Urteil des VG Frankfurt (Oder) vom 15.03.2017

VG Frankfurt(oder ): mais, aufschiebende wirkung, anbau, vollziehung, behörde, gvo, anzeige, erlass, verbraucherschutz, naturschutzgebiet

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Gericht:
VG Frankfurt (Oder)
7. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 L 170/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2a NatSchG BB, § 26c
NatSchG BB, § 54 NatSchG BB,
§ 16a Abs 3 GenTG,
MärkSchweizNatSchGebFV BB
Anbau gentechnisch veränderten Maises im Naturschutzgebiet
Leitsatz
Der Anbau von gentechnisch verändertem, bt-Toxin-produzierendem Mais unterfällt dem
Verbot, im Naturschutzgebiet Biozide anzuwenden.
Die Mitteilungspflicht nach § 16a Abs. 3 GenTG ist eine Anzeige an eine Behörde im Sinne des
§ 2a Abs. 1 Nr. 14 lit. a) BbgNatSchG.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
II. Der Antrag des Ministeriums ... auf Beiladung zum Verfahren wird abgelehnt.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 29. Mai 2007
gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 16. Mai 2007 (Az.: ...)
wiederherzustellen,
hat keinen Erfolg.
1. Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alternative, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO insgesamt
statthafte Antrag ist bereits unzulässig, soweit er sich gegen die in Ziffer III. des
Bescheidtenors der angegriffenen Ordnungsverfügung getroffene Entscheidung richtet,
den Anbau von gentechnisch verändertem Mais der Linie MON-810 innerhalb des
europäischen Vogelschutzgebiets "..." nur unter bestimmten, näher bezeichneten
Maßgaben zu dulden, und soweit er sich gegen die in Ziffer IV. des Bescheidtenors der
angegriffenen Ordnungsverfügung angeordnete Untersagung richtet, ab dem 1. März
2008 gentechnisch veränderten Mais der Linie MON-810 innerhalb des europäischen
Vogelschutzgebiets "..." anzubauen. Insoweit fehlt der Antragstellerin das allgemeine
Rechtsschutzbedürfnis.
Diese Sachentscheidungsvoraussetzung fehlt dann, wenn der jeweilige
Rechtsschutzsuchende durch eine seinem Begehren folgende Gerichtsentscheidung
keine Verbesserung seiner rechtlichen Situation erreichen kann. So liegt es hier
bezüglich der bedingten Duldungszusage in Ziffer III. des Bescheidtenors, weil die dort
genannte Maßgabe keinen vollzugsfähigen Inhalt hat, sondern noch der Konkretisierung
durch Folgebescheide bedarf, deren möglicher Erlass derzeit ungewiss ist, und bezüglich
der Untersagung aus Ziffer IV. des Bescheidtenors im Hinblick auf die im jüngsten
Schriftsatz der Antragstellerin vom 11. Juli 2007 – dort Seite 5 (Blatt 230 der
Gerichtsakte) – enthaltene Erklärung, für das Jahr 2008 sei in dem fraglichen Gebiet
ohnehin kein erneuter Anbau von MON-810-Mais beabsichtigt. Wird dem
Rechtsschutzsuchenden ein Verhalten untersagt, dessen er sich ohnehin aus eigenem
Entschluss enthalten will, so fehlt es jedenfalls für ein Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes (anders möglicherweise für ein Hauptsacheverfahren im Hinblick auf die
Folgejahre sowie im Hinblick auf in verschiedene Richtungen denkbare rechtliche
Weiterungen) an der Möglichkeit einer rechtlichen Verbesserung durch eine gerichtliche
Entscheidung.
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2. Demgegenüber ist der Antrag zulässig, soweit er sich richtet gegen die in Ziffer I des
Bescheidtenors der Ordnungsverfügung getroffene Untersagung, gentechnisch
veränderten Mais der Linie MON-810 innerhalb des Naturschutzgebiets "..." anzubauen,
sowie gegen die in Ziffer II des Bescheides getroffene Untersagung, innerhalb des FFH-
Gebiets "..." sowie in einem Abstand von weniger als 100 m zu den Grenzen dieses
Gebiets gentechnisch veränderten Mais der Linie MON-810 anzubauen. Soweit der
Antrag zulässig ist, ist er jedoch unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt., Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kann das Gericht die
aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer ggf. nachfolgenden
Anfechtungsklage wiederherstellen. Der Antrag hat nur Erfolg, wenn das
Aussetzungsinteresse des Rechtsmittelführers das öffentliche Interesse an dem
sofortigen Vollzug der Ordnungsverfügung überwiegt. Ein überwiegendes
Aussetzungsinteresse ist anzunehmen, wenn sich bei der im vorläufigen
Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und
Rechtslage ergibt, daß der Rechtsbehelf, den der Antragsteller gegen die
Ordnungsverfügung eingelegt hat, voraussichtlich Erfolg haben wird. An dieser
Voraussetzung fehlt es hier.
Bei der im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO vorzunehmenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der
sofortigen Vollziehung der angefochtenen naturschutzrechtlichen Ordnungsverfügung
vom 16. Mai 2007 und dem Individualinteresse der Antragstellerin am einstweiligen
Aufschub der Vollziehung überwiegt das Vollzugsinteresse. Denn die Bestimmungen der
Ziffern I. und II. des Bescheidtenors des Bescheides vom 16. Mai 2007 erweisen sich bei
der im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen und möglichen
summarischen Prüfung als mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig; zudem
besteht insoweit ein besonderes öffentliches Vollziehungsinteresse, das über das hinter
dem Erlass der Verfügung selbst stehende Interesse hinausgeht.
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner im angegriffenen
Bescheid genügt in zunächst formeller Hinsicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3
VwGO, da der Antragsgegner – auf Seite 12 der Ordnungsverfügung – in nicht ersichtlich
unzureichendem Maße einzelfallbezogene Erwägungen vorträgt, namentlich, dass der
Totalverlust der teilweise sehr kleinen, im Falle einer Schmetterlingsart sogar landesweit
einzigen Population geschützter Schmetterlingsarten drohe und sich diese Gefahr
infolge des Ansteigens der Bt-Toxin-Konzentration bei zunehmendem Alter der
Maispflanzen kontinuierlich erhöhe. Auf die materielle Richtigkeit der Begründung der
Anordnung der sofortigen Vollziehung kommt es dabei nicht an, da das Gericht insofern
eine eigene Abwägungsentscheidung zu treffen hat.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig.
Die Ordnungsverfügung erweist sich nicht als formell rechtswidrig wegen unterlassener
Anhörung. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 10. April 2007
darüber unterrichtet, daß er den Anbau von MON-810-Mais auf bestimmten Flächen auf
naturschutzrechtlicher Ermächtigungsgrundlage zu untersagen erwäge. Ausweislich der
Begründung der Ordnungsverfügung hat sich der Antragsgegner mit den Einwendungen,
die die Antragstellerin in ihrem Antwortschreiben vom 19. April 2007 erhoben hat, auch
auseinandergesetzt. Angesichts dessen ist eine Verletzung des Anspruchs der
Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich. Dieser Anspruch
verlangt keineswegs, dass Anhörung und nachfolgende Ordnungsverfügung in allen
Details übereinstimmen; vielmehr genügt es, dass sie in ihrem rechtlichen Kern
übereinstimmen. Dieser rechtliche Kern liegt bei Anhörungsschreiben wie
Ordnungsverfügung übereinstimmend darin, dass bei einem Anbau gentechnisch
veränderter Nutzpflanzen in einem Gebiet, welches einem besonderen Schutzstatut auf
naturschutzrechtlicher Grundlage unterliegt, über die allgemeinen saatgut- und
gentechnikrechtlichen Anpflanzungsvoraussetzungen hinaus auch die – u.U.
weitergehenden – Anforderungen des jeweiligen naturschutzrechtlichen Schutzstatuts
erfüllt sein müssen. Ungeachtet dessen wäre ein etwaiger Anhörungsmangel mit Blick
auf die Regelung in § 45 Abs. 1 Nr. 3 BbgVwVfG zwischenzeitlich geheilt, da die
Antragstellerin im Widerspruchsverfahren umfänglich zu allen tatsächlichen und
rechtlichen Aspekten der Ordnungsverfügung Stellung genommen hat.
b) Nach dem Erkenntnisstand des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes sind die
formell rechtmäßigen Untersagungsverfügungen ebenso wenig in materiell-rechtlicher
Hinsicht zu beanstanden.
aa) Ermächtigungsgrundlage für die in Ziffer I. des Bescheidtenors der
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aa) Ermächtigungsgrundlage für die in Ziffer I. des Bescheidtenors der
Ordnungsverfügung ausgesprochene Untersagung, MON-810-Mais im NSG "..."
anzubauen, ist § 54 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Nr. 2 der
Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem
Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung als Naturpark "..." vom 12.
September 1990 (GVBl. I/90 Sonderdruck) (nachfolgend kurz NaturparkVO). Gemäß § 54
Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG haben die zuständigen Behörden die zur Durchsetzung des
BbgNatSchG und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen im Einzelfall
erforderlichen Anordnungen zu treffen; gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 NaturparkVO ist innerhalb
der Schutzzone II – zu der das NSG "..." gehört – u.a. die Anwendung von Bioziden
verboten.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin erfüllt der Anbau von gentechnisch
veränderten Nutzpflanzen, die Bt-Toxin produzieren, den Tatbestand des Anwendens
von Bioziden.
Zunächst ist Bt-Toxin-produzierender Mais ein Biozid im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 2
NaturparkVO. Biozid-Produkte sind gemäß der von der Antragstellerin selbst für
einschlägig gehaltenen Definition des – die Biozid-Richtlinie 98/8/EG umsetzenden – § 3b
Abs. 1 Chemikaliengesetz Wirkstoffe und wirkstoffhaltige Zubereitungen, die dazu
bestimmt sind, auf chemischem oder biologischem Wege Schadorganismen zu
bekämpfen, einer im Anhang V der Richtlinie genannten Produktart angehören und nicht
in einen der in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie genannten Ausnahmebereich fallen. Dieser
Definition unterfällt der Bt-Toxin-produzierende Mais. Er enthält den Wirkstoff Bt-Toxin,
der auf chemischen bzw. biologischem Wege den Maiszünsler, einen Schädling,
bekämpft. Der Bt-Toxin-produzierende Mais stellt damit zugleich ein
Schädlingsbekämpfungsmittel im Sinne der Hauptgruppe 3 – im Schriftsatz der
Antragstellerin wohl irrtümlich als Hauptgruppe 13 bezeichnet – des Anhangs V der
Richtlinie 98/8/EG dar. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass der Bt-Toxin-produzierende
Mais in den vorgenannten Ausnahmebereich – den Anwendungsbereich der Richtlinie
91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 – fällt, da diese sich nicht mit gentechnisch
veränderten Organismen (GVO) befasst, sondern deren Inverkehrbringen anderen,
spezielleren Regelungen überlässt.
Ebenso handelt es sich bei dem Anbau des fraglichen Mais um einen Vorgang des
Anwendens dieses Biozids. Für eine begriffliche Einschränkung des
Tatbestandsmerkmals des Anwendens auf Sprüh- und Streuvorgänge, wie sie die
Antragstellerin argumentativ vertritt, lassen sich weder im Wortlaut noch im Zweck der
NaturparkVO Anhaltspunkte finden.
Das Verbot, Biozide im Naturschutzgebiet zu verwenden, entfällt nicht infolge der
Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 4 NaturparkVO. Nach dieser – wie alle
Ausnahmeregelungen eng auszulegenden – Vorschrift gelten die Verbote des § 6
NaturparkVO nicht, soweit sich die den Tatbestand eines Verbots erfüllende Handlung
als im Sinne des § 8 Abs. 7 BNatSchG (a.F.) ordnungsgemäße landwirtschaftliche
Bodennutzung der bei Erlass der NaturparkVO bereits landwirtschaftlich genutzten
Flächen erweist, wenn nicht Festsetzungen des Pflege- und Entwicklungsplans
entgegenstehen. Es mag dahinstehen, ob und inwieweit der Anbau von GVO
grundsätzlich geeignet oder ungeeignet ist, als ordnungsgemäße landwirtschaftliche
Bodennutzung im Sinne des § 8 Abs. 7 BNatSchG a.F. zu gelten. Denn jedenfalls seit
Erlass des Bescheides des Bundesamts für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit vom 27. April 2007, durch den die gentechnikrechtliche
Zulassung von Bt-Toxin-produzierendem Mais der Linie MON-810 stark eingeschränkt
und die künftige Aussaat generell untersagt wurde, kann die Aussaat dieses GVO nicht
mehr ordnungsgemäßer landwirtschaftlicher Bodennutzung entsprechen.
Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin Anspruch auf Erteilung einer
Befreiung vom Verbot des Anwendens von Bioziden gemäß § 8 NaturparkVO hätte. Zum
einen fehlt es insoweit schon an einer Antragstellung. Zum anderen ist angesichts der
vielfältigen naturwissenschaftlichen Streitfragen im Zusammenhang mit den
Auswirkungen von Bt-Toxin-produzierendem Mais auf Nichtzielorganismen, die im
Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ohnehin nicht umfassend
aufbereitet werden könnten, sowie mit Blick auf den bereits erwähnten Bescheid des
Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 27. April 2007
nicht ersichtlich, sondern im Gegenteil eher fernliegend, dass von einer – allein einen
Anspruch auf Befreiung vermittelnden – Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen
werden könnte.
bb) Ermächtigungsgrundlage für die in Ziffer II. des Bescheidtenors der
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bb) Ermächtigungsgrundlage für die in Ziffer II. des Bescheidtenors der
Ordnungsverfügung ausgesprochene Untersagung, im FFH-Gebiet "..." sowie in einem
100m breiten Streifen vor dessen Grenzen Mais der Linie MON-810 anzubauen, ist § 54
Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG in Verbindung mit § 26d Abs. 1 BbgNatSchG. Gemäß § 54
Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG haben die zuständigen Behörden die zur Durchsetzung des
Naturschutzrechts im Einzelfall erforderlichen Anordnungen zu treffen; gemäß § 26d
Abs. 1 BbgNatSchG bedürfen Projekte vor ihrer Durchführung der
Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen eines
Schutzgebiets von gemeinschaftsweiter Bedeutung.
Diese Voraussetzungen sind nach Maßgabe summarischer Prüfung erfüllt. Der Anbau
des Bt-Toxin-produzierenden Mais der Linie MON-810 bedarf einer
Verträglichkeitsprüfung im Sinne des § 26d Abs. 1 BbgNatSchG, die nicht erfolgt ist. Dies
ergibt sich aus folgendem:
Das Schutzgebiet "..." ist ausweislich der Bekanntmachung des Ministeriums für
Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung vom 25. Januar 2002 (Amtsblatt für
Brandenburg 2002 Seite 278 ff. [288]) unter der EU-Nr. DE 3450-302 als Schutzgebiet
von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne der FFH-Richtlinie angemeldet und seit
2004 auch durch die EU ausgewiesen.
Bei dem Anbau des MON-810-Mais handelt es sich ferner um ein Projekt im Sinne der
Vorschrift. Der Anbau der GVO entspricht der Legaldefinition des Projektbegriffs in § 2a
Abs. 1 Nr. 14 lit. a) BbgNatSchG. Danach sind Projekte alle Vorhaben und Maßnahmen,
die – in der einschlägigen Tatbestandsalternative – einer Anzeige an eine Behörde
bedürfen.
So liegt es hier infolge der Meldebedürftigkeit des GVO-Anbaus gemäß § 16a Abs. 3
GenTG. Bei der Mitteilung nach § 16a Abs. 3 GenTG handelt es sich um eine Anzeige an
eine Behörde. Die Begriffe "Anzeige", "Meldung" und "Mitteilung", die im BNatSchG,
BbgNatSchG, GenTG und in den Schriftsätzen der Beteiligten verwendet werden, sind bei
natürlichem Sprachgebrauch Synonyme. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber
des GenTG durch die Verwendung des Begriffs "Mitteilung" in § 16a Abs. 3 GenTG eine
bewusste Abgrenzung von der Verwendung des Begriffs "Anzeige" in z.B. § 10 Abs. 1 Nr.
11 lit. a) BNatSchG vornehmen wollte, lassen sich dem GenTG nicht entnehmen. Im
Gegenteil legen die Fristen, die in § 16a Abs. 3 GenTG für die Mitteilungspflicht
angeordnet sind, nahe, dass auch hier eine prophylaktische Kontrollmöglichkeit eröffnet
werden soll. Der unterschiedliche Wortlaut ist insoweit konsequent, als die Behörde, die
Empfänger der Mitteilung nach § 16a Abs. 3 GenTG ist, lediglich das Register führt und
nicht selbst die im Sinne einer Eröffnungskontrolle – namentlich bei Belegenheit in einem
naturschutzrechtlichen Schutzstatus genießenden Gebiet – erforderlichen weiteren
Prüfungsschritte vorzunehmen hat, wohingegen in den Gegenbeispielen, die die
Antragstellerin schriftsätzlich anführt, die anzeigeempfangende Behörde stets auch
selbst die kontrollierende Behörde ist. Entscheidend ist der gesetzlich angeordnete
Zwang, beabsichtigte Handlungen vor Beginn der Ausführung der Handlung einer
Behörde zur Kenntnis zu bringen.
Die nach § 26d BbgNatSchG erforderliche FFH-Gebiets-Verträglichkeitsprüfung ist auch
nicht aufgrund gentechnikrechtlicher Vorschriften entbehrlich oder als erfolgt zu
fingieren. Zunächst handelt es sich bei der Beeinträchtigung von geschützten
Schmetterlingsarten durch die Aufnahme von Bt-Toxin nicht um eine spezifische Gefahr
der Gentechnik, da dieses Problem bei einem Einsatz konventioneller Biozide ebenso
bestünde; die Konzentrationswirkung der gentechnikrechtlichen Zulassung entfällt
demgemäß bereits aufgrund der Beschränkung auf spezifische Gefahren in § 22 Abs. 2
GenTG. Ferner ist eine derartige Prüfung im Rahmen des gentechnikrechtlichen
Zulassungsverfahrens nicht erfolgt. Dass die Biodiversitätsprüfung im Rahmen des
gentechnikrechtlichen Zulassungsverfahrens die FFH-Verträglichkeitsprüfung weder
ersetzen kann noch soll, folgt bereits unmittelbar aus der – anderenfalls sinnlosen –
Vorschrift des § 22 Abs. 3 GenTG. Ob sie im Sinne einer Vorprüfung herangezogen
werden kann, mag dahinstehen, denn jedenfalls nach der Rücknahme der
gentechnikrechtlichen Zulassung für Mais der Linie MON-810 durch den bereits
erwähnten Bescheid des Bundesamtes für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit vom 27. April 2007 ergeben sich aus den im
gentechnikrechtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen erhebliche Zweifel an der
FFH-Verträglichkeit des Anbaus dieser Maislinie.
Schließlich rechtfertigen auch die von der Antragstellerin weiter vorgelegten
naturwissenschaftlichen Erkenntnisse weder die Annahme, eine FFH-
Verträglichkeitsprüfung sei entbehrlich, noch die Annahme, eine solche sei durch die
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Verträglichkeitsprüfung sei entbehrlich, noch die Annahme, eine solche sei durch die
Erstellung dieser Unterlagen und ihre Übersendung an den Antragsgegner erfolgt. Allein
schon angesichts der Besorgnisse, zu denen der bereits erwähnte Bescheid des
Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 27. April 2007
Anlass gibt, ist vielmehr eine umfassende Prüfung und Begutachtung erforderlich.
Schließlich erlaubt die Vorschrift auch die Erstreckung der Untersagungsverfügung auf
einen 100m tiefen Streifen jenseits der Grenzen des FFH-Gebiets. § 26d BbgNatSchG ist
– anders als beispielsweise § 26c – nicht auf die Grenzen des Schutzgebiets beschränkt.
Maßgeblich ist allein, ob von dem Projekt schädliche Einwirkungen auf das FFH-
Schutzgebiet ausgehen können. Dies dürfte bei einem geringeren Abstand als 100m
jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. Dass die Handhabung
des Genmais-Anbaus durch die Antragstellerin ohnehin nicht gerade trennscharf erfolgt,
ergibt sich ohne weiteres aus einschlägig bekannten Vorfällen außerhalb des
Schutzgebietszusammenhangs (vgl. den Bericht in der Märkische Oderzeitung vom 23.
Juni 2007, Blatt 116 der Gerichtsakte).
cc) Die angegriffene Ordnungsverfügung erweist sich hinsichtlich Ziffer I. und II. ihres
Bescheidtenors auch nicht als ermessensfehlerhaft. Sie erweist sich als zur
Durchsetzung des Biozidverbots im Naturschutzgebiet "..." sowie zur Durchsetzung der
vorbeugenden FFH-Verträglichkeitsprüfung als geeignet und erforderlich; durchgreifende
Zweifel an ihrer Verhältnismäßigkeit sind nicht ersichtlich.
c) Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen besteht schließlich ein
besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit rechtmäßigen Ordnungsverfügung. Ein besonderes
Vollziehungsinteresse ist anzuerkennen, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass
sich die mit der Verfügung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zur gerichtlichen
Hauptsachenentscheidung über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts realisieren
wird. Dabei sind erwiesene Tatsachen verwertbar, die auch für den Ausgang des
Hauptsacheverfahrens wesentlich sind. Denn diese können im Einzelfall einen so hohen
Dringlichkeitsgrad haben, dass mit ihnen gleichzeitig die sofortige Vollziehung begründet
werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. November 1980 – 4 B
1121/80 –, DÖV 1981, 544). Es spricht alles dafür, dass ein besonderes Interesse an der
sofortigen Vollziehung derselben bereits mit Blick auf den nach Beginn der Blüte der
Maispflanzen drohenden, unkontrollierten Pollenflug gegeben ist. Unabhängig davon
gebietet auch die Ordnungsfunktion des formellen Naturschutzrechts den Sofortvollzug,
um dem Zuwiderhandelnden keinen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber anderen
Landwirten im Naturschutzgebiet bzw. FFH-Gebiet zukommen zu lassen und
Bezugsfällen vorzubeugen (im Ergebnis ebenso BayVGH, Beschluß vom 12. Mai 1986,
GewArch 1986, 396).
II. Der Beiladungsantrag des ... war abzulehnen, weil der Beiladungsantragsteller als
gegenüber dem Antragsgegner zur Rechts- und Fachaufsicht berechtigte, nächsthöhere
Behörde kein Dritter im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung
beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG und entspricht der Hälfte des für ein etwaiges
Hauptsacheverfahren maßgeblichen Wertes; diesen wiederum hat die Kammer in
Ermangelung einschlägiger Wertvorschläge im Streitwertkatalog für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2004) auf 50.000 Euro geschätzt.
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