Urteil des VG Freiburg vom 12.06.2006

VG Freiburg: Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, sexuelle handlung, verfügung, ermittlungsverfahren, behandlung, beleidigung, profil, wiederholungsgefahr

VG Freiburg Urteil vom 12.6.2006, 1 K 150/04
Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen
Tenor
Die Verfügung der Polizeidirektion ...-... vom 4.11.2003 und der Widerspruchsbescheid der Landespolizeidirektion ... vom 18.12.2003 werden
insoweit aufgehoben, als gegenüber dem Kläger zwecks erkennungsdienstlicher Behandlung die Anfertigung von Finger- und
Handflächenabdrücken, Fotos von besonderen körperlichen Merkmalen und die Erhebung und Beschreibung der körperlichen Merkmale
angeordnet wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und das beklagte Land jeweils die Hälfte.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen.
2
Der am ....1954 geborene Kläger ist Frührentner leidet an einer depressiven Erkrankung und an einer Alkoholkrankheit. Er steht unter Betreuung
seiner Schwester A. K.. Mit dieser und der pflegebedürftigen Mutter der beiden Geschwister lebt er auf dem landwirtschaftlichen Anwesen B. Weg
1. A. K. ist seit Februar 2001 von R. K. geschieden, der das alleinige Sorgerecht über die 7 gemeinsamen Kinder hat. R. K. bewirtschaftete bis
Sommer 2004 zusammen mit seinen Kindern den landwirtschaftlichen Teil des Anwesens B. Weg 1, zu dessen Räumung er bereits durch Urteil
des Landwirtschaftsgerichts ... vom 25.10.2002 (rechtskräftig seit Oktober 2003) verurteilt worden war.
3
Im August 2003 erstattete R. K. gegen den Kläger Anzeige, weil der Kläger in Anwesenheit seiner Kinder die mit Kot beschmutzte Hose
heruntergelassen habe und ferner mit nacktem Oberkörper und offenem Hosenladen herumgelaufen sei, aus dem das Geschlechtsteil
herausgeschaut habe. Die Staatsanwaltschaft ... leitete daraufhin mit Verfügung vom 26.8.2003 ein Ermittlungsverfahren ein. Anlässlich ihrer im
Oktober 2003 erfolgten Zeugenvernehmung gaben die Kinder C. (damals 16 Jahre), R. (damals 13 Jahre) und A. (damals 9 Jahre) an, der Kläger
habe sich in ihrem Beisein öfters mit nacktem Oberkörper und offenem Hosenladen mit heraushängendem Glied gezeigt. Auch habe er die Hose
heruntergelassen und seine verschmutzte Unterhose sowie sein Hinterteil gezeigt. Angefasst oder bedrängt worden seien sie vom Kläger
hingegen nie, ebenso habe dieser keine Manipulationen an seinem Geschlechtsteil durchgeführt.
4
Mit Verfügung vom 4.11.2003 forderte die Polizeidirektion ...-... den Kläger auf, sich bis spätestens 19.12.2003 einzufinden und
erkennungsdienstlich durch Anfertigung von
5
- Finger- und Handflächenabdrücken,
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- dreiteiligen Fotos (Profil, Halbprofil und Frontalaufnahme),
7
- Ganzaufnahmen,
8
- Fotos von besonderen körperlichen Merkmalen sowie die
9
- Erhebung und Beschreibung der körperlichen Merkmale
10 behandeln zu lassen. Gleichzeitig wurde dem Kläger für den Fall, dass er der Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist und nach Bestandskraft
der Verfügung keine Folge leiste, ein Zwangsgeld in Höhe von 250 EUR angedroht. Zur Begründung wurde, gestützt auf § 81 b 2. Alternative
StPO, ausgeführt, der Kläger sei Beschuldigter eines durch die Staatsanwaltschaft ... geführten Ermittlungsverfahrens wegen exhibitionistischer
Handlungen. Nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen sei von einer sexuellen Motivation auszugehen und es könne auch ein einmaliges
Fehlverhalten ausgeschlossen werden. Der Umstand, dass der Kläger allein stehend und ohne festen Sexualpartner sei, zeige, dass er über
keine engen familiären Bindungen verfüge. Als Frührentner habe er insbesondere auch zu Tageszeiten frei, an denen Kinder sich häufig in der
Öffentlichkeit ohne Aufsicht aufhielten. Es bestünden deshalb hinreichende Gründe dafür, dass er als Verdächtiger auch zukünftig in den Kreis
potenzieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden Straftat einbezogen werden könne. Für diesen Fall seien die anzufertigenden Unterlagen
geeignet, Ermittlungen und Aufklärung zu fördern.
11 Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2003 (zugestellt am 23.12.2003) wies die Landespolizeidirektion ... den vom Kläger am 13.11.2003
erhobenen Widerspruch zurück.
12 Der Kläger hat am 20.1.2004 Klage erhoben. Er trägt vor, es handle sich um haltlose Anschuldigungen seitens Herrn K. und seiner Kinder. Der
Grund hierfür seien die schwerwiegenden familiären Streitigkeiten zwischen den geschiedenen Eheleuten K.. Aufgrund dieser Streitigkeiten
gehe er Herrn K. sowie den Kindern möglichst aus dem Weg. Selbst wenn man die Aussagen der Kinder als richtig unterstellte, könne nicht auf
eine triebgesteuerte Motivation seiner Verhaltensweisen geschlossen werden. Im übrigen fehle es an einer Wiederholungsgefahr, weil Herr K.
und seine Kinder den Hof räumen bzw. verlassen müssten, und es folglich ausgeschlossen sei, dass er mit ihnen noch in Kontakt komme.
13 Der Kläger beantragt,
14 den Bescheid der Polizeidirektion ...-... vom 4.11.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... - Landespolizeidirektion ... -
vom 18.12.2003 aufzuheben.
15 Das beklagte Land beantragt,
16 die Klage abzuweisen.
17 Es bezieht sich auf Ausgangs- und Widerspruchsbescheid und fügt hinzu, die vorhandenen Feststellungen ließen zumindest erkennen, dass das
Verhalten des Klägers auch den Verdacht auf eine tatbestandsmäßige Beleidigung begründe, so dass es auch zukünftig zu Beleidigungen und
entsprechenden Anzeigen kommen könne. Es sei nämlich wahrscheinlich, dass andere Personen, denen der Kläger in entsprechender Art und
Weise gegenübertrete, dies als beleidigend empfänden und Strafantrag stellten Allerdings könne eine Sexualbezogenheit der Handlungen des
Klägers ebenfalls nach wie vor nicht völlig ausgeschlossen werden. Er sei mehrfach an verschiedenen Tagen den drei Kindern seiner Schwester
teilweise nackt gegenübergetreten und habe hierdurch ein erheblich von der Norm abweichendes Verhalten gezeigt. Daran ändere auch nichts,
dass die Familie schon jahrelang in Streitigkeiten lebe und der Grund für die Anzeige möglicherweise auch in diesem Konflikt zu suchen sei.
18 Währen des gerichtlichen Verfahrens stellte die Staatsanwaltschaft ... mit Verfügung vom 11.6.2004 das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger
gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. In der Begründung wurde ausgeführt, das Entblößen des Hinterteils stelle weder eine exhibitionistische Handlung
noch eine sexuelle Handlung dar. Für eine Beleidigung sei zu wenig dargetan, im übrigen fehle es am Strafantrag. Der Beschuldigte stehe
wegen seines psychischen Zustands unter Betreuung und habe anscheinend ein Alkoholproblem, so dass es durchaus plausibel erscheine,
dass er sich lediglich nachlässig und ohne irgendeine sexuelle Motivation kleide.
19 Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (ein Heft
Verwaltungsakten der Polizeibehörden sowie ein Heft Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft ..., Az. 33 Js 18612/03) Bezug genommen. Das
Gericht hat die Schwester und Betreuerin des Klägers, Frau A. K., sowie ihren ehemaligen Ehemann, Herrn R. K., als Zeugen vernommen; wegen
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
20 Die zulässige Anfechtungsklage ist nur teilweise begründet. Nur insoweit, als dem Kläger die Duldung der Anfertigung von Finger- und
Handflächenabdrücken, von Lichtbildern von besonderen körperlichen Merkmalen sowie die Erhebung und Beschreibung körperlicher
Merkmale aufgegeben wurde, ist die angefochtene Verfügung rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Soweit es hingegen um die Anfertigung sonstiger Lichtbilder (Profil, Halbprofil, Frontalaufnahme und Ganzaufnahme) geht und dem Kläger ferner
ein Zwangsgeld angedroht wurde, ist die Verfügung nicht zu beanstanden.
21 Gestützt auf die einschlägige Rechtsgrundlage des § 81 b 2. Alternative StPO, durfte die Polizeidirektion ...-... (zu ihrer Zuständigkeit vgl. §§ 20,
36, 60 Abs. 3, 70, 71 PolG, §§ 24 bis 26 DVO PolG) eine erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers dem Grunde nach anordnen. In formell-
rechtlicher Hinsicht fehlte es zunächst zwar an einer vorherigen Anhörung. Der Kläger konnte seine Einwendungen jedoch im
Widerspruchsverfahren vorbringen und der Widerspruchsbescheid ist hierauf auch eingegangen, sodass ein entsprechender Verfahrensfehler
geheilt ist (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 LVwVfG).
22 Nach § 81 b 2. Alternative StPO können Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und
Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit dies für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist.
Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist daher, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den
Betroffenen schwebt; nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung ergehen. Allerdings wird ihre Rechtmäßigkeit
nicht dadurch berührt, dass der Betroffene nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und vor dem Vollzug des Verwaltungsakts die
Beschuldigteneigenschaft verliert. Die angeordneten Maßnahmen müssen schließlich notwendig sein. Die erkennungsdienstliche Behandlung
nach § 81 b 2. Alt. StPO soll vorsorgend sächliche Hilfsmittel für die Erforschung und Aufklärung von Straftaten bereitstellen. Dementsprechend
bemisst sich ihre Notwendigkeit danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellt
wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene in
den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die
erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen letztlich überführend oder entlastend - fördern
könnten. Solche Unterlagen bzw. Daten müssen wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerade auch für die Aufklärung solcher Straftaten
geeignet und erforderlich sein, für die im konkreten Fall eine Wiederholungsgefahr begründet werden kann. Hinsichtlich der Notwendigkeit der
Maßnahmen kommt es dabei nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme
dieser Maßnahmen an, so dass im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der streitigen Anordnung auf den Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen ist (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29/79 - NJW 1983, 772; vgl.
ferner aus jüngerer Zeit: BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 - 6 C 2/05 - NJW 2006, 1225 sowie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 -
VENSA).
23 Die Voraussetzungen für eine erkennungsdienstliche Behandlung (zur Bestimmtheit aller angeordneten Maßnahmen vgl. auch § 36 Abs. 2 PolG)
liegen dem Grunde nach vor. Der Kläger war bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens Beschuldigter einer Straftat (Belästigung durch
exhibitionistische Handlungen bzw. Erregung öffentlichen Ärgernisses, vgl. §§ 183, 183 a StGB). Dieses (strafrechtliche) Anlassverfahren, aus
dem sich die Notwendigkeit einer ED-Behandlung herleiten lassen muss, hat ein erheblich von der Normalität abweichendes Verhalten des
Klägers ergeben. Bereits der - offenkundige bzw. unstreitige - Umstand, dass der Kläger (mit der Folge einer bereits dreijährigen, notwendigen
Betreuung) depressiv erkrankt ist und ferner an einer Alkoholkrankheit leidet, ließen das beklagte Land insoweit zu Recht die Prognose stellen,
er könne grundsätzlich auch künftig in Straftatverdacht geraten. Beim Kläger handelt es sich um eine Person, die mit ihrer eigenen Pflege
überfordert ist und deshalb - zumindest teilweise - zu Verwahrlosungszuständen (schmutzige Wäsche, unvollständige bzw. unvollständig
geschlossene Bekleidung) neigt. Mit einem solchen Verhalten ist auch in Zukunft zu rechnen und zwar, nachdem das Anwesen des Klägers nicht
im „völligen Abseits“ liegt, auch öffentlichkeitswirksam (Wanderer, Hofbesucher). Dritte aber können bei einem Anblick des Klägers, wenn er sich
in verwahrlostem Bekleidungszustand befindet, durchaus mehr als (nur) irritiert, so nämlich vielmehr auch mit dem Gefühl einer Ehrverletzung
reagieren, sodass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung ernsthaft in Betracht kommen kann. Für diesen Fall aber ist die
Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen insoweit notwendig, als es um von der Person des Klägers gefertigte Lichtbilder - Profil,
Halbprofil und Frontal- sowie Ganzaufnahme - geht, die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren dann zweifellos fördern, weil der Kläger
(optisch) identifiziert werden kann. Diese Erwägungen hat das beklagte Land zwar nicht im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid angestellt,
jedoch im Lauf des gerichtlichen Verfahrens in zulässiger, ergänzender Weise eingeführt (§ 114 Satz 2 VwGO). Die Anordnung weitergehender
erkennungsdienstlicher Maßnahmen (Anfertigung von Finger- und Handflächenabdrücken, Fotos von besonderen körperlichen Merkmalen
sowie Erhebung und Beschreibung körperlicher Merkmale) ist hingegen nicht notwendig, weil sie auf künftige Ermittlungen wegen Straftaten
gegen die sexuelle Selbstbestimmung abzielen, ohne dass insoweit jedoch zu Lasten des Klägers Anhaltspunkte für eine mögliche
Wiederholungsgefahr bestehen.
24 Diese im vorigen Abschnitt dargelegte Überzeugung hat das Gericht auf Grund der mündlichen Verhandlung bzw. der dort erfolgten
Beweisaufnahme gewonnen. Die Vernehmung der beiden Zeugen A.K. und R. K. hat die tiefe Zerstrittenheit und Unversöhnlichkeit der
ehemaligen Ehegatten gezeigt. Allerdings ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger nicht dergestalt Opfer dieses Konflikts wurde, dass er
seitens des Zeugen R. K. und seiner Kinder falsch angeschuldigt geworden wäre. Die Zeugin A. K. hat selbst eingeräumt, dass der Kläger mit
schmutziger Kleidung und „manchmal gerne auch ohne Unterhemd“ herumläuft. Sie hat selbst nicht behauptet, dass sie ihn vor einem Abgleiten
in vorübergehend verwahrloste Zustände stets und verlässlich abhalten kann. Im übrigen hat die Zeugin auf das Gericht auch nicht den Eindruck
gemacht, dass sie, die selbst Rentnerin und gesundheitlich angeschlagen ist, ihren Bruder lückenlos und ständig kontrollieren könnte; dem hätte
auch der Umstand entgegen gestanden, dass sie auch zusätzlich noch ihre pflegebedürftige Mutter versorgt.
25 Der Zeuge R. K. hat das äußerlich Erscheinungsbild des Klägers, welches zum strafrechtlichen Ermittlungsverfahren geführt hat, durchaus
überzeugend und erkennbar auch aus seiner eigenen Wahrnehmung heraus beschrieben. Von daher hat das Gericht letztlich auch keinen
Zweifel, dass die Aussagen seiner Kinder im Ermittlungsverfahren aus der Luft gegriffen gewesen sein könnten. Auffällig war, dass der Zeuge bei
seiner Aussage den Kläger - seinen ehemaligen Schwager - in keiner Weise herabwürdigen oder abfällig darstellen wollte. Auch das spricht
dafür, dass er seinen ehemaligen Schwager so beschrieben hat, wie er ihn noch zu Zeiten seiner Anwesenheit auf dem Hof immer mal wieder
erlebte. Dass es sich beim Kläger damit jenseits seiner depressiven Erkrankung und Alkoholproblematik um einen triebgesteuerten Menschen
handelte, schließt das Gericht aus. Nicht nur das Ergebnis des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, sondern auch die Beweisaufnahme vor
dem Verwaltungsgericht haben nichts dafür ersichtlich gemacht, der Kläger lege auffällige Verhaltensweisen, wie insbesondere
exhibitionistische Handlungen an den Tag. Solche Handlungen hätten vorausgesetzt, dass er einem anderen (regelmäßig einer Frau oder einem
Kind) gegenüber ohne dessen Einverständnis und vielfach überraschend seinen entblößten Geschlechtsteil vorzeigt, um sich entweder allein
dadurch oder durch die Beobachtung der Reaktion des anderen sexuell zu erregen, seine sexuelle Erregung zu steigern oder zu befriedigen
(Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch [27. Auflage 2006], Rn 3). Davon kann jedoch nach allen tatsächlichen Feststellungen
nicht die Rede sein. Das Gericht hat vielmehr die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger auf Grund Depression und Alkoholproblematik
erheblich in seiner persönlichen Leistungsfähigkeit geschwächt ist und deshalb zu teilweise verwahrlosten Zuständen neigt. Er war im August
2003 dergestalt in den Konflikt zwischen seiner Schwester und deren ehemaligem Ehemann sowie den gemeinsamen Kindern geraten, dass er
von letzteren besonders kritisch - weil „im Lager“ der Zeugin A. K. stehend - in einer Zeit wahrgenommen wurde, als die Trennung der Familie
bereits irreparabel vollzogen war, in der es wegen einer Weiterbewirtschaftung des gemeinsamen Anwesens durch den Zeugen R. K. und seine
Kinder jedoch gleichwohl immer wieder zu Kontakten zwischen den entzweiten Parteien kam.
26 Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung ist die Anfechtungsklage unbegründet. Die Androhung des Zwangsmittels beruht auf §§ 49 Abs. 1 PolG,
1, 2, 4, 20, 19 Abs. 1 Nr. 1, 23 LVwVG. Auch wenn der Grundverwaltungsakt (Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen) weder
bestandskräftig noch sofort vollziehbar war, durfte er unter der Bedingung seiner Unanfechtbarkeit mit der Zwangsgeldandrohung versehen
werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Großer Senat, Beschl. vom 1.8.1980 - GrS 1/80 - VBlBW 1981, 14). Hinsichtlich der Zwangsmittelauswahl bestehen
ebenso wenig rechtliche Bedenken wie hinsichtlich der Höhe des Zwangsgeldes. Die Höhe ist nach pflichtgemäßem Ermessen unter
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Dabei werden regelmäßig - im Sinne eines intendierten und hier folglich auch
keine nähere Begründung erfordernden Entscheidungsprogramms - die Dringlichkeit und Bedeutung der Angelegenheit, etwaiges bisheriges
Verhalten des Pflichtigen sowie seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit herangezogen. Angesichts der (zulässigen) Höchstgrenze des
Zwangsgeldes (50.000 EUR) ist der Betrag von 250 EUR im unteren Bereich festgesetzt worden und nicht zu beanstanden; auch der Kläger hat
insoweit nichts Näheres vorgebracht. Rechtlich bedenklich wird diese Festsetzung schließlich auch nicht etwa dadurch, dass der
Grundverwaltungsakt auf Grund gerichtlicher Erkenntnis teilweise aufzuheben ist. Anhaltspunkte dafür, die Behörde habe in diesem Fall einen
geringeren Zwangsgeldbetrag wählen wollen oder gar müssen, gibt es mit Blick auf die (unteilbare) Beugefunktion des Zwangsmittels und
wegen seiner von Anfang an nur geringen Höhe nicht.
27 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; das Gericht keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2
VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor, weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieses
Urteils folgendes gilt: