Urteil des VG Freiburg vom 22.01.2007

VG Freiburg (wasser, höhe, stand der technik, einbau, unwiderlegbare vermutung, tag, technische regel, verbrauch, wassermenge, gemeinde)

VG Freiburg Urteil vom 22.1.2007, 1 K 2893/04
Höhe der Wassergebühr bei geprüftem Zähler und Verbrauchsschwankungen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich der Höhe nach gegen ihre Heranziehung zu Wasser- und Abwassergebühren für das
Rechnungsjahr 2003.
2
Die Klägerin ist Eigentümerin des Anwesens ....straße 4 in F.. Das Anwesen ist mit einem Wohn- und
Geschäftshaus (Schreinerei) bebaut. Mit Bescheid vom 12.1.2004 setzte die Beklagte auf der Grundlage eines
zählermäßig festgestellten Verbrauchs in Höhe von 347 m³ für die Zeit 1.1. bis 31.12.2003 eine Wasser- und
Abwassergebühr für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen in Höhe von 1.815 EUR fest.
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Am 23.1.2004 teilte die Klägerin den Stadtwerken der Beklagten schriftlich mit, der für sie berechnete
Verbrauch könne nicht stimmen, weil er sich seit dem Einbau des neuen Zählers nahezu verdoppelt habe. In
den nächsten Tagen werde ein neuer Zähler eingebaut und der alte überprüft. Am 29.1.2004 ließ die Klägerin
ihre Hausinstallation auf etwaige Schadstellen überprüfen. Ursachen für eine überhöhte Wasserentnahme
konnten im Hausbereich (Boiler, Spülkästen, WC-Anlagen) durch die beauftragte Firma J. nicht festgestellt
werden. Der ferner an diesem Tag ausgebaute Wasserzähler wurde an die Staatlich anerkannte Prüfstelle für
Messgeräte für Wasser gegeben. Von dieser wurde der Zähler am 5.2.2004 einer Befundprüfung nach der
Eichanweisung unterzogen. Gemäß ihrem Prüfschein über die Befundprüfung Nr. 11/2004 vom 6.2.2004
wurden sowohl die Anforderungen bei der äußeren Beschaffenheitsprüfung als auch diejenigen bei der inneren
Beschaffenheitsprüfung erfüllt. Ferner lagen die Messergebnisse innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen und das
Zählwerk war in Ordnung.
4
Am 5.5.2004 teilte die Klägerin den Stadtwerken der Beklagten mit, deren zuvor (mit Schreiben vom 4.5.2004)
geäußerte Auffassung, die abgerechnete Wasserentnahme im Jahr 2003 habe tatsächlich stattgefunden, treffe
nicht zu. Die von den bisherigen Wasserrechnungen abgelesenen Verbrauchsmengen bei vier Personen und
der Schreinerei hätten beim alten Zähler vom 11.12.2001 bis 18.9.2002 117 m³, also für 279 Tage = 0,42 m³
pro Tag betragen. Am 19.9.2002 sei dann der Einbau eines neuen Zählers seitens der Beklagten (beauftragt:
Fa. a. GmbH) erfolgt. Daraufhin hätten die Verbrauchswerte wie folgt ausgesehen: 19.9.2002 bis 30.11.2002:
62 m³ für 72 Tage = 0,86 m³ pro Tag; 1.12.2002 bis 4.12.2003: 347 m³ für 368 Tage = 0,94 m³ pro Tag und
schließlich 5.12.2003 bis 29.1.2004: 52 m³ für 55 Tage = 0,95 m³ pro Tag. Aufgeschreckt durch die hohe
Wasserrechnung seien alle Leitungen kontrolliert worden. Was die Beklagte nicht erwähnt habe, sei, dass das
Zählersternchen unermüdlich hin und her gelaufen sei, obwohl kein Wasserverbrauch stattgefunden habe.
Wissend um die Verbrauchsdaten nach dem Zählerwechsel vom 19.9.2002, und weil kein Leck gefunden
worden sei, sei nur eine Überprüfung des Zählers in Frage gekommen. Nach Wechsel des Wasserzählers am
29.1.2004 sei das Zählersternchen nach wie vor hin und her gelaufen. Der Verbrauch vom 30.1.2004 bis
26.3.2004 habe 33 m³ für 54 Tage = 0,61 m³ pro Tag betragen. Der hinzugezogenen Fa. J. sei sofort das sich
dauernd bewegende Zählersternchen ins Auge gesprungen. Die Fachfirma habe deshalb den Einbau eines
Druckminderes mit Rückschlagventil empfohlen, weil das Anwesen unten im Tal liege und durch die hoch
stehenden Häuser vom ....berg und der ....-Straße erheblichen Druckschwankungen ausgesetzt sei. Mit dem
Einbau eines Druckminderers mit Rückschlagventil am 26.3.2004 sei das Zählrädchen stillgestanden. Mit einer
Person mehr (ein Student seit Ende März) habe dann der Verbrauch vom 26.3.2004 bis 3.5.2004: 21 m³ für 39
Tage = 0,54 m³ pro Tag betragen, was einen Vergleichswert von ca. 0,5 m³ für 4 Personen bedeute. Beim
Einbau des neuen Zählers habe keiner der Fachleute der Beklagten auf das Fehlen des Druckminderes
aufmerksam gemacht. Die Beklagte habe etwas berechnet, wofür sie keine Leistung erbracht habe; deshalb
verlange sie, die Klägerin, die zu Unrecht erhobenen Gebühren in Höhe von 1.071,56 EUR (berechnet bis
4.12.03) sowie weitere 135,98 EUR (berechnet bis 29.1.2004), die mit der nächsten Rechnung erhoben würden,
zurück erstattet. Mit Anwaltsschriftsatz vom 29.11.2004 forderte die Klägerin erneut diesen Betrag in Höhe von
insgesamt 1.207,54 EUR bis spätestens 10.12.2004 zur Rückzahlung.
5
De Klägerin hat am 31.12.2004 Klage erhoben, mit der sie ergänzend bzw. wiederholend vorträgt: Sie sei nach
dem Einbau des neuen Wasserzählers nicht auf die etwaige Erforderlichkeit eines Druckminderes bzw. eines
Rückschlagventils aufmerksam gemacht worden. Davor sei dies offensichtlich auch nicht erforderlich gewesen
und es entspreche im übrigen weder dem zwingenden Stand der Technik noch der Ortsüblichkeit. Der
tatsächliche Verbrauch im Zeitraum zwischen 19.9.2002 und 26.3.2004 entspreche letztlich nicht dem
abgelesenen Hauptwasserzähler, da dieser auf Grund der Druckschwankungen selbst bei fehlender
Wasserentnahme einen Verbrauch vorgegeben habe. Vor Einbau des neuen Zählers habe der durchschnittliche
Wasserverbrauch 0,42 m³ pro Kalendertag betragen. Nach Einbau des Druckminderers mit Rückschlagventil
sei der Verbrauch bei durchschnittlich 0,54 m³ bei einer Person mehr gelegen, was die Rückkehr zu einem
stetig gleichmäßigen Verbrauch darstelle. Die Werte aus der Zeit zwischen 19.9.2002 und 26.3.2004 (0,86 m³
und 0,95 m³) würden annähernd einer Verdoppelung gleichkommen. Der Anscheinsbeweis des Ablesewertes
sei nachhaltig erschüttert. Nachdem ihr, der Klägerin, der Gebührenbetrag durch Lastschrift belastet worden
sei, mache sie Rückerstattungsansprüche in Höhe von 857,72 EUR (= falscher „Mehrverbrauch“ von 164 m³ x
5,23 EUR) geltend, mit denen die Beklagte seit 11.12.2004 in Verzug sei.
6
Die Klägerin beantragt,
7
den Gebührenbescheid der Beklagten vom 12.1.2004 aufzuheben insoweit aufzuheben, als er einen Betrag
von 857,72 EUR festsetzt,
sowie die Beklagte ferner zu verpflichten, an die Klägerin 857,72 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 11.12.2004 zu zahlen.
8
Die Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10 Sie entgegnet: Zur Ermittlung der Menge der im Rahmen der öffentlichen Einrichtungen festgesetzten
Gebühren verwende sie geeichte Wasserzähler; diese berücksichtigten sowohl die entnommene Wassermenge
als auch etwaige in die öffentliche Einrichtung zurückfließende Mengen. Der Austausch des Hauptzählers auf
dem Grundstück der Klägerin im September 2002 habe den nach dem Eichgesetz vorgesehenen sechsjährigen
Zählerwechsel dargestellt. Auch der neue Hauptzähler sei wiederum geeicht gewesen. Es gebe keine
tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich weniger Wasser entnommen worden sei, als vom
Hauptzähler erfasst. Gemäß satzungsrechtlicher Bestimmungen seien die Wassermengen ordnungsgemäß
durch geeichte Messeinrichtungen erfasst worden. Die so festgestellte Menge habe die Klägerin nicht
widerlegt, weil die Behauptung des niedrigeren Verbrauchs oder der falschen Anzeige nicht genüge. Wie in der
Wasserversorgungsatzung vorgesehen, habe die Klägerin als Abnehmer die Nachprüfung der
Messeinrichtungen durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle verlangen können und dies auch getan. Eine
fehlerhafte Anzeige habe hierbei gerade nicht festgestellt werden können. Die Höhe der Wasserentnahme
hänge vom Wasserdruck ab. Bei höherem Druck werde entsprechend mehr Wasser entnommen als bei
niedrigem Druck. So könne sich auch die Verringerung des Wasserverbrauchs der Klägerin nach Einbau des
Druckminderers mit Rückschlagventil erklären. Gründe für eine höhere Wasserentnahme vor Einbau des
Druckminderers könnten auch darin gelegen haben, dass damals Überdruckventile in der Anlage der Klägerin
undicht gewesen seien und erst später wieder dem Wasserdruck standgehalten hätten. Da gemäß § 7 der
Wasserversorgungssatzung der Anschlussnehmer für Errichtung und Unterhaltung seiner Anlage hinter dem
Hausanschluss - mit Ausnahme der Messeinrichtungen der Gemeinde - verantwortlich sei, könne ihr, der
Beklagten, schließlich auch keine unzureichende Aufklärung vorgeworfen werden; sie habe keine Kenntnis
davon gehabt, ob ein Druckminderer installiert gewesen sei.
11 Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den
Akteninhalt (ein Heft Verwaltungsunterlagen und ein Heft Satzungstexte der Beklagten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
12 Die gemäß § 75 VwGO in der Form der Untätigkeitsklage zulässige
Anfechtungsklage
Gebührenbescheid der Beklagten vom 12.1.2004 dem Grunde nach unstreitig zu Recht festgesetzten Wasser-
und Abwassergebühren sind auch in ihrer - von der Klägerin teilweise bestrittenen - Höhe rechtlich nicht zu
beanstanden, sodass die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13
1.)
zugrundegelegt. Dieser Wasserverbrauch wurde von dem am 19.9.2002 (im Wege des eichrechtlichen Turnus)
installierten Wasserzähler für den Zeitraum 1.12.2002 bis 4.12.2003 ermittelt bzw. angezeigt (Ableseergebnis:
Zählerstand alt: 62 m³ - Zählerstand neu: 409 m³). Gemäß § 21 Abs. 1 der einschlägigen
Wasserversorgungssatzung der Beklagten vom 15.12.1998 (künftig: WVS) stellt die Gemeinde die verbrauchte
Wassermenge durch Messeinrichtungen (Wasserzähler) fest, die den eichrechtlichen Vorschriften entsprechen.
Ferner bestimmt § 43 WVS, dass die nach § 21 gemessene Wassermenge auch dann als
Gebührenbemessungsgrundlage gilt, wenn sie ungenutzt (etwa durch schadhafte Rohre, offenstehende
Zapfstellen oder Rohrbrüche hinter dem Wasserzähler) verloren gegangen ist (vgl. Absatz 1) und räumt (vgl.
Absatz 2) der Gemeinde eine Schätzungsbefugnis ein, wenn sich bei einer Zählerprüfung ergibt, dass der
Wasserzähler über die nach der Eichordnung zulässigen Verkehrsfehlergrenzen hinaus falsch anzeigt, oder
wenn der Wasserzähler stehen geblieben ist. Die Klägerin hat im Zusammenhang mit der Verbrauchsermittlung
für 2003 einen eklatanten Mehrverbrauch festgestellt und die einwandfreie Funktionalität des Wasserzählers
bezweifelt, so dass sie - wie in § 22 Abs. 1 WVS vorgesehen - die Messeinrichtung durch die Staatlich
anerkannte Prüfstelle für Messgeräte für Wasser bei der Firma E. W. GmbH einer Nachprüfung unterziehen
ließ. Diese hat ergeben, dass die Anforderungen bei der äußeren und inneren Beschaffenheitsprüfung erfüllt
waren sowie, dass die Messergebnisse innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen lagen und das Zählwerk in
Ordnung war (vgl. Prüfschein über die Befundprüfung Nr. 11/2004, VAS. 5). Einwendungen gegen das
Prüfergebnis hat die Klägerin nicht geltend gemacht, auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte für ein
fehlerhaftes Befundverfahren oder Befundergebnis. Folgt man der Rechtsprechung des VGH Baden-
Württemberg (vgl. Urteil vom 8.10.1987- 2 S 1997/85; ebenso Urteil vom 22.8.1988 - 2 S 424/87 - BWGZ
1989,88), so ist den genannten Satzungsvorschriften bereits eine (durch Gründe einer praktikablen
Gebührenerhebung sachlich gerechtfertigte) unwiderlegbare Vermutung dahin zu entnehmen, dass für den Fall
einer - wie hier - ordnungsgemäßen Zählerprüfung, die keine die zulässigen Verkehrsfehlergrenzen
überschreitenden Messungenauigkeiten ergibt, der Wasserzähler den Wasserverbrauch im vorausgegangenen
Ablesezeitraum richtig angezeigt hat.
14 Selbst wenn man jedoch den Satzungsvorschriften nur eine widerlegbare Vermutung entnehmen wollte (vgl.
etwa Bay. VGH, Beschl. v. 24.7.1997 - 23 B 94.2165 -, BayVBl 1998, 25; Saarl. OVG Saarlouis, Urt. v.
20.1.1994 - 1 R 4/92 -, NJW 1994, 2243; VG Frankfurt, Gerichtsbescheid v. 23.3.2004 - 6 E 714/04 - NVwZ-RR
2004, 897), so ergibt sich nichts anderes. Die Klägerin hat eine solche Vermutung nämlich weder widerlegt
noch zumindest erschüttert . Es gibt keine Anzeichen für technische Fehler bei bzw. Mängel in der öffentlichen
Wasserversorgungseinrichtung. Die Vertreter der Beklagten haben plausibel und überzeugend ausgeführt, dass
die konkrete Drucksituation am Anwesen der Klägerin - sie bestimmt sich aus der Differenz der Höhenniveaus
des Wasserhochbehälters und des Hausanschlusses - sich zu keiner Zeit geändert hat. Der
Wasserhochbehälter liegt weiterhin an derselben Stelle. Druckschwankungen im öffentlichen Netz der
Beklagten, die aus unterschiedlichen Verbrauchsspitzen im Tagesverlauf herrühren, gibt es, sie sind jedoch im
Bereich der öffentlichen Wasserversorgung üblich und zulässig. Herr D. von der a.GmbH, die für die technische
Betriebsführung der Wasserversorgung der Beklagten zuständig ist, hat dargelegt, dass es einen direkten
Zusammenhang zwischen Höhe des Wasserdrucks und Höhe des Wasserverbrauchs gebe. Je höher der
Wasserdruck sei, umso höher sei auch der Wasserverbrauch, was nach Erfahrungswerten soweit gehen könne,
dass pro Jahr etwa 8 bis 10 m³ Wasser eingespart werden könnten, wenn man den Wasserdruck reduziere.
Diese Ausführungen sind überzeugend, Herr D. hat nämlich ferner sehr plausibel und substanziiert ausgeführt,
wie sich dieser Zusammenhang aus der Funktionsweise der Sicherheitseinrichtungen der
Trinkwasserinstallation des Abnehmers erklären lässt. So öffnet das Sicherheitsventil des
Warmwasserspeichers bei Überdruck (ab 5,8 bar) und lässt zum Schutz der technischen Einrichtung das
Wasser entweichen. Je nach Wartungszustand kann dieser Vorgang sich gehäuft wiederholen, insbesondere
dann, wenn der Verschleiß der Funktionsteile des Ventils fortgeschritten ist. Diese Ausführungen hat die
Klägerin nicht substantiiert angegriffen, ihr (früherer) Einwand, ein höherer Wasserdruck führe allenfalls zum
schnelleren Befüllen von Gefäßen, betrifft nur die Beschickung geschlossener Wasserverhältnisse, bei denen
naturgemäß kein bzw. kaum Wasserverlust bzw. Wasserüberlauf eintreten kann. Es liegt auf der Hand, dass
dies völlig anders ist, wenn innerhalb der Trinkwassereinrichtung durch Überdruckventile Wasser abgeleitet und
dem öffentlichen Abwasserkanal zugeführt wird.
15 Bestätigt werden die Ausführungen der a. GmbH letztlich auch durch die tatsächlichen Umstände. Sobald die
Klägerin nämlich am 26.3.2004 den bislang nicht vorhandenen Druckminderer mit Rückschlagventil hatte
einbauen lassen, ging ihr Wasserverbrauch deutlich zurück. Zwar mag es nach den Ausführungen der Staatlich
anerkannten Prüfstelle für Messgeräte für Wasser bei der Fa. E. W. GmbH vom 19.1.2007 (Antwort auf die
Anfrage des Gerichts vom selben Tag) auch das Phänomen geben, dass sich zusätzlich zum Wasser auch
Luft in der Leitung befindet. Diese Stellungnahme betraf jedoch speziell das Problem des Rückflusses von
Trinkwasser in die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung. Anhaltspunkte dafür, dass der Wasserzähler im
Fall der Klägerin beim Fließen in die Trinkwasseranlage der Klägerin neben Wasser auch relevante - nicht mit
einem tatsächlichen Wasserdurchfluss vergleichbare - Luftmengen gezählt haben könnte, gibt es jedoch nicht;
im übrigen würde selbst ein solcher Umstand - das wird sogleich darzulegen sein - nicht zu Gunsten der
Klägerin wirken können.
16 Soweit die Klägerin schließlich - auf einer zweiten, spezifisch rechtlichen Ebene - geltend gemacht hat, die
Beklagte habe Aufklärungspflichten verletzt und sich schadensersatzpflichtig gemacht, greift dieser Einwand
ebenfalls nicht durch. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin einen solchen Einwand überhaupt nur durch - hier
(noch) nicht erfolgte - Aufrechnung hätte geltend machen müssen, welche dann zwar nicht die Entstehung der
Gebühr (Festsetzungsregelung des Bescheids), jedoch die ebenfalls im Gebührenbescheid enthaltene jeweilige
Leistungs- bzw. Zahlungsanforderung hätte rechtswidrig werden lassen (grundlegend zur Aufrechnung gegen
einen VA: BVerwG, Urt. v. 12.2.1987 - 3 C 22/86 - NJW 1987, 2530). Der in jedem Fall erforderliche Anspruch
der Klägerin auf Schadensersatz existiert nämlich nicht. Sie hatte im streitigen Veranlagungszeitraum keinen
Druckminderer mit Rückschlagventil in ihrer Trinkwasseranlage installiert gehabt. Gemäß § 17 Abs. 1 WVS
wäre dies jedoch eindeutig ihre Aufgabe gewesen. In der genannten Vorschrift ist bestimmt, dass für die
ordnungsgemäße Errichtung, Erweiterung, Änderung und Unterhaltung einer Anlage hinter dem Hausanschluss
- mit Ausnahme der Messeinrichtungen der Gemeinde - der Anschlussnehmer verantwortlich ist (zu den
Begriffsbestimmungen des Anschlussnehmers, Wasserabnehmers und der Wasserverbrauchsanlage vgl. §§ 2,
13, 14 WVS). § 17 Abs. 2 WVS bestimmt ferner, dass der Anlage nur unter Beachtung der Vorschriften der
Satzung und anderer gesetzlicher oder behördlicher Bestimmungen sowie nach den anerkannten Regeln der
Technik errichtet, erweitert, geändert und unterhalten werden darf. Solche in der Aufzählung zuletzt in Bezug
genommenen Regeln der Technik sind insbesondere die in der DIN 1988 niedergelegten Technischen Regeln
für Trinkwasserinstallation (TRWI) - Technische Regel des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches
e.V. (DVGW). Auch die DIN 1988 bestimmt in technisch/betrieblicher Hinsicht die Verantwortlichkeit des
Anschlussnehmers (Eigentümer/Vermieter) und Benutzers (Mieter, Pächter) für den einwandfreien Zustand der
Hausinstallation und für eine regelmäßige Wartung. Im Teil 8 der DIN 1988, der sich als eigenständiger Teil an
den Betreiber (= Eigentümer bzw. Besitzer) der Trinkwasserverbrauchsanlage richtet, ist dargestellt, wie die
Betriebssicherheit, Funktionstüchtigkeit und Gebrauchstauglichkeit einer ordnungsgemäß erstellten
Trinkwasserinstallation auf Dauer aufrechterhalten werden kann. Druckminderer und Rückflussverhinderer
(Rückschlagventil) sind dort ausdrücklich vorgesehen, letztgenannte Einrichtung ist sogar (aus Gründen der
Trinkwasserhygiene) eine zwingende Sicherheitseinrichtung (vgl. DIN 1988 Teil 4 Ziffer 4).
17 Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, die Beklagte habe sie auf diese Obliegenheit
hinweisen müssen. Wie die Vertreter der Beklagten zu Recht ausgeführt haben, ist es Aufgabe des
Anschlussnehmers, auch während des laufenden Betriebs für die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen
zu achten. Nachvollziehbar darf ferner auch zwischen Alt- und Neuanschlüssen unterschieden werden. Die
Vertreter der Beklagten haben auch insoweit zutreffend die Auffassung geäußert, dass allenfalls bei
Neuanschlüssen (zu denen das Anwesen der Klägerin nicht gehört) bei der ersten Anschlussmaßnahme ein
Hinweis auf den zwingend erforderlichen Rückflussverhinderer bzw. eine Überprüfung erfolgt. Die
Druckminderung hingegen ist ausschließlich weiterhin Sache des Anschlussnehmers, sodass insoweit keine
Hinweispflicht existiert.
18
2.)
Wasserverbrauch bemessen. Das folgt daraus, dass als angefallene Abwassermenge bei öffentlicher
Wasserversorgung der der Entgeltberechnung zugrundegelegte Wasserverbrauch angesetzt werden darf (sog.
Frischwassermaßstab). Anhaltspunkte dafür, eine bestimmte Wassermenge sei nicht in die öffentliche
Abwasseranlage eingeleitet worden und müsse deshalb bei der Bemessung der Abwassergebühren abgesetzt
werden (sog. modifizierter Frischwassermaßstab), gibt es nicht. Die Klägerin selbst hat im übrigen darauf
hingewiesen, dass anlässlich der Untersuchung ihrer Hausinstallation keine Leckagen, Rohrbrüche o. ä.
festgestellt werden konnten, die zu einem Entweichen von Wasser in die Haussubstanz oder in das Erdreich
hätten führen können.
II.
19 Die
Leistungsklage
zulässig. Daran ändert nichts, dass die Beklagte erklärt hat, für den Fall einer erfolgreichen Anfechtungsklage
zur Rückerstattung bereit zu sein. Wie sich aus den Ausführungen zur Anfechtungsklage ergibt, ist die
Leistungsklage jedoch unbegründet, weil der in § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorausgesetzte öffentlich-rechtliche
Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch bzw. - hier einschlägig - öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der
Klägerin nicht zusteht. Zu Recht und folglich mit Rechtsgrund hat die Beklagte nämlich Wasser- und
Abwassergebühren auch der Höhe nach festgesetzt. Mangels Hauptforderung kann die Klägerin schließlich
auch die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen nicht verlangen. Insoweit wäre übrigens bereits fraglich
gewesen, ob überhaupt ein Anspruch auf Verzugs zinsen hätte entstehen können. Das maßgebliche materielle
Recht sieht dies nämlich nicht vor, weil § 3 Abs. 1 Nr. 5b KAG (Fassung 1996) zwar § 233 AO, nicht hingegen
§ 233a AO in Bezug nimmt. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG, 37
Abs. 2 AO, 818 Abs. 1 BGB hätte wohl ebenfalls keine Verzinsungspflicht nach sich ziehen können
(grundsätzlich eine Verzinsung des Erstattungsbetrags wegen tatsächlich gezogenen Nutzungen ablehnend:
BVerwG, Beschl. v. 7.9.2004 - 3 B 35/04 - sowie Urt. v. 30.4.2003 - 6 C 5.02 - jeweils in Juris). Der damit wohl
allein noch denkbare Anspruch auf Prozess zinsen (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 KAG, 236, 238 AO) besteht letztlich
mangels Rückerstattungsanspruchs nicht.
20 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat keinen Anlass, sie für vorläufig
vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor,
weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieses Urteils folgendes gilt