Urteil des VG Frankfurt (Oder) vom 14.03.2017

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Gericht:
VG Frankfurt (Oder)
4. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 K 861/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 2 S 1 VermG, § 4 Abs 3
Buchst a VermG
Unredlicher Erwerb: Verweigerung des Zugangs zu einem
Grundstück gegenüber dem Eigentümer
Tatbestand
Die Kläger begehren die Rückübertragung eines Grundstücks nach dem Gesetz zur
Regelung offener Vermögensfragen.
Der Kläger zu 1. war hinsichtlich des Anteils des verstorbenen Rudolf H. in ungeteilter
Erbengemeinschaft mit seiner Mutter, Frau Elise H., der der andere Eigentumsanteil
gehörte, seit dem 22. Juni 1968 als Eigentümer des im Grundbuch von B., Band 32, Blatt
1044 (Bestandsnummer 3605) verzeichneten 799 qm großen Grundstücks in der
M.straße 30 (Gemarkung N., Flur 9, Flurstücke 312 und 313) eingetragen. Das
Grundstück ist mit einem 1936 errichteten eingeschossigen Wohngebäude mit
ausgebautem Dachgeschoss bebaut, das im Erdgeschoss unter anderem zwei Zimmer,
Küche und Bad sowie im ausgebauten Dachgeschoss zwei Zimmer, Küche und Abort
hat. In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren Erd- und
Obergeschoss an zwei Mietparteien vermietet.
Nachdem Frau Elise H. ohne Beachtung der seinerzeit geltenden Bestimmungen die
DDR verlassen hatte, wurde ihr Eigentumsanteil am Grundstück unter staatliche
Verwaltung gestellt und mit Bestallungsurkunde vom 6. Oktober 1970 der VEB
Gebäudewirtschaft N. zum staatlichen Treuhänder bestimmt; die Bestallungsurkunde
weist als Einheitswert für das Grundstück einen Betrag von 8.300 Mark aus.
Die vom Rat des Kreises S. am 27. Juli 1971 zum Zwecke des Verkaufs in Auftrag
gegebene Grundstückswertermittlung 40/71 des Bauingenieurs D. vom 18. Oktober
1971 weist für das Grundstück einen Sachwert von 15.230 Mark aus. Für das Wohnhaus
mit 38 cm starken Außenwänden wurde ein Wert von 13.850,61 M angesetzt, der sich
auf der Grundlage eines Bauindexes von 160 % mit dem Zeitwert von 1936 in Höhe von
15.389,57 Mark abzüglich einer Wertminderung von 10 % in Höhe von 1.538,96 Mark
errechnete; der Wertminderung wurde bei einer Gesamtnutzungsdauer von 125 Jahren
eine Restnutzungsdauer von 90 Jahren zu Grunde gelegt. Das Gutachten weist als
Nutzer des Grundstücks den Beigeladenen zu 2. aus.
In einem in den Altakten befindlichen Aktenvermerk vom 22. März 1979, der von einer
Person mit dem Namenskürzel R. gezeichnet ist, wird festgestellt, dass eine Klärung des
Grundstücks M.straße 30, Einfamilienhaus, vorgenommen werden müsse. Der Kläger zu
1. müsse sein Einverständnis zum Verkauf erklären. Dann müsse der Nutzer
angeschrieben werden. Mit Schreiben vom 26. März 1981 bat der Rat für Finanzen und
Preise den Kläger zu 1. um eine Vorsprache zwecks Klärung der
Grundstücksangelegenheit in der M.straße 30. Mit schriftlicher Erklärung vom 3. April
1979 erklärte der Kläger zu 1. sein Einverständnis zum Verkauf des Grundstücks.
Mit Schreiben vom 28. April 1979, das an die Familie der Beigeladenen unter der
Anschrift M.straße 30 adressiert war, teilte der Rat des Kreises - Abteilung Finanzen - mit
der Bitte um Mitteilung, ob Kaufinteresse bestehe, den Beigeladenen mit, das
Grundstück solle verkauft werden und aus den Unterlagen des Rates sei ersichtlich, dass
die Beigeladenen Nutzer des Einfamilienhauses seien.
In einem in der Grundstücksakte befindlichen maschinenschriftlich gefertigten
Aktenvermerk, der von einer Person mit dem Namenskürzel "R." gezeichnet ist und mit
der handschriftlichen Datumsangabe vom 2. Mai 1979 versehen ist, wurde festgestellt,
dass der Kollege K. heute in der Grundstücksangelegenheit H. angerufen habe. Herr B.,
der Nutzer, sei ein Kollege des VEB GW N.; er sei am Kauf interessiert. Mit dem Kollegen
K. abgesprochen, dass Schätzung beantragt, der Kreissparkasse wegen Kredits
geschrieben und Herrn B. ein Zwischenbescheid gegeben werde.
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Mit Antrag vom 2. Mai 1979 beantragte der Beigeladene zu 2., der zu diesem Zeitpunkt
mit seiner fünfköpfigen Familie in einer Zweiraumwohnung mit zwei halben Zimmern in
der F.straße 36 in N. lebte und seit dem 1. August 1976 als Produktionsarbeiter in der
Materialwirtschaft beim VEB Gebäudewirtschaft N. beschäftigt war, bei dem Rat der
Gemeinde N. - Abteilung Wohnraumlenkung - im Wege des Tausches die Zuweisung für
das Grundstück in der M.straße 30 zu erteilen. Zur Begründung seines Begehrens führte
er an, das Einfamilienhaus sei ihm auf Grund seines Antrages aus dem Jahre 1971 vom
Rat des Kreises S. zum Kauf angeboten worden. Seither bemühe er sich um den Kauf
dieses Hauses. Da der Verkauf des Hauses sobald wie möglich stattfinden solle und die
Wertermittlung durch den Rat des Kreises bereits in Auftrag gegeben sei, bitte er um
Berücksichtigung seines Antrages auf Wohnungszuweisung. Am 8. Oktober 1979 erteilte
der Rat der Gemeinde N. den Beigeladenen die Zuweisung für die aus viereinhalb
Zimmern bestehende Wohnung, die vormals von den Mietern F. und R. bewohnt war, auf
diesem Grundstück.
In der Grundstücksakte befinden sich die Seiten 10 und 11 eines
Wertermittlungsgutachtens des Bauingenieurs F. vom 28. Juli 1979, welches den
Bodenwert eines auf diesen Seiten nicht näher bezeichneten Grundstücks mit einer
Größe von 799 qm auf 1.200 Mark und den Sachwert eines 726 m3 großen
Einfamilienwohnhauses auf 3.590 Mark taxiert.
Mit Bestallungsurkunde vom 28. Januar 1980 wurde der Rat des Kreises S. zum
staatlichen Treuhänder bestellt. Ausweislich eines in der Grundstücksakte befindlichen
Aktenvermerks, der von einer Person mit dem Namenskürzel R. gezeichnet ist, habe am
28. Januar 1980 der Kaufvertrag H./B. beim Staatlichen Notariat stattfinden sollen. Die
Vertragspartner seien erschienen. Der Kaufvertrag habe nicht stattgefunden. Der Kläger
zu 1. sei nicht mit der Höhe der Wertermittlung einverstanden gewesen. Von Seiten der
Familie H. solle geklärt werden, ob es sich um ein Einfamilienhaus oder wie behauptet,
um ein Zweifamilienhaus handele.
Die Beigeladenen verweigerten mit Schreiben vom 20. Februar 1980 an die Familie der
Kläger einen Besichtigungstermin ihrer Wohnung für einen Kaufinteressenten und
forderten sie auf, in Zukunft eine Belästigung durch Kaufinteressenten zu unterlassen.
Mit Antrag vom 27. Mai 1980 beantragte der Rat des Kreises S. als staatlicher Verwalter
des Anteils von Frau Elise H. beim Kreisgericht S., den gerichtlichen Verkauf des
Grundstücks anzuordnen. Zur Begründung des Antrages führte der Rat an, dass die
Grundstücksangelegenheit geklärt werden müsse. Dass Grundstück habe an die Nutzer,
die Familie des Beigeladenen, verkauft werden sollen. Der Kläger sei als Miteigentümer
nicht einverstanden, da der Schätzwert zu gering sei. Die Familie des Beigeladenen habe
aber bereits erhebliche Mittel investiert. Mit Schreiben vom gleichen Tage wurde die
Familie des Beigeladenen zu 2. über die Antragsstellung in Kenntnis gesetzt.
Mit Schreiben vom 12. April 1982 fragte der Beigeladene zu 2. beim Rat des Kreises -
Abt. Finanzen - nach dem Bearbeitungsstand an und führte aus, ihnen sei das
Grundstück mit Schreiben vom 28. April 1979 zum Kauf angeboten worden.
Bauingenieur F. habe im Auftrag des Rates im August 1979 die Wertermittlung
durchgeführt. Der Kläger habe im Termin beim Staatlichen Notariat am 29. Januar 1980
sein Einverständnis zum Kauf zurückgezogen, nachdem die Summe der Wertermittlung
bekannt gegeben worden sei.
Mit Anordnungsbeschluss vom 29. November 1983 ordnete das Kreisgericht S. auf
Antrag der durch des Rat des Kreises S. vertretenen Elise H. gemäß § 25 Abs. 1 der
Verordnung über die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude vom 18. Dezember
1975 den gerichtlichen Verkauf des Grundstücks an.
Die Grundstückswertermittlung (Wertfortschreibung) des Bauingenieur K. vom 23. Januar
1985 weist für das Grundstück im Wege der Wertfortschreibung einen Zeitwert von
8.397,00 Mark aus. Ausgangspunkt war die Wertermittlung aus dem Jahre 1979 mit
einem Gesamtwert von 8.880 Mark bzw. ohne den Bodenwert in Höhe von 7.680 Mark.
Die in Bezug genommene für das Jahr 1979 angesetzte Wertminderung wird ausgehend
von einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren und einer Restnutzungsdauer von 37
Jahren mit 31,40 % angegeben. Davon ausgehend werden für das Jahr 1985 bei einer
angenommenen Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren und einer Restnutzungsdauer von
31 Jahren weitere 6,30 %, mithin insgesamt 37,70 % vom Wert abgeschrieben.
Mit Verkaufsbeschluss des Kreisgerichts S. vom 31. Januar 1985, der seit dem 22.
Februar 1985 rechtskräftig ist, wurde das Grundstück in einem gerichtlichen Verkauf zum
Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft zu einem Preis von 8.397 Mark an die
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Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft zu einem Preis von 8.397 Mark an die
Beigeladenen verkauft.
Am 16. September 1985 wurden die Beigeladenen als Eigentümer des Grundstücks im
Grundbuch von B., Blatt 3605, eingetragen.
Mit Antrag vom 10. August 1990 beantragten der Kläger zu 1. und Frau Elise O. (verw.
H.) die Rückübertragung der Grundstücke in der M.straße 30 und 32 in N. Mit notariellem
Vertrag vom 1. März 1996 trat Frau O. ihre vermögensrechtlichen Ansprüche an den
Kläger zu 2. ab.
Die Beigeladenen legten mit schriftlicher Stellungsnahme vom 16. September 1998
mehrere schriftliche Unterlagen vor (darunter die Grundstückswertermittlungen vom 18.
Oktober 1971 und 23. Januar 1985) vor und führten aus, sie hätten die unteren Räume
des Hauses schon einmal von Mai 1969 bis 1972 bewohnt. Seit ihrem Wiedereinzug in
das Haus hätten sie mehrere Tausend Mark für die Instandsetzung ausgegeben. Da sie
schon sehr viel finanziell und kräftemäßig investiert hätten, hätten sie den Antrag auf
gerichtlichen Verkauf gestellt, der ihnen vom Rat des Kreises mit Schreiben vom 28. Mai
1980 bestätigt worden sei.
Den Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks in der M.straße 30 wies das Amt zur
Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises M. mit der Nummer 1 des 1.
Teilbescheides vom 22. Oktober 1998 zurück und stellte unter Nummer 3 des
Bescheides fest, dass über einen den Berechtigten wegen des Eigentumsverlustes am
Vermögenswert gegebenenfalls zustehenden Entschädigungsanspruch in einem
gesonderten Entschädigungsverfahren zu entscheiden sei.
Den hiergegen am 9. November 1998 erhobenen Widerspruch der Kläger wies der I.
Widerspruchsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29. Februar 2000,
der dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 6. März 2000 zugestellt wurde, zurück.
Die Kläger haben am 3. April 2000 Klage erhoben.
Zur Begründung tragen sie vor, die Beigeladenen hätten das Grundstück unredlich
erworben, weil sie maßgeblich dafür gesorgt hätten, dass ein Verkauf ausschließlich an
sie und nur zu einem im wesentlichen von ihnen bestimmten Preis habe erfolgen
können. Sie hätten verhindert, dass andere Interessenten mit einbezogen werden,
indem sie - wie dem Schreiben vom 20. Februar 1980 zu entnehmen sei -
Besichtigungstermine für andere Kaufinteressenten verweigerten.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung der Nummer 1 des 1. Teilbescheides des Amtes zur
Regelung offener Vermögensfragen des Landekreises M. vom 22. Oktober 1998 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides seines Widerspruchsausschusses I vom 29. Februar
2000 zu verpflichten, ihnen das Eigentum an dem Grundstück in der M.straße 30 in ... N.
(Flur 9, Flurstücke 312 und 313), eingetragen im Grundbuch von B., Blatt 1044, zurück
zu übertragen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er ergänzen vor, die von den Klägern als Kaufinteressenten
angeführten Eheleute R., die seinerzeit in Berlin wohnhaft gewesen seien, hätten das
Haus nicht kaufen können. Ferner legt der Beklagte eine von den Beigeladenen
eingeholte schriftliche Erklärung vom 10. Februar 2001 vor, in der unter anderem
dargelegt wird, es hätte auch einem anderem Käufer als dem im Schreiben vom 17.
Februar 1980 angekündigten nichts genutzt, die Wohnung zu besichtigen, weil ein Kauf
ohne Wohnungszuweisung nicht zu Stande gekommen wäre, zumal der Rat des Kreises
Verkäufer gewesen sei. Das Gebäude sei im Jahre 1936 als Einfamilienhaus gebaut
worden. Bei der Wertermittlung seien alle die von ihnen von 1979 bis 1985
durchgeführten Instandsetzungsarbeiten nicht einbezogen worden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren
erteilt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren,
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
Die Klage, über die infolge des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), hat Erfolg.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten
(§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); die Kläger haben nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des
Vermögensgesetzes (VermG) einen Anspruch auf Rückübertragung des
streitbefangenen Grundstücks, weil die Kläger auf Grund der bestandskräftigen
Feststellung im angefochten Ausgangsbescheid Berechtigte hinsichtlich des
streitbefangenen Grundstücks sind und dessen Rückübertragung keine
Ausschlussgründe im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VermG entgegenstehen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt der Rückübertragungsausschlussgrund des § 4
Abs. 2 Satz 1 VermG nicht vor, weil die Beigeladenen das Grundstück nicht redlich
erworben haben. Vorliegend stand der auf der Grundlage des Verkaufsbeschlusses des
Kreisgerichts S. vom 31. Januar 1985 erfolgte Erwerb des streitbefangenen Grundstücks
nicht im Einklang mit den im Zeitpunkt des Erwerbes in der Deutsche Demokratischen
Republik geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften, was die Beigeladenen wussten oder
zumindest hätten wissen müssen (§ 4 Abs. 3 lit. a VermG). Sie haben durch die von
ihnen nicht bestrittene und im Brief vom 20. Februar 1980 erklärte Weigerung, die
Wohnung niemanden und zu keinem Zeitpunkt zeigen, die mit der Aufforderung
verbunden war, die Familie der Kläger solle es unterlassen, sie - die Beigeladenen - mit
weiteren Kaufinteressenten zu belästigen, in rechtswidriger Weise einen an sich
denkbaren und rechtlich möglichen Verkauf an andere Kaufinteressenten von vorn
herein vereitelt. Mit dieser generellen Weigerung war es dem Kläger zu 1., der immerhin
Miteigentümer des Grundstücks war und damit der staatliche Verwalter - entgegen der
rechtsirrigen Ansicht der Beigeladenen - nicht der alleinige Verkaufsberechtigte war,
praktisch unmöglich gemacht worden, potentielle Kaufinteressenten an das Grundstück
und Gebäude heranzuführen. Rechtsirrig ist die im Schreiben vom 20. Februar 1980 und
10. Februar 2001 geäußerte Rechtsansicht der Beigeladenen, es hätte den vom Kläger
zu 1. angeführten Kaufinteressenten ohne eine Wohnungszuweisung ohnehin nichts
genützt, wenn sie die Wohnung besichtigt hätten. Nach den damals geltenden
Rechtsvorschriften kamen auch bei einem gerichtlichen Verkauf eines im
gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstücks, der auf der Grundlage des § 25
der Verordnung über die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude (Vollstr-VO) vom
18. Dezember 1975 (DDR-GBl. I S. 1) angeordnet wurde, nicht nur ein Verkauf allein und
ausschließlich an die Beigeladenen in Betracht, weil gemäß § 15 Abs. 1 Vollstr-VO nicht
der Mieter, sondern der Meistbietende als Erwerber festzustellen war. Der Meistbietende
musste daher nicht zwingend der Mieter sein. Ein Mieter war gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 3
VollStr-VO erst dann vorrangig als Erwerber festzustellen, wenn er einen gleich hohen
zulässigen Kaufpreis geboten hatte wie der Meistbietende und diese meistbietende
Person kein Miteigentümer (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 Vollstr-VO) war, weshalb an sich auch
der Kläger zu 1. gegenüber den Beigeladenen vorrangig kaufberechtigt gewesen wäre.
Zudem wäre es auch möglich gewesen, dass ein Kaufinteressent eine
Wohnraumzuweisung erhält, zumindest für eines der beiden Stockwerke. Ein Indiz für die
Unredlichkeit des Erwerbers ist es nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
wenn ein Mieter, welcher der spätere Erwerber des Grundstücks ist, dem Eigentümer im
Zusammenhang mit Eigentumsfragen nicht den Zugang zum Grundstück ermöglicht
(vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 7 C 8.01 - ZOV 2002, 163,
<164>). Mit dieser Weigerung haben die Beigeladenen daher in rechtswidriger Weise in
die Miteigentümerbefugnisse des Klägers zu 1. eingegriffen. Die Beigeladenen wussten
auch - wie ihrem Schreiben vom 20. Februar 1980, welches die prozentuale Beteiligung
des Klägers zu 1. anspricht, entnommen werden kann -, dass der Kläger zu 1.
Miteigentümer war. Dementsprechend hätten sie auch wissen und erkennen müssen,
dass nicht nur der Rat des Kreises als staatlicher Verwalter des Miteigentumsanteiles
von Frau H., sondern auch der Kläger als Miteigentümer entsprechende
Eigentümerbefugnisse hat. Auch hätten sie daher zumindest wissen müssen, dass auch
ein Verkauf an andere Person möglich ist und nicht von vornherein ausschließlich an sie
in Betracht kam.
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