Urteil des VG Freiburg vom 07.07.2015

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VG Freiburg Urteil vom 7.7.2015, 5 K 1621/14
Erstattung von Straßenbaukosten für Telekommunikationsanlage
Leitsätze
1. Zur Aktivlegitimation des Bundes oder des Landes für die Geltendmachung der
Erstattung von vorfinanzierten Kosten für die Sicherung von
Telekommunikationsleitungen anlässlich von Bauarbeiten an der Ortsdurchfahrt einer
Bundesstraße.
2. Müssen Telekommunikationsleitungen, die oberhalb einer unter der Ortsdurchfahrt
einer Bundesstraße bzw. unter parallel dazu angelegten Stellplatzflächen und einem
Radweg verlaufenden Verdolung eines Gewässers verlegt sind, vorübergehend
verlegt werden, weil die Dole baufällig geworden ist und im Zuge der Bauarbeiten an
der Straße erneuert werden soll, dient dies verkehrlichen Zwecken. Dies gilt auch
dann, wenn die Dole dabei zur Verbesserung des Wasserabflusses erweitert wird.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 67.398,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 52.555,04 EUR seit dem 03.12.2012
und aus weiteren 14.843,91 EUR seit dem 17.07.2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu
vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1 Die Beteiligten streiten über Kosten, die bei Straßenbauarbeiten für die Verlegung,
Änderung und Sicherung von Telekommunikationsanlagen entstanden sind.
2 Ab dem Jahr 2010 baute die Stadt Spaichingen, auch im Auftrag des Landes
Baden-Württemberg und des Landkreises Tuttlingen, auf der Grundlage eines
Bebauungsplans der Stadt („Teilbereich B 14 Hauptstraße/L431
Dreifaltigkeitsbergstraße/Hindenburgstraße/Turmgasse“) die Ortsdurchfahrt der B
14 als gemeinschaftliche Maßnahme aus. Längs zur B 14 verläuft in einer
gemauerten Verdolung die Prim, ein Nebenfluss des Neckars. Die Gewässersohle
liegt etwa 2 m unter der Straßenoberfläche. Vor den Bauarbeiten ergab eine
Überprüfung der Dole, auch als „Primgewölbe“ bezeichnet, dass sie nicht
standsicher sei.
3 Vor den Baumaßnahmen lag die Dole im hier maßgeblichen Bauabschnitt
(„Umbau Verkehrsknoten B 14 Hauptstraße/ L 431 Dreifaltigkeitsbergstraße“)
unterhalb von an die Fahrbahn anschließenden Park- und Radwegflächen.
Oberhalb waren Telekommunikationskabel der Beklagten verlegt. Nach Abschluss
der Bauarbeiten liegt die verbreiterte Dole weiterhin unter Stellplatzflächen und
einem Radweg, die Telekommunikationskabel sind nun auf der von der Fahrbahn
abgewandten Seite neben ihr verlegt.
4 Für einen ersten Bauabschnitt ergab sich zwischen den Beteiligten Streit darüber,
wer die Kosten für die Verlegung, Änderung und Sicherung der von den
Baumaßnahmen erfassten Telekommunikationsanlagen zu tragen habe. Die
Beklagte bot an, 50 Prozent der Verlegungskosten zu tragen.
5 Damit sich die Arbeiten im hier maßgeblichen zweiten Bauabschnitt nicht wegen
dieser Frage verzögerten, schlossen das Regierungspräsidium Freiburg,
Außenstelle Donaueschingen, - Abteilung Straßenwesen und Verkehr -, als
Veranlasser bezeichnet, und die Beklagte am 25.04./ 07.05.2012 eine
Vorfinanzierungsvereinbarung (im Folgenden: VFV). In § 1 Abs. 4 VFV heißt es:
Der Veranlasser sei der Auffassung, bei der Verdolung handele es sich um einen
Durchlass und damit um einen Bestandteil des Straßenkörpers. Die Beklagte sei
der Auffassung, die auslösende Maßnahme für die Änderung und Sicherung der
Telekommunikationslinie sei eine Erneuerung der Dole; bei dieser handele es sich
nicht um einen Durchlass und damit auch nicht um einen Bestandteil eines
Verkehrswegs. In § 3 Abs. 1 VFV wird bestimmt, dass die Klägerin bis zu einer
rechtskräftigen Entscheidung oder einer anderen einvernehmlichen, schriftlichen
Vereinbarung der Vertragsparteien sämtliche Kosten zu tragen hat, die der
Beklagten für die näher bezeichnete Verlegung, Änderung und Sicherung der
Telekommunikationsanlagen entstehen. Gemäß § 6 Abs. 1 VFV ist der
Veranlasser der Maßnahme berechtigt, die Richtigkeit der vorläufigen
Kostenregelung des § 3 Abs. 1 und damit die Folge- und Folgekostenpflicht der
Beklagten gem. § 1 Abs. 4 nach Zahlung auf die Schlussrechnung gem. § 5 Abs. 1
gerichtlich überprüfen zu lassen. Nach § 6 Abs. 2 VFV wird unterstellt, dass, sollte
der Veranlasser binnen sechs Monaten nach Zahlung auf die Schlussrechnung
keine Klage auf Zahlung erheben, er aus Gründen der Zweckmäßigkeit und
Wirtschaftlichkeit auf eine gerichtliche Überprüfung verzichtet. Gemäß § 6 Abs. 3
VFV verpflichtet sich die Beklagte, im Falle ihres Unterliegens innerhalb von acht
Wochen nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung die ggf. zu
erstattenden Beträge zu begleichen, wobei diese Beträge mit 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz verzinst werden sollen; sie verzichtet auf die Einrede der
Verjährung.
6 Vertragsgemäß überwies das Regierungspräsidium am 03.12.2012 der Beklagten
eine Anzahlung in Höhe von 52.555,04 EUR und nach Vorlage der
Schlussrechnung am 17.07.2014 weitere 14.843,91 EUR.
7 Die Klägerin hat am 21.07.2014 Klage erhoben. Sie trägt vor: Ihre Klagebefugnis
ergebe sich aus der Vorfinanzierungsvereinbarung. Indem die Beklagte die
Zuständigkeit des Regierungspräsidiums insoweit in Frage stelle, setze sie sich mit
ihrem früheren Verhalten in Widerspruch; denn sie habe die
Vorfinanzierungsvereinbarung ohne einen entsprechenden Vorbehalt
abgeschlossen und der Klägerin in der Folge die angefallenen Kosten in
Rechnung gestellt. Die Beklagte habe die Verlegungskosten zu tragen, weil die
Verdolung, auf der sich Telekommunikationskabel befunden hätten, Bestandteil
der Straße sei. § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG zähle die Straßenbestandteile nicht
abschließend auf. Maßgeblich sei der Funktionszusammenhang mit der Straße.
Auch Geh- und Radwege gehörten zur Bundesstraße, ebenso wie Parkplätze.
Dann müsse auch die Verdolung, die unter diesen Straßenteilen liege, zum
Straßenkörper gehören. Dies sei für Durchlässe im Verlauf natürlicher Gewässer,
die Straßen kreuzten, anerkannt und könne auch bei der verdolten Prim, die dem
Verlauf der Straße folge, nicht anders sein. Zu welchem Zweck die Verdolung der
Prim ursprünglich vorgenommen worden sei, sei für das Verfahren nicht erheblich.
Aus einer Karte aus dem Jahr 1839 lasse sich aber entnehmen, dass die Prim
damals bereits teilweise verdolt gewesen sei. Im Stadtgebiet sei die Verdolung vor
1912 erfolgt. Es sei anzunehmen, dass die fraglichen
Telekommunikationsleitungen erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
verlegt worden seien, also zu einem Zeitpunkt, als die Primverdolung unter dem
Straßenkörper vorhanden gewesen sei. In § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG würden neben
den Durchlässen verschiedene Straßenbestandteile genannt. Weder aus dem
Wortlaut noch aus der Begründung des Gesetzes ergebe sich eine Einschränkung
hinsichtlich der Maße dieser Bauwerke. Es komme allein auf die Funktion der
Bauwerke an. Insoweit sei davon auszugehen, dass die Verdolung erfolgt sei, um
weitere (Straßen-)Verkehrsfläche zu gewinnen. Aufgrund des gestiegenen
Verkehrsaufkommens und der größer werdenden Fahrzeuge habe man einen
durchgehenden Durchlass für das Gewässer schaffen müssen, um die Straße
verbreitern zu können. Damit sei das notwendige eigene verkehrliche Interesse der
Klägerin ohne Weiteres gegeben. Wasserwirtschaftliche Gründe seien dagegen für
die Erneuerung des Gewölbes nicht gegeben gewesen. Im rein
wasserwirtschaftlichen Interesse hätte gelegen, die Verdolung zur Verbesserung
der Gewässergüte komplett zu entfernen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass
die Primverdolung nicht Teil des Verkehrswegs sei, habe die Beklagte die Kosten
zumindest teilweise zu tragen; denn es seien auch Telekommunikationskabel
verlegt worden, die auf der Nordseite der B14 (in den Einmündungsbereichen) und
also nicht auf der Verdolung gelegen hätten.
8 Die Klägerin beantragt,
9
die Beklagte zu verurteilen, 67.398,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 52.555,04 EUR seit dem 03.12.2012
und aus weiteren 14.843,91 EUR seit dem 17.07.2014 an die Klägerin zu zahlen.
10 Die Beklagte beantragt,
11 die Klage abzuweisen.
12 Sie trägt vor: Um einen Durchlass handele es sich rein sprachlich nicht, da die
Dole nicht dazu diene, der Prim zu ermöglichen, den Verkehrsweg zu kreuzen;
vielmehr verlaufe die Dole parallel zur Straße. Die Dole sei daher nicht Bestandteil
der Straße, sondern Bestandteil der Prim. Diese stelle jedoch keinen Verkehrsweg
im Sinne von § 68 TKG dar. Die Klägerin habe kein eigenes verkehrliches
Interesse an der Erneuerung des „Primgewölbes“ gehabt. Das folge schon daraus,
dass es sich letztlich um eine Baumaßnahme der Stadt Spaichingen gehandelt
habe, die den Bebauungsplan für die Maßnahme erlassen und die Bauarbeiten
ausgeführt habe. Das „Primgewölbe“ liege auch nicht unterhalb der Fahrbahn der
Ortsdurchfahrt, sondern unter Stellplätzen und Gehwegen, für die die Stadt
Spaichingen die Straßenbaulast habe. Schließlich fehle es an einem verkehrlichen
Interesse der Klägerin an der Erneuerung des „Primgewölbes“, weil die Prim nicht
etwa der Straßenentwässerung diene; dann aber folge die Unterhaltungslast an
dem „Primgewölbe“ wasserrechtlichen Regeln; auch die wasserrechtliche
Unterhaltungslast liege bei der Stadt Spaichingen. Es sei nicht richtig, dass das
„Primgewölbe“ aus statischen Gründen habe erneuert werden müssen. Das
ergebe sich auch nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Prüfbericht. Dieser
befasse sich nur mit dem „Primgewölbe“ in Einmündungsbereich der B 14/K 5912,
um den es im vorliegenden Verfahren nicht gehe. Eine statische Mehrbelastung
des „Primgewölbes“ sei im hier in Rede stehenden Bereich auch nicht etwa
deshalb plausibel, weil es künftig von Lastkraftwagen mit einem zulässigen
Gesamtgewicht von 42 Tonnen überfahren würde; denn über dem „Primgewölbe“
lägen nur Stellplätze und ein Radweg. Letztlich sei mit der Erneuerung des
„Primgewölbes“ allenfalls eine eigene Verkehrssicherungspflicht des jeweiligen
Baulastträgers erfüllt worden. Zudem habe die Klägerin früher selbst geäußert,
dass die Erneuerung des „Primgewölbes“ unter gleichzeitiger Anpassung der
wasserwirtschaftlichen Belange erfolgt sei. Das werde auch belegt durch den
Umstand, dass die neue Dole einen größeren Querschnitt erhalten habe, was
große Vorteile für die Hydraulik des Bauwerks mit sich bringe.
13 Dem Gericht liegt die Akte des Regierungspräsidiums (ein Heft) vor. Auf diese
sowie auf die Gerichtsakte wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
14 Für die Klage ist der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegeben
(BVerwG, Beschl. v. 17.11.2008 - 6 B 41.08 - NVwZ-RR 2009, 308).
15 Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Das
VG Freiburg ist örtlich zuständig (§ 52 Nr. 1 VwGO). Auf den von den Beteiligten
vereinbarten Gerichtsstand kommt es nicht an (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13.
Aufl. 2014, § 52 Rdnr. 4).
16 Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht der geltend gemacht
Zahlungsanspruch nebst Zinsen zu.
17 Die als Klägerin bezeichnete „Bundesrepublik Deutschland
(Bundesstraßenverwaltung), vertreten durch das Land Baden-Württemberg“ ist
legitimiert, den Anspruch geltend zu machen. Das ist zwischen den Beteiligten
unstreitig, unbeschadet des Umstands, dass als Vertragspartner der
Vorfinanzierungsvereinbarung das Regierungspräsidium Freiburg „als
Veranlasser“ der Straßenbaumaßnahme genannt ist; denn die Beteiligten gehen
davon aus, dass das Regierungspräsidium bei Abschluss der
Vorfinanzierungsvereinbarung für das Vermögen der Bundesrepublik Deutschland
gehandelt hat.
18 Allerdings entspricht es wohl herrschender Auffassung (vgl. Kodal, Straßenrecht, 7.
Aufl., 2010, Kapitel 2, Rdnr. 34), dass in Rechtsgeschäften vermögensrechtlicher
Art eines Landes im Rahmen der Bundesfernstraßenverwaltung der Bund zwar
Vertragspartei, im Prozess aber das jeweilige, für den Bund im Rahmen der
Auftragsverwaltung handelnde Land in Ausübung der ihm im Grundgesetz
zugewiesenen Verwaltungskompetenz (vgl. Art. 85, 90 Abs. 2, Art. 104a Abs. 2
GG) prozessführungsberechtigt ist. Daran ändert § 7 der 1. AVVFStrG wohl nichts
(offen gelassen noch bei BVerwG, Urt. v. 20.01.1983 - 4 C 42.80 - NVwZ 1983,
471; zum Vergaberecht vgl. BGH, Beschl. v. 20.03.2014 - X ZB 18/13 - juris
m.w.N.). Richtiger Kläger wäre danach das Land Baden-Württemberg. Eine
Abweisung der Klage mangels Aktivlegitimation der Bundesrepublik Deutschland
kommt deshalb aber nicht in Betracht; denn die Kläger-Bezeichnung
„Bundesrepublik Deutschland (Bundesstraßenverwaltung), vertreten durch das
Land Baden-Württemberg“ gemäß § 7 der 1. AVVFStrG ist der Auslegung
zugänglich, dass in Wahrheit das Land die Klage in seinem Namen, aber auf
Leistung in das Vermögen des Bundes erheben wollte. Wollte man dies anders
sehen, wäre eine entsprechende ausdrückliche Änderung der Kläger-Bezeichnung
jederzeit zulässig (§ 91 VwGO).
19 Der Einwand der Beklagten, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, weil die Stadt
Spaichingen die Baumaßnahme durch Erlass eines Bebauungsplans ermöglicht
und dann auch selbst, im Auftrag von Landkreis und Regierungspräsidium,
ausgeführt habe, ist unbegründet. Denn in § 6 VFV wird dem als Veranlasser
bezeichneten Regierungspräsidium bzw. dem Vermögen der Bundesrepublik
Deutschland ein Rückzahlungsanspruch unabhängig davon eingeräumt, wer die
Baumaßnahme rechtlich vorbereitet und ausgeführt hat; schließlich stammten
auch die vorgeleisteten Mittel insgesamt aus dem Vermögen des Bundes.
Unerheblich ist deshalb auch, inwieweit die Dole unter den Stellplätzen (Baulast
Gemeinde) bzw. unter dem Radweg (Baulast Bundesrepublik Deutschland) liegt.
20 Die Kammer kann offen lassen, ob die Verdolung der Prim unter dem zur
Bundesstraße gehörenden Radweg und den zugeordneten Stellflächen ein
Bestandteil der Bundesstraße im Sinn von § 1 Abs. 4 FStrG ist. Zu den dort
genannten Bestandteilen einer Bundesfernstraße gehören Durchlässe. Ob damit,
wie die Beklagte meint, nur Querdurchlässe gemeint sind und nicht auch
Verdolungen von Gewässern in Längsrichtung zur Straße, kann dahin stehen.
Denn der Streit der Beteiligten erstreckt sich allgemein auf die Frage, ob die
Beklagte auf ihre Kosten die von ihr vorgenommenen
Kabelsicherungsmaßnahmen nach § 72 Ab. 3 TKG zu tragen hat. Dies ist aber
allgemein dann der Fall, wenn die Kabelsicherung verkehrlichen Zwecken dient
(vgl. zu diesem Erfordernis, BVerwG Urt. v. 21.02.2013 - 7 C 9.12 - NVwZ 2013,
1224; OVG Rhld-Pfalz, Urt. v. 15.06.2000 - 1 A 11964/99 - und Urt. v. 13.08.2013 -
6 A 10217/13 - beide juris).
21 Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Erneuerung (und Verbreiterung) der
Verdolung der Prim im hier zu beurteilenden Bereich der Ortsdurchfahrt der B 14 in
Spaichingen der Unterhaltung der Straße diente und nicht vorrangig der
Unterhaltung des Gewässers. Die Baumaßnahmen sind nicht etwa nur
gelegentlich des Ausbaus der Bundesstraße im Interesse der Stadt Spaichingen
als Trägerin der wasserrechtlichen Unterhaltslast erfolgt.
22 Allerdings ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die vor den
Baumaßnahmen oberhalb der Dole verlegten Telekommunikationskabel nur
deshalb gesichert werden mussten, weil die Dole erneuert werden sollte; ohne eine
Erneuerung der Dole hätten die Kabel in der Straße liegen bleiben können, weil bei
den Arbeiten an den oberhalb der Kabel befindlichen Stellplätzen und am Radweg
die Kabel selbst nicht in Mitleidenschaft gezogen worden bzw. wesentlich
kostengünstiger zu sichern gewesen wären.
23 Für die Frage der Kostenlast nach § 72 Abs. 3 TKG kommt es entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob die Primverdolung ursprünglich in
Erfüllung der wasserrechtlichen Unterhaltungslast errichtet worden ist.
Entscheidend ist allein, welchen Zwecken sie heute vor allem dient (vgl. zu
Stützmauern VGH Mannheim Urt. v. 16.01.1996 - 3 S 769/95 - NVwZ-RR 1996,
553).
24 Heute dient die vorhandene Dole vorrangig den Zwecken des Straßenbaus; denn
ohne eine Verdolung der Prim könnten die darüber liegenden, der Bundesstraße
zugeordneten Stellplatzflächen und der begleitende Radweg nicht errichtet bzw.
beibehalten werden. Dagegen erfordern wasserwirtschaftliche Zwecke die
Verdolung gerade nicht. Vielmehr wäre der Lauf der Prim bei einer offenen
Führung, wie sie aus wasserwirtschaftlich-ökologischen Gründen heutzutage
regelmäßig vorgezogen wird, in gleicher Weise gewährleistet.
25 Bestätigt wird das vorrangige Straßenverkehrsinteresse am Vorhandensein der
Dole durch folgende Überlegung: Würde erst heute bei unverdolter Prim die
daneben geführte Fahrbahn der B 14 um Stellplätze und einen Radweg verbreitert
und zu diesem Zweck die Prim verdolt, wäre der verkehrliche Bezug der Verdolung
zweifelsfrei. Für eine Erneuerung der Dole kann nichts anderes gelten. Anders
könnte dies allenfalls beurteilt werden, wenn - unterstellt es handelte sich bei der
Dole nicht ohnehin um einen Straßenbestandteil im Sinn von § 1 Abs. 4 FStrG - die
Dole vorwiegend deshalb erneuert worden wäre, um den Wasserabfluss zu
verbessern. Das lässt sich aber nicht feststellen; denn die Klägerin hat dargelegt,
dass die Dole erneuert werden musste, um die konkrete Gefahr eines Einbrechens
der Dole auszuschließen, welches nicht nur die Stellplätze, sondern die Fahrbahn
selbst und auch den Radweg schädigen würde (zur Verdrängung der
wasserrechtlichen Unterhaltungslast durch die straßenbaurechtliche
Unterhaltungslast vgl. OVG Rhld-Pf., Urt. v. 13.08.2013 a.a.O.).
26 Dass bei der Erneuerung des „Primgewölbes“ auch wasserrechtliche Belange zu
beachten waren und dass die Dole zur wohl dringend notwendigen Verbesserung
des Wasserabflusses erweitert worden ist, ändert an ihrem dargelegten
verkehrlichen Bezug zur B 14 nichts.
27 Der erst im Klageverfahren erhobene Einwand der Beklagten, eine Erneuerung der
Dole sei nicht aus statischen Gründen geboten gewesen, kann nicht durchgreifen.
Es ist bereits fraglich, ob der Beklagten dieser Einwand noch offen steht. Dagegen
spricht, dass der in § 6 VFV geregelte Zahlungsanspruch wohl allein noch von der
Frage der Zuordnung der Unterhaltungslast an der Verdolung abhängen soll. Dafür
spricht jedenfalls, dass, wie in § 1 Abs. 4 VFV ausgeführt wird, die Beteiligten über
die Kostentragungspflicht nur insoweit unterschiedlicher Auffassung sind, als es
um die Zuordnung der Unterhaltungslast an der Dole zur Straße oder zum
Gewässer geht. Unabhängig hiervon bescheinigt der von der Klägerin vorgelegte
Prüfbericht aus dem Jahr 2009 der „Primverdolung“ einen schlechten Zustand
(Note 4,0) und unterstreicht das mit aussagekräftigen Lichtbildern. Diese
Beurteilung besagt nach Auskunft der Vertreter der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung, dass eine Überfahrt der Dole nicht mehr zugelassen werden könnte;
dass die Dole neben der Fahrbahn liegt, ist insoweit nicht erheblich, weil die von
der nahe gelegenen Fahrbahn ausgehenden Belastungen auf die Dole ausreichen
können, diese zum Einsturz zu bringen. Der Hinweis der Beklagten, diese
Beurteilung betreffe nur eine bestimmte Stelle der Verdolung, überzeugt nicht;
denn die Beklagte hat keine Anhaltspunkte dafür benannt, dass der Zustand der
Verdolung an anderer Stelle wesentlich besser gewesen wäre.
28 Der Zinsanspruch folgt aus § 6 Abs. 3 VFV.
29 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für
eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§
124a Abs. 1 VwGO).