Urteil des VG Freiburg vom 08.09.2009
VG Freiburg (aufenthaltserlaubnis, emrk, achtung des familienlebens, schutz der familie, ausreise, ausländer, prüfung, deutschland, antrag, abschiebung)
VG Freiburg Beschluß vom 8.9.2009, 4 K 1284/09
Abschiebung eines Ausländers bei Begründung eines Antrags nur mit § 25 Abs. 5 AufenthG
Leitsätze
Stellt ein (durch einen Rechtsanwalt vertretener) Ausländer einen Antrag nur nach § 25 Abs. 5 AufenthG und
schließt dabei ausdrücklich einen Aufenthaltstitel aus anderen Grün den, insbes. aus Gründen des
Familiennachzugs (nach dem 6. Abschnitt, §§ 27 ff. AufenthG) aus, weil er die nach diesem Abschnitt
erforderlichen Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet, ist die Prüfung des Gerichts (im Rahmen eines
Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO) auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift
beschränkt.
§ 25 Abs. 5 AufenthG ist keine allgemeine Auffangnorm für die Fälle, in denen die in den §§ 27 ff. AufenthG
genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden.
Ist die Versagung eines Aufenthaltsrechts aus familiären Gründen nach den §§ 27 ff. AufenthG auch unter
Beachtung der Schutzpflichten aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK rechtmäßig, verstoßen grundsätzlich weder die
damit einhergehende Ausreisepflicht noch deren zwangsweise Durchsetzung gegen Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK.
Nicht alle Ausländer, die aufgrund von Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Duldung nach § 60a Abs. 2
AufenthG haben, erfüllen gleichzeitig die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25
Abs. 5 AufenthG. Das gilt vor allem in den Fällen, in denen sich die schutzwürdigen familiären Beziehungen erst in
der Entstehung befinden (wie hier).
Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
1.
den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.07.2009, mit welchem die von ihnen beantragte
Aufenthaltserlaubnis versagt und ihnen für den Fall, dass sie nicht binnen eines Monats nach Zustellung des
Bescheids das Bundesgebiet verlassen, die Abschiebung nach Kanada angedroht wurde, ist gemäß § 80 Abs.
5 VwGO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
2
Das öffentliche Interesse an der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen
Verfügungen überwiegt das private Interesse der Antragstellerinnen an einem vorläufigen Aufschub der
Wirkungen dieser Verfügungen. Dies folgt daraus, dass nach der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage
aller Voraussicht nach davon auszugehen ist, dass die im angegriffenen Bescheid der Antragsgegnerin
getroffenen Verfügungen rechtlich nicht zu beanstanden sind.
3
Die Versagung der von den Antragstellerinnen beantragten Aufenthaltserlaubnisse durch die Antragsgegnerin
erweist sich hiernach höchstwahrscheinlich als rechtmäßig.
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Da die Antragstellerinnen durch ihre Prozessbevollmächtigte (mit Schreiben vom 08.05.2009) bei der
Antragsgegnerin ausdrücklich allein einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5
AufenthG gestellt haben, ist die Prüfung der Kammer auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dieser
Vorschrift beschränkt. Insbesondere ist der Kammer hiernach eine Entscheidung darüber, ob den
Antragstellerinnen (auch) eine Aufenthaltserlaubnis nach den Vorschriften über den Familiennachzug ( §§ 27 ff.
AufenthG ) erteilt werden kann, verwehrt; das gilt vor allem im vorliegenden Fall, in welchem die
Antragstellerinnen eine Aufenthaltserlaubnis nach den Vorschriften über den Familiennachzug ausdrücklich
ausgeschlossen haben, weil sie - wohl zu Recht ( siehe unten 1.1 - 1.3 ) - die Voraussetzung dafür nicht als
gegeben erachten. Denn eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 6. Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes ( §§ 27 ff.
AufenthG ) dient grundsätzlich anderen Zwecken (der Herstellung oder Wahrung einer familiären
Lebensgemeinschaft) als eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG (zu humanitären Zwecken); bei
beiden Aufenthaltserlaubnissen handelt es somit jeweils um eine andere Art (aliud) von
Aufenthaltserlaubnissen ( vgl. hierzu u. a. BVerwG, Urteil vom 04.09.2007 , NVwZ 2008, 333; VGH Bad.-
Württ., Beschluss vom 28.04.2008, VBlBW 2008, 490 ). Da eine Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Abs. 1
AufenthG aber nur auf Antrag, keineswegs jedoch von Amts wegen erteilt wird (werden darf), beschränkt sich
die rechtliche Prüfung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis allein auf den gestellten Antrag. Dass die
Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid vom 06.07.2009 anders verfahren ist und (von Amts wegen) auch
geprüft hat, ob die Antragstellerinnen einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32
AufenthG besitzen, vermag daran grundsätzlich nichts zu ändern und den Umfang der gerichtlichen Prüfung
nicht zu erweitern.
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Nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11
Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu
rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.
Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert
ist. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerinnen nach dieser
Vorschrift zu versagen, kann rechtlich nicht beanstandet werden.
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Tatsächliche Gründe, die einer Ausreise der Antragstellerinnen entgegenstehen könnten, haben die
Antragstellerin nicht geltend gemacht, sie sind auch nicht ersichtlich. Aus rechtlichen Gründen ist die Ausreise
im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unmöglich, wenn sowohl der Abschiebung als auch der freiwilligen
Ausreise rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen oder als unzumutbar
erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten
ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (vor allem aus Art. 6 GG)
oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus
zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Bei Bestehen solcher
Abschiebungsverbote hat nach dem Gesetzeskonzept die zwangsweise Rückführung des betroffenen
Ausländers zu unterbleiben. Dann aber ist ihm in aller Regel auch eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland
aus denselben rechtlichen Gründen nicht zuzumuten und damit unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG
( siehe hierzu vor allem VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.03.2009, InfAuslR 2009, 236 ). Die
Antragstellerinnen berufen sich insoweit ausschließlich auf ein aus dem Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1
und 3 GG bzw. Art. 8 EMRK folgendes Abschiebungsverbot.
7
Dabei ist im vorliegenden Fall klar und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Antragstellerin Ziff. 1, da
zwischen ihr und Herrn T., dem leiblichen Vater der Antragstellerin Ziff. 2 keine eheliche Lebensgemeinschaft
besteht, selbst keinen Schutz nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK beanspruchen kann. Vielmehr hängt ihr
Schutzanspruch aus Art. 6 Abs. 1 und 3 GG bzw. Art. 8 EMRK und damit die Annahme eines rechtlichen
Hindernisses für ihre Ausreise aus Deutschland ab von einem aus den genannten Vorschriften folgenden Recht
ihrer Tochter, der Antragstellerin Ziff. 2, auf ein Zusammenleben in Deutschland mit ihrem Vater, einem
vietnamesischen Staatsangehörigen, der in Deutschland eine Niederlassungserlaubnis besitzt. Eine
Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerin Ziff. 1 setzt demnach voraus, dass die Versagung der
Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerin Ziff. 2 rechtswidrig ist. Das ist jedoch aus mehreren Gründen nicht
der Fall.
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1.1
unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt im Bundesgebiet. Das Grundgesetz überantwortet die Entscheidung, in
welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen der Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werden soll,
weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 GG
enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat Ehe und Familie zu schützen und zu
fördern hat, dazu, bestehende eheliche und familiäre Bindungen an Personen, die sich berechtigterweise im
Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren
Erwägungen zur Geltung zu bringen. Für das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK
gilt im Ergebnis nichts anderes. Auch die Menschenrechtskonvention garantiert nicht das Recht eines
Ausländers, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten. Die Vertragsstaaten haben
vielmehr das Recht, über Einreise und Aufenthalt fremder Staatsangehöriger unter Beachtung der in der
Konvention geschützten Rechte zu entscheiden, wobei Art. 8 EMRK sie verpflichtet, einen angemessenen
Ausgleich der berührten Rechte und der öffentlichen Interessen herzustellen. Diesen verfassungs- und
menschenrechtlichen Schutzpflichten tragen die abgestuften gesetzlichen Regelungen über die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen nach dem sechsten Abschnitt des Kapitels 2 des
Aufenthaltsgesetzes nach Maßgabe der nach Fallgruppen gewichteten besonderen Schutzbedürftigkeit der
Betroffenen grundsätzlich abschließend Rechnung. Auch die allgemeinen Vorschriften ( §§ 3 ff. AufenthG ),
soweit von diesen nicht nach den §§ 27 ff. AufenthG abgesehen werden muss, soll oder kann, sind
gegebenenfalls unter Beachtung der wertsetzenden Bedeutung des Art. 6 GG - verfassungskonform -
auszulegen und anzuwenden. Für aufenthaltsrechtliche Schutzpflichten aus Art. 8 EMRK gilt nichts Anderes.
Ist die Versagung eines Aufenthaltsrechts aus familiären Gründen nach den §§ 27 ff. AufenthG danach auch
unter Beachtung der Schutzpflichten aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK rechtmäßig, verstoßen grundsätzlich
weder die damit einhergehende Ausreisepflicht noch deren zwangsweise Durchsetzung gegen Art. 6 GG oder
Art. 8 EMRK. In solchen Fällen scheidet eine Legalisierung des Aufenthalts aus familiären Gründen unter
Rückgriff auf die - dafür nicht bestimmten ( vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ) - Vorschriften über die Erteilung
eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen im fünften Abschnitt des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes,
insbesondere nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, schon aus systematischen Gründen aus ( so - weitgehend
wörtlich - VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.03.2009, a.a.O., m.w.N. ).
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Nach diesen Grundsätzen kann der Antragstellerin Ziff. 2 und, daraus folgend, auch der Antragstellerin Ziff. 1
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht erteilt werden. Der Zweck ihres Aufenthalts besteht
allein in der Familienzusammenführung. Die Regelungen dafür hat der Gesetzgeber in erster Linie in den §§ 27
ff. AufenthG getroffen. Die Antragstellerin Ziff. 2 hat, vertreten durch ihre Mutter, die Antragstellerin Ziff. 1, und
ihre Prozessbevollmächtigte, bewusst davon abgesehen, eine Aufenthaltserlaubnis nach diesen Vorschriften
zu beantragen ( siehe oben ), weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs nach den
insoweit einschlägigen Vorschriften in § 32 Abs. 1 und 3 AufenthG - wohl zu Recht - nicht für gegeben
erachtet. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt, weil der Vater
der Antragstellerin Ziff. 1 zwar eine Niederlassungserlaubnis besitzt, aber (offenbar) nicht eine ausdrücklich
erforderliche Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG (als Asylberechtigter oder
Konventionsflüchtling). Der Grund für die Privilegierung von Asylberechtigten und Konventionsflüchtlingen beim
Kindernachzug beruht auf der besonderen aufenthaltsrechtlichen Situation dieser Personengruppe, denen -
anders als bei den meisten anderen Ausländern - die Herstellung und Wahrung der Familieneinheit im
Herkunftsstaat nicht frei steht ( siehe Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Juni 2009, Bd. I, A 1, § 32 RdNrn. 23
ff., m.w.N. auch aus den Gesetzesmaterialien ). Ob der Antragstellerin Ziff. 2 nach der Härtefallvorschrift in §
32 Abs. 4 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen erteilt werden kann, ist hier mangels
Antragstellung ( siehe oben ) nicht zu entscheiden. Wenn aber der Gesetzgeber im Rahmen der Vorschriften
über den Familiennachzug, hier in § 32 Abs. 1 AufenthG, einen bestimmten Fall ausdrücklich geregelt hat,
kann ein Ausländer, der die tatbestandlichen Voraussetzungen der für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in
seinem Fall geltenden Vorschrift nicht erfüllt, nicht - unter Umgehung der einschlägigen Vorschriften - auf die
nicht, jedenfalls nicht in erster Linie, dem Familiennachzug dienende Vorschrift des § 25 Abs. 5 AufenthG
zurückgreifen. Denn § 25 Abs. 5 AufenthG ist keine allgemeine Auffangnorm für die Fälle, in denen die in den
§§ 27 ff. AufenthG genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden ( vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss
vom 10.03.2009, a.a.O.; OVG Saarl., Beschluss vom 18.12.2008, NVwZ-RR 2009, 307; Zeitler, in HTK-AuslR,
Stand: 01.09.2009, § 25 Abs. 5 Anm. 1.2 ).
10 Zwar ist in der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ( Beschluss vom
10.03.2009, a.a.O. ) auch ausgeführt, dass ausnahmsweise etwas Anderes gelten kann, wenn die
zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht mit Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK unvereinbar wäre. Eine solcher
Ausnahmefall, der naturgemäß eine atypische Fallgestaltung voraussetzt, ist hier jedoch nicht gegeben. Das
folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber in diesem Fall geregelt hat, dass die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Herstellung und Wahrung der Familieneinheit für die Antragstellerinnen
nicht in Betracht kommt ( siehe oben ). Des Weiteren kann die Frage, ob eine Abschiebung der
Antragstellerinnen gegenwärtig nach den Art. 6 GG und 8 EMRK rechtlich zulässig wäre, im konkreten Fall
nicht die allein entscheidende Frage sein, da nicht alle Ausländer, die aufgrund von Art. 6 GG oder Art. 8
EMRK einen Anspruch auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG haben, gleichzeitig die Voraussetzungen für
die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllen. Zu Recht weist die
Antragsgegnerin darauf hin, dass die Voraussetzungen dafür bei den Antragstellerinnen nach den
Gesamtumständen des konkreten Falls nicht vorliegen. Denn die Antragstellerin Ziff. 2 ist nicht in Deutschland
geboren. Vielmehr ist sie erst etwa zwei Monate nach ihrer Geburt aus Kanada, dessen Staatsangehörigkeit
die Antragstellerinnen besitzen, zu Beginn des Jahres 2009 zusammen mit ihrer Mutter nach Deutschland
eingereist. Erst seither leben sie - mit einer Unterbrechung von drei Wochen im März 2009, während der sie
sich in Vietnam aufhielten - mit Herrn T. in Deutschland zusammen. Es ist darüber hinaus höchst ungewiss,
wie intensiv und vor allem wie dauerhaft die Beziehung zur Herrn T. ist. Immerhin sind die Antragstellerin Ziff. 1
und Herr T. nicht miteinander verheiratet. Stattdessen ist Herrn T. (noch) mit einer anderen Frau verheiratet. Es
ist derzeit nicht absehbar, ob die bestehende Ehe von Herrn T. tatsächlich geschieden wird, ob er die
Antragstellerin Ziff. 1 heiraten wird und ob er sich auf Dauer zur Antragstellerin Ziff. 1 und zu dem
gemeinsamen Kind mit ihr bekennt. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass es sich bei der
Beziehung der Antragstellerinnen zu Herrn T. allenfalls um eine in der Entstehung befindliche Beziehung
handelt, bei der die Bindungen noch nicht das Stadium erreicht haben, das es gebietet, den Aufenthalt der
Antragstellerinnen durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu legalisieren.
11
1.2
Antragstellerinnen fehlen. Nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten hielten sich die
Antragstellerinnen bei Beantragung ihrer Aufenthaltserlaubnis am 08.05.2009 rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Daran änderte sich auch nichts durch Ablauf des Zeitraums des genehmigungsfreien Aufenthalts, da ihr Antrag
die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgelöst hat. Das bedeutet, dass sie bei Erlass des
angegriffenen Bescheids der Antragsgegnerin vom 06.07.2009 nicht ausreisepflichtig waren. Auch dieser
Umstand, der auf der Besonderheit der kanadischen Staatsangehörigkeit der Antragstellerinnen beruht, zeigt,
dass § 25 Abs. 5 AufenthG auf Fälle der vorliegenden Art, die dadurch gekennzeichnet ist, dass eine
Aufenthaltserlaubnis erstmals und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise ins Bundesgebiet
beantragt wird, nicht zugeschnitten ist.
12
1.3
sein, wenn man das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bejahte. Denn im
Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Falls ( siehe oben, insbes. 1.1. am Ende ) ist nicht
erkennbar, dass die Antragsgegnerin das ihr nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG eingeräumte Ermessen, das
von der Kammer im Rahmen der nach § 114 Satz 1 VwGO geltenden Grundsätze ( vgl. hierzu Kopp/Schenke,
VwGO, 15. Aufl. 2007, § 114 RdNrn. 4 ff. ) nur eingeschränkt überprüft werden kann, fehlerhaft ausgeübt hat.
Der Voraussetzungen der Sollvorschrift in § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG liegen bei den Antragstellerinnen
unstreitig nicht vor.
13 Hinzu kommt, dass die Antragstellerinnen nach insoweit unwidersprochenem Vortrag der Antragsgegnerin auch
unter Berücksichtigung des Einkommens von Herrn T. nicht imstande sind, ihren Lebensunterunterhalt in
vollem Umfang ohne Inanspruchnahme von öffentlichen Transferleistungen zu decken und dass bei ihnen
deshalb der Regelversagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegt. Auch insoweit dürfte die
Antragsgegnerin das ihr nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerfrei zu Lasten der
Antragstellerinnen ausgeübt habe.
14
2.
rechtlich nicht zu beanstanden. Nach rechtmäßiger Ablehnung der von den Antragstellerinnen beantragten
Aufenthaltserlaubnis liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 58, 59 AufenthG hierfür vor.
15
3.
Anordnung nach § 123 VwGO) zu verpflichten, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen, ist unklar, auf welcher
Rechtsgrundlage dieses Begehren beruht. Falls die Antragstellerinnen dieses Begehren mit der Sicherung
eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels begründen sollten, ergibt sich aus den vorstehenden
Ausführungen ( unter 1. ), dass sie einen solchen Anspruch nicht besitzen. Falls sie damit einen
Duldungsanspruch aus § 60a Abs. 2 AufenthG geltend machen wollen, ist dieser Antrag unzulässig, weil die
Antragstellerinnen nach ihrem eigenen Vortrag und dem Inhalt der der Kammer vorliegenden Akten bislang
keinen Duldungsantrag bei der Behörde gestellt haben. In einem solchen Fall fehlt einem Antragsteller das
Rechtsschutzinteresse für eine Entscheidung nach § 123 VwGO. Denn es ist nicht Aufgabe der
Verwaltungsgerichte, ein Begehren von Antragstellern auf seine materielle Begründetheit hin zu überprüfen,
bevor die dafür zuständige Behörde in einem vorgeschalteten Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu einer
solchen Prüfung und Sachverhaltsermittlung hatte ( ständige Rechtsprechung der Kammer vgl. u. a.
Beschlüsse vom 14.01.2008 - 4 K 2769/07 - und vom 04.12.2008 - 4 K 2689/07 - jew. m.w.N. ).
16 Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
17 Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 und 63 Abs. 2 GKG.