Urteil des VG Freiburg vom 14.09.2009

VG Freiburg (aufenthaltserlaubnis, vater, antrag, vorläufiger rechtsschutz, mutter, vietnam, vorschrift, trennung, emrk, aug)

VG Freiburg Beschluß vom 14.9.2009, 4 K 1283/09
Aufenthaltserlaubnis für ein in Deutschland geborenes Kind ausländischer Eltern
Leitsätze
Der Antrag eines im Bundesgebiet geborenen Kindes kann nach § 81 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eine gesetzliche
Erlaubnisfiktion auslösen.
Bei der Ermessensentscheidung nach § 33 Satz 1 AufenthG darf die Ausländerbehörde prüfen und in ihre
Überlegungen einbeziehen, wie sicher und dauerhaft das Aufenthaltsrecht des Elternteils ist, der einen der in
dieser Vorschrift genannten Aufenthaltstitel besitzt.
Die Ausländerbehörde ist des Weiteren im Rahmen ihrer Ermessensausübung berechtigt, die Erteilung der
Aufenthaltserlaubnis wegen Nichtvorliegens der allgemeinen (Regel )Erteilungsvoraussetzungen in § 5 Abs. 1 und
2 AufenthG zu versagen.
Das Verhältnis eines (hier knapp fünf Monate alten) Kindes zu seinem sorgeberechtigten Vater und umgekehrt fällt
bei einer gelebten familiären Beziehung zwischen beiden auch dann unter den Schutz von Art. 6 Abs. 1 und 2 GG,
wenn zwischen dem Vater und der Mutter des Kindes keine eheliche Lebensgemeinschaft besteht. Das schließt
aber eine vorübergehende Trennung des Kindes vom Vater für die Dauer des Visumverfahrens der Mutter
regelmäßig nicht aus.
Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
1.
1, auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Versagung der
Aufenthaltserlaubnis im Bescheid des Landratsamts L. vom 09.07.2009, ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
statthaft und auch sonst zulässig, weil der von ihrer Prozessbevollmächtigten am 29.04.2009 gestellte Antrag
auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 AufenthG eine gesetzliche
Erlaubnisfiktion ausgelöst hat ( vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.03.2005, NJW 2005, 1529; VG
Freiburg, Beschluss vom 03.06.2008, AuAS 2008, 182, m.w.N.; OVG NW, Beschluss vom 07.10.2008,
InfAuslR 2009, 23; zur Bedeutung der Erlaubnisfiktion für die Statthaftigkeit von Anträgen nach § 80 Abs. 5
VwGO gegen die Versagung von Aufenthaltserlaubnissen siehe VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.11.2007,
InfAuslR 2008, 81 ). Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg.
2
Das öffentliche Interesse an der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen
Versagungsentscheidung überwiegt das private Interesse der Antragstellerin Ziff. 2 an einem vorläufigen
Aufschub der Wirkungen dieser Verfügung. Dies folgt daraus, dass nach der im Verfahren auf Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und
Rechtslage aller Voraussicht nach davon auszugehen ist, dass die im angegriffenen Bescheid des
Landratsamts L. ergangene Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis rechtlich nicht zu beanstanden
ist.
3
Die Antragstellerin Ziff. 2 beruft sich, da die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis nach der für den Kindernachzug maßgeblichen Vorschrift des § 32 AufenthG - unstreitig -
nicht gegeben sind, für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf § 33 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann
einem Kind, das im Bundesgebiet geboren wird, abweichend von den §§ 5 und 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG von
Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine
Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzt. Wenn zum Zeitpunkt der Geburt
beide Elternteile oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine
Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzen, wird dem im Bundesgebiet
geborenen Kind die Aufenthaltserlaubnis von Amts wegen erteilt. Der Aufenthalt eines im Bundesgebiet
geborenen Kindes, dessen Mutter oder Vater zum Zeitpunkt der Geburt im Besitz eines Visums ist oder sich
visumfrei aufhalten darf, gilt bis zum Ablauf des Visums oder des rechtmäßigen visumfreien Aufenthalts als
erlaubt.
4
Da nur ein Elternteil, nämlich der (mutmaßliche) Vater der Antragstellerin Ziff. 2, eine Aufenthaltserlaubnis
besitzt, kommt hier nur Satz 1 dieser Vorschrift in Betracht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser
Vorschrift sind im Fall der Antragstellerin Ziff. 2 ohne Weiteres erfüllt. Da auf den gegenwärtigen Besitz des
Aufenthaltstitels abgestellt wird, spielt die restliche Geltungsdauer der dem Vater der Antragstellerin Ziff. 2 (bis
zum 30.04.2011) befristet erteilten Aufenthaltserlaubnis im Hinblick auf das Vorliegen der tatbestandlichen
Voraussetzungen keine Rolle. Auch die materielle Rechtmäßigkeit des Aufenthaltsrechts des den Anspruch
des Kindes vermittelnden Elternteils ist insoweit unerheblich. Für die Erfüllung der tatbestandlichen
Voraussetzungen von § 33 Satz 1 AufenthG kommt es allein darauf an, ob das Aufenthaltsrecht im Zeitpunkt
der Geburt Bestand hatte, also nicht widerrufen oder sonstwie unwirksam war ( Sennekamp, in HTK-AuslR,
Stand: Aug. 2009, Erl. Nr. 2 zu § 33 ).
5
Das ihm danach eingeräumte Erteilungsermessen hat das Landratsamt L. jedoch aller Voraussicht nach zu
Recht in dem Sinne ausgeübt, dass es eine Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerin Ziff. 2 versagt hat.
6
1.1
Aufenthaltsrecht des Vaters der Antragstellerin Ziff. 2 nicht so gesichert ist, wie es die Antragstellerinnen
darstellen. Nach Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner (wohl deutschen) Ehefrau dürfte
eine für die Erteilung seiner (bis zum 30.04.2011 befristeten) Aufenthaltserlaubnis wesentliche Voraussetzung
entfallen sein, so dass die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Geltungsdauer seiner
Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gegeben sein dürften. Einer solchen Entscheidung
dürfte nicht entgegenstehen, dass der Vater der Antragstellerin Ziff. 2 möglicherweise - aber auch das nur,
wenn zwischen ihm und seiner (Noch-)Ehefrau seit mindestens zwei Jahren eine (echte) eheliche
Lebensgemeinschaft rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat - einen Anspruch auf Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis (für lediglich ein Jahr) nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG hat; ein solcher andersartiger
(eheunabhängiger) Anspruch wäre vielmehr Gegenstand eines möglicherweise parallelen, aber dennoch
eigenständigen Verfahrens ( so - ganz aktuell und unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zu § 12 Abs. 2
Satz 2 AuslG a. F. - BVerwG, Urteil vom 09.6.2009 - 1 C 11/08 - ).
7
1.2
Aufenthaltserlaubnis wegen Nichtvorliegens der allgemeinen (Regel-)Erteilungsvoraussetzungen in § 5 Abs. 1
und 2 AufenthG zu versagen. Dem steht § 33 Satz 1 AufenthG nach seinem Wortlaut nicht entgegen. Die
dortige Regelung, wonach eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von den §§ 5 und 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG
erteilt werden kann, bedeutet, dass die Ausländerbehörde befugt ist, trotz Fehlens der (Regel-
)Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG (und des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) eine
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, was ihr ansonsten - außer im Fall des Vorliegens eines Ausnahmefalls - strikt
verwehrt wäre. Diese Regelung bedeutet nicht, dass die Behörde die (Regel-)Erteilungsvoraussetzungen des §
5 Abs. 1 und 2 AufenthG nicht auf der Rechtsfolgenseite, das heißt bei der Ausübung ihres Ermessens,
berücksichtigen dürfte. Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut von § 33 Satz 1 AufenthG und dem
Verständnis vergleichbarer Regelungen im Aufenthaltsgesetz ( vgl. u. a. zu §§ 30 Abs. 3 und 38 Abs. 3
AufenthG: Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Juni 2009, Bd. 1, A 1, § 30 RdNr. 67 und § 38 RdNr. 21 ).
8
1.2.1
Antragstellerin Ziff. 2 wegen Nichterfüllung von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (Sicherung des Lebensunterhalts) zu
versagen. Nach unwidersprochenem Vortrag des Antragsgegners ist die Antragstellerin Ziff. 2 ebenso wie ihre
Eltern zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf Sozialhilfe (im weitesten Sinne, das heißt auf
steuerfinanzierte öffentliche Hilfeleistungen) angewiesen. Weder ihr Vater noch ihre Mutter, die Antragstellerin
Ziff. 1, sind imstande, sich und die Antragstellerin Ziff. 2 ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe
zu unterhalten. Auch besitzt keine dieser drei Personen eine Krankenversicherung mit der Folge, dass bereits
die Krankenhauskosten im Zusammenhang mit der Entbindung der Antragstellerin Ziff. 2 aus öffentlichen
Fürsorgeleistungen getragen werden mussten.
9
1.2.2
Ziff. 1 noch die Antragstellerin Ziff. 2 einen gültigen (vietnamesischen) Reisepass besitzen. Das bedeutet,
dass die Antragstellerin Ziff. 2 ebenso wie ihre Mutter, die Antragstellerin Ziff. 1, die weitere (Regel-
)Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht erfüllt, was das Landratsamt im Rahmen
seines Ermessens zum Anlass nehmen darf für eine Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis ( vgl. hierzu
Sennekamp, a.a.O., Erl. Nr. 2 zu § 33 a. E., und Eberle, in: Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms/Kreuzer,
Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 33 RdNr. 6, die jedoch - beide - mit ihrer weitergehenden
Aussage, bei Nichterfüllung der Passpflicht sei die Aufenthaltserlaubnis nach § 33 Satz 1 AufenthG [zwingend]
zu versagen, dem Wortlauf von § 33 Satz 1 AufenthG nicht gerecht werden; vgl. hierzu auch - wenngleich
etwas unpräzise - Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Stand: Jan. 2009, Bd. 1,
§ 33 RdNr. 13; unklar insoweit auch: Vorläufige Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz - VAH - zu § 33
Nr. 33.7 ).
10
1.2.3
Antragstellerin Ziff. 1 ohne Visum nach Deutschland eingereist und sich in der Folgezeit über Jahre (zumindest
seit 2007) illegal in Deutschland aufgehalten hat. Diese auf § 5 Abs. 2 AufenthG beruhende Überlegung betrifft
zwar in erster Linie die Antragstellerin Ziff. 1, entfaltet jedoch Bedeutung auch für die Antragstellerin Ziff. 2.
Denn dieser Verstoß gegen die Einreisebestimmungen führt dazu, dass die Antragstellerin Ziff. 1 und mit ihr
die Antragstellerin Ziff. 2 vor einer Erteilung eines Aufenthaltstitels in ihr Heimatland (Vietnam) zurückkehren
und das Visumverfahren nachholen muss, weil das Landratsamt L. deutlich gemacht hat, hiervon weder nach §
5 Abs. 2 Satz 2 noch nach Abs. 3 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege abzusehen. Der Antragsgegner ist im
vorliegenden Fall auch nicht deshalb kraft höherrangigen Rechts, insbesondere aufgrund der Art. 6 GG und 8
EMRK, verpflichtet, von dem ihm nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumten Ermessen zu Gunsten der
Antragstellerinnen Gebrauch zu machen, weil eine Rückkehr der Antragstellerin Ziff. 1 nach Vietnam
zwangsläufig dazu führt, dass die Antragstellerin Ziff. 2 dabei ihre Mutter, die Antragstellerin Ziff. 1, begleiten
muss und dadurch (vorübergehend) von ihrem Vater getrennt wird. Insoweit geht die Kammer durchaus davon
aus, dass das Verhältnis der Antragstellerin Ziff. 2 zu ihrem Vater und umgekehrt unter den Schutz von Art. 6
Abs. 1 und 2 GG fällt. Das schließt aber - auch im Licht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (
insbes. BVerfG, Beschlüsse vom 23.01.2006, NVwZ 2006, 682, und vom 08.12.2005 InfAuslR 2006, 122) -
eine vorübergehende Trennung der knapp fünf Monate alten Antragstellerin Ziff. 2 von ihrem Vater für die Dauer
des Visumverfahrens der Mutter nicht aus. Auch für Kinder deutscher Eltern gibt es keinen absoluten Schutz
gegen eine zumindest vorübergehende Trennung von einem Elternteil, selbst dann nicht, wenn diese Trennung
ohne oder gar gegen den Willen des betreffenden Elternteils erfolgt. Das Kindeswohl erleidet in der Regel
keinen nachhaltigen Schaden, wenn es - zumal in dem Alter, in dem sich die Antragstellerin Ziff. 2 befindet -
für einige Wochen oder gar für einige wenige Monate von seinem Vater getrennt wird. Das gilt erst recht in
Bezug auf das Elternrecht des Vaters, der weiß, dass die Trennung von seinem Kind nur vorübergehender
Natur ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Dauer des Visumverfahrens sei unabsehbar oder
werde von der zuständigen deutschen Auslandsvertretung womöglich ungebührlich lang hinausgezögert. Denn
auch die deutschen Auslandsvertretungen sind deutsche Behörden und unterliegen den Schutzpflichten aus
den Art. 6 GG und 8 EMRK; sie sind deshalb gehalten, das Visumverfahren zügig und unter Wahrung der sich
aus diesen Vorschriften ergebenden Anforderungen zu betreiben. Im Übrigen stünde den Antragstellerinnen
gegen Rechtsverstöße der am Visumverfahren beteiligten Behörden ebenfalls der Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten offen ( Näheres hierzu siehe VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.03.2009, InfAuslR
2009, 236 ). Dass die Antragstellerin Ziff. 1 für die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug nach §30
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auch nachweisen muss, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache
verständigen kann, dürfte hier ( anders als im Fall des VG Freiburg, Beschluss vom 03.06.2008, a.a.O. ) zu
keiner relevanten Verlängerung des Visumverfahrens führen, nachdem die Antragstellerin Ziff. 1 mindestens
zwei Jahren lang bereits in Deutschland gelebt hat; zumindest dürfte ihr das das Erlernen einfacher
Sprachfähigkeiten erheblich erleichtern.
11
1.2.4
Antragstellerinnen und dem Vater der Antragstellerin Ziff. 2 sei es zuzumuten, gemeinsam nach Vietnam, dem
Land der gemeinsamen Staatsangehörigkeit, zurückzukehren und die Familieneinheit dort zu leben, die
Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis gleichfalls oder zumindest zusammen mit den weiteren (vorstehenden)
Überlegungen zu tragen vermögen, kann nach alledem dahingestellt bleiben.
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2.
nicht im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gewährt werden. Denn sie ist unerlaubt in das Bundesgebiet
eingereist und hat sich hier mithin nicht rechtmäßig aufgehalten, als sie den Antrag auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis gestellt hatte. Damit ist in ihrem Fall keine Fiktionswirkung nach § 81 AufenthG
eingetreten. In dieser Konstellation ist Eilrechtsschutz nur im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123
VwGO möglich ( VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.11.2007, a.a.O. ). Aber auch bei einer sachdienlichen
Auslegung des von der Antragstellerin Ziff. 1 gestellten Antrags als Begehren nach § 123 VwGO kann der
Antrag keinen Erfolg haben. Denn die Antragstellerin Ziff. 1 hat den danach erforderlichen Anordnungsanspruch
nicht glaubhaft gemacht ( §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO ).
13 Zu Unrecht beruft sich die Antragstellerin Ziff. 1 hierfür auf § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Dabei kann die
Rechtsfrage hier dahingestellt bleiben, ob die Vorschrift des § 25 Abs. 5 AufenthG quasi als Auffangnorm in all
den Fällen der vorliegenden Art, die dadurch geprägt sind, dass es den Antragstellern im Grundsatz um einen
Familiennachzug geht, überhaupt Anwendung finden kann, wenn die in den speziellen Vorschriften der §§ 27 ff.
AufenthG genannten Voraussetzungen nicht vorliegen und wenn die familiären Beziehungen, die den aus den
Art. 6 GG und 8 EMRK folgenden Schutz beanspruchen, sich - wie im vorliegenden Fall - erst in der
Entstehung befinden ( vgl. hierzu Beschluss der Kammer vom 08.09.2009 - 4 K 1284/09 - m.w.N. ). Denn die
Antragstellerin Ziff. 1 erfüllt schon nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 25 Abs. 5 Satz 1
AufenthG. Ihre Ausreise (nach Vietnam) ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich.
Soweit sie sich für das Vorliegen dieser Voraussetzung (allein) darauf beruft, dass einer solchen Ausreise bzw.
Rückkehr nach Vietnam die Vorschriften der Art. 6 GG und 8 EMRK entgegenstünden, verweist die Kammer
auf die vorstehenden Ausführungen zu 1.2.3, aus denen sich ergibt, dass das - zumindest für die Dauer des
Visumverfahrens - nicht der Fall ist. Darüber hinaus dürfte das Landratsamt L. die Aufenthaltserlaubnis nach §
25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG wegen des Fehlens der
Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 und Abs. 2 AufenthG zu Recht im Ermessenswege
abgelehnt haben ( siehe oben 1.2.1 bis 1.2.3 ).
14
3.
rechtlich nicht zu beanstanden. Nach rechtmäßiger Ablehnung der von den Antragstellerinnen beantragten
Aufenthaltserlaubnisse liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 58, 59 AufenthG hierfür vor.
Abschiebungsverbote, die der Zielstaatsbestimmung (Vietnam) in der Abschiebungsandrohung entgegenstehen
könnten, sind nicht erkennbar; auch die Antragstellerinnen haben hierzu nichts vorgetragen.
15
4.
hat, stellt einen klaren (und unverständlichen) Verstoß gegen § 28 LVwVfG dar. Allerdings führt (allein) ein
solcher Verstoß nach den Regelungen in § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 und 3 LVwVfG nicht zur Begründetheit
der gestellten Anträge auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes, da den Antragstellerinnen in
diesem Verfahren und im noch anhängigen Widerspruchsverfahren ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben wurde.
16
5.
einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO) zu verpflichten, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen, ist
unklar, auf welcher Rechtsgrundlage dieses Begehren beruht. Falls die Antragstellerinnen dieses Begehren mit
der Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels begründen sollten, ergibt sich aus den
vorstehenden Ausführungen ( unter 1. und 2. ), dass sie einen solchen Anspruch nicht besitzen. Falls sie damit
einen Duldungsanspruch aus § 60a Abs. 2 AufenthG geltend machen wollen, ist auch dieser Antrag -
unabhängig von seiner Zulässigkeit, die deshalb fraglich sein kann, weil unklar ist, ob die Antragstellerinnen
insoweit überhaupt zuvor einen konkreten Antrag bei der Behörde gestellt haben ( vgl. hierzu Beschluss der
Kammer vom 08.09.200, a.a.O. ) - jedenfalls unbegründet. Denn für die Antragstellerinnen ist ein
Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 AufenthG nicht ersichtlich. Soweit sie auch im Hinblick auf das Vorliegen
eines rechtlichen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60a Abs. 2 AufenthG auf ein aus den Art. 6 GG
und 8 EMRK folgendes Verbot jeglicher, auch einer nur vorübergehenden, Trennung der Antragstellerin Ziff. 2
von ihrem Vater abstellen, verweist die Kammer zur Begründung dafür, dass ein solches Trennungsverbot in
dieser Form nicht besteht, zur Vermeidung von Wiederholungen auch in diesem Zusammenhang auf die
vorstehenden Ausführungen unter 1.2.3.
17 Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
18 Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 und 63 Abs. 2 GKG.