Urteil des VG Freiburg vom 25.01.2017

ablauf der frist, anfechtungsklage, vorprüfung, befristung

VG Freiburg Urteil vom 25.1.2017, 7 K 1674/14
Leitsätze
1. Bei der Entscheidung über die Verlängerung eines Hauptbetriebsplans ist auf die aktuelle Sach- und
Rechtslage abzustellen; eine Bindung an die frühere Zulassungsentscheidung besteht nicht (Anschluss an OVG
Berlin-Brandenb., Beschl. v. 09.05.2006 - 11 N 56.05 -, juris, Rn. 21).
2. Der Eintritt der Befristung der Zulassung eines Hauptbetriebsplans führt zu deren Erledigung i. S. v. § 113
Abs. 1 Satz 4 VwGO.
3. Hat die Behörde die Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts hinreichend deutlich anerkannt,
besteht kein berechtigtes Interesse i. S. v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der Feststellung der Rechtswidrigkeit
aus einem anderen als von der Behörde angegebenen Grund (Anschluss an BVerwG, Beschl. v. 05.09.1984 - 1
WB 131.82 -, juris, Rn. 33).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die
diese auf sich behält.
Tatbestand
1 Die Klägerin wendet sich gegen die Zulassung eines Geothermievorhabens auf dem Gebiet einer
Nachbargemeinde.
2 Am 19.09.2011 legte die Beigeladene dem Regierungspräsidium Freiburg – Landesamt für Geologie,
Rohstoffe und Bergbau – (im Folgenden: Regierungspräsidium Freiburg) einen Hauptbetriebsplan für die
Niederbringung von vier Bohrungen in X vor und beantragte dessen Zulassung. Fernziel des
Gesamtvorhabens sei die langfristige Nutzung der geothermalen Energie. Nach der Bohr- und
Verrohrungsplanung sollen die Bohrungen eine Endteufe zwischen 3.200 m und 3.559 m (Bohrlochlänge)
bzw. 2.991 m und 3.200 m (sog. wahre Teufe) erreichen. Mit Schreiben vom 21.03.2012 legte die
Beigeladene eine von ihr in Auftrag gegebene „seismische Risikostudie“ und mit Schreiben vom 31.05.2012
eine ergänzende „Betrachtung der hydrogeologischen Risiken“ vor. Am 21.12.2012 gab das
Landesforschungszentrum Geothermie, Karlsruhe, eine Stellungnahme zum Borvorhaben ab, der zufolge das
Auftreten eines schadensrelevanten Erdbebens durch das Bohren einschließlich der Bohrlochtests bei
Beachtung bestimmter Verfahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne.
3 Mit Entscheidung vom 11.07.2013 ließ das Regierungspräsidium Freiburg den Hauptbetriebsplan der
Beigeladenen zum Niederbringen von Bohrungen unter Nebenbestimmungen zu (Ziffer 1). Im Tenor der
Entscheidung wurde zugleich festgehalten, dass „wasserrechtliche Tatbestände“ nicht geregelt würden
(Ziffer 2) und dass näher bezeichnete Test- und Stimulationsmaßnahmen sowie Pump- und Förderversuche
von der Zulassung ausdrücklich nicht umfasst seien (Ziffer 3). Die Zulassung des Hauptbetriebsplans wurde
auf den 31.12.2014 befristet (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach den vorliegenden
Gutachten schadensrelevante seismologische Ereignisse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen werden könnten. Die beteiligten Behörden hätten keine der Zulassung entgegenstehenden
Bedenken geäußert. Durch die Nebenbestimmungen werde sichergestellt, dass die rechtlichen
Voraussetzungen für die Zulassung des Hauptbetriebsplans vorliegen. Die Entscheidung wurde der
Beigeladenen am 16.07.2013 zugestellt und dem Regierungspräsidium Karlsruhe, dem Landratsamt X und
der Gemeinde X ebenfalls zur Kenntnis gegeben.
4 Die Klägerin hat am 25.07.2014 Klage erhoben und zunächst beantragt, die Entscheidung des
Regierungspräsidiums Freiburg vom 11.07.2013 aufzuheben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die
Anfechtungsklage sei zulässig. Insbesondere habe sie die Klagefrist gewahrt, da sie erst im Laufe des Jahres
2014 von der angefochtenen Entscheidung Kenntnis erlangt habe. Ihre Klagebefugnis ergebe sich zum einen
aus einer Verletzung der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Garantie kommunaler
Selbstverwaltung, denn das zugelassene Vorhaben beeinträchtige ihre Planungshoheit und bedrohe
gemeindliche Einrichtungen, namentlich die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung. Zum anderen könne
sie sich auf die seismologische Gefährdung ihres (einfachrechtlichen) Eigentums an näher benannten,
überwiegend mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge belegten Grundstücken berufen. Darüber hinaus könne
sie als Mitglied des Zweckverbandes „Gewerbepark ba.sic“ die Beeinträchtigung dieses Projekts geltend
machen, die sich daraus ergebe, dass die bezweckte Ansiedlung von Gewerbegebieten wegen der
Erdbebengefahr vereitelt werde. Die Anfechtungsklage sei auch begründet. Die Klägerin könne gemäß § 4
Abs. 3 i. V. m. § 4 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in
Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (UmwRG) die Aufhebung der
Betriebsplanzulassung verlangen, weil eine Umweltverträglichkeits-Vorprüfung im Einzelfall i. S. d. § 3c des
Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unterblieben sei, obwohl diese erforderlich
gewesen wäre. Die Notwendigkeit der Umweltverträglichkeits-Vorprüfung ergebe sich unmittelbar aus Art. 4
Abs. 2 und 3 i. V. m. Anhang II Nr. 2 Buchst. d sowie Anhang III der Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011
über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie),
weil die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) – in
der seinerzeit geltenden Fassung – die Vorgaben der Richtlinie nicht hinreichend umgesetzt habe. Darüber
hinaus könne sie wegen der unmittelbaren Geltung von Art. 11 der UVP-Richtlinie im Rahmen einer aus
anderen Gründen zulässig erhobenen Klage jedwede (objektive) Rechtsverletzung rügen. Die
Zulassungsentscheidung des Regierungspräsidiums verstoße auch gegen § 48 Abs. 2 des
Bundesberggesetzes (BBergG). Danach könne die zuständige Behörde eine Aufsuchung oder Gewinnung
beschränken oder untersagen, soweit ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Das sei
vorliegend der Fall, weil mit dem Vorhaben unbeherrschbare Risiken einhergingen. Dem stehe auch die
Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG nicht entgegen, weil die Geothermie keine
erhebliche Bedeutung für die Energieversorgung oder die Beschäftigungspolitik habe. Ferner lägen die
Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 BBergG nicht vor. So sei entgegen § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
BBergG wegen der unbeherrschbaren weiträumigen Erdbebenrisiken nicht sichergestellt, dass die
erforderliche Vorsorge gegen Gefahren für Leben und Gesundheit und zum Schutz von Sachgütern getroffen
sei. Entgegen § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG sei für den Schutz der Oberfläche nicht Sorge getragen,
sondern die Prüfung dieses Aspekts ausweislich der Verwaltungsakten erst für die spätere Stufe der
Inbetriebnahme vorgesehen worden. Schließlich seien gemeinschädliche Einwirkungen nicht sicher
auszuschließen, weshalb die Zulassung auch wegen § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG hätte versagt werden
müssen. Soweit das Regierungspräsidium eine Prognose habe anstellen müssen, sei sie bereits deshalb
fehlerhaft, weil sie auf einer unvollständigen bzw. unzutreffenden Tatsachengrundlage beruhe. Denn die
Risikostudie und die Stellungnahme des Landesforschungszentrums Geothermie würden weder auf die
unterschiedlichen Herdtiefen natürlicher und durch Bohrungen induzierter Erdbeben noch auf mögliche
Verstärkungseffekte aufgrund des Untergrunds und des Bodenaufbaus eingehen. Auch sei eine
Mikrozonierung unterlassen worden, ohne die weder Aussagen zum Untergrund noch zu
Verstärkungseffekten getroffen werden könnten. Die Bewertung des Schadensrisikos sei daher nicht unter
Einbeziehung aller relevanten Faktoren erfolgt, weshalb die Prognoseentscheidung des
Regierungspräsidiums notwendig fehlerhaft sei.
5 Mit Schreiben vom 21.02.2015 hat das Regierungspräsidium erklärt, dass die zuvor zwischen den
Beteiligten umstrittene Frage, ob eine Umweltverträglichkeits-Vorprüfung erforderlich sei, nach dem Urteil
des Europäischen Gerichtshofs vom 11.02.2015 (Rs. C-531/13) im Sinne der Klägerin geklärt sei. Über die
beantragte Verlängerung der Zulassungsentscheidung werde daher erst nach Durchführung einer
Umweltverträglichkeits-Vorprüfung entschieden werden.
6 Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.03.2015 vorrangig die Feststellung beantragt, dass die
Entscheidung vom 11.07.2013 mit Ablauf des 31.12.2014 unwirksam geworden sei und nicht verlängert
werden könne. Hilfsweise hat sie den ursprüngliche Anfechtungsantrag aufrechterhalten. Zur
Feststellungsklage trägt sie vor: Sowohl die Unwirksamkeit der Zulassungsentscheidung infolge Fristablaufs
als auch die fehlende Möglichkeit einer Verlängerung seien feststellungsfähige Rechtsverhältnisse.
Hinsichtlich des letztgenannten bestehe eine greifbare Meinungsverschiedenheit. Das Feststellungsinteresse
ergebe sich daraus, dass das Regierungspräsidium es für möglich halte, bei einem entsprechenden Ausgang
der Umweltverträglichkeits-Vorprüfung die abgelaufene Zulassung des Hauptbetriebsplans zu verlängern.
Dies würde sie jedoch um eine positive Kostenentscheidung bringen, da es sich bei der unterlassenen
Umweltverträglichkeits-Vorprüfung um einen Fehler handele, der nicht geheilt werden könne. Außerdem
habe die gerichtliche Feststellung Auswirkung auf mögliche Folgeentscheidungen. Sie ermögliche eine
frühzeitige gerichtliche Klärung der Frage der Verlängerbarkeit und sei daher sachdienlicher und effektiver
als die spätere Klärung im Rahmen einer etwaigen Anfechtung der Verlängerungsentscheidung. Die
Feststellungsklage sei auch begründet. Die Zulassungsentscheidung vom 11.07.2013 sei durch Zeitablauf
unwirksam geworden, weil sie auf den 31.12.2014 befristet gewesen sei. Sie könne auch nicht mehr
verlängert werden. Ein Fortwirken eines Verwaltungsakts über das Ende einer Befristung hinaus setze eine
Verlängerungsentscheidung vor Ablauf dieser Frist voraus; andernfalls komme nur eine Neuerteilung in
Betracht. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn es im Fachrecht eine normative Grundlage für eine
rückwirkende Verlängerung einer ausgelaufenen Genehmigung gebe, wie etwa in § 81 Abs. 4 AufenthG oder
in § 62 Abs. 2 Satz 2 LBO. Eine solche finde sich im Bergrecht nicht. Die vereinzelt gebliebene Entscheidung
des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, in der dieses eine rückwirkende Verlängerung für möglich
erachtet habe, leide an dem Mangel, dass die zur Stützung dieser Auffassung herangezogene Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts zu einer ausländerrechtlichen Frage ergangen sei, also zu einem
Rechtsgebiet, das eine entsprechende Sonderregelung kenne. Schließlich könne sich die Möglichkeit der
Verlängerung nicht aus § 37 Abs. 7 VwVfG ergeben. Denn bei der Befristungsentscheidung handele es sich
nicht um eine behördlich gesetzte Frist im Verwaltungsverfahren, sondern um eine materiell-rechtliche Frist,
auf die § 37 Abs. 7 LVwVfG von vornherein nicht anwendbar sei. Im Übrigen sei die Befristung der
Zulassungsentscheidung im Bundesberggesetz gesetzlich vorgesehen; es handele sich also nicht um eine
behördliche Frist. Außerdem habe die Beigeladene den Verlängerungsantrag so spät gestellt, dass mit einer
Entscheidung vor Ablauf der Frist nicht habe gerechnet werden können. Im Übrigen macht die Klägerin
geltend, dass sich die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nunmehr aus § 1 Nr. 8a UVP-V
Bergbau ergebe. Denn das dort genannte Aufbrechen von Gestein unter hydraulichem Druck sei jedem
Geothermievorhaben immanent, weil in der Praxis nie hinreichende Wasserwegsamkeiten bestünden, die
keiner Erweiterung bedürften. Dass es bei den in der ersten Stufe zugelassenen Bohrvorhaben womöglich
noch nicht zu derartigen „fracking“-Vorgängen komme, sei irrelevant. Zur hilfsweise aufrechterhaltenen
Anfechtungsklage trägt die Klägerin ergänzend vor: Diese sei nach wie vor zulässig, insbesondere stehe der
Eintritt der Befristung dem nicht entgegen. Ob der Eintritt einer Befristung zur Erledigung des
Anfechtungsrechtsstreits führe, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Frage des
Einzelfalles. Vorliegend sei keine Erledigung eingetreten, weil sich das Regierungspräsidium Freiburg
vorbehalte, die Zulassung des Hauptbetriebsplans zu verlängern und zugleich die Rechtsauffassung
vertreten werde, dass eine Verlängerungsentscheidung nicht das gleiche Prüfprogramm habe wie eine
Neuerteilung. Damit könnte die ausgelaufene Zulassung noch Anknüpfungspunkt für zukünftige
Rechtswirkungen sein. Eine Heilung des Verfahrensfehlers durch Nachholung einer Umweltverträglichkeits-
Vorprüfung komme nicht in Betracht. Denn innerhalb eines laufenden Verfahrens sei die europarechtlich
gebotene frühzeitige Berücksichtigung des Ergebnisses einer Umweltverträglichkeits-Vorprüfung nicht mehr
möglich.
7 Die Klägerin beantragt zuletzt,
8
festzustellen, dass der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 11.07.2013 betreffend das
Geothermieprojekt „X“, Zulassung des Hauptbetriebsplans Bohrung, Az. 97-4715-772.42/8/17, mit Ablauf
des 31.12.2014 unwirksam geworden ist und nicht verlängert werden kann,
9
hilfsweise, den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 11.07.2013 betreffend das
Geothermieprojekt „X“, Zulassung des Hauptbetriebsplans Bohrung, Az. 97-4715-772.42/8/17,
aufzuheben,
10 weiter hilfsweise, festzustellen, dass der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 11.07.2013
betreffend das Geothermieprojekt „X“, Zulassung des Hauptbetriebsplans Bohrung, Az. 97-4715-
772.42/8/17, rechtswidrig gewesen ist.
11 Das beklagte Land beantragt,
12 die Klage abzuweisen.
13 Zur Begründung wird ergänzend zu den Gründen des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen
vorgetragen: Die Umweltverträglichkeits-Vorprüfung sei entgegen der vom EuGH vorgenommenen
Auslegung der UVP-Richtlinie unterblieben und werde vor einer Verlängerungsentscheidung nachgeholt
werden; im Übrigen sei die angegriffene Entscheidung aber rechtmäßig. Auch nach der neugefassten UVP-V
Bergbau ergebe sich für das Vorhaben nicht unabhängig von einer solchen Vorprüfung eine Verpflichtung zur
Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Einer zukünftigen Verlängerung des Hauptbetriebsplans
stehe nicht bereits entgegen, dass die Befristung zwischenzeitlich eingetreten sei. Ausreichend sei, dass der
Verlängerungsantrag rechtzeitig gestellt worden sei. In einem solchen Fall wirke die Verlängerung gemäß §§
31, 37 VwVfG zurück.
14 Die Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
15 Die Verwaltungsakten (ein Heft sowie ein Ordner Antragsunterlagen) sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf
die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
16 Die Klage ist insgesamt unzulässig.
17 1. Soweit die Klägerin beantragt hat, festzustellen, dass die Zulassung des Hauptbetriebsplans der
Beigeladenen vom 11.07.2013 mit Ablauf des 31.12.2014 unwirksam geworden ist und nicht verlängert
werden kann, ist die Klage unzulässig, weil der Klägerin das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt.
Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO ist eine Feststellungsklage nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes
Interesse an der
baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses hat.
18 Ein solches Feststellungsinteresse kann die Klägerin nicht geltend machen. Der Sache nach geht es ihr um
die Klärung einer Rechtsfrage mit Blick auf eine zukünftig vom Regierungspräsidium Freiburg in Gestalt eines
Verwaltungsakts (Erteilung oder Versagung der Zulassung des Hauptbetriebsplans) zu treffende
Entscheidung. Die Klägerin begehrt folglich
vorbeugenden Rechtsschutz gegen einen Verwaltungsakt, der
möglicherweise zukünftig erlassen wird. Für einen solchen ist kein Raum, wenn es dem Betroffenen
zuzumuten ist, die befürchtete Maßnahme der Verwaltung abzuwarten, und er auf einen als ausreichend
anzusehenden nachträglichen Rechtsschutz, gegebenenfalls kombiniert mit einem Antrag auf vorläufigen
Rechtsschutz, verwiesen werden kann. Dies gilt umso mehr, wenn es ungewiss ist, ob es zu der
befürchteten Maßnahme kommt. Dann würde der Rechtsstreit lediglich dazu dienen, Rechtsfragen gleichsam
um ihrer selbst willen zu lösen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.01.2007 - 10 S 1386/06 -, juris, Rn. 37, m.
w. N.).
19 Vorliegend dauert das Verwaltungsverfahren mit Bezug auf eine mögliche Verlängerungsentscheidung
bereits mehr als zwei Jahre. Ob und wann es zum Abschluss der Umweltverträglichkeits-Vorprüfung kommt,
ist vor dem Hintergrund des bisherigen Verfahrensganges nicht absehbar. Auch steht der nach § 55 Abs. 1
Nr. 1 BBergG zwingend erforderliche Nachweis der Aufsuchungsberechtigung aus, nachdem die
Aufsuchungserlaubnis mit Ablauf des 31.12.2014 außer Kraft getreten und über die (schon seit längerem
beantragte) Verlängerung ebenfalls noch nicht entschieden ist. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass
die wasserrechtliche Genehmigung offenbar noch nicht einmal beantragt worden ist. Ob und wann es zu
einer Verlängerungsentscheidung kommt oder nicht – etwa weil die Beigeladene das Vorhaben aufgibt oder
aber die UV-Vorprüfung ergibt, dass es nach § 57c BBergG einer Umweltverträglichkeitsprüfung und damit
gemäß § 52 Abs. 2a BBergG eines Wechsels in das nach den Grundsätzen des Planfeststellungsrechts
durchzuführenden Rahmenbetriebsplanverfahren bedarf –, ist vor diesem Hintergrund völlig ungewiss.
Unabhängig davon ist es der Klägerin ohne Weiteres zumutbar, das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens
abzuwarten. Sie kann eine mögliche Verlängerungsentscheidung mit der Anfechtungsklage angreifen, die
aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO). Sollte die sofortige Vollziehung der Zulassung angeordnet
werden, könnte die Klägerin um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen (§§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO). Dass diese
Möglichkeiten ausnahmsweise nicht ausreichen, um berechtigten Interessen der Klägerin Rechnung zu
tragen, ist nicht ersichtlich.
20 2. Auch die hilfsweise aufrechterhaltene Anfechtungsklage ist unzulässig. Ob die Klage bereits wegen
fehlender Klagebefugnis unzulässig ist, lässt sich nicht ohne Weiteres beurteilen (a). Die Frage kann letztlich
offenbleiben, denn im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (vgl. nur Ehlers,
in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorbemerkung zu § 40 Rn. 19, m. w. N.) fehlt es der Klägerin jedenfalls
am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (b).
21 a) Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist die Anfechtungsklage, soweit – wie hier – gesetzlich nichts anderes
bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten
verletzt zu sein. Diese Klagebefugnis fehlt zwar nur dann, wenn eine Verletzung der Rechte des Klägers
offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise unmöglich erscheint. Eine Rechtsverletzung des
Klägers, der nicht Adressat des Verwaltungsakts ist, kommt indes nur dann in Betracht, wenn und soweit
die möglicherweise verletzte Vorschrift gerade den Interessen des Klägers zu dienen bestimmt ist.
22 aa) Soweit die Klägerin geltend macht, Sachschäden an in ihrem Eigentum stehenden
Grundstücken/Gebäuden zu befürchten, kann sie sich nicht auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG berufen,
weil diese Vorschrift keine Sachgüter Dritter außerhalb des Bergbaubetriebs erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v.
14.04.2005 - 7 C 26.03 -, juris, Rn. 19). Allerdings könnte sie möglicherweise eine Missachtung von § 48
Abs. 2 BBergG geltend machen. Nach gefestigter Interpretation durch Rechtsprechung und Literatur ist die
Vorschrift als allgemeine Zulassungsvoraussetzung (und nicht [nur] als Eingriffsbefugnis) zu verstehen.
Steht dem Vorhaben ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegen, darf der Betriebsplan nicht
zugelassen werden. Nach überwiegender Auffassung ändert dies nichts daran, dass die
Betriebsplanzulassung eine gebundene Entscheidung ist (dies gilt sogar dann, wenn ein Rahmenbetriebsplan
in Gestalt eines Planfeststellungsbeschlusses zugelassen wird, vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2008 - 7 C 1.06 -,
juris, Rn. 28). Es handelt sich folglich nur um eine Entscheidung der nachvollziehenden Abwägung; die
Bergbaubehörde verfügt weder über einen Ermessens- noch über einen Planungsspielraum (Kühne, in: Boldt
u.a., BBergG, 2. Aufl. 2016, § 48 Rn. 4, 34 ff., m. w. N.). Zu den potentiell entgegenstehenden öffentlichen
Interessen gehört auch das private Oberflächeneigentum; insofern ist die Vorschrift auch drittschützend
(grundlegend BVerwG, Urt. v. 16.03.1989 - 4 C 36/85 -, juris, Rn. 41 ff. – Moers-Kapellen). Allerdings ist die
Reichweite des Schutzes von vornherein begrenzt: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Vorschrift (nur)
insofern verfassungskonform ausgelegt, als dem Oberflächeneigentümer mit Rücksicht auf die primär auf den
Bestand des Eigentums (und nicht nur den Werterhalt) gerichteten Eigentumsgarantie des Art. 14 GG die
Abwehr solcher schwerwiegender Bergschäden möglich sein muss, deren Hinnahme unverhältnismäßig
wäre, weil die Bergschäden einer Enteignung gleich kämen. Zugleich hat das Bundesverwaltungsgericht
aber auch klargestellt, dass der Oberflächeneigentümer wegen des Risikos leichter bis mittlerer Bergschäden
(nach wie vor) auf die Entschädigungsregelungen der §§ 114 ff. BBergG verwiesen werden kann. Daraus
folgt, dass es für die Bejahung der Klagebefugnis nicht ausreicht, dass eine irgendwie geartete
Beeinträchtigung des Oberflächeneigentums nicht ausgeschlossen werden kann; es muss vielmehr möglich
erscheinen, dass das Risiko eines
schwerwiegenden, enteignungsgleichen Bergschadens besteht.
23 Bezüglich der Klägerin kommt erschwerend hinzu, dass nicht zweifelsfrei ist, ob auch kommunales
Oberflächeneigentum in den Schutzbereich des § 48 BBergG einbezogen ist. Denn dieses unterfällt – was
von der Klägerin auch nicht bestritten wird – nicht dem Schutz von Art. 14 GG. In der von der Klägerin
benannten Entscheidung des VG Neustadt (Beschl. v. 28.07.2011 - 5 L 344/11.NW -, juris, Rn. 27) werden
die Besonderheiten des bergrechtlichen Drittschutzes nicht problematisiert. Die dort zur Herleitung der
Widerspruchsbefugnis herangezogenen Entscheidungen beziehen sich auf andere Sachmaterien
(Immissionsschutz- bzw. Luftverkehrsrecht). Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich
einer Zulegungsentscheidung nach § 35 BBergG, die kommunales Eigentum in Anspruch nimmt und für die
der Kommune die volle gerichtliche Überprüfung zubilligt worden ist (BVerwG, Urt. v. 20.11.2008 - 7 C
10.08 -, juris), ist nicht verallgemeinerungsfähig (so auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.09.2013 - 3 S 284/11
-, juris, Rn. 49). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung darauf gestützt, dass die
Kommune in dieser Situation
unmittelbar betroffene Adressatin einer belastenden Entscheidung und nicht –
wie hier – lediglich Drittbetroffene ist (BVerwG, a. a. O., Rn. 23 ff.). Die Klägerin steht mit der von ihr der
Sache nach vertretenen Auffassung, die Auslegung des einfachen Rechts gelte unabhängig von den zu ihr
führenden Gründen – hier: dem Grundrechtsschutz –, zwar nicht allein (vgl. Kühne, in: Boldt u.a., BBergG,
2. Aufl. 2016, § 48 Rn. 72). Die Gegenauffassung, wonach das Oberflächeneigentum nur dann und nur
soweit in die öffentlichen Interessen des § 48 Abs. 2 BBergG einbezogen ist, wie dies grundrechtlich
zwingend geboten ist (vgl. etwa OVG NRW, Beschl. v. 05.09.2003 - 21 B 2517/02 -, juris, Rn. 7), ist indes
nicht von vornherein von der Hand zu weisen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 20.11.2008 - 7 C 10.08 -, juris, Rn.
25, wo die Differenzierung des Rügepotentials zwischen privaten und kommunalen Eigentümern im
Planfeststellungsrecht ausdrücklich auf Art. 14 GG zurückgeführt wird). Ergänzend ist darauf hinzuweisen,
dass die Einbeziehung des kommunalen Oberflächeneigentums in den Schutzbereich des § 48 Abs. 2 BBergG
vom Bundesverwaltungsgericht bislang – soweit ersichtlich – nur dann angenommen worden ist, wenn sich
dies aus dem über diese Transformationsnorm bei der Betriebsplanzulassung zu beachtenden
Fachrecht
ergibt (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 - 7 C 26.03 -, juris, Rn. 36 – Bodenschutzrecht; vgl. ferner BVerwG, Urt.
v. 04.07.1986 - 4 C 31.84 –, juris, Rn. 29 – Immissionsschutzrecht).
24 bb) Auch soweit sich die Klägerin auf eine mögliche Verletzung der Garantie der kommunalen
Selbstverwaltung beruft, ist das Vorliegen einer Klagebefugnis nicht ohne Weiteres zu bejahen. Was die
Beeinträchtigung der Planungshoheit anbelangt, ist diese erst dann – im Ergebnis – unverhältnismäßig und
abwehrbar, wenn das bergbauliche Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der
Gemeinde nachhaltig stört, wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer
durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht oder eine konkret in Betracht gezogene Planungsmöglichkeit
unnötig verbaut (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 -, juris, Rn. 31). In diesem Zusammenhang ist
allerdings zu beachten, dass, wenn – wie hier – keine baulichen Maßnahmen auf dem Gemeindegebiet in
Rede stehen, faktische Auswirkungen der zu befürchtenden Bergschäden auf die Umsetzbarkeit
gemeindlicher Bauleitplanung mit Rücksicht auf die gesetzgeberische Wertung zugunsten des Bergbaus
grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 33). Soweit die Klägerin die Beeinträchtigungen
der Funktionsfähigkeit gemeindlicher Einrichtungen infolge erhöhter Erdbebengefahr geltend macht,
benennt sie zwar einen Aspekt der kommunalen Selbstverwaltung, der ebenfalls im Grundsatz im Rahmen
des § 48 Abs. 2 BBergG eine Klagebefugnis einer Kommune begründen kann. Allerdings hat das
Bundesverwaltungsgericht bezüglich der den kommunalen Einrichtungen drohenden Bergschäden die
Schwelle für eine präventive Nichtzulassung des Vorhabens – im Einklang mit den für private
Oberflächeneigentümer geltenden Maßstäbe – angehoben: „Denkbare Bergschäden an einzelnen Gebäuden
[...] stellen [...] eine solche Beeinträchtigung des Selbstgestaltungsrechts (noch) nicht dar“ (BVerwG, a. a.
O., Rn. 39). Diese zurückhaltende Ausgestaltung der (materiell-rechtlichen) Abwehrposition der Gemeinde
bleibt nicht ohne Folgen für die Darlegungsanforderungen im Rahmen der Klagebefugnis. Wie hinsichtlich
des Oberflächeneigentums genügt nicht jede denkbare negative Betroffenheit, sondern es muss konkret
möglich erscheinen, dass die Beeinträchtigung durch das Vorhaben eine besondere Intensität aufweist.
25 b) Ob die Klägerin im vorliegenden Verfahren gemessen an diesen Maßstäben klagebefugt ist, kann jedoch
offenbleiben. Denn die Klage ist bereits deshalb unzulässig, weil mit Eintritt der Befristung der
angefochtenen Zulassungsentscheidung zum 31.12.2014 das Rechtsschutzinteresse der Klägerin entfallen
ist.
26 Zur Frage, unter welchen Umständen der Eintritt einer Befristung des angefochtenen Verwaltungsakts zu
seiner Erledigung (im prozessualen Sinne) und damit zum Fortfall des Rechtsschutzinteresses für eine
Anfechtungsklage führt, hat das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. v. 27.07.2005 - 6 B 37.05 -, juris, Rn. 6)
ausgeführt:
27 „In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das allgemeine
Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungsklage dann nicht gegeben ist, wenn der Kläger mit der Klage
eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, wenn also die Inanspruchnahme des
Gerichts sich als für die subjektive Rechtsstellung des Klägers zurzeit nutzlos darstellt (vgl. Beschluss vom
11. März 1992 - BVerwG 5 B 32.92 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 254 S. 37 f.; Urteil vom 17. Dezember
1980 - BVerwG 6 C 139.80 - BVerwGE 61, 246 <247>; Beschluss vom 28. August 1982 - BVerwG 4 N 3.86
- BVerwGE 78, 85 <91>). Dies ist stets der Fall, wenn sich der mit der Anfechtungsklage angefochtene
Verwaltungsakt erledigt hat. Die Erledigung eines Verwaltungsakts bedeutet Wegfall seiner beschwerenden
Regelung. Ob dieser Wegfall eingetreten ist, ist vom Regelungsgehalt des Verwaltungsakts her zu
beurteilen (vgl. Urteil vom 15. November 1990 - BVerwG 3 C 49.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 224 S.
62). Die Erledigung eines Verwaltungsakts kann durch Zeitablauf eintreten, wenn die Zeitbestimmung zum
wesentlichen Inhalt des Verwaltungsakts gehört (vgl. z.B. Urteil vom 20. Januar 1989 - BVerwG 8 C 30.87 -
BVerwGE 81, 226 <227>; Urteil vom 13. November 1974 - BVerwG 8 C 102.73 - BVerwGE 47, 169
<170>). Dass sich ein Verwaltungsakt durch Zeitablauf erledigen kann, ergibt sich auch aus § 43 Abs. 2
VwVfG ("… oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist"). Mithin kann das
Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungsklage entfallen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine
Befristung enthält und die vorgesehene Frist verstrichen ist. [...] Ob in einem konkreten Fall ein
Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungsklage gegen einen befristeten Verwaltungsakt bei Ablauf der
Frist besteht, ist eine Frage des Einzelfalls und deshalb einer Klärung im revisionsgerichtlichen Verfahren
nicht zugänglich.“
28 Bei Anwendung dieser Maßstäbe führt der Eintritt der Befristung der Zulassung eines Hauptbetriebsplans zu
einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Denn für eine etwaige Entscheidung über die Verlängerung
gelten keine anderen Maßstäbe als für eine Neuerteilung. Die Kammer teilt insofern nicht die Auffassung,
wonach die Bergbehörde bei ihrer Verlängerungsentscheidung im Grundsatz an ihre frühere (rechtliche und
tatsächliche) Beurteilung des Vorhabens gebunden sei und eine Verlängerung nur dann ablehnen könne,
wenn sich die Sach- und Rechtslage geändert habe (so von Hammerstein, in: Boldt u. a., BBergG, 2. Aufl.
2016, § 52 Rn. 118 ff. mit Verweis auf Kühne, Bergrechtlicher Rahmenbetriebsplan,
Anlagengenehmigungsrecht und Umweltverträglichkeitsprüfung, 1993). Das Bundesverwaltungsgericht
(Urt. v. 01.11.1995 - 4 C 14.94 -, juris, Rn. 31 ff.) hat die Frage zwar ausdrücklich offengelassen, zugleich
aber erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der vorgenannten Auffassung benannt:
29 „Der zuständigen Behörde steht kein Versagungsermessen zu. Ein solches ergibt sich auch nicht aus § 48
Abs. 2 Satz 1 BBergG [...]. § 55 Abs. 1 gilt, wie § 52 Abs. 4 Satz 2, § 54 Abs. 1 und § 56 Abs. 3 BBergG
belegen, auch für die Verlängerung eines Rahmenbetriebsplans [...]. Davon geht im Ergebnis auch das
Verwaltungsgericht aus, wenn es das Prüfprogramm für die Entscheidung über den Verlängerungsantrag
dahin umreißt, daß die Verlängerung zuzulassen sei, wenn in bezug auf die noch nicht ausgeführten
Maßnahmen des Rahmenbetriebsplans die ursprüngliche Zulassung rechtmäßig erteilt worden sei und sich
seitdem insoweit auch die Sach- und Rechtslage nicht geändert habe.
30 Ob das Prüfprogramm für die Entscheidung über einen Verlängerungsantrag, wie der Oberbundesanwalt
meint, in der Weise eingeschränkt ist, daß über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 BBergG
nicht erneut zu entscheiden ist, soweit sich die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat, erscheint nicht
zweifelsfrei. Dafür könnte die Verwendung des Begriffs „Verlängerung“ sprechen. Weitergehende Aussagen
dahin, daß die Zulassung, wie z.B. auch Kühne (Bergrechtlicher Rahmenbetriebsplan, a.a.O. S. 33 ff.) meint,
eine Bindungswirkung habe, die über den Ablauf der Geltungsdauer des zugelassenen Rahmenbetriebsplans
hinausginge, lassen sich dem Bundesberggesetz nicht entnehmen. Da ein Rahmenbetriebsplan nach § 52
Abs. 2 Nr. 1 BBergG von vornherein nur für einen bestimmten Zeitraum zugelassen werden darf (Urteil
vom 13. Dezember 1991, a.a.O. S. 258 f.), gebieten Gründe des Vertrauensschutzes jedenfalls nicht, der
Zulassung eine über die Geltungsdauer hinausgehende Bindungswirkung beizumessen. Die Frage ist nicht
zu verwechseln mit der anderen Frage, ob und welche Bindungswirkung eine Zulassung mit den im
Rahmenbetriebsplan enthaltenen und behördlich geprüften „allgemeinen Angabe“ für die Entscheidung
über Haupt- und Sonderbetriebspläne hat, die während der Geltungsdauer des Plans vorgelegt werden.“
31 Die Kammer schließt sich der vorherrschenden Auffassung an, wonach die frühere bergrechtliche
Zulassungsentscheidung keine Bindungswirkung für die Verlängerungsentscheidung hat, vielmehr die
Prüfungsmaßstäbe in beiden Fällen die gleichen sind (vgl. Nieders. OVG, Urt. v. 17.07.2008 - 7 LC 53/05 -,
juris, Rn. 47 sowie – zu einem Rahmenbetriebsplan – Beschl. v. 02.04.2013 - 7 ME 81/11 -, Rn. 23; vgl.
ferner Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 2003, § 9 Rn. 328). Der Verlängerungsbescheid zur
Hauptbetriebsplanzulassung stellt einen neuen Verwaltungsakt dar, dem eine behördeninterne Überprüfung
der Bewilligungsvoraussetzungen vorangegangen ist und der eine eigenständige Regelung mit
Außenwirkung enthält. Den Bestimmungen des Bundesberggesetzes lässt sich nicht entnehmen, dass die
(erstmalige) Zulassung eines Hauptbetriebsplans eine Bindungswirkung über den Ablauf der Geltungsdauer
dieses Betriebsplanes hinaus erzeugt. Auch Gründe des Vertrauensschutzes gebieten es nicht, dieser zeitlich
beschränkten Zulassung eines Hauptbetriebsplans eine weitergehende Bindungswirkung beizumessen.
Vielmehr spricht die vom Gesetz gewollte Befristung der Zulassung von Betriebsplänen dafür, dass der
zuständigen Bergbehörde die Möglichkeit einer neuen Beurteilung des Bergbauvorhabens im vollen Umfang
erhalten bleiben soll (OVG Berlin-Brandenb., Beschl. v. 09.05.2006 - 11 N 56.05 -, juris, Rn. 21).
32 Für diese Auslegung streitet aus Sicht der Kammer auch, dass sie den für vergleichbare Situationen im
Baurecht geltenden Grundsätzen entspricht. Sowohl bei der Verlängerung der Baugenehmigung (§ 62 Abs. 2
LBO) als auch bei der Verlängerung der Ausführungsgenehmigung für fliegende Bauten (§ 69 Abs. 4 Satz 2,
3 LBO) ist anerkannt, dass das Prüfprogramm der Baurechtsbehörde in materiell-rechtlicher Hinsicht dem
einer erstmaligen Genehmigung entspricht, insbesondere keine Bindung an die frühere Beurteilung besteht
(vgl. Sauter, § 62 LBO BW, Rn. 12; ders., § 69 LBO, Rn. 23, jeweils m. w. N.; ferner Bay. VGH, Urt. v.
17.10.2003 - 2 B 99.2667 -, juris, Rn. 11). Dies zeigt, dass allein die Verwendung des Begriffs
„Verlängerung“ eine Modifikation des Prüfprogramms nicht indiziert. Hätte der Gesetzgeber abweichend von
diesen Grundsätzen eine weiterreichende Bindung der bergrechtlichen Zulassung eines Haupt- oder
Rahmenbetriebsplans bewirken wollen, hätte es vielmehr nahegelegen, diese im Gesetzestext sprachlich
zum Ausdruck zu bringen. Hieran fehlt es jedoch. Soweit das Prüfungsprogramm für die
Verlängerungsentscheidung teilweise dahingehend beschrieben wird, dass eine Verlängerung nur versagt
werden könne, „wenn sich die Sach- oder Rechtslage inzwischen verändert hat oder wenn sich herausstellt,
dass die ursprüngliche Zulassung rechtswidrig war“ (Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, 2. Aufl. 2013, §
52 Rn. 112 f.; vgl. auch VG Lüneburg, Urt. v. 07.03.1994 - 7 A 137/92 -, 2. Orientierungssatz bei juris
[Vorinstanz zu BVerwG, Urt. v. 01.11.1995 - 4 C 14.94 -]), besteht nur scheinbar ein Widerspruch: Weil es
sich bei der Verlängerungsentscheidung um eine solche ohne Beurteilungs- oder Ermessensspielraum der
Behörde handelt, kommt – von einer Rechtsänderung abgesehen – eine Abweichung von der früheren
Zulassungsentscheidung auch mit Blick auf die anzustellenden Prognosen nämlich ohnehin nur dann in
Betracht, wenn eine Zulassung wegen neuerer oder (nunmehr) zutreffender Erkenntnisse
rechtmäßigerweise nicht (mehr) erteilt werden darf, was nichts anderes bedeutet, als dass eine Änderung
der Sachlage eingetreten ist oder die Rechtswidrigkeit der früheren Zulassungsentscheidung erkannt
worden ist.
33 3. Schließlich ist auch die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig. Gemäß § 113 Abs.
1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig
gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat und sich der
Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat.
34 Zwar hat sich – wie dargelegt – die zunächst mit der Anfechtungsklage angegriffene Entscheidung des
Regierungspräsidiums Freiburg vom 11.07.2013, den von der Beigeladenen vorgelegten Hauptbetriebsplan
zuzulassen, mit Ablauf der darin verfügten Befristung am 31.12.2014 erledigt. Die Klägerin hat aber kein
berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung.
35 Der Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist nur bei Vorliegen eines besonderen Feststellungsinteresses
zulässig. Eine derartige Sachentscheidung – im Vergleich zur sonst vorgesehenen Einstellung des Verfahrens
nach § 161 Abs. 2 VwGO – kann nur verlangt werden, wenn der Betroffene damit „noch etwas anfangen“
kann, sie also seine Situation zu verbessern geeignet ist (Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.
a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 113 Rn. 66, m. w. N.). Dabei ist zu beachten, dass der Kläger im gerichtlichen
Verfahren nach § 113 Abs. 1 VwGO nicht mehr erreichen kann als die Aufhebung des Verwaltungsakts
wegen seiner Rechtswidrigkeit, nicht jedoch die Aufhebung aus einem bestimmten Grund. Das Gericht ist
frei darin, sich bei der Entscheidung auf einen – vom Kläger möglicherweise auch gar nicht vorgetragenen –
Grund zu beschränken und dahinstehen zu lassen, ob der Verwaltungsakt auch aus den vom Kläger
vorgebrachten Gründen rechtswidrig ist (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 05.09.1984 - 1 WB 131.82 -, juris, Rn.
33). Dies lässt sich auf die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu treffende Entscheidung übertragen; auch
diesbezüglich gilt, dass es „keine unterschiedlichen Qualitäten der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme“ und
keinen Anspruch auf den gerichtlichen Ausspruch der Rechtswidrigkeit aus einen bestimmten Grund gibt
(BVerwG, Beschl. v. 05.09.1984 - 1 WB 131.82 -, juris, Rn. 33). Weil der Tenor des verwaltungsgerichtlichen
Urteils im Erfolgsfalle allein dahin lautet, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war, muss der Kläger ein
anerkennenswertes Interesse an genau dieser Feststellung haben. Dieses besteht indes nicht, wenn genau
diese Tatsache, d. h. die
Rechtswidrigkeit des (erledigten) Verwaltungsakts, von Seiten des Beklagten nicht
(mehr)
bestritten wird (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 90; Wolff, in:
Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 268 – jeweils m. w. N.). Eine solche Situation, in der die
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht bestritten wird und der Kläger eine gerichtliche Feststellung
dieses Umstandes nicht verlangen kann, liegt vor, wenn der Verwaltungsakt wegen Rechtswidrigkeit (und
nicht etwa ausschließlich aus Gründen der Zweckmäßigkeit) aufgehoben wurde (vgl. BVerwG, Beschl. v.
05.09.1984 - 1 WB 131.82 - juris, Rn. 34) oder – bei einer anderen Form der Erledigung – die
Rechtswidrigkeit durch Bescheid festgestellt oder sonst durch die Behörde durch eine Erklärung verbindlich
anerkannt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 133; Gerhardt, a. a. O., § 113
Rn. 90, m. w. N.). In diesen Fällen hat der Kläger das von ihm Begehrte, die verbindliche Anerkennung der
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, bereits erhalten (vgl. BVerwG, a. a. O.).
36 So liegt es hier: Das Regierungspräsidium Freiburg hat bereits mit Schriftsatz vom 20.02.2015 erklärt, dass
der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 11.02.2015 (- C-531/13 -, juris) die zuvor streitige Frage, ob
auch Aufsuchungsbohrungen dem Anhang II der UVP-Richtlinie unterfallen, aus Sicht des
Regierungspräsidiums dahingehend geklärt habe, dass dies der Fall sei, wenn es sich um Tiefbohrungen
handele, so dass die nationalen Behörden anhand der Kriterien des Anhangs III der UVP-Richtlinie im
Einzelfall zu prüfen hätten, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen sei. Das
Regierungspräsidium hat weiter erklärt, dass es im Verwaltungsverfahren bezüglich der
Verlängerungsentscheidung diese Prüfung durchzuführen habe. Der Vertreter des beklagten Landes hat in
der mündlichen Verhandlung ferner ausdrücklich bestätigt, dass die am 11.07.2013 erteilte Zulassung
wegen der unterlassenen Umweltverträglichkeits-Vorprüfung nunmehr auch vom Regierungspräsidium als
rechtswidrig angesehen werde. Soweit das Regierungspräsidium erklärt hat, den Mangel der ursprünglichen
Betriebsplanzulassung durch Nachholung der Umweltverträglichkeits-Vorprüfung bei der Entscheidung über
die Verlängerung „heilen“ zu können, erscheint es bereits fraglich, ob die Möglichkeit einer rückwirkenden
Heilung einer durch Ablauf der Befristung unwirksam gewordenen Zulassungsentscheidung überhaupt
besteht. Unabhängig davon kann eine irgendwie geartete rückwirkende Verschlechterung der
Rechtsstellung der Klägerin damit jedenfalls nicht einhergehen. Wie bereits dargelegt, findet bei jeder
Verlängerungsentscheidung eine volle Überprüfung der Rechtmäßigkeit des zuzulassenden Vorhabens ohne
Bindung an die frühere Entscheidung statt.
37 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen
können einem Beteiligten nur dann auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 162 Abs. 3
VwGO). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und ihrerseits kein
Prozesskostenrisiko eingegangen ist.
38 Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen
wäre, sind nicht gegeben.
39
Beschluss
40 Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf
90.000,- Euro
festgesetzt.
41 Dabei setzt die Kammer für die zunächst allein anhängig gemachte Anfechtungsklage einen Streitwert von
60.000 EUR an (vgl. Ziff. 11.3 des Streitwertkatalogs 2013). Dem Fortsetzungsfeststellungsantrag kommt
als Minus des Aufhebungsantrags im Verhältnis zu diesem keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. auch den
Rechtsgedanken des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Der Streitwert des im Laufe des Verfahrens erhobenen
Feststellungsantrag bemisst die Kammer gemäß § 52 Abs. 1 GKG mit 30.000 EUR. Dabei berücksichtigt die
Kammer maßgeblich die präjudizielle Bedeutung, die auch die Klägerin selbst mit der begehrten Feststellung
mit Blick auf das laufende Verwaltungsverfahren verbindet. Im Erfolgsfalle würde die begehrte Feststellung,
dass die Zulassung des Hauptbetriebsplans nicht verlängert werden kann, den Ausgang des laufenden
Verwaltungsverfahren faktisch zugunsten der Klägerin determinieren. Der Streitwert für den vorbeugenden
Feststellungsantrag wird daher mit 50 % des Streitwerts einer Anfechtungsklage gegen eine
Verlängerungsentscheidung bewertet.
42 Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.