Urteil des VG Freiburg vom 16.01.2015

durchsuchung, gefahr im verzuge, unverletzlichkeit der wohnung, wegnahme

VG Freiburg Beschluß vom 16.1.2015, 6 K 69/15
Durchsuchungsanordnung zum Zwecke der Sicherstellung von Waffen und
Sprengstoff
Leitsätze
Für die gerichtliche Durchsuchungsanordnung zwecks Sicherstellung von Waffen und
von Sprengstoffen (§ 46 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und S. 2 WaffG) ist in Baden-Württemberg
der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
Eine waffenrechtliche sofortige Sicherstellungsanordnung ist kraft Gesetzes sofort
vollziehbar (§ 46 Abs. 4 S. 3 WaffG).
Für die gerichtliche Durchsuchungsanordnung zum Zwecke der Beschlagnahme von
Sprengstoff und einer Sprengstofferlaubniskarte findet sich mangels Spezialregelung
im SprengG die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 6 Abs. 2 S. 1 LVwVG.
Der Widerruf einer Sprengstofferlaubnis ist im Fall des § 34 Abs. 2 SprengG kraft
Gesetzes sofort vollziehbar (§ 34 Abs. 5 SprengG).
Die Spezialermächtigung in § 32 Abs. 5 S. 4 SprengG zur sofortigen Sicherstellung
von Sprengstoff geht einer Beschlagnahmeermächtigung aus § 33 PolG BW vor.
Eine Verfügung der sofortigen Sicherstellung von Sprengstoff ist - anders als eine
Verfügung zur sofortigen Sicherstellung von Waffen (§ 46 Abs. 4 S. 3 WaffG) - nicht
schon kraft Gesetzes sofort vollziehbar, sondern bedarf insoweit erst einer Anordnung
ihrer sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO.
Mangels Spezialregelung im SprengG ist der Inhaber einer Sprengstofferlaubniskarte
nach sofort vollziehbarem Widerruf der Sprengstofferlaubnis gem. § 52 S. 2 und S. 3
LVwVG zur Herausgabe der Sprengstofferlaubniskarte an die ausstellende Behörde
auf deren Verlangen hin verpflichtet.
Bei nicht freiwilliger Herausgabe darf eine Durchsuchung zum Zwecke der
Beschlagnahme dieser Erlaubniskarte erfolgen.
Durch Beifügung von Bedingungen zu einer gerichtlichen Durchsuchungsanordnung
ist sicherzustellen, dass die für die Wirksamkeit erforderliche Bekanntgabe der zu
vollstreckenden Behördenverfügung und des Durchsuchungsbeschlusses an den
Vollstreckungsschuldner vor Beginn der Durchsuchung erfolgen.
Es ist zulässig, den Vollstreckungsgläubiger mit der Zustellung des gerichtlichen
Durchsuchungsbeschlusses an den Vollstreckungsschuldner im Wege der Amtshilfe
nach § 14 VwGO zu beauftragen, wenn andernfalls der Erfolg der Vollstreckung
gefährdet wäre.
Einer vorherigen Anhörung des Vollstreckungsschuldners vor Erlass einer
gerichtlichen Durchsuchungsanordnung bedarf es nicht, wenn sich aus dem Tenor
der Durchsuchungsanordnung für die vom Vollstreckungsgläubiger eingesetzten
Vollzugsorgane bereits genau ergibt, dass, zu welchem Zweck, unter welchen
Voraussetzungen und in welchem Umfang die Durchsuchung und eine Vollstreckung
erfolgen dürfen.
Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit muss dem Vollstreckungsschuldner vom
Vollstreckungsgläubiger die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Durchsuchung und
das gewaltsame Öffnen von Türen und Behältnissen durch freiwillige Benennung des
Verwahrungsortes der gesuchten Waffen bzw. des gesuchten Sprengstoffs sowie
durch freiwillige Herausgabe von Schlüsseln zu vermeiden.
Tenor
Die Vollstreckungsgläubigerin wird ermächtigt,
- nach Bekanntgabe der beiden jeweils vom 15.01.2015
datierenden Bescheide an den jeweiligen Vollstreckungsschuldner
und
- nach Erlass und Bekanntgabe einer schriftlichen und begründeten
Anordnung des Sofortvollzugs der Ziff. 2 S. 2 des an den
Vollstreckungsschuldner zu Ziff.1 gerichteten Bescheids vom
15.01.2015 und
- nach Zustellung dieser Durchsuchungsanordnung an die beiden
Vollstreckungsschuldner, mit deren Durchführung im Wege der
Amtshilfe die Vollstreckungsgläubigerin vom Gericht hiermit
beauftragt wird, und schließlich
- nach vergeblicher Aufforderung der Vollstreckungsschuldner zur
freiwilligen Duldung bzw. Mitwirkung bei der behördlichen
Inbesitznahme nachstehend genannter Gegenstände und
Androhung unmittelbaren Zwangs für den Fall fehlender
Kooperation
die Wohnräume der Vollstreckungsschuldner im Anwesen ... in ... einschließlich
sämtlicher Nebenräume zu durchsuchen und dabei nötigenfalls verschlossene
Räume oder Behältnisse zu öffnen oder öffnen zu lassen und zwar zum Zweck der
Sicherstellung folgender Gegenstände:
- der nachstehend aufgeführten Waffenbesitzkarten:
Nr. 3/98 -gelb,
Nr. 21/2012-2- grün,
Nr.7/2011-3-gelb und
Nr.943/74-grün,
- der nachstehend aufgeführten Waffen:
- KK-Gewehr, .22lr, Walther, UIT Match Universal Herst.Nr. 9515
- KatD Bockdoppelflinte, 12/70, Lamas Mod. 801, Herst.Nr. 23960
- Blockverschlussflinte, .15/85, EG W.W.Greener, Marker Greener
Spec. Herst.Nr. 27665
- Einlaufflinte, 2855, P Stevens Maastricht, Beaumont System,
Herst.Nr. 1833
- KK-Gewehr, .22lr , Anschütz 1903, Herst.Nr. 1353397
- Einzelladerflinte Kat.D., 28/65, Albini-Braendlin, Herst.Nr. 1325
- Revolver, Kat B, .22lr, Smith&Wesson Mod. 617 Traget Champion,
Herst.Nr. BRA7649
- Pistole, halbautomat., Kat. B, .22lr, Hämmerli, Herst.Nr. 38956
- Ordonanzgewehr (Repetiergewehr), 6,5x555 Schwed, Carl
Gustafs Stadts, Gevärsfaktori M1896, Herst.Nr. 429154
- Vorderladerevolver, .44, Westerner´s Arms, Uberti 1858, Herst.Nr.
15127
- Perk.Revolver, Kat.B, .36 (Black Powder), Rinc Galesi-Rigarmi-
Brescia, Colt Navy 1861, Herst.Nr. 16020
- Perk.Revolver, Kat.B, .44, Rinc Galesi-Rigami-Brescia, Colt Army
1860, Herst.Nr. 99202
- Rep.Büchse, Kat.C, 6mm, SIG-Sauer, Mod. 205, Herst.Nr.
W23305 SystemNr.S03629
- Wechsellauf Kat. C., .306Win, Sig-Sauer, Herst.Nr.W20692
- Perk.Revolver, Kat.B, .36 (Black Powder), Westerner´s Arms -
Uberti Mod.Col Reb Confederate, Herst.Nr. 017812
- KK-Gewehr, .22lr, Voere, Herst.Nr. 1144742,
-sowie eventuell vorhandener Munition,
-sowie der Sprengstofferlaubnis-Karte 7/2011,
-sowie eventuell vorhandenen Sprengstoffs.
Diese Durchsuchungsanordnung tritt spätestens am 31.03.2015 außer Kraft.
Die Vollstreckungsschuldner tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Gründe
1 Der Antrag der Vollstreckungsgläubigerin auf Anordnung der Durchsuchung der
Wohnräume der Vollstreckungsschuldner ist zulässig und begründet.
2
1.
Für die richterliche Anordnung der Durchsuchung einer Wohnung im
Zusammenhang mit einer Sicherstellung oder einer Verwaltungsvollstreckung im
Rahmen des Waffenrechts und auch des Sprengstoffrechts ist in Baden-
Württemberg nicht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Es
handelt sich vielmehr um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit
nichtverfassungsrechtlicher Art, für die das Landesrecht keine Sonderzuweisung
enthält. Namentlich liegt eine Sonderzuweisung nach den §§ 40 Abs. 1 Satz 2
VwGO und 31 Abs. 5 PolG nicht vor, weil es hier nicht um eine Durchsuchung
nach § 31 PolG geht (vgl. VG Freiburg, B. v. 28.7.2014 - 4 K 1554/14 -, juris,
Rdnr.2), sondern um eine Durchsuchung nach § 46 Abs. 4 S.2 WaffG bzw. nach §
6 Abs. 2 LVwVG.
3 Einer Zustellung des vorliegenden Antrags an die Vollstreckungsschuldner und
ihrer Anhörung dazu durch das Verwaltungsgericht vor Erlass der
Durchsuchungsanordnung bedarf es hier auch mit Rücksicht auf deren Grundrecht
auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ausnahmsweise nicht, da andernfalls
der Zweck der Durchsuchung gefährdet würde (VG Sigmaringen, B. v. 24.02.2005
- 7 K 301/05 -, juris unter Verweis auf BVerfG, B. v. 16.6.1981 - 1 BvR 1094/80 -,
BVerfGE 57, 346, und VG Freiburg, B. v. 28.7.2014 - 4 K 1554/14 -, juris, Rdnr. 9).
4
2.1.
Rechtsgrundlage für die von der Vollstreckungsgläubigerin beantragte
Durchsuchungsanordnung zum Zwecke der Sicherstellung der genannten
Waffenbesitzkarten, Waffen und eventuell vorhandener Munition der beiden
Vollstreckungsschuldner ist hier die spezielle (bundesrechtliche)
Ermächtigungsgrundlage in § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und S. 2 WaffG (siehe hierzu
VG Sigmaringen, B. v. 24.02.2005 - 7 K 301/05 -, juris). Nach dieser Vorschrift
kann die zuständige Behörde Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und
3 (des § 46 WaffG) bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen, soweit
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition
missbräuchlich verwendet werden sollen. Zu diesem Zweck sind die Beauftragten
der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung des Betroffenen zu betreten
und diese nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen;
Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch
die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit
der Wohnung (Art. 13 GG) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und
Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung (§ 46 Abs. 4 S. 3 WaffG).
5 Die Verfügung unter Ziff.1 der jeweiligen Bescheide der Vollstreckungsgläubigerin
vom 15.01.2015 stellt jeweils eine solche waffenrechtliche
Sicherstellungsanordnung dar. Sie ist eine waffenrechtliche Grundverfügung (bzw.
Standardmaßnahme), mit der der jeweilige Vollstreckungsschuldner als
Waffenbesitzer verpflichtet wird, die Wegnahme der Waffen zu dulden. Sie ist
(noch) keine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, sondern nur Grundlage
einer ggf. erforderlichen Vollstreckung nach Maßgabe des (Landes-)
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. Diese Sicherstellung ist gemäß § 46 Abs. 4
Satz 3 WaffG (kraft Gesetzes) sofort vollziehbar (VG Freiburg, a.a.O., juris, Rdnr.5).
Der unter Ziff.3 der Bescheide jeweils ausdrücklich angeordneten sofortigen
Vollziehbarkeit der unter Ziff. 1 der Bescheide jeweils getroffenen Verfügung
bedurfte es mithin gar nicht.
6
2.1.1.
Die Voraussetzungen für eine Durchsuchungsanordnung zum Zwecke
dieser Sicherstellung nach dieser Norm liegen hier vor:
7 Das Verwaltungsgericht darf die Durchsuchung nur anordnen, wenn es sich
aufgrund eigenverantwortlicher Prüfung des Sachverhalts überzeugt hat, dass die
Maßnahme verhältnismäßig ist. Es hat zudem durch eine geeignete Fassung der
Durchsuchungsanordnung im Rahmen des Möglichen sicherzustellen, dass der
Grundrechtseingriff angemessen begrenzt wird sowie messbar und kontrollierbar
bleibt. Mithin hat die richterliche Durchsuchungsanordnung die rechtliche
Grundlage der konkreten Maßnahme zu schaffen und muss Rahmen, Grenzen
und Ziel der Durchsuchung definieren (BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR
1992/92 -, BVerfGE 96, 44 = NJW 1997, 2165).
8 Mit der - im Tenor des vorliegenden Beschlusses als Voraussetzung für die
Durchsuchungsermächtigung genannten - vorherigen Bekanntgabe der (aktuell
noch gar nicht bekanntgegebenen und daher noch nicht wirksamen) beiden
Bescheide vom 15.01.2015 werden die darin jeweils enthaltenen waffenrechtlichen
Sicherstellungsverfügungen den Vollstreckungsschuldnern gegenüber noch vor
der Durchführung der Durchsuchung, deren Zweck sie darstellen, wirksam und
vollziehbar (zur Zulässigkeit dieser Konstruktion siehe VG Augsburg, B. v.
18.8.2014 - Au 4 V 14.1198 -, juris, Rdnr.17).
9 Durch die im Tenor des vorliegenden Beschlusses als weitere Voraussetzung für
die Durchführung der Durchsuchung genannte vorherige Zustellung des
Durchsuchungsbeschlusses wird sichergestellt, dass die gerichtliche
Ermächtigung der Vollstreckungsgläubigerin zur Durchsuchung vor Beginn der
Durchsuchung wirksam wird. Da anderenfalls der Erfolg der Durchsuchung
gefährdet würde, ist es zulässig, die Vollstreckungsgläubigerin zu beauftragen, im
Wege der in § 14 VwGO ausdrücklich vorgesehenen Amtshilfe der Behörden
gegenüber Gerichten, den vorliegenden Beschluss durch Übergabe an die
Vollstreckungsschuldner zuzustellen (vgl. VG Sigmaringen, B. v. 24.02.2005 - 7 K
301/05 -, juris).
10 Die im Tenor enthaltene Aufzählung der sicherzustellenden Gegenstände im
Einzelnen beschränkt den Umfang der Durchsuchung, da sie nur so lange
gerechtfertigt ist, bis die genannten Gegenstände gefunden und sichergestellt sind,
und außerdem nicht der Suche nach anderen Gegenständen dienen darf. Dass
die Durchsuchung auch dem Zweck der Sicherstellung „eventuell vorhandener
Munition“ dient, ohne dass die Munition im Einzelnen in der
Sicherstellungsverfügung genau bezeichnet wird und werden kann, liegt in der
Natur der Sache begründet und steht der Durchsuchungsanordnung nicht
entgegen. Insoweit genügt es dem Bestimmtheitserfordernis, dass mit dieser
Formulierung „alle“ im Besitz der Vollstreckungsschuldner befindlichen
Munitionsteile erfasst sind.
11
2.1.2.
Die von der Vollstreckungsgläubigerin beantragte Durchsuchung der Räume
der Vollstreckungsschuldner ist geeignet, erforderlich und im engeren Sinn
verhältnismäßig.
12 Durch die im Tenor der vorliegenden Durchsuchungsanordnung aufgestellte
Bedingung, dass eine Durchsuchung erst nach vergeblicher Aufforderung der
Vollstreckungsschuldner zur freiwilligen Duldung des Betretens und Durchsuchens
ihrer Wohnung und der Wegnahme der sicherzustellenden Gegenstände
stattfinden darf, wird sichergestellt, dass diesen die Möglichkeit eingeräumt wird,
die Anwendung von Zwangsmaßnahmen und die damit verbundenen Härten zu
vermeiden, wodurch die aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebotene
Erforderlichkeit der Durchsuchung sichergestellt wird (vgl. VG Augsburg, B. v.
18.8.2014 - Au 4 V 14.1198 -, juris, Rdnr.15). Den Vollstreckungsschuldnern soll
unter anderem die Möglichkeit verbleiben, das gewaltsame Öffnen von Türen oder
Behältnissen durch freiwillige Herausgabe der zugehörigen Schlüssel zu
vermeiden und überflüssiges Suchen durch freiwillige Benennung der
Verwahrungsorte der Waffen zu vermeiden sowie im Beisein der Behördenvertreter
diesen den Zugriff auf die Waffen zu ermöglichen.
13 Eine summarische Überprüfung ergibt, dass die Durchsuchung auch nicht deshalb
unverhältnismäßig ist, weil die Sicherstellungsverfügungen, deren Durchsetzung
sie dient, etwa offensichtlich rechtswidrig sind. Diese Prüfung ist anzustellen, weil
das Gericht im Rahmen des § 46 Abs. 4 S. 2 WaffG zwar im Grundsatz nur die
Voraussetzungen der Durchsuchungsanordnung und daher in der Regel nicht die
Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden, sofort vollziehbaren, wirksamen
Sicherstellungsverfügung zu prüfen hat, allerdings auch nicht eine Durchsuchung
zur Durchsetzung einer offenkundig rechtswidrigen Sicherstellungsverfügung
gestatten darf, da ansonsten der Richtervorbehalt nach Art. 13 Abs. 2 GG eine
bloße Formsache darstellen würde (vgl. VG Augsburg, B. v. 18.8.2014 - Au 4 V
14.1198 -, juris, Rdnr. 11).
14 Dass die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Sicherstellungsverfügungen
nach § 46 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 WaffG hier offensichtlich fehlen würden, lässt sich nicht
erkennen. Im Gegenteil dürften unter den in den Tatbeständen der beiden
waffenrechtlichen Sicherstellungsverfügungen genannten Umständen genügend
Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, die Waffen oder Munition
könnten womöglich missbräuchlich verwendet werden. Anhaltspunkte dafür
ergeben sich nämlich insbesondere aus dem Hinweis des
Vollstreckungsschuldners zu Ziff. 1 gegenüber einer das Grundstück zwecks
Pflege des Vollstreckungsschuldners zu Ziff. 2 aufsuchenden Pflegekraft, er sei ein
Menschenhasser und guter Schütze, und auch seinem sonstigen Verhalten ihr
gegenüber, wie es die Vollstreckungsgläubigerin schildert, nämlich aus der laut
und wütend vorgetragene Aufforderung, sie möge deshalb gut aufpassen, sowie
aus dem Umstand, dass sie beim Versuch, das Haus wieder zu verlassen, dieses
von ihm verschlossen vorfand und aus der am Vortag gegenüber einer anderen
Pflegekraft getätigten Äußerung des Vollstreckungsschuldners zu Ziff. 1, er sei ein
guter Schütze und Unbekannte kämen besser nicht auf sein Grundstück. Auch
ohne den Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 dazu vorher anzuhören, hält das
Gericht die Schilderung dieser Vorkommnisse durch die Vollstreckungsgläubigerin
aus folgenden Gründen für nachvollziehbar und glaubhaft: Sie beruhen auf den
Angaben zweier verschiedener Pflegekräfte, die an zwei verschiedenen Tagen (3.
und 4.12.2014) übereinstimmende Erfahrungen mit dem Vollstreckungsschuldner
zu Ziff. 1 gemacht haben. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt oder eine erkennbare
voreingenommene Motivlage, die darauf schließen lassen, dass der
Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 von den Pflegekräften oder der
Vollstreckungsgläubigerin grundlos und der Wahrheit zuwider eines solchen
Verhaltens beschuldigt werden sollte. Die von ihnen wiedergegebene Äußerung
des Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 2, sein Sohn, der Vollstreckungsschuldner zu
Ziff. 1, sei „jetzt wohl völlig durchgedreht“, dürfte ebenfalls wohl kaum frei erfunden
sein. Der Umstand, dass der Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 ausweislich der
drei genannten Waffenbesitzkarten offenbar eine ganz beträchtlich große Zahl
verschiedenster Waffen bisher legal besitzt, lässt auch seine angebliche stolze
Äußerung, er sei ein „guter Schütze“, ohne Weiteres als nachvollziehbar
erscheinen.
15 Ausweislich dieser gegenüber harmlosen Pflegekräften grundlos und unprovoziert
geäußerten Androhungen eines Einsatzes von Waffengewalt zur Sicherung seines
Grundstücks vor unbefugtem Betreten und der damit verbundenen Bedrohung im
Sinne von § 241 StGB erscheint es wahrscheinlich, dass er andere mit den in
seinem Besitz befindlichen zahlreichen Waffen gefährden oder bedrohen wird, was
eine missbräuchliche Verwendung der Waffen darstellt (vgl. zur Würdigung der
Persönlichkeit des betroffenen Waffenbesitzerlaubnisinhabers, wie es in seinem
Verhalten zum Ausdruck kommt, VGH Bad.-Württ., B. v. 13.4.2007 - 1 S 2751/06 -,
juris, Rdnr. 7).
16 Dem steht nicht entgegen, dass der Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 diese
Äußerungen bereits am 3. und 4. Dezember 2014 getan haben soll, während die
Vollstreckungsgläubigerin die Durchsuchungsanordnung erst am 15.1.2015
beantragt hat. Auch wenn es seither offenbar keine weiteren Vorfälle dieser Art
gegeben hat, entkräftet dies doch nicht die Annahme, dass eine missbräuchliche
Verwendung der Waffen nunmehr nicht mehr drohe. Denn der bloße Zeitablauf
besagt nicht, dass sich an der durch die Äußerung zu Tage getretenen
Grundeinstellung des Vollstreckungsschuldners zu Ziff. 1 („Menschenhasser“,
„guter Schütze“) etwas geändert hat, zumal er nach wie vor im Besitz der
zahlreichen Waffen ist, welche ihm offenbar gerade dieses Gefühl der Macht
gegenüber anderen vermitteln. Der Begriff der „sofortigen“ Sicherstellung bedeutet
insofern auch nicht, dass die Behörde im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an
eine Tatsache, die Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung bieten,
eine Sicherstellungsverfügung erlassen müsste und die Befugnis dazu nach einer
gewissen Zeit verlöre, wenn nach wie vor die Annahme einer solchen Verwendung
gerechtfertigt, also nicht durch den Zeitablauf entkräftet ist.
17 Da die beiden Vollstreckungsschuldner ihre Waffen offenbar zusammen
gemeinschaftlich im gemeinsam bewohnten Haus aufbewahren, erscheint auch
die gegenüber dem Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 2 verfügte Sicherstellung
seiner Waffenbesitzkarte und Waffe nicht offensichtlich rechtswidrig. Von ihm
selbst droht zwar kein Missbrauch seiner Waffe. Jedoch ist ohne deren
Sicherstellung nicht ausreichend ausgeschlossen, dass sie von seinem Sohn,
dem Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1, missbräuchlich in der oben dargelegten
Weise verwendet wird.
18 Im Hinblick darauf erscheint eine Durchsuchung der Wohn- und sonstigen Räume
der Vollstreckungsschuldner zum Zweck der Sicherstellung dieser Waffen
verhältnismäßig. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der
Missbrauchsgefahr durch andere, mildere Mittel als durch die Sicherstellung
begegnen ließe.
19 Die Ermächtigung, erforderlichenfalls verschlossene Räume und Behältnisse
öffnen bzw. öffnen lassen zu dürfen, ergibt sich aus der mangels sonstiger
Spezialregelung allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschrift des § 6 Abs. 1 S.
2 LVwVG.
20 Die Wirksamkeit der Durchsuchungsanordnung ist zeitlich zu befristen (BVerfG,
Beschluss vom 27.05.1997 - 2 BvR 1992/92 -, NJW 1997, 2165). Dabei erscheint
im vorliegenden Fall eine Befristung bis zum 30.10.2014 erforderlich, aber auch
ausreichend.
21
2.2
. Rechtsgrundlage für die Ermächtigung der Vollstreckungsgläubigerin zur
Durchsuchung zum Zwecke der verfügten Beschlagnahme eventuell vorhandenen
Sprengstoffs (dazu nachfolgend unter 2.2.1) und der Sprengstofferlaubniskarte
(dazu unter 2.2.2.) ist - weil die waffenrechtliche Spezialregelung über
Durchsuchungen in § 46 Abs. 4 S. 2 WaffG hier bezüglich der
sprengstoffrechtlichen Durchsuchungszwecke nicht greift - die allgemeine
Regelung des § 6 Abs. 2 S. 1 LVwVG (vgl. VG VG Sigmaringen, B. v. 24.02.2005 -
7 K 301/05 -, juris).
22 Danach kann auf Anordnung des Verwaltungsgerichts die Wohnung und das
befriedete Besitztum eines Vollstreckungsschuldners durchsucht werden. Dabei
prüft das Gericht nur die formellen und materiellen Vollstreckungsvoraussetzungen
und die Voraussetzungen des Art. 13 GG, nicht aber die materielle Rechtmäßigkeit
der zu vollstreckenden Grundverfügung, da § 6 Abs. 2 S. 1 LVwVG allein der
Sicherung des Richtervorbehalts aus Art. 13 GG dient.
23
2.2.1.
Hier hat die Vollstreckungsgläubigerin unter Ziff. 2 S. 1 des an den
Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 gerichteten Bescheids die Verfügung über den
Widerruf der Sprengstofferlaubnis nach § 34 Abs. 2 SprengG erlassen, weil
Tatsachen vorliegen, welche die Annahme des Fehlens seiner persönlichen
Eignung begründen, nämlich die konkrete Gefahr einer Fremdgefährdung durch
den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen besteht (§ 8 Abs. 2 b S. 1 Nr. 3
SprengG). Wegen dieser Zielrichtung und Begründung ist dieser Widerruf gem. §
34 Abs. 5 SprengG kraft Gesetzes sofort vollziehbar.
24 Diese Widerrufsverfügung ist auch nicht offensichtlich rechtswidrig. Vielmehr
spricht viel dafür, dass aus den gleichen Gründen, die für die Sicherstellung der
Waffenbesitzkarte und der Waffen von der Vollstreckungsgläubigerin angeführt
wurden, auch die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung des Sprengstoffs
abgeleitet werden kann (vgl. VG Göttingen, B. v. 17.10.1995 - 1 B 1162/95 -, juris,
Rdnrn. 26 ff.).
25 Mit der im Tenor dieses Beschlusses als Voraussetzung für die Durchsuchung
genannten Aushändigung dieser Verfügung an den Vollstreckungsschuldner zu
Ziff. 1 wird diese Verfügung ihm gegenüber noch vor der Durchsuchung
bekanntgegeben und damit wirksam und vollziehbar.
26 Infolge des sofort vollziehbaren Widerrufs der Sprengstofferlaubnis wird der Besitz
des Vollstreckungsschuldners an dem in seinem Gewahrsam befindlichen
Sprengstoff und sein Umgang mit diesem unerlaubt, d.h. rechtswidrig. Für diesen
Fall sieht § 32 Abs. 5 S. 1 bis S. 3 SprengG bezüglich der Sprengstoffe ein
abgestuftes mit Fristsetzungen und Anordnungen der Behörden verbundenes
Verfahren vor, in dem Sprengstoffbesitzer aufgegeben werden kann, den
Sprengstoff nicht mehr zu verwenden, bzw. unbrauchbar zu machen bzw.
Berechtigten zu überlassen. Für einen Fall wie den vorliegenden, in dem
Tatsachen die Annahme einer unbefugten Verwendung des Sprengstoffs
rechtfertigen, sieht § 32 Abs. 5 S. 4 SprengG die Möglichkeit der sofortigen
Sicherstellung des Sprengstoffs durch die Behörde vor. Diese Regelung geht als
Spezialregelung der Beschlagnahmeanordnung nach § 33 PolG vor, wie sie hier
von der Vollstreckungsgläubigerin herangezogen wurde. Diese
Beschlagnahmeanordnung lässt sich jedoch unter Berücksichtigung der von der
Vollstreckungsgläubigerin mit ihr verfolgten Zwecke und der dafür genannten
Begründung in eine sofortige Sicherstellung nach § 32 Abs. 5 S. 4 SprengG
umdeuten (§ 47 Abs. 1 LVwVfG). Sie ist allerdings, mangels einer Spezialregelung
wie sie etwa in § 46 Abs. 4 S. 3 WaffenG vorgesehen ist, nicht schon kraft
Gesetzes sofort vollziehbar.
27 Deshalb ist die Maßnahme erst sofort vollziehbar und damit wirksam, wenn die
Vollstreckungsgläubigerin zuvor ausdrücklich die sofortige Vollziehbarkeit gem. §
80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO schriftlich angeordnet und begründet und diese
Sofortvollzugsanordnung dem Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 bekanntgegeben
hat, wie dies im Tenor des vorliegenden Beschlusses als Voraussetzung für eine
Durchsuchung genannt wird. Die Kammer hat angesichts der auf dem Spiel
stehenden Rechtsgüter (Leib, Leben, Freiheit vor Nötigung) keinen Zweifel daran,
dass eine solch Sofortvollzugsanordnung rechtlich möglich ist.
28 Unter diesen Voraussetzungen (§ 2 Nr. 2 LVwVG) kann die sofort vollziehbare
Sicherstellungsverfügung von der Vollstreckungsgläubigerin, die sie erlassen hat,
als Vollstreckungsbehörde (§ 4 Abs. 1 LVwVG) vollstreckt werden, nämlich durch
zwangsweise Wegnahme (§ 28 Abs. 1 LVwVG), falls der Vollstreckungsschuldner
zu Ziff. 1 nicht zur freiwilligen Mitwirkung an der behördlichen Inbesitznahme des
Sprengstoffes bereit ist (§ 11 LVwVG). Aus dem Zweck der sofortigen
Sicherstellung nach § 32 Abs. 5 S. 4 SprengG i.V.m. dem mangels
Spezialregelung ergänzend heranzuziehenden § 52 Abs. 2 PolG (i.V.m. § 49 Abs.
2 PolG) ist zwar vor einem zwangsweisen Vollzug unmittelbarer Zwang als
Vollstreckungsmaßnahme vorher anzudrohen, woran es hier in dem an den
Antragsteller zu Ziff.1 gerichteten Bescheid fehlt. Das gilt aber nur, soweit es die
Umstände zulassen und ist - abweichend von § 20 Abs. 1 LVwVG - ohne
Schriftform und Fristsetzung zulässig. Die mit dem Vollzug von der
Vollstreckungsgläubigerin als Vollstreckungsgläubigerin Beauftragten können
daher die erforderliche Androhung unmittelbaren Zwangs in Form der Wegnahme
auch noch mündlich bei der Vorsprache gegenüber dem Vollstreckungsschuldner
zu Ziff. 1 aussprechen. Verzichtbar wäre dies nur, wenn er bereits bei schlichter
Vorsprache Anstalten zu Widerstandsleistungen (Verriegeln der Wohnung,
kurzfristiges Verbergen der Waffen etc.) machen würde, und würde sich in einem
solchen Fall wegen der dann gegebenen Gefahr im Verzuge auch schon aus § 21
LVwVG ergeben (ausführlich zu alldem VG Freiburg, B. v. 2.6.2008 - 1 K 590/ 08 -).
29 Entbehrlich ist der hier fehlende, ansonsten als Vollstreckungsvoraussetzung
erforderliche, Vollstreckungsauftrag (§ 5 LVwVG). Im vorliegenden Fall wird
nämlich durch die detaillierte Abfassung des Tenors der vorliegenden
Durchsuchungsanordnung zugunsten des ohne vorherige Anhörung von der
Durchsuchung betroffenen Vollstreckungsschuldners zu Ziff. 1 sichergestellt, dass
und in welchem Umfang und unter welchen genauen Voraussetzungen die mit der
Vollstreckung von der Vollstreckungsgläubigerin Beauftragten die Durchsuchung
vornehmen dürfen. Einen gesonderten Vollstreckungsauftrag zu fordern, der
inhaltlich demselben Zweck dient, oder zur Sicherstellung des Unterbleibens
überflüssiger und damit unverhältnismäßiger Vollstreckungsmaßnahmen die
Anwesenheit eines namentlich benannten Sachbearbeiters der
Vollstreckungsgläubigerin zu fordern, erweist sich daher als überflüssig und nach
Sinn und Zweck eines Vollstreckungsauftrags als nicht mehr nötig (siehe dazu VG
Sigmaringen, B. v. 24.02.2005 - 7 K 301/05 -, juris und VG Freiburg, B. v. 2.6.2008
- 1 K 590/08 -).
30
2.2.2.
Mit dem kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Widerruf der
Sprengstofferlaubnis (siehe dazu oben unter Ziff. 2.2.1) entfällt auch die materielle
Berechtigung des Vollstreckungsschuldners zu Ziff. 1, die ihm zum Nachweis
dieser Erlaubnis erteilte Sprengstofferlaubniskarte zu besitzen und sie zu führen
und nach außen hin als Nachweisdokument vorzulegen. Er ist deshalb - mangels
einer im SprengG enthaltenen diesbezüglichen Spezialregelung - gem. § 52 S. 2
und S. 3 LVwVfG verpflichtet, diese auf Verlangen der ausstellenden Behörde an
sie herauszugeben.
31 Mit der unter Ziff. 2 S. 2 des Bescheids gegenüber dem Vollstreckungsschuldner
zu Ziff. 1 auch angeordneten Beschlagnahme der genau bezeichneten
Sprengstofferlaubniskarte hat die Behörde ihm gegenüber, sobald ihm dieser
Bescheid vor der Durchsuchung bekanntgegeben wird, auch dieses
Herausgabeverlangen genügend bestimmt und ausreichend zum Ausdruck
gebracht. Denn er ist, wie oben dargelegt, vor einer Durchsuchung mündlich von
dem mit der Vollstreckung Beauftragten zur freiwilligen Mitwirkung an der
Inbesitznahme bzw. Duldung einer Wegnahme unter anderem auch dieser
Sprengstofferlaubniskarte aufzufordern und ihm ist für den Fall der Weigerung
unmittelbarer Zwang durch Wegnahme anzudrohen.
32 Die Beschlagnahmeverfügung, mit der eine Herausgabeverpflichtung bzw.
Duldung der behördlichen Wegnahme und der amtlichen Gewahrsamsbegründung
angeordnet wird, ist sofort vollziehbar (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO), sobald die im
Tenor als Vollstreckungsvoraussetzung genannte Anordnung der sofortigen
Vollziehbarkeit dieser Verfügung verfügt und bekanntgegeben worden ist.
33 Da sich die sprengstoffrechtliche Spezialregelung über die Befugnis zur sofortigen
Sicherstellung (§ 32 Abs. 5 S. 2 SprengG) ihrem klaren Wortlaut nach allein auf
den Sprengstoff selbst, nicht aber auf die Sprengstofferlaubniskarte bezieht, findet
die Beschlagnahmeverfügung ihre Rechtsgrundlage in dem von der
Vollstreckungsgläubigerin insoweit zu Recht als Grundlage genannten § 33 Abs. 1
Nr. 1 PolG. Danach kann die Vollstreckungsgläubigerin als Ortspolizeibehörde
eine Beschlagnahme einer Sache, d.h. eine Verpflichtung zur Herausgabe
derselben, anordnen, wenn dies zur Beseitigung einer bereits eingetretenen
Störung der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist (siehe im Einzelnen zu den
Voraussetzungen einer polizeilichen Beschlagnahmeanordnung VG Freiburg, B. v.
9.12.2006 - 4 K 2231/05 -, Rdnrn. 7 - 14).
34 Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt: Mit dem sofort vollziehbaren Widerruf der
Sprengstofferlaubnis ist dem Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 zugleich auch die
materielle Berechtigung entzogen worden, zum Nachweis der - jetzt nicht mehr
gültigen - Erlaubnis die entsprechende Erlaubniskarte zu besitzen, mit sich zu
führen und insbesondere zum Erwerb weiteren Sprengstoffs vorzuzeigen und zu
verwenden. Sein fortbestehender Besitz an dieser Karte, die er aufgrund sofort
vollziehbarer Beschlagnahmeanordnung herauszugeben hat, stellt deshalb eine
bereits vorliegende Störung der öffentlichen Sicherheit, nämlich einen
polizeirechtlich rechtswidrigen Zustand dar. Zu dessen Beendigung ist die
Beschlagnahme der Karte erforderlich. Denn nur dadurch kann verhindert werden,
dass sich der Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1 weiterhin nach außen hin mit der
von ihm abzugebenden, ungültig gewordenen Erlaubniskarte als rechtmäßiger
Erlaubnisinhaber ausweist.
35 Wie oben unter Ziff. 2.2.1 dargelegt, ist die Beschlagnahmeverfügung zunächst für
sofort vollziehbar zu erklären, dem Vollstreckungsschuldner vor einer
Durchsuchung bekannt zu geben und er ist bei der Vorsprache der mit der
Vollstreckung Beauftragten auch hinsichtlich der Sprengstofferlaubniskarte
aufzufordern, diese herauszugeben bzw. ihre Wegnahme zu dulden und ihm ist für
den Fall der Weigerung die zwangsweise Wegnahme anzudrohen. Eines
ausdrücklichen Vollstreckungsauftrags bedarf es nicht.
36 Unter diesen Umständen liegen die Vollstreckungsvoraussetzungen vor, so dass
auch bei nicht freiwilliger Herausgabe eine Durchsuchung der Wohnräume des
Vollstreckungsschuldners zu Ziff. 1 nach dieser Erlaubniskarte zum Zwecke ihrer
Beschlagnahme gem. § 6 LVwVG vorgenommen werden darf.
37 Die nach allem grundsätzlich zulässige Durchsuchungsanordnung zum Zwecke
der Ermächtigung der Vollstreckungsgläubigerin zur Sicherstellung der
Sprengstofferlaubniskarte und eventuelle vorhandenen Sprengstoffs erweist sich
aus den oben unter Ziff.2.1. zur waffenrechtlichen Sicherstellung dargelegten,
ohne Weiteres auch auf die sprengstoffrechtliche Sicherstellung übertragbaren
Gründen unter den im Tenor genannten Voraussetzungen als im engeren Sinne
geeignet, erforderlich und verhältnismäßig und damit rechtmäßig (§§ 6 Abs. 2 und
19 Abs. 2 und 3 LVwVG).
38 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 S. 3, 159 S. 2 VwGO. Die
von der Vollstreckungsgläubigerin beabsichtigte Durchsuchung wird zwar vom
Gericht nicht unbeschränkt zugelassen, sondern nur unter der Voraussetzung
einer bisher seitens der Vollstreckungsgläubigerin nicht angeordneten sofortigen
Vollziehbarkeit der Ziff. 2 S. 2 der an den Vollstreckungsschuldner zu Ziff. 1
gerichteten Verfügung über die Sicherstellung des Sprengstoffs bzw. die
Beschlagnahme der Sprengstofferlaubniskarte. Das darin liegende teilweise
Obsiegen der Vollstreckungsschuldner ist allerdings gemessen an der
Durchsuchungsermächtigung hinsichtlich aller anderen Gegenstände derart
gering, dass ihnen gleichwohl nach § 155 S. 3 VwGO die gesamten
Verfahrenskosten auferlegt werden.
39 Die Kosten haben die Vollstreckungsschuldner gemeinschaftlich zu tragen, da
wegen ihres Mitgewahrsams an den jeweiligen Waffen des anderen bzw. wegen
ihrer wechselseitige Duldungspflichten bezüglich einer Durchsuchung der im
Mitbesitz stehenden Wohnräume (§ 6 Abs. 3 S. 1 LVwVG) nur eine einheitliche
Durchsuchungsanordnung ergehen kann.