Urteil des VG Frankfurt (Oder) vom 06.10.2008

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Gericht:
VG Frankfurt (Oder)
5. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 K 2175/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 19 NatSchG BB, § 24 NatSchG
BB, Art 20 Abs 3 GG
Vorbehalt des Gesetzes für Baumschutzsatzungen, die
Ersatzpflanzungen oder Ausgleichsabgaben festsetzen
Leitsatz
1. Gemeindliche Baumschutzsatzungen, die die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für
Baumfällungen mit der Auflage einer Ersatzpflanzung oder Ausgleichsabgabe verbinden,
bedürfen hierfür einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage, die die Eingriffe in
den Grundrechtsbereich jedenfalls inhaltlich maßgeblich vorformt.
2. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen über gemeindliche Baumschutzsatzungen im
Land Brandenburg, insbesondere die §§ 19 und 24 BbgNatSchG erfüllen diese Anforderungen
nicht.
Tenor
Nummer II des Bescheides vom 13. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28. Oktober 2004 wird aufgehoben, soweit der Beklagte darin die Zahlung einer
Ausgleichsabgabe geregelt hat.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die
Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden
Forderung abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in der vom Beklagten vertretenen
Gemeinde; es umfasst eine Fläche von 1.348 qm und war Anfang 2004 unbebaut sowie
mit 44 Bäumen bestanden. Die beiden ebenfalls an die Pappelstraße grenzenden
Nachbargrundstücke sind mit Wohnhäusern bebaut.
Die Gemeindeversammlung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde beschloss am
13. März 2003 die „Satzung der Gemeinde ... zum Schutz des Baumbestandes“
(Baumschutzsatzung). Darin werden unter anderem alle Einzelbäume innerhalb der im
Zusammenhang bebauten Ortsteile geschützt, deren Stammumfang in einer Höhe von
100 cm über dem Erdboden mindestens 40 cm beträgt. Nach § 4 Baumschutzsatzung
ist es unter anderem verboten, geschützte Bäume zu beseitigen oder zu zerstören.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Baumschutzsatzung sind Ausnahmen von den Verboten des § 4
unter anderem dann zu genehmigen, wenn eine nach den öffentlich-rechtlichen
Vorschriften zulässige Nutzung sonst nicht oder nur unter wesentlichen Beschränkungen
verwirklicht werden kann. Für den Fall, dass eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird,
ordnet § 6 Abs. 1 Baumschutzsatzung an, dass der Antragsteller auf seine Kosten für
jeden entfernten geschützten Baum, wesentlichen Baumbestandteil oder Strauch als
Ersatz nach Maßgabe des Absatzes 2 neue Bäume oder Sträucher auf dem Grundstück
anzupflanzen und zu erhalten hat, für das die Genehmigung erteilt wurde. Gemäß § 6
Abs. 3 können in besonders begründeten Fällen (z.B. Schädlingsbefall, trockene Bäume,
sehr zahlreicher Baumbestand) Ausnahmen zugelassen werden. Dabei sollen in jedem
Fall die Belange des Baumschutzes gewahrt bleiben. Sind Ersatzpflanzungen auf diesem
Grundstück nicht möglich, ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1
Baumschutzsatzung eine Ausgleichszahlung zu leisten, deren Höhe dem
Anschaffungswert des zu pflanzenden Baumes entspricht, zuzüglich einer
Pflanzkostenpauschale von 30 % des Nettopreises (§ 7 Abs. 2 Baumschutzsatzung).
In Vorbereitung eines Bauvorhabens auf dem Grundstück stellte die Klägerin am 14. Mai
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In Vorbereitung eines Bauvorhabens auf dem Grundstück stellte die Klägerin am 14. Mai
2004 einen Antrag auf Erteilung einer Baumfällgenehmigung für 25 Bäume. In dem
Antrag gab die Klägerin an, dass 5 Ersatzpflanzungen auf dem Grundstück möglich
seien.
Auf diesen Antrag „erteilte“ ihr der Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli 2004 eine
„Ausnahme nach § 5“ der Baumschutzsatzung für die Fällung von 20 Bäumen. Fünf der
Bäume, deren Fällung beantragt war, stufte er aufgrund des geringen Stammumfangs
als nicht geschützt ein. Unter Ziffer II. verfügte er als Nebenbestimmungen:
Die Anzahl der Nachpflanzungen berücksichtigt jeweils einen Abschlag bei vier als krank
eingestuften Bäumen.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 10. August 2004 Widerspruch gegen die
„Nebenbestimmungen 1. und 2.“ ein. Zur Begründung erklärte sie, auf ihrem
Grundstück sei sehr wohl Platz für Ersatzpflanzungen, die sie in Form einer Hecke an den
Grundstücksgrenzen vornehmen wolle. Für kranke Bäume dürften
Ausgleichszahlungen/Ersatzpflanzungen nicht festgesetzt werden. Im Übrigen habe der
Beklagte nicht in Betracht gezogen, die Härtefallregelung gemäß § 6 Abs. 3
Baumschutzsatzung anzuwenden, obwohl dies angesichts des hohen Baumbestandes
nahegelegen habe. Ergänzend wies sie daraufhin, dass es sich um Kiefern und Birken
handele, die sie als „minderwertvoll“ beurteilte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2004 wies der Beklagte den Widerspruch
zurück. Zur Begründung legte er unter anderem dar, dass aufgrund der verbleibenden
19 Bäume, ausgehend von einem durchschnittlichen Platzbedarf von 8 bis 10 Metern je
Baum und angesichts des vorgeschriebenen Mindestabstandes von 4 Metern bis zur
Grenze der Nachbargrundstücke für Ersatzpflanzungen nur eine „begrenzte Fläche“ zur
Verfügung stünde. Sträucher seien Ersatz nur für Sträucher nicht aber für Bäume. Eine
Differenzierung des Schutzes nach dem „Wert“ der verschiedenen Baumarten sehe die
Baumschutzsatzung nicht vor.
Die Klägerin hat am 26. November 2004 Klage erhoben.
Sie ist der Auffassung, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung über den Widerspruch
die Änderung der Brandenburgischen Baumschutzverordnung (BbgBaumSchVO) mit
Wirkung vom 29. September 2004 hätte berücksichtigen müssen. Damit habe der
Gesetzgeber die Grenze für schützenswerte Bäume heraufgesetzt. Nach dieser
Regelung würden 10 der 20 Bäume als nicht schützenswert gelten, so dass für diese
Bäume eine Ersatzpflanzung nicht erforderlich sei. Auch die Ausführungen des Beklagten
zum fehlenden Platz für Ersatzpflanzungen gingen fehl. Denn der Beklagte habe nicht
berücksichtigt, dass die gefällten Bäume viel enger als empfohlen gestanden hätten.
Man könne die Klägerin nicht zur Verbesserung der vorhandenen Baumsituation
verpflichten, weshalb sie berechtigt sei, die Ersatzpflanzungen ebenso eng
vorzunehmen. Für die Pflanzung eines dichten Baumbestandes biete der hintere
Grundstücksteil Platz.
Die Klägerin beantragt,
Nummer II des Bescheides vom 13. Juli 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2004 aufzuheben, soweit sie die Zahlung
einer Ausgleichsabgabe regelt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Änderung der BbgBaumSchVO habe auf die Regelungen der
gemeindlichen Baumschutzsatzung keinen unmittelbaren Einfluss. Bei der Beurteilung
der Möglichkeit von Ersatzpflanzungen sei zu berücksichtigen, dass diese häufig nicht
entsprechend dem Zustand vor dem Eingriff an der gleichen Stelle und in der gleichen
Weise erfolgen könnten. Sowohl Standort als auch Größe des Baumes könnten variieren.
Ersatzpflanzungen seien unabhängig vom vorherigen Zustand so durchzuführen, dass
sie erfolgversprechend seien. Der Nachteil geringerer Biomasse, der sich aus der
geringen Größe der Ersatzpflanzung ergebe, sei durch eine „begünstigend angestrebte
Anpflanzumgebung“ auszugleichen. Den Besonderheiten des Einzelfalles sei bereits
durch eine Reduzierung der Anzahl der Ersatzpflanzungen auf erkrankte oder nur
geringfügig die Schutzgrenze überschreitende Bäume Rechnung getragen worden.
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geringfügig die Schutzgrenze überschreitende Bäume Rechnung getragen worden.
Weitere besondere Umstände für eine Minderung nach § 6 Abs. 3 Baumschutzsatzung
seien nicht zu erkennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und –
soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Beratung der
Kammer gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Sie richtet sich bei sachgerechter Auslegung nach dem erkennbaren Begehren der
Klägerin gegen die – auf § 7 der Baumschutzsatzung vom 13. März 2003 gestützte –
Festsetzung einer „Ausgleichsabgabe“ in Höhe von 3.608,-- € in der Ziffer II. des
angefochtenen Bescheides. Zur Ersatzpflanzung ist die Klägerin durch den Bescheid
trotz der Aufnahme eines entsprechenden Satzes in die Nebenbestimmungen zur
Genehmigung nicht verpflichtet worden. Dies ergibt eine Auslegung des Bescheides vom
13. Juli 2004 unter Berücksichtigung des unmittelbar folgenden Textes, in dem der
Beklagte auf die Unmöglichkeit der Ersatzpflanzung verwiesen und unter dem Punkt „1.
Gemäß § 6 Ersatzpflanzungen“ ausdrücklich keine Regelung aufgenommen hat.
Die Klage gegen die „Ausgleichsabgabe“ ist als Anfechtungsklage zulässig. Dies gilt
auch, wenn man berücksichtigt, dass die angefochtene Abgabenfestsetzung als
(belastende) „Nebenbestimmung“ zu einer (begünstigenden) Genehmigung ergangen
ist. Denn die Genehmigung ist nicht untrennbar mit der Festsetzung der
Ausgleichsabgabe verbunden. Die Baumschutzsatzung (nachfolgend als „BaumSchS“
abgekürzt) räumt den Betroffenen vielmehr einen Genehmigungsanspruch ein (§ 5 Abs.
1 BaumSchS), der unabhängig von der Festsetzung und Erfüllung eventueller
Verpflichtungen zu Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben besteht. Die
Nichterfüllung dieser Verpflichtungen soll nach den Bestimmungen der Satzung nicht
zum Erlöschen der Genehmigung führen, sondern nur zur Verhängung eines Bußgeldes
gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 BaumSchS. Gegen die isolierte Anfechtbarkeit einer
„Zahlungsauflage“ zu einer Baumfällgenehmigung bestehen vor diesem Hintergrund
keine rechtlichen Bedenken (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss 11 B 12.05
vom 26. Januar 2006; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil 8 A 10976/07 vom 16. Januar 2008).
Die danach zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Denn die Festsetzung der
Ausgleichsabgabe ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs.
1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Für den mit der Festsetzung
verbundenen Grundrechtseingriff fehlt es an der erforderlichen landesgesetzlichen
Grundlage.
Finanzielle Belastungen, die der Staat – wie hier in Gestalt der Ausgleichsabgabe –
seinen Bürgern auferlegt, greifen in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit
(Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG; Art. 10 der Brandenburgischen Verfassung) ein.
Dieses Grundrecht vermittelt jedem Einzelnen einen Anspruch, durch die Staatsgewalt
nicht mit einem finanziellen Nachteil belastet zu werden, der nicht in der
verfassungsmäßigen Ordnung begründet ist (BVerfGE 29, 402; BayVerfGH, NVwZ 2007,
812 f.; OVG Koblenz, ZKF 2008, 164). Zur Zahlung von Abgaben darf ein Bürger nur
aufgrund von Vorschriften herangezogen werden, die formell und materiell der
Verfassung gemäß sind und deshalb zur verfassungsmäßigen Ordnung gehören
(BVerfGE 9, 3; 19, 253 ff.; 42, 223 ff.; 44, 216 ff.).
Insoweit gilt von Verfassungs wegen der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als
Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips im Bereich des Abgabenwesens. Dieser Grundsatz
fordert, dass abgabenbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der
Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabelast vorausberechnen kann. Bundes- und
landesgesetzliche Abgabenvorschriften (wie etwa Steuergesetze) genügen diesem
Grundsatz, indem sie entweder selbst alle notwendigen Regelungen enthalten oder
gemäß Art. 80 GG die Verwaltung zur detaillierten Regelung der Abgabepflicht durch
Rechtsverordnung ermächtigen. Auch im letztgenannten Fall muss jedoch gemäß Art.
80 Abs. 1 Satz 2 GG schon das Gesetz selbst Inhalt, Zweck und Ausmaß der
Zahlungspflicht bestimmen (BVerwGE 115, 125 ff.; OVG Berlin, LKV 2006, 278 ff.).
Für die Abgabenerhebung durch kommunale Gebietskörperschaften gilt Art. 80 Abs. 1
Satz 2 GG zwar nicht (BVerfGE 32, 346 ff.; 49, 343 ff.). Denn eine strenge Vorformung
der – von der Gemeinde zu erhebenden – Abgabe wäre mit der verfassungsrechtlichen
Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar,
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Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar,
die die Gemeinden berechtigt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in
eigener Verantwortung zu regeln. Hierzu gehört auch die Finanzhoheit der Gemeinden
(vgl. Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG). Es ist deshalb unstreitig, dass Gemeinden in eigener
Verantwortung Abgaben erheben dürfen und dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit
der Abgabenerhebung durch hinreichend genaue Regelungen von Schuldner,
Bemessungsgrundlage, Höhe, Entstehung und Fälligkeit der jeweiligen Abgabe in einer
gemeindlichen Satzung (wie hier der Baumschutzsatzung) Genüge getan werden kann
(BVerfGE 49, 343 ff.). Detaillierter gesetzlicher Regelungen bedarf es insoweit aus
verfassungsrechtlicher Sicht nicht.
Allerdings gilt das kommunale Selbstverwaltungsrecht bereits nach dem Wortlaut des
Grundgesetzes nur „im Rahmen der Gesetze“, und nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zur Erhebung kommunaler Steuern bedarf auch die
Zuweisung der Befugnis zur Abgabenerhebung an die Gemeinden einer hinreichend
bestimmten gesetzlichen Grundlage, die für Eingriffe in den Grundrechtsbereich (stets)
vorausgesetzt wird (BVerfG, NVwZ 1997, 573 ff.; VG Minden, Urteil 3 K 3116/06 vom 23.
Mai 2007, zitiert nach Juris). Mit anderen Worten findet die Rechtsetzungsautonomie des
kommunalen Normgebers ihre Grenze in den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden
Prinzipien des Vorrangs und des Vorbehalts des Gesetzes (VG Dresden, SächsVBl. 2008,
220 ff.; vgl. auch Schmidt, in: Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg, § 1
RN 1). Zum Erlass einer Abgabensatzung bedarf es deshalb einer besonderen
gesetzlichen Grundlage (Schmidt, in: Kommunalabgabengesetz für das Land
Brandenburg, § 2 RN 4 unter Berufung auf BVerfGE 21, 54 [60]).
Die danach erforderlichen Regelungen über die Auferlegung von Zahlungspflichten durch
die Gemeinden hat der brandenburgische Landesgesetzgeber mit Erlass des
Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) getroffen. Darin ist den
Gemeinden die Befugnis zur Erhebung von – im einzelnen konkret aufgezählten – Arten
von Abgaben verliehen worden, zu denen die vorliegend umstrittene Ausgleichsabgabe
aber nicht gehört. Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Denn § 1 Abs. 3
KAG sieht auch die Möglichkeit der Erhebung „sonstiger Abgaben“ durch die Gemeinden
vor, diese allerdings wiederum nur „aufgrund anderer Gesetze“. Dies zeigt, dass auch
das Landesrecht im Einklang mit den oben genannten verfassungsrechtlichen
Grundsätzen davon ausgeht, dass Gemeinden Abgaben nur erheben dürfen, soweit
ihnen diese Befugnis durch ein Gesetz zugewiesen worden ist, wobei der Gesetzgeber in
§ 1 Abs. 2 KAG ausdrücklich klargestellt hat, dass kommunale Satzungen keine Gesetze
in diesem Sinne darstellen.
Eine gesetzliche Regelung außerhalb des Kommunalabgabengesetzes, die der von dem
Beklagten vertretenen Gemeinde das Recht zur Erhebung einer naturschutzrechtlichen
Ausgleichsabgabe zuweist, besteht nach Auffassung der Kammer nicht.
In Betracht kommt grundsätzlich ein Landesgesetz, da die Gesetzgebungskompetenz
für die Erhebung der umstrittenen (baumschutzrechtlichen) Ausgleichsabgabe beim
Land liegt, wie sich aus Art. 72 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 und Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG
ergibt. Danach ist das Land für die Regelung des Naturschutzrechtes zuständig, soweit
nicht der Bund die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes abschließend geregelt
hat. Nach ständiger Rechtsprechung schließen es die vom Bund im
Bundesnaturschutzgesetz getroffenen Regelungen nicht aus, dass die Länder
naturschutzrechtliche Ausgleichsabgaben regeln. Diese Ausgleichsabgaben werden als
„Sonderabgaben eigener Art“ angesehen, die verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden sind (BVerwGE 74, 308 ff. und 81, 220 ff.). Ihre Regelung durch die Länder
ist für den Bereich der Eingriffsregelung mittlerweile auch in § 19 Abs. 4 des
Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ausdrücklich vorgesehen.
Das Land Brandenburg hat eine entsprechende Regelung über „Ersatzzahlungen“ in §
15 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) getroffen. Diese
Regelung ist jedoch nicht geeignet, die vorliegend umstrittene Festsetzung der
Ausgleichsabgabe durch den Beklagten zu rechtfertigen. Denn Ersatzzahlungen gemäß
§ 15 BbgNatSchG sind nicht vom Beklagten, sondern von der unteren
Naturschutzbehörde festzusetzen und nicht an die Gemeinde (vgl. § 10 BaumSchS),
sondern an das Land zu entrichten (§ 15 Abs. 2 BbgNatSchG). Sie sind zudem Teil der
naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, die in den §§ 18 bis 20 BNatSchG
bundesrechtlich vorgegeben ist. Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG findet diese
Eingriffsregelung auf Vorhaben im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 des
Baugesetzbuches (in dem auch das Grundstück der Klägerin liegt) keine Anwendung.
Diese Vorschrift bindet auch den Landesgesetzgeber (§ 11 Satz 1 BNatSchG, vgl. VG
München, Urteil 8 K 07.3772 vom 03. Dezember 2007).
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Auch die Brandenburgische Baumschutzverordnung vom 29. Juni 2004 (BbgBaumSchV)
kommt als Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe durch
den Beklagten zugunsten des Gemeindehaushalts nicht in Betracht, denn auch die
Baumschutzverordnung ermächtigt nur die untere Naturschutzbehörde und findet im
Geltungsbereich gemeindlicher Baumschutzsatzungen keine Anwendung (§ 2 Abs. 3
BbgBaumSchV).
Schließlich stellt auch die allgemeine Regelung über die Zulässigkeit von
Nebenbestimmungen (§ 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land
Brandenburg – BbgVwVfG) keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Erhebung
der umstrittenen Ausgleichsabgabe dar. Denn diese Vorschrift begründet selbst keine
materiell-rechtliche Ermächtigung für Eingriffsmaßnahmen (wie die Erhebung einer
Ausgleichsabgabe), sondern setzt die Berechtigung der Behörde aufgrund des
anzuwendenden materiellen Rechts voraus (Kopp, VwVfG, 10. Auflage, § 36 RN 39
m.w.N.).
Folgerichtig hat der Beklagte die Festsetzung der Ausgleichsabgabe in dem
angefochtenen Bescheid weder auf § 15 BbgNatSchG oder § 5 BbgBaumSchV noch auf §
36 BbgVwVfG gestützt, sondern allein auf die Baumschutzsatzung der von ihm
vertretenen Gemeinde.
Diese Satzung beruht auf der Ermächtigung des § 24 des Brandenburgischen
Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG). Nach dessen Absatz 1 können Teile von Natur und
Landschaft, die bestimmte Anforderungen erfüllen, als geschützte
Landschaftsbestandteile festgesetzt werden. Nach § 24 Absatz 2 Nr. 4 BbgNatSchG
kommen als Landschaftsbestandteile in diesem Sinne insbesondere Einzelbäume,
Baumgruppen, einseitige Baumreihen, Hecken, Restwälder, naturnahe Waldränder und
sonstige Gehölze in Betracht. Sodann bestimmt § 24 Abs. 3 Satz 2 BbgNatSchG weiter,
dass die Festsetzungen für Landschaftsbestandteile innerhalb der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile und des Geltungsbereichs der Bebauungspläne durch Satzungen der
Gemeinden getroffen werden können, die diese Aufgaben nach § 24 Abs. 3 Satz 3
BbgNatSchG als freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen. Auf dieser
Grundlage erlassene Baumschutzsatzungen gehen anderen Schutzregelungen vor (§ 24
Abs. 3 Satz 4 BbgNatSchG).
Aufgrund dieser Vorschriften ist nicht zweifelhaft, dass die Gemeinden im Land
Brandenburg ermächtigt sind, Baumschutzsatzungen zu erlassen, mit denen sie Bäume
in ihrem Gemeindegebiet generell unter Schutz stellen. Wenn § 24 Abs. 4 BbgNatSchG
weiter bestimmt, dass die Beseitigung eines geschützten Landschaftsbestandteils sowie
alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung eines
geschützten Landschaftsbestandteils führen können, nach Maßgabe der Satzung
verboten sind, ergibt sich auch zwanglos, dass die Satzung Verbote bestimmter
Handlungen in Bezug auf die unter Schutz gestellten Bäume enthalten und näher
ausgestalten darf. Zur Gestaltung von Verboten gehört sodann auch die Regelung von
Ausnahmen, von deren Voraussetzungen und des zugehörigen Verfahrens.
§ 24 BbgNatSchG enthält jedoch als Ermächtigungsgrundlage für die
naturschutzrechtlichen Schutzsatzungen der Gemeinden keinerlei Regelungen zu
Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben im Zusammenhang mit
Baumschutzsatzungen. Soweit der Bundesgesetzgeber die Länder in § 29 Abs. 2 Satz 3
BNatSchG ermächtigt hat, für den Fall der Bestandsminderung die Verpflichtung zu
angemessenen und zumutbaren Ersatzpflanzungen festzulegen, hat der
Brandenburgische Landesgesetzgeber hiervon in § 24 nicht Gebrauch gemacht (so auch
Koch/Tolkschmitt, BbgNatSchG, § 24 Nr. 4.2).
Der Beklagte hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass das Brandenburgische
Naturschutzgesetz in seinem § 19 allgemeine Regelungen „vor die Klammer“ gezogen
hat, die für alle Arten der Unterschutzstellung gelten. So sieht Absatz 2 Satz 4 dieser
Vorschrift zum Beispiel ausdrücklich vor, dass die Schutznorm (sei es Rechtsverordnung
oder gemeindliche Satzung) die Vornahme bestimmter Handlungen von einer
Genehmigung abhängig machen kann, die nur erteilt werden darf, wenn die
beabsichtigte Handlung dem besonderen Schutzzweck nicht oder nur unerheblich
zuwiderläuft. Eine Befugnis zur Aufnahme von Auflagen in eine solche Genehmigung
regelt das Brandenburgische Naturschutzgesetz nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1
BbgNatSchG bestimmen Rechtsverordnungen (und über § 24 Abs. 3 Satz 2 BbgNatSchG
auch Baumschutzsatzungen) den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur
Erreichung des Schutzzwecks erforderlichen Gebote und Verbote und, soweit
erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen.
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Auf die letztgenannte Regelung über „Wiederherstellungsmaßnahmen“ kann die
Erhebung einer Ausgleichsabgabe – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht
gestützt werden. § 19 Abs. 2 Satz 1 BbgNatSchG wiederholt nämlich – insoweit
inhaltsgleich – die bundesrechtliche Rahmenvorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG.
Für diese ist einhellige Meinung in der hierzu vorhandenen Kommentarliteratur, dass sich
die Regelungen zu Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen anders als
die Ge- und Verbote nicht an die Bürger, sondern an öffentliche Stellen richten, von
denen die entsprechenden Maßnahmen (etwa das Abmähen von Wiesen, die
Regulierung des Wasserstands von Teichen und Seen u.a.) durchzuführen sind. Den
Eigentümer trifft insoweit lediglich eine Duldungspflicht gemäß § 9 BNatSchG in
Verbindung mit § 68 BbgNatSchG (vgl. Meßerschmidt/Schumacher,
Bundesnaturschutzrecht, § 22 RN 54 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22
RN 27; Kolodziejcok u.a., Naturschutz und Landschaftspflege, Band I, RN 37 f.).
Auch die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 BbgNatSchG, wonach eine
Baumschutzsatzung die „zur Erreichung des Schutzzwecks erforderlichen Gebote“
bestimmt, stellt nach Auffassung der Kammer keine ausreichende
Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe dar.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Erhebung von
kommunalen Steuern bedarf die Zuweisung einer Besteuerungsbefugnis an die
Gemeinden einer hinreichend bestimmten Gesetzesgrundlage, die für Eingriffe in den
Grundrechtsbereich (stets) vorausgesetzt wird. Danach muss der parlamentarische
Gesetzgeber die in seine Zuständigkeit gewiesenen steuerlichen Eingriffe jedenfalls
inhaltlich maßgeblich vorformen (BVerfG, NVwZ 1997, 573 ff.). Nach Auffassung der
Kammer ist diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch auf die
Erhebung anderer als steuerlicher Abgaben übertragbar. Denn der Grundrechtseingriff,
an den das Bundesverfassungsgericht die Erforderlichkeit der inhaltlichen Vorformung
durch den Gesetzgeber knüpft, ist bei der Erhebung einer kommunalen Steuer kein
wesentlich anderer als bei der Erhebung einer Ausgleichsabgabe. In beiden Fällen geht
es für den Bürger um finanzielle Belastungen und damit verbundene Eingriffe in die
allgemeine Handlungsfreiheit.
Den danach maßgeblichen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine
gesetzliche Ermächtigung wird § 19 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG nicht gerecht. Denn eine
„maßgebliche inhaltliche Vorformung des Eingriffs durch den Parlamentsgesetzgeber“
setzt nach Auffassung der Kammer voraus, dass dem Gesetz entnommen werden kann,
dass die Verordnung bzw. Satzung den Bürgern nicht nur Handlungs-, sondern auch
Zahlungspflichten auferlegen darf, dass er also mit finanziellen Forderungen der
Gemeinde rechnen muss.
Von Zahlungspflichten des Bürgers zugunsten der Gemeinde ist in den §§ 19 und 24
BbgNatSchG jedoch keine Rede.
Nun ist es allerdings auch nach der Rechtsprechung der Kammer nicht stets notwendig,
dass das Gesetz die Handlungen, die im Einzelnen zum Grundrechtseingriff führen
können, konkret beschreibt (VG Frankfurt (Oder), Urteil 5 K 1471/05 vom 23. Juni 2008).
Es ist vielmehr verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, Ermächtigungsnormen in
allgemeiner Form (etwa als Generalklauseln unter Verwendung unbestimmter
Rechtsbegriffe) zu fassen, um der Vielfalt der zu regelnden Lebenssachverhalte
Rechnung zu tragen, ohne die Gesetze mit einer unübersichtlichen Flut von
Einzelfallregelungen zu überlassen (vgl. etwa BVerfG, NJW 1978, 2143). Voraussetzung
ist allerdings zumindest, dass sich die konkreten Grundrechtseingriffe notwendig und für
den Normadressaten vorhersehbar schon aus der gesetzlichen Ermächtigung ergeben.
Dies kann sich aus der inhaltlichen Vorformung des Eingriffs in dem Text der
gesetzlichen Regelung ergeben, aber auch daraus, dass ein Gebrauchmachen von der
konkreten Ermächtigung regelmäßig mit bestimmten Grundrechtseingriffen verbunden
ist.
So hat die Kammer zum Beispiel entschieden, dass es genügen kann, wenn der
Gesetzgeber die Gemeinden allgemein zur Anordnung und Durchsetzung des
Anschlusszwanges ermächtigt, ohne die damit verbundenen Betretensrechte und
Beschränkungen des Eigentums ausdrücklich zu regeln. Denn wenn die Gemeinde von
dieser gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch macht, führt dies aufgrund der tatsächlich
erforderlichen Verlegung der Anschlussleitung auf dem Grundstück des
Anschlusspflichtigen notwendig und für diesen vorhersehbar zu Eingriffen in das
Eigentum, in die Unverletzlichkeit der Wohnung und in die allgemeine Handlungsfreiheit
(VG Frankfurt (Oder), Urteil 5 K 1471/05 vom 23. Juni 2008).
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Mithin können §§ 19 und 24 BbgNatSchG – angesichts des Fehlens einer ausdrücklichen
Regelung der Erhebung von Ausgleichszahlungen – nur dann ausreichende
Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung einer Ausgleichsabgabe sein, wenn für den
Normadressaten wenigstens vorhersehbar ist, dass ein Gebrauchmachen von der
konkreten Ermächtigung regelmäßig mit der Verpflichtung zur Zahlung einer
(Ausgleichs-)Abgabe an die Gemeinde verbunden ist.
Dies trifft indes nicht zu.
Denn eine Baumschutzsatzung muss zur Erreichung ihres Schutzzwecks nicht notwendig
die Erhebung einer Ausgleichsabgabe durch die Gemeinde und den damit
einhergehenden Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG regeln. Gemeindlicher Baumschutz kann
vielmehr auch ohne Anordnung unmittelbarer Zahlungsverpflichtungen des Bürgers
zugunsten der Gemeinde (hier der Ausgleichsabgabe) erfolgen.
Denkbar und mit dem Bundesrecht vereinbar wären nämlich zum Beispiel auch
Baumschutzsatzungen, in denen der Satzungsgeber von
Ersatzpflanzungsverpflichtungen ganz absieht. Denn § 29 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG
bestimmt lediglich, dass die Länder für den Fall der Bestandsminderung die
Verpflichtung zu angemessenen und zumutbaren Ersatzpflanzungen festlegen können .
Eine den Satzungsgeber bindende Regelung von Ersatzpflanzungsverpflichtungen
enthält auch das Landesrecht nicht.
Ebenso erscheint es denkbar, nur die Verpflichtung zu regeln, Ersatz auf dem
Grundstück oder (soweit dies nicht möglich oder vom Eigentümer nicht gewünscht ist)
an einer anderen geeigneten Stelle (die von der Gemeinde auszuweisen wäre) zu
pflanzen. Hingegen wäre eine Verpflichtung zur Zahlung einer Abgabe an die Gemeinde
auch mit einer solchen Regelung nicht notwendig verbunden. Erst wenn der Eigentümer
einer entsprechenden Anordnung nicht nachkommt, muss sichergestellt sein, dass die
in der Satzung vorgesehene Wiedergutmachung des Eingriffs auch gegen seinen Willen
(notfalls auf seine Kosten) durchgesetzt wird. Auch hierzu bedarf es jedoch nicht
zwingend der Erhebung einer Ausgleichsabgabe durch die Gemeinde. Dem säumigen
Eigentümer könnte vielmehr die kostenpflichtige Ersatzvornahme angedroht werden, für
die es eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 19 des Brandenburgischen
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (BbgVwVG) gibt.
Mit anderen Worten kann Baumschutz in dem gegenwärtig bestehenden rechtlichen
Rahmen mit und ohne Regelungen über Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben
sinnvoll erfolgen, und es ist Sache des zuständigen Gesetzgebers, die ihm nach der
Kompetenzordnung des Grundgesetzes zustehende Entscheidung zu treffen, ob er den
Gemeinden insbesondere das Instrument der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stellen
will. Bejahendenfalls muss er den damit verbundenen Eingriff inhaltlich maßgeblich
vorformen (entsprechende ausdrückliche Ermächtigungen enthalten die
Naturschutzgesetze in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Sachsen,
Thüringen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern). Mit der Regelung, wonach
Baumschutzsatzungen die zur Erreichung des Schutzzwecks erforderlichen Gebote
bestimmen, hat der brandenburgische Gesetzgeber diese Entscheidung gerade nicht
getroffen. Denn diese Regelung erlaubt es dem betroffenen Bürger nicht,
vorherzusehen, dass die Gemeinde eine Ausgleichsabgabe von ihm erheben wird. Die
Kammer teilt insoweit im Ergebnis die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel,
die dieser zu der vormals in Hessen geltenden Regelung getroffen hat (NuR 1994, 247
[248]). Die von dem Oberverwaltungsgericht Münster für das nordrhein-westfälische
Landesrecht vertretene Gegenposition überzeugt die Kammer hingegen nicht (vgl. OVG
Münster, NVwZ-RR 1992, 62 f. und NuR 1994, 253 ff.).
Aufgrund all dessen ist die Kammer der Auffassung, dass der angefochtene Bescheid
mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig ist und die Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art.
2 Abs. 1 GG verletzt. Zur Überzeugung der Kammer ist es Sache des Gesetzgebers eine
ausreichende gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Ausgleichszahlungen durch
die Gemeinden zu schaffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711
der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache nach
Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat. Denn die Frage, ob das
brandenburgische Landesrecht eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die
Regelung von Ausgleichsabgaben in gemeindlichen Baumschutzsatzungen enthält, hat
Regelung von Ausgleichsabgaben in gemeindlichen Baumschutzsatzungen enthält, hat
Bedeutung für zahlreiche gemeindliche Baumschutzsatzungen in Brandenburg und ist
bislang noch nicht obergerichtlich geklärt.
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