Urteil des VG Freiburg vom 01.02.2007

VG Freiburg (beurteilung, kläger, leiter, freiburg, polizei, leistung, beamter, auf lebenszeit, verhandlung, vergabe)

VG Freiburg Urteil vom 1.2.2007, 3 K 1370/05
dienstliche Beurteilung nach Änderung der Beurteilungsrichtlinien
Leitsätze
1. Nach der VwV-Beurteilung Pol erstellte dienstliche Beurteilungen können nicht mit den auf der Grundlage der
früher geltenden Beurteilungsrichtlinien erstellten dienstlichen Beurteilungen verglichen werden.
2. Zur Frage, ob beim Kläger von der VwV-Beurteilung Pol abgewichen wurde, indem im Beurteilungsverfahren
zwingend vorgegeben wurde, dass eine Durchschnittsnote von 3,49 Punkten nicht überschritten werden dürfe oder
genau zu erzielen sei.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der 1959 geborene Kläger wurde zum 01.09.1976 in die Bereitschaftspolizei des Beklagten eingestellt und
unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiwachtmeister ernannt. Seit dem 01.09.1978
verrichtet er den Dienst beim Polizeirevier ...-.... Zum 01.03.1984 wurde er zum Polizeiposten ... versetzt. Mit
Wirkung vom 11.08.1986 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er wurde zum 25.09.1992 zum
Polizeiposten ...-... versetzt und mit Urkunde vom 16.05.1995 zum Polizeihauptmeister ernannt. Seit dem
01.09.2000 trägt er die Funktionsbezeichnung Sachbearbeiter im Postendienst.
2
In der streitgegenständlichen Regelbeurteilung der Polizeidirektion Freiburg vom 13./27.04.2004 für den
Zeitraum vom 01.03.2002 bis 29.02.2004, die nach der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über die
dienstliche Beurteilung der Beamten und Beamtinnen des Polizeivollzugsdienstes (VwV-Beurteilung Pol) vom
22.10.2003 (GABl. S. 650) erstellt wurde, erzielte der Kläger ein Beurteilungsergebnis von 2,50, das sich aus
der Leistungsbeurteilung (2,50) sowie der Befähigungsbeurteilung (2,60) zusammensetzt.
3
Mit Schreiben vom 13.08.2004 beantragte der Kläger die Abänderung der Beurteilung. Zur Begründung führte er
aus, er habe in den letzten Jahren eine erhebliche Verbesserung seiner dienstlichen Beurteilungen erzielen
können. Bei der Regelbeurteilung für den Zeitraum 01.01.1986 bis 31.12.1988 habe er die Note 2,75
(befriedigend) erhalten, für den Zeitraum 01.01.1992 bis 31.12.1994 die Note 2,0 (gut), für die Zeit vom
01.01.1995 bis 31.12.1997 die Note 1,5 (sehr gut bis gut) sowie für die Zeiträume 01.01.1998 bis 31.08.2000
und 01.09.2000 bis 28.02.2002 jeweils die Note 1,25 (sehr gut). Angesichts dessen verwundere es, dass er
lediglich aufgrund der Änderung der Verwaltungsvorschriften bei der anschließenden Beurteilung ein
Beurteilungsergebnis von lediglich 2,5 Notenpunkten bei einer Notenskala von 1 bis zur Bestnote 5,0 erzielt
habe. Dies sei eine Note, die nach dem alten Notensystem „befriedigend bis ausreichend“ entspreche. Ihm sei
über mehrere Postenführer bekannt geworden, dass in der maßgeblichen Besprechung der Postenführer mit
dem Revierführer eine Vorgabe der Polizeidirektion als zwingend bezeichnet worden sei, wonach bei der
betreffenden Beurteilungsrunde in Bezug auf die 41 Polizeihauptmeister im Bereich des Polizeireviers ...-... ein
Notendurchschnitt von höchstens 3,5 Notenpunkten „herauskommen“ dürfe. Dies werde unter anderem vom
Postenführer des Polizeipostens ..., aber auch von weiteren Postenführern bestätigt und dürfte dem
Revierführer, Herrn ..., bekannt sein. Die Festlegung von Richtwerten für das anteilige Verhältnis in
Gesamturteilsstufen bei Regelbeurteilungen könne nur dann rechtmäßig sein, wenn sich die Richtwerte auf
einen hinreichend großen Verwaltungsbereich bezögen. Außerdem erforderten die Richtwerte eine im Großen
und Ganzen vergleichbare Aufgaben- und Personalstruktur, das heißt eine gewisse Mindestzahl gleichzeitig zu
beurteilender Beamter der selben Laufbahn- und Besoldungsgruppe; auch müssten geringfügige Über- und
Unterschreitungen der Prozentsätze möglich sein, das heißt die Richtwerte dürften nicht als zwingend
einzuhaltende obere oder untere Grenzen angesehen werden. Letzteres liefe dem Gebot einer individuellen
gerechten Beurteilung des jeweiligen Beamten zuwider. Es bestünden Zweifel daran, ob auch nur eine der
Voraussetzungen hier erfüllt sei. Die Vorgabe beziehe sich offensichtlich auf die nur 41 Polizeihauptmeister
beim Polizeirevier ...-.... Bei 41 Beamten lägen die Voraussetzungen für eine hinreichende Mindestanzahl
gleichzeitig beurteilter Beamter nicht vor. Darüber hinaus sei es hier offensichtlich so gewesen, dass gar keine
Quoten zur Anwendung gekommen seien, sondern dass stattdessen entgegen den Maßgaben der
Rechtsprechung ein zwingender fester Durchschnittswert vorgegeben worden sei. Im Übrigen werde darauf
hingewiesen, dass nach § 70 Abs. 3 Nr. 5 LPVG beim Erlass entsprechender Beurteilungsrichtlinien der
zuständige Personalrat zugestimmt haben müsse. Daran bestünden Zweifel. Der Kläger sei bis vor Kurzem als
„Beamter für besondere Aufgaben“ mit dem Sachgebiet „Bevölkerungsgruppe der ...“ in ... tätig gewesen. Zwar
sei zwischenzeitlich diese Funktionsbeschreibung wieder aufgehoben worden, am Aufgabenfeld habe sich aber
nichts geändert. Der Polizeiposten ... sei - wie auch andere Polizeiposten - organisatorisch in Bereiche
eingeteilt. Innerhalb dieser Bereiche gebe es unterschiedliche Bevölkerungsstrukturen, die für den einzelnen
zuständigen Beamten zum Teil erheblich mehr Arbeit mit sich brächten als andere Bereiche, die einen
Bevölkerungsanteil beträfen, der weniger Aufwand verursache. In den letzten Jahren seien Beamte, die in
einem Bereich mit sozialem Brennpunkt tätig seien, in der Regel, das heißt für den Fall, dass sie ihre Aufgaben
gut bewältigten, besser bewertet worden als Beamte, die einen sozial unproblematischeren Bevölkerungsteil zu
betreuen hätten. Die schwierigste Bevölkerungsgruppe in ... seien die .... Dies sei allgemein bekannt. Als Ende
1997 der damalige Inhaber der Stelle „Beamter für besondere Aufgaben“ in Pension gegangen sei, habe sich
der Kläger auf diese Stelle beworben und sei zum 01.02.1998 mit dieser Stelle betraut worden. Die Übernahme
der Stelle sei damals mit guten Aussichten auf Beförderungen und vor allem der Möglichkeit auf die Teilnahme
am sogenannten W 8-Lehrgang für den gehobenen Polizeivollzugsdienst verbunden gewesen. Dies
kennzeichne die besondere Schwierigkeit der dort zu bewältigenden Aufgaben noch einmal. Der zu betreuende
Bevölkerungsanteil bestehe hauptsächlich aus ..., aber auch aus einem nicht unerheblichen Teil so genannter
„... ...“, den „...“. Der Umgang mit diesen Menschen erfordere ein enormes Fingerspitzengefühl bei der
Anwendung der der Polizei eröffneten Handlungs- und Maßnahmenspielräume. Die betroffenen
Bevölkerungsgruppen hätten enorme Vorbehalte gegenüber allen staatlichen Organisationen. Umgekehrt
brächten andere Bevölkerungsgruppen gerade diesen Menschen gegenüber erhebliche Vorurteile und Ängste
mit. Dem Kläger sei es in den Jahren seit 1997 gelungen, das Vertrauen der ... und der ... allmählich zu
gewinnen. Nur auf diese Art und Weise sei es ihm möglich geworden, in seinem Bereich durchaus mit stetig
wachsendem Erfolg tätig zu sein. Alles andere hätte ständige Eskalationen und Probleme mit sich gebracht.
Dies sei nicht der Fall gewesen. In der polizeilichen Tätigkeit mit den betreffenden Bevölkerungsgruppen hätten
sämtliche Facetten der polizei- und strafrechtlichen Maßnahmen bewältigt werden müssen, mit Ausnahme von
Verbrechenstatbeständen. Über die ganze Zeit hinweg sei die Arbeit des Klägers - wie sich aus den
Beurteilungen ergebe - vom jeweiligen Vorgesetzten nie beanstandet worden. Das Gleiche ergebe sich daraus,
dass er im Zeitraum 1993 bis 2000 immer wieder als „erfahrener Beamter“ kurzfristig bei anderen Dienststellen
habe aushelfen müssen. So habe er über einige Monate hinweg sogar die Leitung des Polizeipostens ...-... zu
übernehmen gehabt. Eine irgendwie geartete Änderung der Qualität seines Dienstes sei für den jetzt fraglichen
Beurteilungszeitraum in keiner Weise erkennbar gewesen und auch nicht gegeben. Deshalb sei er
außerordentlich betroffen gewesen, als er von dem Ergebnis der neusten Beurteilung erfahren habe. Dieses
Ergebnis könne nur auf die Änderung des Beurteilungssystems und die Vorgaben der Quotierung zurückgeführt
werden. Es habe niemals Hinweise darauf gegeben, dass er jetzt plötzlich in einer ganz anderen „Liga“, was die
Beurteilungsnote angehe, spielen solle.
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Mit Bescheid vom 22.11.2004 lehnte die Polizeidirektion Freiburg den Antrag auf Abänderung der
Regelbeurteilung zum Stichtag 01.03.2004 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Bewertung von 2,5 Punkten
stehe in keinem Widerspruch dazu, dass der Kläger bei der letzten Beurteilung nach den damals geltenden
Beurteilungsrichtlinien die Note 1,25 erhalten habe. Die VwV-Beurteilung Pol lege als Bewertungsmaßstab für
eine Beurteilung mit 2,5 Punkten (2,50 - 3,49) „entspricht uneingeschränkt den Anforderungen“ fest. Bei den
früheren Beurteilungen seien die damals geltenden Beurteilungsrichtlinien und damit auch ein anderer Maßstab
angewandt worden. Der neue Maßstab verlange eine viel differenziertere Bewertung und sei daher mit dem
damaligen nicht vergleichbar. Die früheren Beurteilungsrichtlinien hätten zwar eine Notenskala von 1 bis 6
vorgegeben. Durch die eingetretene Noteninflation sei diese jedoch nicht mehr ausgeschöpft worden. Gerade
weil eine Spreizung der Beurteilungsnoten und damit eine Leistungsdifferenzierung kaum mehr möglich
gewesen sei, sei die neue VwV-Beurteilung Pol eingeführt worden. Bei den Beurteilungen des mittleren
Polizeivollzugsdienstes zum Stichtag 01.03.2004 sei seitens der Polizeidirektion Freiburg kein fester
Durchschnittswert vorgegeben worden. Das Ziel sei es gewesen, leistungsgerecht abgestufte und vergleichbare
Beurteilungen zu erhalten. Alle Polizei- und Kriminalhauptmeister der Polizeidirektion Freiburg mit und ohne
Amtszulage bildeten eine Vergleichsgruppe und seien miteinander verglichen und beurteilt worden.
Selbstverständlich hätten aber auch in dieser Vergleichsgruppe die in Nr. 5.4.2 der VwV-Beurteilung Pol
festgelegten Spitzensätze als Orientierungsrahmen angewendet werden müssen. Herr ... habe in den
Gesprächen mit den Beurteilungsberatern keinen Notenschnitt vorgegeben. Er habe sich lediglich an den
Vorgaben der VwV-Beurteilung Pol orientiert und zur Beachtung gegeben, dass die VwV-Beurteilung Pol
festlege, dass bereits eine Leistung von 3,5 Punkten „die Anforderungen übertrifft“. Der Hauptpersonalrat der
Polizei habe in seiner Sitzung vom 29.07.2003 der VwV-Beurteilung Pol zugestimmt. Die VwV-Beurteilung Pol
sei daraufhin am 01.01.2004 in Kraft getreten. Im gesamten Beurteilungszeitraum sei der Kläger als
Sachbearbeiter beim Polizeiposten ...-... tätig gewesen und für diese Tätigkeit beurteilt worden. Alle
Tätigkeiten, die in dieser Zeit zu seinem Aufgabengebiet gehört hätten, seien im jeweiligen Verhältnis in die
Beurteilung mit eingeflossen. Dabei sei selbstverständlich auch berücksichtigt worden, dass zu seinem
Hauptaufgabengebiet unter anderem die Betreuung der Bevölkerungsgruppen „...“ und „... ...“ gehöre. Dass er in
den Jahren 1993 bis 2000 bei anderen Organisationseinheiten habe aushelfen müssen und auch schon die
Leitung des Polizeipostens ...-... innegehabt habe, habe in der Beurteilung mit Stichtag 01.03.2004 nicht
berücksichtigt werden dürfen, da diese Tätigkeiten alle vor dem Beurteilungszeitraum gelegen hätten.
5
Der Kläger erhob Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.11.2004. Zur Begründung führte er ergänzend aus,
ihm lägen Schreiben des Hauptpersonalrates der Polizei und des Innenministeriums vor, die auf die weite
Verbreitung der Vorgabe eines festen Notendurchschnittes hinwiesen. Nachweislich sei im Bereich des
Polizeireviers ...-... genauso vorgegangen worden. In der Besprechung mit dem Endbeurteiler und Leiter des
Polizeireviers ...-..., Herrn ..., sei in Anwesenheit sämtlicher Postenführer vorgegeben worden, dass ein
Notenschnitt von 3,49 in der Vergleichsgruppe revierweit strikt einzuhalten sei. Daraufhin seien von den
einzelnen Postenführern für alle betreffenden Beamten Notenvorschläge unterbreitet worden. In einem zweiten
Schritt sei der sich daraus ergebende Notendurchschnitt errechnet worden, der erheblich über der
vorgegebenen Durchschnittszahl gelegen habe. Daraufhin seien sämtliche Noten so weit heruntergesetzt
worden, dass letztlich der Notenschnitt von 3,49 für die gesamte Vergleichsgruppe entstanden sei. Auf
massive Einwendungen einzelner Postenführer hin seien dann bei einzelnen Beamten die Noten angehoben
worden, um zu einer sachgerechten Beurteilung zu kommen. Um aber weiterhin den vorgegebenen Schnitt
einhalten zu können, seien dann in einem vierten und letzten Schritt Noten einzelner Beamter nach unten
korrigiert worden. Als Zeuge dafür werde POK ..., Polizeipostenführer des Polizeireviers ...-... in ...-... benannt.
Es könnten noch weitere Zeugen und Teilnehmer jener Besprechung benannt werden. Es sei auffällig, dass in
der Vergleichsgruppe des Klägers in sämtlichen Revieren im Bereich der Polizeidirektion Freiburg exakt ein
Notendurchschnitt von 3,49 Notenpunkten entstanden sei. Es bestünden erhebliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Vorgaben in den Beurteilungsrichtlinien zu festen Quoten in den einzelnen Notenbereichen.
Die Quoten seien abweichend von den bisherigen höchstrichterlichen Entscheidungen
(„Quotenrechtsprechung“) und anders als in § 41 a BLV viel zu eng und viel zu weitreichend festgelegt worden.
Es bestünden erhebliche Zweifel daran, ob die Größe der Vergleichsgruppe beim Polizeirevier ...-... überhaupt
ausreiche, um zu einer rechtmäßigen Anwendung einer Quotenregelung zu kommen.
6
Mit Bescheid vom 09.06.2005 wies die Polizeidirektion Freiburg den Widerspruch zurück. Ergänzend führte sie
aus, der Durchschnitt der Beurteilungen (Stichtag: 01.03.2002), die auf der Grundlage der früheren
Beurteilungsrichtlinien erstellt worden seien, habe bei der Polizeidirektion Freiburg in der Vergleichsgruppe
„Polizeihauptmeister/innen“ bei der Note 1,18 gelegen. Dies bedeute, dass bereits eine Beurteilungsnote von
1,25 unterdurchschnittlich gewesen sei. Die Bildung von Vergleichsgruppen beziehe sich nicht auf die
einzelnen Organisationseinheiten, sondern auf die Polizeidirektion Freiburg. Dies bedeute, dass bei Erstellung
der Beurteilung des Klägers nicht nur die Polizei- und Kriminalhauptmeister/innen mit und ohne Amtszulage
des Polizeireviers ...-..., sondern alle Polizei- und Kriminalhauptmeister der Polizeidirektion Freiburg mit und
ohne Amtszulage eine Vergleichsgruppe bildeten und innerhalb dieser miteinander verglichen und beurteilt
worden seien. Beurteiler seien die Leiter der jeweiligen Organisationseinheiten gewesen. Diese hätten jedoch
nur Einblick in ihren Organisationsbereich. Um leistungsgerecht abgestufte und vergleichbare Beurteilungen
innerhalb der Vergleichsgruppe der Polizeidirektion zu erreichen, sei die Abstimmung und Angleichung der
Beurteilungen der einzelnen Revierbereiche im Verhältnis zueinander und die endgültige Festlegung der
Beurteilungen durch den Leiter der Beurteilungskonferenz erfolgt. Dieser habe auch die Aufgabe, die in Nr.
5.4.2 der VwV-Beurteilung Pol festgelegten Spitzensätze jeder einzelnen Vergleichsgruppe der Polizeidirektion
als Orientierungsrahmen einzuhalten. Es sei ausdrücklich zu erwähnen, dass seitens der Polizeidirektion
Freiburg weder eine bestimmte Schnittvorgabe noch eine über die VwV-Beurteilung Pol hinausgehende
Quotierung unterhalb von 4,00 Punkten festgelegt worden sei. Die in Nr. 5.4.2 der VwV-Beurteilung Pol
festgelegten Spitzensätze seien nur als Orientierungsrahmen angewandt worden. Der Beurteiler des Klägers,
Polizeioberrat ..., habe bei der Erstellung der Beurteilungen, die das Polizeirevier ...-... beträfen, ebenfalls
keinen Schnitt oder eine Quote vorgegeben. Er habe in den Besprechungen mit den Beurteilungsberatern
lediglich zu beachten gegeben, dass eine Beurteilung von 3,5 Punkten gemäß der VwV-Beurteilung Pol bereits
„die Anforderungen übertreffe“. Dieser Hinweis sei erforderlich gewesen, um nach Einführung der neuen
Beurteilungsrichtlinien einen einheitlichen Bewertungsmaßstab zu gewährleisten. Die nochmalige Überprüfung
der Beurteilung des Klägers auf der Grundlage seines Änderungsantrages und des Widerspruchsschreibens
habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Beurteilung die von ihm gezeigten Leistungen in der Gesamtschau
seiner Vergleichsgruppe richtig widerspiegele.
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Der Kläger hat am 06.07.2005 Klage erhoben. Ergänzend führt er aus, die neue Beurteilung habe zur Folge,
dass in keiner Hinsicht mehr Aussichten bestünden, an Beförderungsauswahlverfahren mit Erfolg
teilzunehmen. Auffällig sei, dass in sämtlichen Revieren im Bereich der Polizeidirektion Freiburg exakt ein
Notendurchschnitt von 3,49 Notenpunkten entstanden sei und zwar bezogen auf die Vergleichsgruppe des
Klägers (Polizeibeamte Besoldungsgruppe A 9). Dem werde im Widerspruchsbescheid auch nicht
entgegengetreten. Es lägen Hinweisschreiben des Hauptpersonalrates der Polizei und des Innenministeriums
Baden-Württemberg vor, in denen von eben genau diesen weit verbreiteten Vorgaben abgeraten werde. Die
Zahl der in der Vergleichsgruppe einbezogenen Beamten sei dem Kläger nicht bekannt. Dem Beklagten möge
aufgegeben werden, diese Zahl zu benennen. Allein die Tatsache, dass sowohl Hauptpersonalrat wie auch
Innenministerium zu aufgetretenen Fehlern im Beurteilungsverfahren Stellung genommen habe, belege, dass
tatsächlich so vorgegangen worden sei. Dem Beklagten möge aufgegeben werden, diese Schreiben dem
Gericht vorzulegen. Die abstrakten Vorgaben in den Beurteilungsrichtlinien, die sehr enge, weit über die
Vergleichswerte in § 41 a BLV hinausgehende Quoten in einzelnen Notenbereichen festsetze, seien
unverhältnismäßig eng gezogen und verletzten den Grundsatz der Beurteilung der individuellen Leistung des
einzelnen Beamten. Auch sei die Mindestgröße der Vergleichsgruppe viel zu gering angesetzt. Gemäß Ziff. 5.4
VwV-Beurteilung Pol seien nämlich so genannte „Spitzensätze“ festgeschrieben worden. Abgesehen davon,
dass entgegen der tatsächlichen Praxis eben gerade kein fester Notenschnitt für die Vergleichsgruppe
festgelegt werde, dürfte die Beurteilung schon allein deswegen rechtswidrig sein, weil die Beurteilungsrichtlinien
rechtswidrige Festsetzungen zu den Spitzensätzen enthielten. Die Mindestgröße der Vergleichsgruppe sei mit
25 Personen viel zu gering angesetzt. Bei 25 Personen könne in keiner Weise von einer Verteilung des
Notenspektrums im Sinne der „ Gaußschen Normalverteilungskurve“ ausgegangen werden. Die Notenbereiche,
die für die Quoten vorgegeben worden seien, seien zu eng gefasst und gingen weit über die Richtwertvorgaben
etwa in § 41 a BLV hinaus. In der Bundeslaufbahnverordnung seien lediglich Quoten mit 15 % für die höchste
Note und 35 % für die zweithöchste Note als möglich vorgegeben. Da sich die verantwortlichen Beurteiler
deshalb an viel zu enge Vorgaben gebunden gefühlt hätten, liege ein schwerer Fehler im Beurteilungsverfahren
vor, der sich auch auf die Benotung und Gesamtbeurteilung des Klägers ausgewirkt haben könne. Es möge
sein, dass der Leiter der Beurteilungskonferenz den eigentlichen Beurteilungsspielraum innehabe. Dies helfe
aber nicht darüber hinweg, dass bei der Erarbeitung der Grundlage für die Entscheidung des Beurteilenden, der
sich selbstverständlich auf die ihm vorgelegten Entwürfe stützen müsse, zwingende Vorgaben gemacht worden
seien, die zu einer Fehlerhaftigkeit der Entwürfe und daraus resultierend zu einer Fehlerhaftigkeit der
endgültigen Beurteilung führen müssten. Der Beklagte lasse wohlweislich offen, ob die unzulässigen
zwingenden Vorgaben vom Leiter der Beurteilungskonferenz selbst aufgestellt worden seien, oder ob sie vom
Beurteiler stammten, dem Leiter der Beurteilungskonferenz überhaupt offen gelegt worden seien und von ihm
hätten korrigiert werden können oder korrigiert worden seien. Ausschließlich im zuletzt genannten Falle wäre
der Fehler möglicherweise nicht kausal für das Ergebnis geworden. Genau dies werde aber nicht vorgetragen.
Es sei zudem auch nicht bekannt geworden, dass etwa auf einen entsprechenden Hinweis des Leiters der
Beurteilungskonferenz Korrekturen vorgenommen worden seien. Vielmehr beschränke sich der Beklagte
darauf, zu erklären, dass dem Beurteiler kein Beurteilungsspielraum eingeräumt sei und auch das
Hinweisschreiben des Personalrates auf den Fall nicht zutreffe.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 22.11.2004 und den Widerspruchsbescheid vom 09.06.2005 aufzuheben
und den Beklagten zu verurteilen, den Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts
erneut zu beurteilen.
10 Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
12 Zur Begründung führt er ergänzend aus, an der Beurteilung des Klägers hätten Herr Kriminaldirektor ... in
Vertretung des Leiters der Polizeidirektion als Leiter der Beurteilungskonferenz, der Leiter des Polizeireviers ...-
..., Herr POR ..., als Beurteiler und - als Beurteilungsberater - die Herren PK ... und PHK ... mitgewirkt. Die
Behauptung, die Polizeidirektion Freiburg habe einen Notendurchschnitt von höchstens 3,49 Notenpunkten
vorgegeben, sei unzutreffend und werde bestritten. Es sei weder eine bestimmte Schnittvorgabe noch eine
über die VwV-Beurteilung Pol hinausgehende Quotierung unterhalb von 4,00 Punkten festgelegt worden. Es
mache weder der Leiter der Beurteilungskonferenz der Polizeidirektion Freiburg gegenüber dem Beurteiler des
Klägers noch mache dieser gegenüber den Beurteilungsberatern Vorgaben, die einer Quotierung oder einer
Richtwertvorgabe entsprechen würden. Das vom Kläger angesprochene Hinweisschreiben des
Hauptpersonalrats und des Innenministeriums zu dieser Frage treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu. Die
Ausführungen des Klägers zeigten, dass er das Beurteilungssystem der VwV-Beurteilung Pol nicht
durchdrungen habe. Danach gliedere sich das Beurteilungsverfahren in eine vorläufige und eine endgültige
Beurteilung. Der Beurteiler lege dem Leiter der Beurteilungskonferenz einen Beurteilungsentwurf und eine
Beurteilungsübersicht über alle von ihm erstellten Beurteilungen vor. Der Leiter der Beurteilungskonferenz habe
beabsichtigte Abweichungen von der vorläufigen Beurteilung mit den Beurteilern und gegebenenfalls den
Beurteilungsberatern im Rahmen der Beurteilungskonferenz zwar zu erörtern. Die Verantwortung zur
Festlegung der endgültigen Beurteilung im Einzelfall liege aber allein bei dem Leiter der Beurteilungskonferenz.
Der Beurteiler selbst sei an die Festlegung des Gesamturteils durch den Leiter der Beurteilungskonferenz
gebunden. Der Beurteilungsentwurf beinhalte keine eigene etwa bekanntzugebende Beurteilung oder eine
Erstbeurteilung, wie diese in einem zweistufigen Beurteilungsverfahren vorgesehen sein könne. Der von dem
Beurteiler gefertigte Entwurf könne deshalb vom Leiter der Beurteilungskonferenz ohne Weiteres
zurückgegeben und im Verlaufe des einheitlichen Verfahrens jederzeit geändert werden. Nach alledem sei bei
der Festlegung der Beurteilung für den Beurteilungsberater im Verhältnis zum Beurteiler keine
„Bewertungsfreiheit“ vorgesehen. Auch wenn die Richtigkeit des Klägervortrags unterstellt werde, könne der
Beurteiler des Klägers, Herr ..., schon aus diesem Grunde nicht in eine solche eingegriffen haben. Die
Gesamtbewertung des Klägers mit 2,50 Punkten sei nicht zu beanstanden. Die Bezeichnung „Beamter mit
besonderem Aufgabengebiet“ beruhe nicht darauf, dass außergewöhnliche Aufgaben übertragen würden. Sie
leite sich vielmehr aus der Personalstärke eines Polizeipostens ab. Für jeweils vier Haushaltsstellen bei einem
Polizeiposten sei eine derartige Funktion ausweisbar. Eine darüber hinausgehende Bedeutung sei damit nicht
verbunden. Da dieses System nicht zweckmäßig gewesen sei, sei es nach einer Überprüfung abgeschafft
worden. Der Bereich des Polizeipostens ...-... umfasse eine multinationale Zusammensetzung mit 60
Nationalitäten. Die Tätigkeitsfelder seien entweder räumlich oder gruppenorientiert strukturiert. Alle
Tätigkeitsfelder seien aber im gleichen Maße anspruchsvoll.
13 Dem Gericht liegt die einschlägige Akte des Beklagten (3 Hefte) vor. Das Gericht hat Beweis erhoben durch
Einvernahme der Zeugen POR ... und POK .... Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
14 Die Klage ist als auf Aufhebung des Bescheids der Polizeidirektion Freiburg vom 22.11.2004 und deren
Widerspruchsbescheids vom 09.06.2005 sowie auf Verurteilung des Beklagten zur erneuten dienstlichen
Beurteilung des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtete Anfechtungs-
und allgemeine Leistungsklage zulässig.
15 Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Polizeidirektion Freiburg vom 22.11.2004 und deren
Widerspruchsbescheid vom 09.06.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§
113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute dienstliche Beurteilung für den
Zeitraum 01.03.2002 bis 29.02.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Bewertung der
Leistung und Befähigung des Klägers im Beurteilungsergebnis mit 2,50 Punkten hält sich im Rahmen der
Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
16 Rechtsgrundlage der dienstlichen Beurteilung des Klägers zum Stichtag 01. März 2004 ist § 115 Abs. 1 Satz 1
LBG i.V.m. der Verordnung der Landesregierung über die dienstliche Beurteilung der Beamten (v. 06.06.1983,
GBl. S. 209 m.n.Ä.- Beurteilungs-VO) und der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über die
dienstliche Beurteilung der Beamten und Beamtinnen des Polizeivollzugsdienstes (Verwaltungsvorschrift
Beurteilung Polizeivollzugsdienst - VwV-Beurteilung Pol -) vom 22. Oktober 2003 (GABl. S. 650 ff.). Nach § 15
Abs. 1 Satz 1 LBG sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten in regelmäßigen
Zeitabständen zu beurteilen. Nach Ziff. 2.1 VwV-Beurteilung Pol sind Polizeibeamte regelmäßig alle zwei Jahre
zu einem Stichtag zu beurteilen.
17 Dienstliche Beurteilungen können verwaltungsgerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Dabei ist
jedoch zu beachten, dass bei Erstellung der einzelnen Beurteilung dem Dienstherrn bzw. dem für ihn
handelnden jeweiligen Beurteiler eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt ist. Die maßgebende Beurteilung,
wie die Leistungen eines Beamten einzuschätzen sind und, ob und in welchem Grad der Beamte die für sein
Amt und für seine Laufbahn erforderliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der
Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis, der durch Dritte nicht in vollem
Umfang nachvollzogen oder gar ersetzt werden kann. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat
sich bei dienstlichen Beurteilungen deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung bei der dienstlichen
Beurteilung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat, ob sie die anzuwendenden Begriffe oder den
rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen
Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen
angestellt hat; sofern Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen
bestehen, überprüft das Gericht auch, ob sie eingehalten wurden und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen
in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356).
18 Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angegriffene dienstliche Beurteilung vom 13./27.04.2004 rechtlich
nicht zu beanstanden. Das nach Ziff. 5.1 VwV-Beurteilung Pol vorgesehene, in eine vorläufige und eine
endgültige Beurteilung gegliederte Beurteilungsverfahren wurde unstreitig eingehalten. Der Leiter der
Polizeidirektion Freiburg, vertreten durch KD ... hat gemäß Ziff. 5.1.2, 5.3 VwV-Beurteilung Pol die endgültige
Beurteilung festgesetzt.
19 Unerheblich ist, dass der Kläger in früheren Beurteilungen bessere Gesamtergebnisse erzielt hat. Denn ihnen
lagen die früher geltenden Beurteilungsrichtlinien (BRL-Pol) und damit ein anderer Beurteilungsmaßstab
zugrunde. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Dienstherr befugt ist, nach seinem Ermessen die
Beurteilungsmaßstäbe für die Zukunft zu ändern. Der Aussagegehalt der Noten ist dann zwar für die
verschiedenen Beurteilungszeiträume unterschiedlich. Ausschlaggebend ist jedoch die gleichmäßige
Anwendung des jeweils anzuwendenden Maßstabes auf alle - erstmals oder wiederholt - zu Beurteilenden;
auch wer früher bereits eine bessere Note erhalten hatte, ist für den neuen Beurteilungszeitraum an den neuen
Maßstäben zu messen, so dass er möglicherweise bei gleich gebliebener Leistung eine niedrigere Gesamtnote
erhält. Unter diesen Voraussetzungen bleibt auch bei veränderten Maßstäben der sachgerechte Vergleich der
Beamten untereinander unberührt. Eine solche Veränderung des Aussagegehalts der Noten bedeutet auch
keine gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht verstoßende rückwirkende Verschärfung der
Leistungsanforderungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.06.1980 - 2 C 13.79 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 18; VGH
Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2006 - 4 S 2087/03 - und Beschl. v. 12.07.2005 - 4 S 915/05 -, VBlBW 2006, 62).
Eine Vergleichbarkeit der hier streitgegenständlichen Beurteilung mit den früheren Beurteilungen ist nicht
gegeben, da die BRL-Pol und die VwV-Beurteilung Pol wesentlich unterschiedliche Bewertungssysteme
aufweisen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.2005 a.a.O.). Insbesondere ist der Beurteilungsmaßstab
unterschiedlich. Die BRL-Pol wiesen sechs Notenstufen von sehr gut (1) bis ungenügend (6) auf, während die
VwV-Beurteilung Pol nur fünf Notenstufen vorsieht. Dementsprechend ist auch die Textbeschreibung der
einzelnen Noten unterschiedlich. Darüber hinaus sind nach Ziff. 5.4 VwV-Beurteilung Pol Spitzensätze bzw.
Quoten für die höchsten Notenstufen vorgesehen. Danach ist bei der Festlegung der Gesamtbewertung der
Beurteilung für die Vergabe von 4,75 bis 5,00 Punkte ein Spitzensatz von bis zu 5 vom Hundert, für die
Vergabe von 4,25 bis 4,50 Punkten ein Spitzensatz von bis zu 10 vom Hundert und für die Vergabe von 4,00
ein Spitzensatz von bis zu 15 vom Hundert jeweils als Obergrenze bezogen auf die maßgebliche
Vergleichsgruppe zu berücksichtigen. Da nach dem alten Beurteilungssystem jedoch keine Orientierung an
solchen Richtwertvorgaben geboten war, verbietet sich auch deshalb eine „Übernahme“ der Bewertungen aus
früheren Beurteilungen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.09.2006 a.a.O. zur Beurteilungsrichtlinie für Richter
und Staatsanwälte vom 16.04.2002). Die Richtwerte dienen der Bildung leistungsgerecht abgestufter und
untereinander vergleichbarer Gesamturteile und sollen einer „Inflation“ guter Noten bzw. einer Tendenz
entgegen wirken, schon die Leistungen des großen Durchschnitts der Beurteilten mit überdurchschnittlich
klingenden Notenbezeichnungen und daher missverständlich zu kennzeichnen. Eine entsprechende Praxis bei
der Vergabe von Noten nach den BRL-Pol hat, wovon die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung
übereinstimmend ausgegangen sind, bestanden und war maßgeblicher Grund für die Änderung der
Beurteilungsrichtlinien und die Einführung von Spitzensätzen. Dementsprechend kann der Kläger aus der
Tatsache, dass er in früheren Beurteilungen die Note „sehr gut“ (1,25) erhalten hat, auch bei gleichbleibender
Einschätzung von Leistung und Befähigung nicht berechtigterweise die Erwartung herleiten, er werde auch
nach der VwV-Beurteilung Pol mit der Spitzennote eingestuft.
20 Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist die Bildung der Vergleichsgruppe nach Ziff. 5.4.1 VwV-Beurteilung
Pol. Danach sind die Vergleichsgruppen aus den Polizeibeamten der selben Laufbahn- und Besoldungsgruppe
zu bilden. Diesen Vorgaben hat die Polizeidirektion Freiburg genügt, indem sie alle Polizei- und
Kriminalhauptmeister mit und ohne Amtszulage zu einer Vergleichsgruppe zusammengefasst hat. Insgesamt
handelt es sich - wie sich aus der vom Beklagten vorgelegten Beurteilungsstatistik ergibt - um 171 Beamte.
Auch im Übrigen begegnet die Vergleichsgruppenbildung keinen rechtlichen Bedenken. Wie die Kammer in ihrer
Entscheidung vom 07. Juli 2005 (3 K 228/05) ausgeführt hat, dient die in § 115 Abs. 1 Satz 1 LBG
vorgesehene regelmäßige Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Landesbeamten
einmal der optimalen Verwendung eines jeden Beamten. Daneben sollen die dienstlichen Beurteilungen aber
auch die Grundlage für eine Auslese der Beamten nach Eignung, Leistung und Befähigung sein. Dieser Zweck
der dienstlichen Beurteilung verlangt, dass solche Beamte zu einer Vergleichsgruppe zusammengefasst
werden, an die im Gesamtergebnis gleiche Anforderungen gestellt werden. Dem entsprechen die
Bestimmungen über die Vergleichsgruppenbildung in Ziffer 5.4.1 VwV-Beurteilung Pol. Die zwangsläufig
unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Dienstposten an Leistung und Befähigung der einzelnen
Beamten sind nicht bei der Vergleichsgruppenbildung, sondern im Beurteilungsverfahren durch den
individuellen Vergleich mit den anderen Vergleichsgruppenmitgliedern zu berücksichtigen. Dem dient
insbesondere die Beurteilungskonferenz (Ziffer 5.3.2 VwV-Beurteilung Pol).
21 Nicht zu beanstanden sind auch die in Ziffer 5.4 VwV-Beurteilung Pol geregelten Spitzensätze. Diese sind zu
berücksichtigen, um eine einheitliche Anwendung des Bewertungsmaßstabs und eine Vergleichbarkeit der
Beurteilung von Polizeibeamten sicherzustellen, und gelten ab einer Vergleichsgruppe von mindestens 25
Personen. Da die in Frage kommende Vergleichsgruppe im vorliegenden Fall aus 171 Personen besteht, ist
nach Ziffer 5.4.2 bei der Festlegung der Gesamtbewertung für die Vergabe von 4,75 bis 5,00 Punkte ein
Spitzensatz von bis zu 5 vom 100, für die Vergabe von 4,25 bis 4,50 Punkte ein Spitzensatz von bis zu 10
vom 100 und für die Vergabe von 4,00 Punkten ein Spitzensatz von bis zu 15 vom 100 jeweils als Obergrenze
zu berücksichtigen.
22 Die Festlegung dieser Richtwerte ist rechtlich zulässig. Keine Anwendung findet § 41 a BLV. Denn die
Bundeslaufbahnverordnung erstreckt sich lediglich auf Bundesbeamte (vgl. Fürst, GKÖD, § 15 BBG, Rn. 7).
Die VwV-Beurteilung Pol ist daher nicht an den nach § 41 a BLV einzuhaltenden Richtwerten zu messen.
Durch die Richtwerte werden die Beurteiler nicht angehalten, die Note unter Heranziehung sachwidriger
Erwägungen zu bilden (BVerwG, Beschl. v. 03.07.2001 - A 1 WB 17.01 -, Buchholz 236.11 § 1 a SLV Nr. 16,
und Urt. v. 24.11.2005 a.a.O.). Die Richtwerte bestimmen das anteilige Verhältnis der drei Notenstufen 4,00
Punkte, 4,25 bis 4,50 Punkte sowie 4,75 bis 5,00 Punkte. Mittels der so vorweg bestimmten Häufigkeit, mit der
diese (besten) Noten vergeben werden sollen, verdeutlicht und konkretisiert der Beklagte den Aussagegehalt,
den er den in der Notenskala umschriebenen Noten des Gesamturteils beimisst. Zu einer solchen
Konkretisierung ist er ebenso befugt wie zur Festlegung der Maßstäbe, nach denen die Noten vergeben werden
sollen. Durch die Festlegung von Richtsätzen mit dem Ziel, angemessene Quoten für die einzelnen
Gesamtnoten zu erreichen, wird der Charakter der dienstlichen Beurteilung als einer vergleichenden Beurteilung
aller Beamten einer Laufbahn- und Besoldungsgruppe betont, ohne dass andererseits die individuelle
Beurteilung der einzelnen Beamten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vernachlässigt oder
beseitigt würde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.07.2001 a.a.O.). Dies wird verdeutlicht durch Satz 2 in Ziffer 5.4.2
VwV-Beurteilung Pol, wonach die Spitzensätze als Orientierungsrahmen gelten und im Einzelfall eine dem zu
beurteilenden Polizeibeamten gerecht werdende Gesamtbewertung mit der jeweils zutreffenden Punktzahl nicht
verhindern dürfen.
23 Die hier herangezogene Vergleichsgruppe von 171 Polizei-/Kriminalhauptmeistern ist auch hinreichend groß
und homogen i. S. d. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 24.11.2005 a.a.O.; VGH
Bad.-Württ., Urt. v. 04.02.1988 - 4 S 2322/87 -, VBlBW 1988, 480; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung
der Beamten und der Richter, Band 2, Stand April 2006, Rn. 414 ff). Auf die Frage, ob die in Ziffer 5.4.1 VwV-
Beurteilung Pol geforderte Mindestgröße von 25 Personen - wie vom Kläger angenommen - nicht zur Bildung
einer hinreichend großen Vergleichsgruppe genügt, kommt es aufgrund der Zahl der hier herangezogenen
Gruppe von 171 Beamten nicht an.
24 Entgegen dem Vorbringen des Klägers kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sein Arbeitsgebiet
besondere Bedeutung und Schwierigkeiten aufweist und dieser Umstand in der dienstlichen Beurteilung nicht
hinreichend gewürdigt wurde. Der Beklagte weist darauf hin, dass die dem Kläger zugewiesene Betreuung der
Bevölkerungsgruppen der ... und der ... - etwa im Vergleich zu den den übrigen beim Polizeiposten ...-...
bestehenden Tätigkeitsfeldern - nicht in besonderem Maße anspruchsvoll sei. Nicht ersichtlich ist, dass der
Beklagte bei dieser Einschätzung von unrichtigen Tatsachen ausgeht.
25 Der Beklagte ist auch - entgegen dem Vorbringen des Klägers - nicht von der VwV-Beurteilung Pol abgewichen,
indem im Beurteilungsverfahren zwingend vorgegeben wurde, dass eine Durchschnittsnote von 3,49 Punkten
nicht überschritten werden dürfe oder gar genau zu erzielen sei. Zwar mag es gewisse Hinweise für eine
entsprechende Praxis im Zuständigkeitsbereich anderer Polizeidirektionen in Baden-Württemberg hinsichtlich
der Beurteilungsrunde 2004 gegeben haben (vgl. das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Hauptpersonalrats-
Polizei vom Juli 2004 sowie das dort zitierte Schreiben des Landespolizeipräsidenten ... vom 21.05.2004). Die
von der Kammer in der mündlichen Verhandlung durchgeführte Beweisaufnahme ergab jedoch nicht, dass im
Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg bei der Beurteilungsrunde 2004 die für die
Gesamtbewertung maßgeblichen Personen, das heißt die die vorläufige Beurteilung erstellenden Beurteiler
sowie der für die endgültige Beurteilung zuständige Leiter der Beurteilungskonferenz einer Vorgabe, wonach ein
Notendurchschnitt strikt einzuhalten sei oder nicht überschritten werden dürfe, gefolgt sind. Der Zeuge POR ...,
der die vorläufige Beurteilung des Klägers erstellt hat, hat vielmehr glaubhaft in der mündlichen Verhandlung
angegeben, dass ihm vom Leiter der Beurteilungskonferenz nicht aufgegeben wurde, sich strikt an eine
Durchschnittsnote zu halten, und dass er auch selbst gegenüber den Beurteilungsberatern keine
entsprechenden Vorgaben gemacht hat. Eindringlich hat er seine bereits in den Gesprächen mit den
Beurteilungsberatern unternommenen Bemühungen um leistungsgerecht abgestufte und an den neuen
Beurteilungsmaßstäben der VwV-Beurteilung Pol ausgerichtete Beurteilungen geschildert. Dabei wurde
deutlich, dass er sich auch nicht freiwillig einer - wie auch immer gearteten - Schnittvorgabe unterworfen hat,
sondern im Sinne der Ausrichtung an einem „Zielpunkt“ bzw. „Orientierungspunkt“ davon ausgegangen ist, dass
die Vergabe von 4 Punkten (= 3,50 bis 4,49) erst bei überdurchschnittlichen Leistungen gerechtfertigt ist.
Ausdrücklich fügte er hinzu, er wäre auch mit einem höheren Schnitt als 3,49 in die Beurteilungskonferenz
gegangen, sofern sich dieses Ergebnis nach sorgfältiger individueller Beurteilung der einzelnen Polizeibeamten
ergeben hätte. Die Kammer hat keinerlei Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser schlüssigen und
widerspruchsfreien Angaben. Es mag sein, dass einzelne Beurteilungsberater Äußerungen des POR ... i. S.
einer Schnittvorgabe missverstanden haben. Auch beim Zeugen POK ... war dies - wie seine Aussage in der
mündlichen Verhandlung ergeben hat - allem Anschein nach der Fall. Seine Angaben waren jedoch eher vage
und daher nicht geeignet, die Überzeugungskraft der Aussage des POR ... in Frage zu stellen. Seine
Erinnerung an den Inhalt der Gespräche mit POR ... blieb blass. An bestimmte Formulierungen vermochte er
sich nicht mehr zu erinnern. Auch erscheint es naheliegend, dass der von POR ... gegebene Hinweis, dass
eine Note von mindestens 3,50 Punkten erst bei - zusammengefasst ausgedrückt - überdurchschnittlichen
Leistungen gerechtfertigt ist, vom Zeugen POK ..., der sich allem Anschein nach nicht in gleicher Weise
intensiv mit den neuen Beurteilungsrichtlinien auseinandergesetzt hat, dahingehend missverstanden wurde,
dass eine Durchschnittsnote von 3,49 Punkten nicht überschritten werden solle.
26 Auch die vom Beklagten vorgelegte Beurteilungsstatistik weist nicht darauf hin, dass die Beurteiler und der
Leiter der Beurteilungskonferenz einer Schnittvorgabe gefolgt sind. Die Behauptung des Klägers, in seiner
Vergleichsgruppe sei in sämtlichen Revieren im Bereich der Polizeidirektion Freiburg zum Stichtag 01.03.2004
exakt ein Notendurchschnitt von 3,49 Punkten erzielt worden, ist durch die Statistik widerlegt. Das Spektrum
der Durchschnittsnoten in den Revieren und sonstigen Dienstgruppen reicht vielmehr von 3,409 bis 3,875. In
zwei von zehn Revieren bzw. Dienstgruppen wurde der vermeintliche Höchstschnitt überschritten. Dies zeigt,
dass entgegen der Behauptung des Klägers revierbezogen keine Schnittvorgabe existiert haben kann. Dass
sich der Gesamtdurchschnitt auf 3,499 Punkte beläuft, ist nach Auffassung der Kammer kein Indiz für die
angebliche Bindung an eine Höchstdurchschnittsnote, sondern ein (zufälliges) Ergebnis, das wohl die
Vermutung unter den Polizeibeamten, es sei auf die strikte Einhaltung einer Durchschnittsnote von 3,49
Punkten geachtet worden, geschürt, möglicherweise sogar geweckt hat. Nach alledem ist die Kammer davon
überzeugt, dass in der Vergleichsgruppe des Klägers in der Beurteilungsrunde 2004 keine zwingende Vorgabe
hinsichtlich eines einzuhaltenden Notendurchschnittes vom Leiter der Beurteilungskonferenz oder vom
Beurteiler gemacht wurde oder dass diese einer solchen - selbstempfundenen oder diktierten - Vorgabe gefolgt
sind.
27 Die Kammer sieht auch die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger angeregte Vernehmung weiterer
Zeugen, die wohl ebenfalls als Beurteilungsberater fungiert haben, nicht als erforderlich an. Es mag sein, dass
eine Beweisaufnahme ergäbe, dass auch diese Äußerungen des POR ... i. S. einer Schnittvorgabe
(miss)verstanden haben. Dies würde jedoch nicht belegen, dass die für die Gesamtbeurteilung maßgeblichen
Personen, die Vorbeurteiler und der Leiter der Beurteilungskonferenz, der Vorgabe, einen Notendurchschnitt
von 3,49 nicht zu überschreiten, gefolgt sind. Das bei Beurteilungsberatern aufgetretene Missverständnis hätte
jedoch keine Auswirkungen auf die Beurteilung des Klägers gehabt. Zum einen werden als Zeugen nicht die
Beurteilungsberater des Klägers benannt. Zum anderen hätte sich eine Schnittvorgabe allein an die Beurteiler,
die die vorläufigen Beurteilungen erstellt haben, und an den Leiter der Beurteilungskonferenz, der für die
endgültigen Beurteilungen zuständig war, richten können. Für die Beurteilungsberater, die einen
Beurteilungsbeitrag nur hinsichtlich einzelner einer bestimmten Vergleichsgruppe angehörender Beamter zu
leisten hatten, war die vermeintliche Schnittvorgabe jedoch irrelevant. Dies wurde etwa von POK ...
eingeräumt, indem er darauf hinwies, dass er Beurteilungsbeiträge nur hinsichtlich zweier Beamter der
Besoldungsgruppe A 8 zu leisten hatte. Soweit in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten - und nur noch
als Beweisanregung aufrechterhaltenen - „Beweisantrag“ ausgeführt wurde, die einzelnen Postenführern hätten
die für „ihre“ Beamte unterbreiteten Notenvorschläge nach unten korrigiert, handelt es sich um einen Vorgang,
der auch von POR ... in seiner Aussage geschildert wurde. Dies allein weist jedoch nicht darauf hin, dass POR
... die Einhaltung eines Notendurchschnittes von 3,49 Punkten angestrebt hat. Dieser hat in der mündlichen
Verhandlung angegeben, dass einzelne Postenführer noch im alten Beurteilungssystem haften geblieben seien
und deshalb eine „Korrektur“ der ersten Note erforderlich geworden sei. Letztlich seien alle Postendienstleiter
mit der schließlich vergebenen Note der einzelnen Beamten einverstanden gewesen. Auch insoweit waren die
Angaben des Zeugen POR ... aus Sicht der Kammer überzeugend. Auch gibt die Aussage des Zeugen POK ...
nichts dafür her, dass die Beurteilungsvorschläge einer Schnittvorgabe angepasst wurden.
28 Darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die vermeintliche Schnittvorgabe beim Kläger
ausgewirkt haben könnte. Soweit im „Beweisantrag“ (erstmals) behauptet wurde, auch der Kläger sei im
Beurteilungsverfahren von einer „Korrektur“ der Note nach unten betroffen gewesen, widerspricht dies der
Aussage des Zeugen POR ..., der in der mündlichen Verhandlung eindeutig erklärt hat, der Kläger sei
sozusagen ein klarer Fall gewesen. Der erste Notenvorschlag habe bis zur Beurteilungskonferenz Bestand
gehabt. Dem hat der Kläger nichts entgegengesetzt. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass die
vermeintliche Schnittvorgabe Einfluss auf die Beurteilung des Klägers gehabt haben kann.
29 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.