Urteil des VG Freiburg vom 12.02.2014

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VG Freiburg Urteil vom 12.2.2014, NC 6 K 2379/13
Phantomarbeitsplätze als nicht zu überwindender sachmittelbezogener Engpass
für die Zulassung weiterer Studienbewerber
Leitsätze
Die Zahl von 41 Phantomarbeitsplätzen stellt an der Universität Freiburg im
Studienfach Zahnmedizin - nach wie vor - einen nicht zu überwindenden
sachmittelbezogenen Engpass für die Zulassung weiterer Studienbewerber dar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1 Die Klägerin stellte vor dem 16.7.2013 bei der Beklagten einen Antrag auf
Zulassung zum Studium der Zahnmedizin zum ersten Semester im WS 2013/2014
außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl, hilfsweise beschränkt bis zum
Bestehen der zahnärztlichen Vorprüfung.
2 Mit Bescheid vom 15.10.2013 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab.
3 Dagegen hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, im
Wesentlichen mit der Begründung, die Kapazität sei nicht erschöpft, vielmehr gebe
es über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus noch verdeckte Studienplätze.
4 Die Klägerin beantragt bei sachdienlicher Auslegung ihres Antrags,
5
den Bescheid der Beklagten vom 15.10.2013 aufzuheben und die Beklagte zu
verpflichten, ihr einen Studienplatz im WS 2013/14 zum Studium der Zahnmedizin
(1. FS) - hilfsweise beschränkt bis zum Bestehen der zahnärztlichen Vorprüfung -
außerhalb der festgesetzten Kapazität zur Verfügung zu stellen.
6 Die Beklagte beantragt,
7
die Klage abzuweisen.
8 Sie trägt vor, die festgesetzte Kapazität sei ausgeschöpft. Verdeckte Studienplätze
seien nicht vorhanden.
9 Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 101
Abs. 2 VwGO) einverstanden.
10 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, insbesondere des Vorbringens der
Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten dieses und des zugehörigen Verfahrens auf
vorläufigen Rechtsschutz sowie auf die Generalakte verwiesen (§ 117 Abs. 3
VwGO); sie waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe
11 Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die
begehrte Zulassung zum ersten vorklinischen Semester (§ 113 Abs. 1 S. 1 und
Abs. 5 S. 1 VwGO). Über die festgesetzte Zahl von Studienplätzen hinaus, die
durch die tatsächlich zugelassenen 51 Studierenden vollständig belegt sind, gibt
es keine weiteren Studienplätze.
12 Ausgehend von §§ 29 und 30 Hochschulrahmengesetz (HRG) und den
Verordnungsermächtigungen zugunsten des Wissenschaftsministeriums in § 2
Abs. 1 Hochschulzulassungsgesetz (HZG) i.V.m. Art. 15 des Staatsvertrags über
die Vergabe von Studienplätzen vom 05.06.2008 (GBl. 2009, S. 663) werden die
Einzelheiten der Kapazitätsberechnung durch die Kapazitätsverordnung des
Wissenschaftsministeriums vom 14.06.2002 (GBl. 2002, 271) mit nachfolgenden
Änderungen - KapVO VII - geregelt.
13 Die Zahl der von der Beklagten im Studienjahr 2013/2014 aufzunehmenden
Studienanfänger im Fach Zahnmedizin wurde durch die Verordnung des
Wissenschaftsministeriums über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die
Studiengänge im zentralen Vergabeverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung
im Wintersemester 2013/2014 und im Sommersemester 2014
(Zulassungszahlenverordnung Zentrales Vergabeverfahren 2013/2014 - ZZVO
Zentrales Vergabeverfahren 2013/2014 - vom 1.6.2013, GBl. S. 116) auf 92
Studenten/Jahr, d.h. im Wintersemester 50 und im Sommersemester 42,
festgesetzt. Diese Erhöhung gegenüber dem Studienjahr WS 2011/12 / SS 2012
(85/43/42) ist darauf zurückzuführen, dass die Beklagte im Rahmen des
Ausbauprogramms Hochschule 2012 (vgl. Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst Baden-Württemberg, http://mwk.baden-
wuerttemberg.de/hochschulen/hochschule-2012) wegen der doppelten
Abiturjahrgänge in Baden-Württemberg im Jahr 2012 befristet für die Studienjahre
2012/13 - 2014/15 jährlich zusätzliche Anfängerstudienplätze einrichten soll; das
Land Baden-Württemberg stellt hierfür eine befristete Sonderförderung bereit, die
allerdings deutlich unter der Regelförderung bleibt (vgl. Kapazitätsakte
Zahnheilkunde/Ausbauprogramm Hochschule 2012 Studienjahr 2013/2014 vom
12.8.2013 - KapZahn/Ausbau 13/14 -, S. 2 [Stellungnahme der Beklagten vom
12.8.2013, Zu den Generalakten - ZdGA - I].
14 Mit dieser Zahl von Studienanfängern ist die Ausbildungskapazität der Beklagten
für das Studienhalbjahr erschöpft. An der Universität Freiburg sind nämlich – nach
wie vor – lediglich 41 Labor- bzw. sog. Phantomarbeitsplätze vorhanden. Die Zahl
dieser für die Ausbildung wesentlichen 41 Phantomarbeitsplätze stellt nach
ständiger Rechtsprechung der Kammer und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-
Württemberg an der Universität Freiburg einen nicht zu überwindenden
ausstattungsbedingten Engpass für die Zulassung weiterer Studienbewerber dar
(vgl. VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 31.7.2013 - NC 6 K 919/13 - [SS 2013];
Urteil vom 20.6.2013 - NC 6 K - 2355/10 -[WS 2010/11], Juris; Gerichtsbescheid
vom 22.03.2013 - NC 6 K 2270/12 - und Beschluss vom 19.12.2012 - NC 6 K
1423/12 - [jeweils WS 2012/13]; ferner Beschluss vom 25.5.2012 – NC 6 K 346/12
– [SS 2012] und vom 23.12.2011 – NC 6 K 1555/11 – [WS 2011/12]; VGH Baden-
Württemberg, Beschlüsse vom 24.5.2012 – NC 9 S 193/12 –, 28.6.2010 – NC 9 S
1254/10 –, 28.6.2010 – NC 9 S 1056/10 – und vom 30.9.2008 – NC 9 S 2234/08
–).
15 Diese Feststellungen erweisen sich auch nach erneuter Prüfung als zutreffend.
16 Zunächst ist davon auszugehen, dass tatsächlich – nur – 41 Phantomarbeitsplätze
vorhanden sind. Die Kammer sieht das Vorbringen der Beklagten, das durch ihren
in einem öffentlichen Dienstverhältnis stehenden und zur Wahrheit verpflichteten
Repräsentanten bzw. Prozessvertreter – mit Befähigung zum Richteramt – in den
Rechtsstreit eingeführt wird, als glaubhaft an (vgl. OVG Münster, Beschluss vom
28.5.2004 – 13 C 20/4 –, juris, Rn. 15). Die Beklagte hat überdies bereits mit
Schriftsatz vom 6.10.2005 bezüglich des SS 2005 (ZdGA I) eine
Dokumentationsmappe zu den Phantomarbeitsplätzen vorgelegt, die unter
anderem ein Schreiben des geschäftsführenden Direktors enthält, mit dem die
Beschaffung von 41 Technikphantomarbeitsplätzen beantragt wird; beigefügt ist
ferner ein Schreiben des Universitätsklinikums Freiburg, Verwaltung, Abteilung
Finanzplanung, vom 14.6.2000 an die Universitäts-Zahnklinik, in dem mitgeteilt
wird, dass für die Ausstattung der Abteilung Poliklinik für zahnärztliche Prothetik mit
41 Technikphantomarbeitsplätzen Ausstattungsmittel in Höhe von DM 2.100.000
zur Verfügung gestellt werden. Zuletzt hat der Studiendekan Zahnmedizin mit
Schreiben vom 25.9.2013 erneut bestätigt, "dass nach wie vor nur 41
Phantomarbeitsplätze bestehen, welche die Ausbildungskapazität entsprechend
limitieren" (Kapazitätsakte Zahnheilkunde - KapAZ - Studienjahr 2013/2014 vom
1.10.2013, S. 15, Anl. 3 - ZdGA II -).
17 Diese Angaben der Beklagten werden seitens der Klägerin nicht mit substantiierten
Einwendungen infrage gestellt. Vor allem erschließt sich dem Gericht nicht,
weshalb die Beklagte – angeblich – vorhandene weitere Phantomarbeitsplätze
ungenutzt lassen sollte, um stattdessen die Studierenden nur an 41 Plätzen
auszubilden, obwohl dies im Rahmen des Ausbauprogramms Hochschule 2012
nur mit einer Umstrukturierung der Kurse, in zeitlich gedrängter Weise, mit
zusätzlichem personellem Aufwand und unter Hintanstellung von
Qualitätsbedenken (s. u.) möglich ist und die Fakultät schon zuvor regelmäßig
nicht umhin kam, die Kursplätze "auszulosen“ ("Innerer NC“; vgl. Auskunft des
Studiendekans v. 1.10.2012 - ZdGA II, WS 2012/2013 -). Auch die bisweilen
geäußerte "begründete Vermutung", jene Arbeitsplätze, die im Jahr 2000 durch
moderne Phantomarbeitsplätze ersetzt worden seien, seien weiterhin vorhanden
(und könnten ebenso gut genutzt werden), ist ersichtlich eine "ins Blaue hinein"
aufgestellte Behauptung ohne realen Hintergrund. So schreibt der Studiendekan
Zahnmedizin in einem Schreiben vom 27.10.2003 (vorgelegt mit Schriftsatz der
Beklagten vom 28.10.2003 – ZdGA WS 2003/2004 -), "die modernen
Phantomkurseinheiten der Vorklinik heute sind zentrale Simulationseinheiten, die
eine Ausbildung nach dem neuesten Stand ermöglichen, die aber mehr Raum
einnehmen, als die alten Laborarbeitsplätze vor 20 Jahren". Es liegt auf der Hand,
dass auch dann, wenn solche Einrichtungen auf dem Gelände der Beklagten noch
irgendwo vorhanden sein sollten, es den Beteiligten – Dozenten und vor allem
Studierenden – nicht zugemutet werden könnte, an dermaßen veralteten,
modernen Erfordernissen der Zahnheilkunde nicht mehr entsprechenden
Phantomarbeitsplätzen Ausbildung zu betreiben. Im Übrigen wird in der
Stellungnahme des Wissenschaftsrats zur weiteren Entwicklung der Medizinischen
Einrichtungen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg vom 15.11.2002 (Drs.
5443/02 = www.med.uni-freiburg.de/dekanat/service/wrempfehlung.pdf) gerade
bezüglich der Bereitstellung von Unterrichtsräumen ausgeführt: "Die Kapazitäten
sind offensichtlich mehr als ausgeschöpft" (ebd. S. 80). Die Kammer hat deshalb
keinen Grund, durch die Einnahme eines Augenscheins die Zahl der
Phantomarbeitsplätze, die derjenigen der Vorjahre entspricht, zu überprüfen (vgl.
auch VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 28.6.2010, – NC 9 S 1254/10 –
und NC 9 S 1132/10 –).
18 Es besteht ferner kein Anspruch auf Einsatz weiterer finanzieller Mittel zur
Beseitigung dieses ausstattungsbezogenen Engpasses. Dies gilt schon deshalb,
weil damit ein "Kapazitätsverschaffungsanspruch" reklamiert wird, den das
geltende Recht nicht enthält. Art. 12 Abs.1 GG verlangt zwar als Teilhaberecht die
Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität, er verpflichtet aber nicht
dazu, zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschluss vom 24.5.2012, a.a.O., sowie die weitere o.g.
Rechtsprechung).
19 Abgesehen davon hat die Beklagte mehrfach nachvollziehbar dargelegt, dass
weitere Phantomarbeitsplätze derzeit – und auch mittelfristig – aus personellen
Gründen, wegen fehlender Mittel sowie wegen fehlender Räumlichkeiten nicht
bereitgestellt werden können (vgl. Schreiben des Studiendekans Zahnmedizin
vom 6.6.2008 [ZdGA bzgl. WS 2007/2008 / SS 2008 vom 6.6.2008], vom
15.6.2010 [ZdGA V bzgl. WS 2010/12011], vom 25.7.2012 [KapAZ 2012/2013 Anl.
2 wie auch Anl. 1], KapAZ Studienjahr 2013/2014 vom 1.10.2013, S. 15, Anl. 3 -
ZdGA II); hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.6.2010, - NC 9
S 1132/10 –).
20 Die Nutzung der 41 Phantomarbeitsplätze wurde seinerzeit (vgl. ZdGA I vom
6.10.2005 - SS 2005 -, Anl. B 6) so beschrieben, dass die Phantomarbeitsplätze in
jedem Semester für den Technisch-Propädeutischen Kurs sowie den
Phantomkurs der Zahnersatzkunde I während jeweils ca. sechs Wochen ganztags
und für den Phantomkurs der Zahnersatzkunde II während ca. vier Wochen
ganztags (in der vorlesungsfreien Zeit) in Anspruch genommen würden und sie
dadurch - wie die Universität weiter erklärte - „i.d.R. voll belegt“ seien. Mit Datum
vom 25.7.2012 hat der Studiendekan Zahnmedizin (KapZahn 12/13 Anl. 2) diesen
Sachverhalt bestätigt; er geht sogar von einer 7-wöchigen Dauer des
Phantomkurses aus (Stellungnahme vom 1.10.2012 – ZdGA (II) vom 4.10.2012).
Wie die Beklagte ferner - ohne Weiteres einleuchtend - ausführte (Schriftsatz vom
27.10.2003 ZdGA bzgl. des WS 2003/2004), werden die Phantomarbeitsplätze
ganztägig (8:00 Uhr bis 18:00 Uhr; montags bis freitags) und zusätzlich auch
samstags (nach Vereinbarung) zum Üben mit Tutoren benutzt. Ferner würden sie
auch für die Physikumsprüfungen benötigt. In Rechnung zu stellen ist weiter, dass
Studierende, die den Phantomkurs der Zahnersatzkunde I belegen, in der
Folgezeit auch den Phantomkurs der Zahnersatzkunde II sowie den Phantomkurs
der Zahnerhaltungskunde belegen müssen; auch diese Kurse müssten, wenn der
Phantomkurs der Zahnersatzkunde I zweifach durchgeführt würde, doppelt
angeboten werden. Schlussendlich ist darauf hinzuweisen, dass bei einer
Verdoppelung der Kurse auch zusätzliche Personalkapazitäten benötigt würden.
21 Ebenso wenig greift das bisweilen geäußerte Ansinnen durch, die
Phantomarbeitsplätze mit mehreren Teilnehmern zu besetzen und so einen Faktor
4 zu erreichen. Insoweit geht die Bezugnahme auf die "Marburger Analyse" fehl,
weil die dort vorgeschlagene Relation von 1:4 nur die klinischen Phantomkurse der
Zahnerhaltungskunde betrifft. Für die vorklinischen Kurse am Phantomplatz wird
dagegen allenfalls ein Ansatz von 1:1,33 für möglich gehalten (Abschlussbericht S.
177, 175). Auch diese aus dem Jahr 1977 stammende Einschätzung hat sich in
der Praxis indes, soweit ersichtlich, nicht bestätigt; vielmehr wird in der jüngeren
Rechtsprechung vom Erfordernis einer 1:1 Quote ausgegangen (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschluss vom 28.6.2010 – 9 S 1056/10 – [WS 2009/2010] und vom
28.6.2010 – NC 9 S 1132/10 – [Ss 2010, 2. Fachsemester], jew. m.w.N.). Dem
entspricht auch die Stellungnahme des Studiendekans der Beklagten, nach der
eine ordnungsgemäße Ausbildung im Phantomkurs nur gewährleistet werden
kann, wenn jedem Teilnehmer ein ganzer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (vgl.
Schriftsatz vom 6.6.2008, ZdGA WS 2007/ 2008 / SS 2008 vom 6.6.2008). Zu
Recht hebt er hervor, dass gerade unter dem Aspekt der gebotenen
Ausbildungsqualität und des Patientenschutzes (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) – die
Phantomkurse bereiten auf die Praxis am Patienten vor – die "Ausbildungsdichte"
(Verhältnis Studierender – Arbeitsplatz) nicht ohne Qualitätseinbuße gesteigert
werden kann.
22 Fehl geht auch der Hinweis in früheren Klageverfahren auf den Beschluss des
VGH Baden-Württemberg vom 2.8.2000 – NC 9 S 22/00 - (Juris). In jenem
Verfahren hatte sich die betreffende Universität u.a. darauf berufen, dass die zur
Verfügung stehenden Räumlichkeiten nicht ausreichten, d.h. der zur Verfügung
stehende Raum zu klein sei, auch hatte die Universität nicht dargelegt, weshalb
eine intensivere Nutzung des Raumes nicht in Betracht komme. Abgesehen
davon, dass nicht ersichtlich ist, inwieweit die Verhältnisse bei jener Universität mit
denen bei der Beklagten vergleichbar sind, geht es vorliegend nicht nur um die
Frage, ob ausreichend Räume vorhanden sind, vielmehr müssten diese Räume
auch mit weiteren Phantomarbeitsplätzen bestückt, die entsprechenden
technischen Voraussetzungen geschaffen und zusätzlich Mitarbeiter zur
Unterrichtung der Studierenden eingestellt werden. Ein derartiger
Kapazitätsverschaffungsanspruch besteht indes, wie ausgeführt, nicht.
23 Mit dem Verwaltungsgerichtshof ist die Kammer auch der Auffassung, dass die
zum Teil vorgetragene – unsubstantiierte – Behauptung, dem Phantomkurs
komme keine tatsächliche Bedeutung mehr zu, schon in rechtlicher Hinsicht der
Grundlage entbehrt (vgl. i.E. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.6.2010
– 9 S 1056/10 – [WS 2009/2010] und vom 28.6.2010 – NC 9 S 1132/10 – [SS
2010, 2. Fachsemester]).
24 Dass die Beklagte wegen des Ausbauprogramms Hochschule 2012 seit dem
Wintersemester 2012/2013 über den Zeitraum von 3 Jahren jährlich jeweils zum
Wintersemester sieben Studierende mehr als bisher zulässt, bedeutet nicht, dass
es demnach für die Kapazitätsberechnung nicht mehr auf die Zahl der
Phantomarbeitsplätze ankäme, diese also nun keine sachmittelbezogene
Beschränkung der Kapazität mehr darstellen würden. Vielmehr belegt die auf
Nachfrage des Gerichts eingegangene o.g. Stellungnahme des Studiendekans
vom 1.10.2012 anschaulich, dass die Zahl der Phantomarbeitsplätze tatsächlich -
weiterhin - einen Engpass darstellt. Der Studiendekan führt darin aus, die
Entscheidung zur befristeten Erweiterung um 7 Studienplätze p. a. sei politisch
motiviert und diene dazu, den erwarteten besonderen Bewerberanstieg aufgrund
der doppelten Abiturjahrgänge "irgendwie" abzufedern. Mit der konkreten
Organisation bzw. Organisierbarkeit der Bewältigung dieser "Wellenbelastung",
insbesondere mit Blick auf sachliche, nicht befristet aufstockbare Begrenzungen,
habe sich die Entscheidung nicht befasst. Der Sachengpass ändere sich deshalb
nicht, es komme zu deutlichen weiteren Friktionen mit den vorhandenen
Ausbildungsressourcen. Aufgrund der begrenzten Ausstattung (mit
Phantomarbeitsplätzen) stehe Freiburg vor einer besonderen Herausforderung.
Als Sonderprogramm sei daher eine ausnahmsweise Doppelung der
Phantomkurse vorgesehen, was allerdings nur unter deutlicher inhaltlicher und
zeitlicher Verkürzung (von 7 auf max. 5 Wochen) und auch nur durch das
zusätzliche Lehrpersonal möglich sei. Im Zuge des Notprogramms werde versucht,
die zweifellos unerwünschte – und dauerhaft nicht akzeptable – Reduzierung des
Ausbildungsprogramms über verbesserte Betreuungsrelationen, so gut es gehe,
zu kompensieren. Klarzustellen sei aber, dass Übungszeit an den Phantomplätzen
nur bedingt durch höhere Betreuungsdichten kompensierbar sei. Mit Wegfall der
Sonderfinanzierung und der entsprechenden Stellen werde die Kapazität wieder
auf das Normalniveau (ca. 82 - 85) zurückgefahren werden müssen. Ein
"Dauerkompromiss" sei schon von den Ausbildungsstandards her nicht zu
vertreten und auch mit herkömmlichen Personalmitteln nicht zu organisieren.
25 Die Kammer hält diese Ausführungen für in sich stimmig und überzeugend.
Weshalb die Beklagte die Phantomkurse zeitlich verkürzen und den
Personalaufwand (durch Verbesserung der Betreuungsrelation) erhöhen sollte,
wenn sie unter Beibehaltung der bisherigen Strukturen und der Qualität der
Ausbildung das gleiche Ergebnis durch eine Erhöhung der Teilnehmerzahl oder
eine einfache Verdoppelung der Kurse erzielen könnte, ist nicht ersichtlich.
26 Auch diese vorübergehende und ausnahmsweise Umstrukturierung ist personell
nur machbar, weil das Land Baden-Württemberg für die zusätzlichen
Studienanfängerplätze für den Zeitraum von 2012-2020 eine finanzielle Förderung
für befristete Personalmaßnahmen zur Verfügung stellt. Ohne zusätzliches
Personal wäre die Verdoppelung der Kurse (zusammen mit den o.g.
Strukturänderungen) nicht machbar. Dies ergibt sich vor allem aus der
Schilderung, wie die permanent gegebene "gewisse Überlastung der
Ausbildungskapazität in den praktischen Kursen" im Jahr 2009 bewältigt wurde.
Da inzwischen eine größere Zahl von Studenten (neben den Studierenden im 2.
Fachsemester auch Wiederholer, höhere Semester und Medizinquereinsteiger) für
Kurse an den Phantomarbeitsplätzen anstanden, wurde zur Bewältigung dieses
Rückstaus beschlossen, im SS 2009 zwei Kurse technische Propädeutik und
Phantom I als Sondermaßnahmen durchzuführen. Dies sei unter Inkaufnahme
einer Reduktion der Ausbildungsqualität nur gelungen durch starke Verminderung
der Kurszeiten, Verkürzung der Kursinhalte, Durchführung teilweise in den
Semesterferien, Erhöhung der Lehrbelastung (u.a. Versagung von Urlaub). Die
Auffassung des Studiendekans, dass solche zusätzlichen Kursangebote im
Hinblick auf die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen nur als Sonder-
/Notmaßnahme anzusehen, aber als Regelzustand nicht tragbar seien, erscheint
nachvollziehbar. Die Kammer verkennt nicht, dass kapazitätsrechtlich der
Kapazitätsverzehr durch Wiederholer nicht beachtlich ist (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschluss vom 24.9.2008 – NC 9 S 2079/8 –). Die – unerlässliche –
faktische Bewältigung dieser Aufgaben zeigt indes anschaulich, dass aufgrund der
Zahl der vorhandenen Phantomarbeitsplätze die Zahl der Studienanfänger nicht
beliebig ausweitbar ist. Eine Verschlechterung der Ausbildungsqualität mag im
Hinblick auf eine Sondersituation (hier: doppelter Abiturjahrgang) befristet
hinnehmbar sein, kann jedoch nicht den Normalzustand darstellen. Zwar verlangt
Art 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG, vorhandene Ausbildungskapazitäten
vollständig auszuschöpfen; er gebietet jedoch nicht, möglichst viele Studierende in
einen Studiengang zu pressen und dafür eine Verschlechterung der Ausbildung
bis zur Grenze (oder darüber hinaus) des rechtlich und tatsächlich Hinnehmbaren
in Kauf zu nehmen. Das Hochschulzulassungsrecht wird nämlich durch mehrere
Grundsätze beherrscht, die sich unmittelbar aus dem Grundgesetz ergeben:
Maßgeblich geht es um die Abwägung der widerstreitenden
Grundrechtspositionen aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG hinsichtlich
des Zugangsrechts der Hochschulbewerber einerseits und der grundrechtlich
gewährleisteten Forschungs- und Lehrfreiheit der Hochschullehrer (Art. 5 Abs. 3
GG) sowie den Ausbildungsbedürfnissen der bereits zugelassenen Studenten (Art.
12 Abs. 1 GG) andererseits (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.6.2013 -
NC 9 S 685/12 -, Juris Rn. 50, 77, und Beschluss vom 13.6.2008 – NC 9 S 241/08
–, Juris Rn. 10, m.w.N.).
27 Art. 12 Abs. 1 GG gewährt mithin nicht nur – im Rahmen des Möglichen – einen
Anspruch auf einen Ausbildungsplatz, sondern gibt demjenigen, der einen
Ausbildungsplatz innehat, auch das Recht auf eine Ausbildung, die fachlichen
Qualitätsstandards entspricht. Welche qualitativen Anforderungen an eine
Ausbildung in der Zahnmedizin zu stellen sind, kann dabei weder
kapazitätsrechtlich bemessen noch gerichtlich vorgegeben werden, sondern
unterfällt dem Beurteilungsspielraum derjenigen, denen die Durchführung der
Ausbildung obliegt. Die Hochschule ist im Rahmen der ihr durch Art. 5 Abs. 3 S. 1
GG gewährleisteten Eigenständigkeit befugt, bei der Organisation und
Ausgestaltung des Studiums ihren eigenen hochschulpolitischen Vorstellungen
und fachdidaktischen Zielvorstellungen Ausdruck zu verleihen. Im Rahmen des
vom Verordnungsgeber vorgegebenen Curricularnormwerts des Studiengangs
gestaltet die Hochschule Struktur und Inhalt ihrer Studienpläne daher grundsätzlich
selbst (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.6.2008 – NC 9 S 241/08 –,
Juris Rn. 16, m.w.N.; vgl. ebd., Rn. 30 f, zum Gestaltungsspielraum einer
Hochschule bei der Festsetzung der Betreuungsrelation bei der - vergleichbaren -
Arbeit an Laborplätzen im Studiengang Molekulare Medizin). So wie
kapazitätsrechtlich das Verbot einer unzulässigen Niveaupflege einer weiteren
Verminderung der Kapazität im Einzelfall entgegengehalten werden kann, kann
umgekehrt auch ein Verbot einer unzulässigen Niveauunterschreitung einer
weiteren Kapazitätsausweitung im Einzelfall entgegenstehen (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 11.6.2013 – NC 9 S 675/12 –, Juris, Rn. 77, m.w.N.).
28 Stellen mithin die für die Ausbildung wesentlichen lediglich 41 Phantom-
Arbeitsplätze an der Universität Freiburg einen nicht zu überwindenden Engpass
für die Zulassung weiterer Studienbewerber dar, hat dies zur Folge, dass die
personelle Kapazität nicht allein maßgebend für die Zahl der Studienplätze ist.
Vielmehr kommt dem Umfang der klinischen Ausstattung, den die Lehreinheit
aufweist, im Verhältnis zur personellen Kapazität sogar eine ausschlaggebende
Bedeutung zu (vgl. so schon BVerwG, Urteil vom 23.02.1982 - 7 C 76/79 -,
BVerwGE 65, 76 = DVBl 1982, 732 = NJW 1982, 2617).
29 Abgesehen davon belegt die von der Beklagten unter Berücksichtigung des
Personalbedarfs vorgenommene Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität,
dass auch personalbedingt tatsächlich keine höhere Aufnahmekapazität
vorhanden ist. Nach dieser Berechnung (vgl. KapAZ Studienjahr 2013/2014 vom
1.10.2013, S. 2) stehen unter Berücksichtigung des personellen Lehrangebots im
Studienjahr 2013/2014 nur 73 (73,18107843) Studienplätze zur Verfügung.
Gleichwohl setzte die Beklagte im Wege einer zulässigen freiwilligen Übernahme
einer Überlast und einer im Rahmen ihrer Hochschulfreiheit verantworteten
Hintanstellung von Qualitätsbedenken die jährliche Zulassungszahl (ohne
Berücksichtigung des Ausbauprogramms Hochschule 2012) auf 85 fest, d.h. 43 im
Wintersemester und 42 im Sommersemester. Dass das von der Beklagte
vorgelegte Rechenwerk an einer Fehlerquote leiden würde, deren Berichtigung zu
einer Erhöhung der errechneten Zahl der Studienplätze um knapp 20 % und mehr
führen, d.h. mehr als die festgesetzten 85 Studienplätze ergeben würde, ist weder
ersichtlich noch substantiiert dargelegt. Tatsächlich wird die Beklagte im
Studienjahr 2013/14 wegen des Ausbauprogramms Hochschule 2012 sogar 92
Studierende zulassen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass diese im Hinblick auf
eine Sondersituation (doppelter Abiturjahrgang) unter Inkaufnahme einer
Qualitätsminderung der Ausbildung vorgenommene, ausnahmsweise und
zeitweilige Erhöhung der Zahl der Ausbildungsplätze künftig den Normalfall bilden
wird.
30 Da 51 Studierende im 1. Fachsemester nach der vorgelegten Belegungsliste
(Stand 15.11.2013 - ZdGA III) tatsächlich eingeschrieben sind, sind somit keine
zusätzlichen Studienplätze vorhanden, die derzeit nicht belegt wären und für eine
Zuteilung an die im Rang nächstbesten Kläger zur Verfügung stünden.
31 Auch für die hilfsweise begehrte Zuweisung eines Teilstudienplatzes ist angesichts
der Kapazitätserschöpfung kein Raum.
32 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
33 Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens
zugelassen (§ 124 a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 VwGO).