einer Aufgabenverlagerung von der
U. zu einer Tochter - durch Ausschreibung bei der Mutter, ist schlechthin nicht
nachvollziehbar. Es ist nicht erkennbar, dass ein solches Auswahlverfahren bei
beurlaubten Beamten stattfindet. Möglicherweise orientiert sich dieser Vortrag der
Beklagten im vorliegenden Verfahren an der Richtlinie zur Beförderung der aktiven
(nicht beurlaubten) Beamten bei der E. U. AG, für die diese Richtlinie aber gerade keine
Anwendung findet.
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Überdies ist der Vortrag der Beklagten, gegebenenfalls werde eine Bestenauslese bei
dem privaten Tochterunternehmen vorgenommen, auch nicht mit dem an anderer Stelle
gemachten Vortrag zu vereinbaren, der Vorgesetzte des Beamten in dem
Tochterunternehmens könne keine dienstrechtlichen Beurteilungen vornehmen, da die
Beurteilungskriterien nicht den dienstrechtlichen Ansprüchen entsprächen und zudem
der Vorgesetzte nicht in die dienstliche Hierarchie integriert sei.
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Weiterhin macht die Beklagte auch hinsichtlich der Möglichkeit der Vorgesetzten, eine
Eignungsbeurteilung abzugeben, widersprüchliche Angaben. Einerseits wird gesagt,
dazu seien die Vorgesetzten nicht in der Lage. Anderseits wird von dem Vorgesetzten
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auf dem "Beförderungsvorschlag" gleichwohl die Wertung verlangt, ob der Beamte für
eine Beförderung geeignet sei. Dass die Vorgesetzten immer schon Eignungsurteile
abzugeben hatten, zeigt auch die Praxis des früheren Erweiterungsverfahrens. Der vom
Kläger vorgelegte Vorgang anlässlich seines Antrags auf Teilnahme am
Erweiterungsverfahren im Jahre 2002 belegt, dass sein damaliger Vorgesetzter eine
Beurteilung abgegeben hat. Von daher ist der Vortrag des Klägers, er selbst habe als
Vorgesetzter Beurteilungen über seine Mitarbeiter erstellt, plausibel.
Jedenfalls inkonsequent ist es auch - da nach dem sonstigen Vortrag der Beklagten
gänzlich unerklärlich -, dass der Kläger etwa ein Jahr nach der hier in Rede stehenden
Beförderungsaktion im März 2006 im Jahre 2007 befördert werden sollte, obwohl ihm
nur ein Jahr zuvor noch eine Wartezeit von etwa neun bis zehn Jahren
entgegengehalten worden war. Hierzu hat die Beklagte auch keine Erklärung gegeben.
Dies könnte dafür sprechen, dass die Beklagte selbst von ihrem - vom Gericht als
rechtswidrig beanstandete Auswahlverfahren - von Fall zu Fall in nicht
nachvollziehbarer Weise abweicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. m. §
708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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