Urteil des VG Gelsenkirchen vom 19.03.2009

VG Gelsenkirchen: einstweilige verfügung, erlass, versicherung, glaubhaftmachung, erfüllung, berechtigung, kauf, operation, gefährdung, zivilprozessordnung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 12c K 1301/09.PVL
Datum:
19.03.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
12c. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12c K 1301/09.PVL
Schlagworte:
Personalrat, Bürokraft, Dienststelle, Personalservice GmbH
Normen:
LPVG NRW § 40 Abs. 3
Leitsätze:
Es müssen gewichtige persönliche oder fachliche Gründe in der Person
der Bürokraft vorliegen, die den Personalrat berechtigen können, die von
der Dienststelle zur Verfügung gestellte Bürokraft abzulehnen.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe:
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Der Antrag,
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"dem Beteiligten aufzugeben, dem Antragsteller zunächst für die Zeit vom 19. März 2009
bis einschließlich 2. April 2009 eine Bürokraft im Sekretariat für die Zeit von montags bis
freitags, jeweils 12.00 Uhr bis 16.00 Uhr, zur Verfügung zu stellen, die nicht über die
Personalservice GmbH des V. F. eingestellt wird",
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hat keinen Erfolg.
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Nach § 79 Abs. 2 LPVG NRW i.V.m. § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist der Erlass einer
einstweiligen Verfügung in Personalvertretungssachen statthaft. Ihm steht der Charakter
des Beschlussverfahrens, welches als objektives Verfahren auf einen auf eine
Verfahrenshandlung bezogenen Ausspruch gerichtet ist, nicht entgegen.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1990, ZBR 1990, 354; OVG NRW, Beschluss vom
17. Februar 2003 - 1 B 2544/02. PVL -.
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Gemäß den nach § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG entsprechend geltenden Vorschriften des
Achten Buches der Zivilprozessordnung kann eine einstweilige Verfügung erlassen
werden, wenn zu besorgen ist, dass durch die Veränderung des bestehenden
Zustandes die Verwirklichung des Rechtes einer Partei vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn eine Regelung in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur
Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen gleich gewichtigen Gründen nötig
erscheint (§ 940 ZPO). Die Gefährdung des Rechts bzw. die Notwendigkeit einer
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Regelung (Verfügungsgrund) und das materielle Recht (Verfügungsanspruch) sind
glaubhaft zu machen (§ 936 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung liegen nicht
vor, denn der Antragsteller hat keinen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.
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Nach § 40 Abs. 3 LPVG hat die Dienstelle dem Personalrat für die Sitzungen, die
Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung im erforderlichen Umfang Räume,
den Geschäftsbedarf und - was vorliegend in Rede steht - Büropersonal zur Verfügung
zu stellen. Das hat der Beteiligte getan.
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Dem Antragsteller geht es darum, für den durch eine Operation bedingten Ausfall der
bisherigen Bürokraft Frau S. zunächst einmal für den vorgenannten Zeitraum eine
Ersatzkraft zu erhalten. In der zur Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes und des
Verfügungsanspruches vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Vorsitzenden
heißt es dazu, der Antragsteller lehne die Beschäftigung einer Zeitarbeitskraft ab,
welche über die Personalservice GmbH des V1. beschäftigt werde. Neben der
grundsätzlichen Ablehnung der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern über die
Personalservice GmbH sei zu berücksichtigen, dass der Ersatzkraft Frau L. "recht
schnell bewusst werden dürfte, dass der Personalrat die Beschäftigung von PSG-
Mitarbeitern grundsätzlich ablehnt. Bereits aus Gründen des Betriebsfriedens wird man
Frau L. daher nicht zumuten wollen, tatsächlich im Personalratsbüro tätig zu werden".
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Selbst wenn man die letztgenannte Formulierung als drohenden Fingerzeig in Richtung
der Dienststelle mit den in keiner Weise zu billigenden angedeuteten
Rahmenbedingungen für die Tätigkeit von Frau L. wertet, erwächst aus der so
dokumentierten ablehnenden Haltung des Antragstellers in Bezug auf die Tätigkeit einer
Mitarbeiterin aus der Personalservice GmbH des V1. F. als Ersatzkraft für die
krankheitsbedingt abwesende Frau S. kein Anspruch des Antragstellers gegenüber dem
Beteiligten, die Auswahl des Büropersonals maßgeblich beeinflussen zu können.
Insofern hat der Antragsteller, da von ihm keine der Tätigkeit entgegen stehenden
fachlichen oder persönlichen und sein berechtigtes Funktionsinteresse
beeinträchtigenden Defizite der Mitarbeiterin benannt bzw. glaubhaft gemacht worden
sind, die vom Beteiligten als Ersatzkraft zur Verfügung gestellte Frau L. rechtlich zu
akzeptieren.
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Die Dienststelle hat lediglich sicherzustellen, dass die Wahrnehmung der Aufgaben der
Personalvertretung durch die gewählte organisatorische Maßnahme nicht beeinträchtigt
wird. Die Aufgaben des Personalrats sind in erster Linie von dessen Vorstand,
gegebenenefalls von weiteren Personalratsmitgliedern zu erfüllen. Die Dienststelle ist
verpflichtet, den Personalrat bei der Erfüllung seiner Aufgaben insoweit zu unterstützen,
als diejenigen seiner Mitglieder, welche mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben betraut
sind, für diese Tätigkeit der unselbständigen Hilfeleistung bedürfen.
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BVerwG, Beschluss vom 21. März 1984 - 6 P 3/82 -, Buchholz 238.37 § 40 PersVG NW
Nr. 2; OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 1989 - CL 20/87 -; VG Gelsenkirchen,
Beschluss vom 13. Januar 1995 - 3 C 6572/93.PVL -.
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Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass die als Ersatzkraft vorgesehene
Frau L. eine derartige unselbständige Hilfeleistung nicht erbringen kann. Zwar
beschreibt der Antragsteller in der eidesstattlichen Versicherung der Vorsitzenden sowie
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im Antrag eine Vielzahl von Aufgaben, die im Rahmen der Personalratstätigkeit anfallen
und der Hilfeleistung bedürfen. Dagegen mag nichts zu erinnern sein. Weder hieraus
noch aus den nachstehenden Gründen des Antragstellers erhellt sich jedoch die
Berechtigung der Ablehnung der zur Verfügung gestellten Bürokraft. Der Antragsteller
gibt an, er befürchte, dass der Mitarbeiterin vertrauliche Informationen zur Kenntnis
gelangten, welche die Personalservice GmbH beträfen. Darüber hinaus gebe es eine
Vielzahl von Verfahren betreffend die Beschäftigung von Personalservice GmbH -
Mitarbeitern in Mitbestimmungs- und Einigungsstellenverfahren. Ihm - dem Antragsteller
- stehe ein berechtigtes Interesse daran zu, dass Mitarbeiter der Personalservice GmbH
von diesen vertraulichen Informationen keine Kenntnis erlangten, da die Befürchtung
bestehe, dass diese Mitarbeiter die entsprechenden Informationen an die Dienststelle
oder die Personalservice GmbH weiterleiteten. Er habe das Recht, Büropersonal
abzulehnen, zu dem er kein Vertrauen habe.
Tritt man den vom Antragsteller geäußerten Gedanken näher, so wird man allerdings
voraussetzen müssen, dass ein solches - vom Antragsteller zutreffend als rechtswidrig
beschriebenes - Verhalten des Büropersonals konkret im Bereich des Möglichen liegt.
Das wiederum erfordert die Annahme, dass das in den Blick genommene Büropersonal
seine arbeitsvertraglichen Pflichten wahrscheinlich verletzen und damit gewichtige
nachteilige arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf nehmen wird. Denn es wäre ein
grober Verstoß gegen die arbeitsrechtlich begründete Verschwiegenheitspflicht, wenn
vertrauliche und nur für einen begrenzten Personenkreis bestimmte Informationen an
dritte Stellen gelangten oder gar jedermann zugänglich gemacht würden. Dass Frau L.
einem solchen vom Antragsteller in Erwägung gezogenen Vorwurf berechtigt ausgesetzt
sein könnte, ist von ihm nicht ansatzweise fundiert und damit glaubhaft gemacht worden.
Im Gegenteil gebietet es der Respekt vor den Kollegen, bei fehlenden anderweitigen
Anhaltspunkten von ihrem rechtstreuen Verhalten bei der Wahrnehmung der zu
erledigenden Aufgaben auszugehen.
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Eine Kostenentscheidung ergeht in personalvertretungsrechtlichen Verfahren nicht.
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