Urteil des VG Frankfurt (Oder) vom 23.02.2005

VG Frankfurt(oder ): gebühr, eugh, satzung, untersuchungskosten, mitgliedstaat, ausführung, rechtswidrigkeit, pauschalbetrag, gemeinschaftsrecht, pauschalierung

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Gericht:
VG Frankfurt (Oder)
4. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 K 942/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 FlHGAG BB, § 1 FlHGDV BB,
§ 24 FlBG, Anh A Kap 1 Nr 4b
EWGRL 73/85, Anh A Kap 1 Nr 4a
EWGRL 73/85
Rechtmäßigkeit der Erhebung erhöhter
Fleischbeschauungsgebühren
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 23. Februar 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2005 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von
982,73 Euro übersteigt.
Der Bescheid des Beklagten vom 15. März 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2005 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von
856,27 Euro übersteigt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 4/5, der Beklagte zu 1/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweiligen
Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung die Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen Fleischbeschauungsgebührenbescheide des Beklagten.
Der Beklagte erließ am 23. Februar 2005 gegenüber der Klägerin einen
Gebührenbescheid für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung für den Monat Januar
2005 in Höhe von 1219,86 Euro.
Am 15. März 2005 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Gebührenbescheid
für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung für den Monat Februar 2005 in Höhe von
1018,65 Euro.
Die Klägerin legte gegen die Gebührenbescheide mit Schreiben vom 23. März 2005
Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. Juni 2005
zurückgewiesen wurde.
Die Klägerin hat am 6. Juli 2005 die vorliegende Klage erhoben.
Sie trägt vor:
Die angefochtenen Gebührenbescheide seien rechtswidrig, da eine
Ermächtigungsgrundlage fehle.
Denn die Fleischbeschauergebührensatzung des Beklagten sei wegen Verstoßes gegen
Gemeinschaftsrecht nichtig.
Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse jede von einem Mitgliedstaat beschlossene
Erhöhung den Pauschalbetrag der Gemeinschaftsgebühr gem. der Richtlinie 85/73/EWG
in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG vom 26. Juni 1996 selbst betreffen und als dessen
Anhebung erfolgen. Eine spezifische über die Gemeinschaftsgebühr hinausgehende
Gebühr habe sämtliche tatsächliche Kosten abzudecken. Die genannte Richtlinie
gestatte nicht die Erhebung einer spezifischen Gebühr zusätzlich zu der
Gemeinschaftsgebühr, um bestimmte Kosten für Untersuchungen und Kontrollen
abzudecken, die nicht in allen Fällen stattfänden. Gegen diesen Grundsatz verstoße
jedoch die Fleischbeschaugebührensatzung des Beklagten, da sie in §§ 2, 3, 5, 7 und 8
verschiedene Gebühren bei unterschiedlichen Tätigkeiten vorsehe. Denn zum Wesen der
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verschiedene Gebühren bei unterschiedlichen Tätigkeiten vorsehe. Denn zum Wesen der
Pauschalgebühr gehöre es gerade, dass sie in bestimmten Fällen die tatsächlichen
Kosten für die Maßnahmen, die mit ihr finanziert werden sollten, übersteige und in
anderen Fällen niedriger sei. Daher müssten die Kosten sämtlicher anfallender
Untersuchungen durch eine einheitliche Gebühr abgedeckt werden.
Die Nichtigkeit der Gebührenregelung für die einzelnen Tatbestände führe zur
Unwirksamkeit der allgemeinen Gebührenerhebung für die Untersuchung und Kontrolle
von Schweinen. Denn die Kalkulationsgrundlage der allgemeinen Gebühr werde von der
Rechtswidrigkeit der besonderen Gebührenerhebung wesentlich beeinflusst. Es komme
nicht darauf an, ob der Beklagte im vorliegenden Fall von jedem Gebührentatbestand
Gebrauch gemacht habe.
Der Beklagte könne auch nicht die Richtlinie 85/73/EWG direkt als
Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Gebührenbescheide heranziehen, weil diese
vorliegend keine unmittelbare Wirkung habe.
Gemäß der Rechtsprechung des EuGH in der Entscheidung vom 30. Mai 2002 - C -
288.00- sei Ziffer 4 des Anhangs A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG so auszulegen, dass
die Pauschalgebühren auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten
angehoben werden oder neben der Pauschalgebühr weitere Gebühren nach den
tatsächlichen Untersuchungskosten erhoben werden dürften. Somit hätten die
Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Pauschalgebühren entweder unter den festgelegten
eng begrenzten Ausnahmevoraussetzungen anzuheben oder sich von der in der
Richtlinie ausnahmsweise zugelassenen Anhebung der Pauschalgebühren und deren
Voraussetzungen zu lösen und eine „spezifische Gebühr“ zu erheben, die die
tatsächlichen Kosten decke. Eine Kombination beider Ausnahmemöglichkeiten scheide
aus.
In Brandenburg gelte gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AGFlHG Ziffer 4 a Anhang A Kapitel I der
Richtlinie 85/73/EWG die Pauschalgebühr. Von der Erhebung einer eigenen Gebühr sei
nicht die Rede. Damit berücksichtige das Land Brandenburg, dass die Ziffer 4 b des
Anhangs A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG auf Grund Verstoßes gegen das
Diskriminierungsverbot und den Gleichheitssatz nicht in nationales Recht umgesetzt
werden könne.
Vorliegend seien in der Satzung die Pauschalgebühren in Anwendung der Ziffer 4 a nach
tatsächlichen Kosten bemessen worden. Dies sei nicht zu beanstanden. In diesem Fall
müsse die Erhöhung der Pauschalgebühr aber auch die Kosten für bakteriologische
Untersuchungen und die Untersuchungen auf Trichinen enthalten.
Vorliegend seien jedoch gleichzeitig in Anwendung der Ziffern 4 a und 4 b der Anlage A
der Richtlinie 85/72/EWG weitere spezifische Gebührentatbestände nach tatsächlichen
Kosten eingeführt worden.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2007 - 3 C 50.06 -
stehe dieser Auslegung nichts entgegen.
Sofern das Bundesverwaltungsgericht darin davon ausgehe, dass im Land Schleswig-
Holstein nicht die Pauschalbeträge nach Anhang A Kapitel I Ziffer 1 der Richtlinie
85/73/EWG erhoben würden, sondern gemäß Anhang A Kapitel I Ziffer 4 b der Richtlinie
85/73/EWG eine spezifische Gebühr nach den tatsächlichen Kosten berechnet werde,
verkenne es, dass auch die Erhöhung der Pauschalgebühr abhängig von der Höhe der zu
deckenden Kosten sei. Allein der Umstand, dass nach tatsächlichen Kosten kalkuliert
werde, führe nicht zwingend zu der Annahme der Voraussetzungen der Ziffer 4 b des
Anhangs A Kapitel I der Richtlinie 85/83/EWG.
Zum anderen beachte das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass nicht von beiden
Alternativen gleichzeitig Gebrauch gemacht werden könne.
Dem EuGH könne die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt werden, ob neben einer
Erhöhung der Pauschalgebühr nach Anlage A Kapitel I Ziffer 1 der Richtlinie 85/73/EWG
nach tatsächlichen Kosten entsprechend Anlage A Kapitel I Ziffer 4 a der Richtlinie
85/73/EWG gleichzeitig auch die Erhebung einer eigenen Gebühr entsprechend Anlage A
Kapitel I Ziffer 4b der Richtlinie 85/73/EWG zulässig sei.
Des Weiteren stimme die Fleischbeschaugebührensatzung des Beklagten bis auf die
Einhufer und das Geflügelfleisch in keiner einzigen Vorgabe mit der Richtlinie 85/73/EWG
überein.
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Die Fleischbeschaugebührensatzung des Beklagten verstoße des Weiteren gegen
§ 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Ausführung des
Fleischhygienegesetzes (AGFlHGV), wonach Gebühren für die Trichinenuntersuchung bei
Schlachtschweinen nicht mehr vorgesehen sei, sondern nur noch bei erlegtem Haarwild.
Die Fleischbeschauungsgebührensatzung des Beklagten weiche des Weiteren in
mehreren Punkten von § 1 AGFlHGV ab. So sei in der Satzung entgegen den
gesetzlichen Vorgaben einerseits kein Gebührentatbestand für „andere Paarhufer“ (z. B.
Hirsche) enthalten, andererseits sei der gesetzlich nicht vorgesehene
Gebührentatbestand für „Strauße“ aufgenommen worden.
Die aufgeführten Fehler führten wegen der Auswirkungen auf das Kalkulationsgefüge zur
Nichtigkeit der Untersuchungsgebühren nach der Fleischbeschauungsgebührensatzung.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide des Beklagten vom 23. Februar 2005 und vom 15. März 2005 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor:
Im Land Brandenburg würden gem. § 4 Abs. 1 AGFlHG keine Pauschalgebühren, sondern
kostendeckende Gebühren erhoben. Die Kalkulationsgrundlage der Gebührensatzung
entspreche dem Grundsatz der Kostendeckung. Die gültigen geltenden Tarifverträge
seien dabei berücksichtigt worden. Die einzelnen gebührenpflichtigen Tatbestände seien
gem. § 1 AGFlHGV nachweisbar festgelegt worden und somit transparent. Gebühren
gem. § 5 und 8 der Satzung seien noch nie der Klägerin gegenüber erhoben worden.
Die gesonderte Erhebung von (Teil-)Gebühren für die Trichinenuntersuchung sei durch
Anhang A Kapitel I Nr. 4 b) der Richtlinie 85/73/EWG gedeckt. Danach könnten auch
mehrere Teilgebühren bis zur Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten erhoben
werden. Die gesonderte Erhebung von Gebühren für die Trichinenuntersuchung sei nur
unzulässig, sofern in einem Bundesland Pauschalgebühren erhoben würden.
Die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes
zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes vom 14. Januar 2004 sei bei dem Erlass der
Fleischbeschaugebührensatzung vom 28. April 2004 nicht berücksichtigt worden.
Dennoch bestehe gemäß § 1 Abs. 3 Fleischhygienegesetz (FlHG) eine
Untersuchungspflicht auf Trichinen nach der Schlachtung bei Schweinen und Einhufern,
deren Fleisch zum Genuss für Menschen bestimmt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und
den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung
entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Anfechtungsklage ist teilweise begründet.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Gebührenbescheide sind § 24 Abs. 1 und 2 FlHG in
Verbindung mit § 4 des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes (AGFlHG)
in Verbindung mit der Fleischbeschaugebührensatzung des Landkreises Märkisch
Oderland vom 28. April 2004.
Gem. § 24 Abs. 1 FlHG werden für die Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur
Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften kostendeckende
Gebühren und Auslagen erhoben. Dies gilt auch für Amtshandlungen nach unmittelbar
geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich dieses
Gesetzes.
Gem. § 24 Abs. 2 FlHG werden die nach Abs. 1 kostenpflichtigen Tatbestände durch
Landesrecht bestimmt. Die Gebühren werden nach Maßgabe der von der Europäischen
Gemeinschaft erlassenen Rechtsakte über die Finanzierung der Untersuchungen und
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Gemeinschaft erlassenen Rechtsakte über die Finanzierung der Untersuchungen und
Hygienekontrollen von Fleisch bemessen.
Gem. § 4 Abs. 1 AGFlHG werden für die Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den
zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften kostendeckende
Gebühren erhoben. Die nach Abs. 1 kostenpflichtigen Tatbestände werden gem. § 4 Abs.
2 AGFlHG durch das für die Lebensmittelüberwachung zuständige Mitglied der
Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern durch Rechtsverordnung
festgelegt.
Für die nach Abs. 2 festgelegten kostenpflichtigen Tatbestände bestimmen gem. § 4
Abs. 3 AGFlHG die Landkreise und kreisfreien Städte die Gebührenhöhe durch
Satzungen. Die Gebühren sind entsprechend den Pauschalbeträgen festzusetzen, die in
Rechtssätzen der Europäischen Gemeinschaft über die Finanzierung der
Untersuchungen und Hygienekontrollen von Fleisch- und Geflügelfleisch bestimmt sind.
Soweit die in Satz 2 genannten Akte es zulassen, sind Erhöhungen oder Absenkungen
auf den Stand der tatsächlichen Kosten vorzunehmen.
In § 1 AGFlHGV vom 30. Mai 1995, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur
Änderung der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Ausführung des
Fleischhygienegesetzes vom 14. Januar 2004 (GVBl II S. 100), sind die einzelnen
kostenpflichtigen Tatbestände, die bei der Durchführung der amtlichen Untersuchungen
nach § 1 FlHG entstehen, geregelt.
Danach sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in
ihren Rechten, soweit darin Gebühren für Trichinenuntersuchungen erhoben werden.
Denn insoweit ist die Satzung nicht von § 1 Nr. 2 AGFlHGV gedeckt. Zutreffend weist die
Klägerin daraufhin, dass nach dieser Vorschrift die Untersuchung auf Trichinen nur noch
bei erlegtem Haarwild vorgesehen ist. Die bestehende Untersuchungspflicht bzgl.
Trichinen ändert nichts daran, dass insoweit eine Gebührenerhebung als
kostenpflichtiger Tatbestand gem. § 4 Abs. 2 AGFlHG durch Rechtsverordnung zu regeln
ist. Eine solche Gebühr hat der Beklagte jedoch in Anwendung von
§ 2 Abs. 2 der Fleischbeschaugebührensatzung ohne entsprechende Regelung in der
AGFlHGV in den angefochtenen Bescheiden für Schweine und Schwarzwild angesetzt,
wobei bzgl. des Schwarzwildes nicht erkennbar ist, ob dieses erlegt wurde und damit
unter den Begriff „erlegtes Haarwild“ fällt. Diesbezüglich wurde nicht der Gebührensatz
von 5,18 Euro für „erlegtes Haarwild angesetzt, sondern der Satz für
Trichinenuntersuchungen u.a. bei Schwarzwild in Höhe von 5,90 Euro.
Im Übrigen sind die Gebührenbescheide rechtmäßig.
Die Fleischbeschaugebührensatzung ist, abgesehen von der Erhebung von Gebühren für
Trichinenuntersuchungen und soweit vorliegend erheblich, mit dem AGFlHG und der
AGFlHGV vereinbar.
Die Teilnichtigkeit der Fleischbeschaugebührensatzung hinsichtlich des
Gebührenansatzes bei Trichinenuntersuchungen bei Schweinen führt nicht zur
Nichtigkeit der gesamten Satzung. Es ist nicht ersichtlich, dass deswegen das gesamte
Kalkulationsgefüge der Fleischbeschaugebührensatzung in sich nicht mehr stimmig ist.
Denn mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die dort angesetzten
Gebühren den tatsächlichen Untersuchungskosten entsprechen. Deshalb kann die
Rechtswidrigkeit eines Gebührenansatzes nicht zur Rechtswidrigkeit der Übrigen führen.
Sofern die Klägerin moniert, dass die Fleischbeschaugebührensatzung in § 2 Gebühren
für Rinder einschließlich Kälber und für Schweine einschließlich Ferkel vorsieht, während
in § 1 Abs. 1 Nr. 1 a - d AGFlHGV Rinder, Kälber, Schweine und Ferkel gesondert
aufgeführt werden, vermag ihr dies nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Satzung ist
insoweit von der Durchführungsverordnung gedeckt. Dass die Untersuchung von Kälbern
und Ferkeln nicht den (vollen) Gebührenansatz für Rinder und Schweine rechtfertigt,
etwa weil nicht dieselben Kosten entstehen, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist
auch sonst nicht ersichtlich.
Auch im Übrigen sind weitere erhebliche Abweichungen der
Fleischbeschaugebührensatzung von § 1 AGFlHGV nicht ersichtlich.
Soweit in dem Bescheid vom 23. Februar 2005 eine Gebühr für die Fleischuntersuchung
von Rehwild festgesetzt wurde, findet sich die Rechtsgrundlage dafür in § 1 Nr. 1 j
AGFlHGV -„sonstiges erlegtes Haarwild einschließlich Gehegewild“- in Verbindung mit § 2
Abs. 2 der Fleischbeschaugebührensatzung,
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Die Gebührenfestsetzung für Strauße gem. § 2 der Satzung ist zwar nicht in § 1 Nr. 1
AGFlHGV geregelt. Für Straußfleisch wurde jedoch in den angefochtenen Bescheiden
keine Gebühr festgesetzt.
Für Kaninchen und Hasen erfolgte ebenfalls keine Gebührenfestsetzung.
Sofern die Klägerin in der Fleischbeschaugebührensatzung einen Gebührentatbestand
für „andere Paarhufer“ vermisst, kommt es darauf bereits deshalb nicht an, weil auch
insoweit keine Gebührenfestsetzung erfolgte. Abgesehen davon zählen Paarhufer zum
Haarwild.
Das brandenburgische Landesrecht ist auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht
vereinbar.
Maßgeblich für die Erhebung von Gebühren für Fleischuntersuchungen ist die Richtlinie
85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen
und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch in der Fassung der
Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 (ABl. EG Nr. L 162 S. 1). Diese Richtlinie
wurde zwar durch Artikel 61 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit Wirkung vom 1. Januar
2008 aufgehoben. Dies gilt jedoch nur für die Zukunft und lässt die Gültigkeit der
Anwendbarkeit der Richtlinie 87/73/EWG bei Sachverhalten vor dem 1. Januar 2008
unberührt (BVerwG Urteil vom 20. Dezember 2007 - 3 C 50/06).
Nach Artikel 1 der Richtlinie 85/73/EWG tragen die Mitgliedstaaten nach Maßgabe des
Anhangs A dafür Sorge, dass für die Kosten, die durch die Untersuchungen und
Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne des vorgenannten Anhangs entstehen, eine
Gemeinschaftsgebühr erhoben wird. „Gemeinschaftsgebühr“ meint
„gemeinschaftsrechtlich geregelte Gebühr“, also eine Gebühr auf der Grundlage der
Richtlinie 85/73/EWG; die Mitgliedstaaten dürfen für diese Amtshandlungen weder auf die
Erhebung einer Gebühr verzichten (Erhebungspflicht) noch neben der
Gemeinschaftsgebühr zusätzlich nationale Gebühren erheben (Überschreitungsverbot,
Artikel 5 Abs. 3 der Richtlinie).
Anhang A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG regelt die Gebühr nach Artikel 1 näher. Nr. 1
bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten - unbeschadet ihrer Befugnis zur Abweichung nach
Maßgabe der Nummern 4 und 5 - für Untersuchungskosten im Zusammenhang mit
Schlachttätigkeiten bestimmte Pauschalbeträge erheben, die nach Tierarten sowie nach
Schlachtgewicht differenziert sind. Diesen Pauschalbeträgen liegen durchschnittliche
Kosten - bezogen auf die Kostentatbestände des Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie
85/73/EWG - in der gesamten (damaligen) Gemeinschaft zugrunde. Nummern 4 und 5
gestatten den Mitgliedsstaaten, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von den
Pauschalbeträgen abzuweichen. Nach Nr. 5 können die Mitgliedsstaaten geringere
Gebühren erheben, nach Nr. 4 höhere Gebühren. Dabei gestattet Nr. 4 a zur Deckung
höherer Kosten die gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge für bestimmte
Betriebe anzuheben und Nr. 4 b erlaubt, zur Deckung höherer Kosten eine spezifische
Gebühr zu erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt.
Im Land Brandenburg werden entgegen der Auffassung der Klägerin für
Untersuchungskosten im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten nicht die
Pauschalbeträge nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie 85/73/EWG erhoben,
sondern vielmehr Gebühren nach dem Stand der tatsächlichen Kosten berechnet, vgl. §
4 Abs.1, Abs. 3 Satz 3 AGFlHG. Zwar sollen gem. § 4 Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift die
Gebühren entsprechend den Pauschalbeträgen der Rechtsakte der Europäischen
Gemeinschaft festgesetzt werden. Nach Satz 3 sind jedoch Erhöhungen oder
Absenkungen auf den Stand der tatsächlichen Kosten vorzunehmen, soweit die
genannten Akte dies zulassen. Dies entspricht zum einen der bundesrechtlichen
Ermächtigung in
§ 24 Abs. 1 FlHG sowie zum anderen dem Grundsatz in § 4 Abs.1 AGFlHG.
Eine Beschränkung nur auf die Erhöhungsmöglichkeit nach Nr. 4a Kapitel I des Anhangs
A der maßgeblichen Richtlinie ist danach durch § 4 AGFlHG nicht erfolgt, da nämlich in
diesem Fall oftmals mangels Vorliegens der besonderen Erhöhungsvoraussetzungen
keine Deckung der den Behörden tatsächlich entstehenden Kosten erzielt werden
könnte (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.12.2004 - 9 A
4056/02, Rdnr. 80). Eine Gebührenerhöhung wird in § 4 Abs. 3 Satz 2 AGFlHG gerade
nicht vom Vorliegen besonderer Voraussetzungen im Sinne von Nr. 4a Kapitel I des
Anhangs A abhängig gemacht.
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Da Ziff. 4 b des Anhangs A des Kapitels I der Richtlinie 85/73/EWG ausdrücklich die
Erhebung einer Gebühr zulässt, die die tatsächlichen Kosten deckt, konnte von dieser
Möglichkeit auch Gebrauch gemacht werden. Die Gebührenerhebung gemäß der
Fleischbeschaugebührensatzung des Landkreises Märkisch Oderland entspricht
ersichtlich nicht der Möglichkeit gemäß Ziffer 4 a des Anhangs A Kapitel I der genannten
Richtlinie. Von einer Erhöhung der Pauschalbeträge bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen ist dort nicht die Rede.
Ein Verbot der Berechnung von Teilgebühren für abtrennbare Untersuchungsteile ist
Anhang A Kapitel I Nr. 4 b der Richtlinie 85/73/EWG nicht zu entnehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit in dem Urteil vom 20. Dezember 2007 - 3 C
50/06 - folgendes ausgeführt: „Dass Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie
von "einer" Gebühr spricht, gibt dafür nichts her. Wie der Blick auf die englische
Sprachfassung zeigt, ist "ein" kein Zahlwort, sondern ein unbestimmter Artikel ("a" statt
"one"). Selbst wenn es ein Zahlwort wäre und deshalb nur eine Gebühr erhoben werden
dürfte, wäre allein damit noch nichts über die Ermittlung und Bemessung dieser Gebühr
gesagt. Es bliebe auch dann möglich, die Gebühr im Wege der Addition mehrerer
Teilbeträge (Teilgebühren) zu ermitteln. Davon geht die Richtlinie sogar selbst aus, wenn
sie die Mitgliedstaaten in Art. 5 Abs. 3 dazu ermächtigt, einen höheren Betrag als die
Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die erhobene " Gesamt gebühr" die
tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.
Richtig ist, dass der gemeinschaftsdurchschnittliche Pauschalbetrag je Tier nach Anhang
A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie 85/73/EWG nur nach Tierarten und nach Gewichtsklassen
differenziert, aber eine zusätzliche Differenzierung - etwa nach Untersuchungsteilen -
nicht zulässt, und dass auch die abweichende Gebührenbemessung nach Anhang A
Kapitel I Nr. 4 Buchstabe a nur im Wege der Anhebung dieser Pauschalbeträge zulässig
ist. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass auch die abweichende
Gebührenbemessung nach Nr. 4 Buchstabe b nur durch Anhebung dieser
gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge erfolgen und dass deshalb bei der
Gebührenbemessung nur in ihrem Rahmen differenziert werden dürfte. In Nr. 4
Buchstabe b ist in deutlichem Unterschied zu Nr. 1 gerade nicht von
"Pauschalbeträgen", sondern von "Gebühr" - in der Vorgängerfassung des Anhangs
Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Änderungsrichtlinie 93/118/EG des Rates vom 22.
Dezember 1993 (ABl EG Nr. L 340 S. 15) sogar von "spezifischer Gebühr" - die Rede.
Damit wird hier gerade keine Pauschalierung verlangt, schon gar keine Pauschalierung
mit der Reichweite der Nr. 1.
Eine allgemeine Festlegung nur auf derartige Pauschalbeträge ergibt sich auch nicht aus
Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 85/73/EWG. Dort sind ersichtlich nur die im Anhang A
Kapitel I Nr. 1 (und Nr. 2 Buchstabe a) "vorgesehenen durchschnittlichen
Pauschalbeträge" gemeint. Auch die Protokollerklärung des Agrarrates und der
Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung des Rates vom 15. Juni
1988 über die Beiträge der für die Untersuchung und Hygienekontrollen von frischem
Fleisch zu erhebenden Gebühren gemäß der Richtlinie 85/73/EWG (88/408/EWG) vom 24.
Januar 1989 (BAnz. 1989, 901) enthält Grundsätze und Methoden nur für die
Berechnung der gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge. Sie sind auf eine
pauschalierende Gebührenbemessung zugeschnitten und können deshalb allenfalls
noch für eine abweichende Gebührenbemessung im Wege der Anhebung der
gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschale nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe a
Anhaltspunkte liefern, nicht aber auch für eine Abweichung im Wege der Erhebung einer
spezifischen Gebühr nach Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b.
Auch Sinn und Zweck der Richtlinie stehen einer nach Untersuchungsteilen
differenzierenden Kosten- und Gebührenkalkulation nicht entgegen, solange nur die
tatsächlichen Kosten erfasst und auch nicht unter-, jedenfalls aber nicht überschritten
werden. Die Harmonisierung des Rechts der Fleischuntersuchungsgebühren soll
verhindern, dass Unterschiede bei der Finanzierung der Gebühren den Wettbewerb
zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fleischerzeugnisse beeinträchtigen
(Erwägungsgrund 5 zur Richtlinie 85/73/EWG vom 29. Januar 1985, ABl EG Nr. L 32 S. 14;
vgl. EuGH, Urteile vom 9. September 1999 a.a.O. , und vom 30. Mai 2002
a.a.O. ). Dabei sollte die Harmonisierung gerade nicht so weit gehen, dass in
sämtlichen Mitgliedstaaten dieselben Gebühren erhoben werden (EuGH, Urteil vom 9.
September 1999 a.a.O. ); das wird schon durch die Möglichkeit eines jeden
Mitgliedstaates belegt, die gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträge zu unter-
oder zu überschreiten. Vielmehr sollte sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten
die Kosten der Fleischuntersuchung überhaupt im Wege der Gebühren auf die Erzeuger
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die Kosten der Fleischuntersuchung überhaupt im Wege der Gebühren auf die Erzeuger
abwälzen und nicht als "indirekte Subvention" auf sich behalten. Das belegt Art. 5 Abs. 2
Satz 1 der Richtlinie 85/73/EWG in ihrer heutigen Fassung. Hiernach ist dem Mitgliedstaat
die direkte oder indirekte Erstattung der Gebühren im Sinne dieser Richtlinie untersagt.
Außerdem sollten die jeweils erhobenen Gebühren vergleichbar sein, indem
gemeinschaftsrechtlich die Gebührentatbestände und die hierbei gebührenfähigen
Kostenpositionen festgelegt wurden; für weitere Tatbestände (Ausnahme: Art. 5 Abs. 4
Unterabs. 2) und weitere Kostenpositionen dürfen Gebühren nicht erhoben werden (Art.
5 Abs. 4 Unterabs. 1). Alles dies besagt nichts zu der Frage, inwieweit innerhalb der
hiernach gebührenpflichtigen Tatbestände und der hiernach einzustellenden
Kostenpositionen die Gebühren differenzierend oder umgekehrt pauschalierend zu
bemessen sind.“
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, namentlich dem Urteil vom 30.
Mai 2002 - C 284/00 und C 288/00 -, ergibt sich nichts anderes.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu ausgeführt:
„Im Urteil "Feyrer" (vom 9. September 1999 - Rs. C-374/97 - Slg. I-5153, 5167
vgl. auch Rn. 30 ff.>) hat der Europäische Gerichtshof zu der im wesentlichen
wortgleichen Vorgängerfassung des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie
85/73/EWG entschieden, dass die den Mitgliedstaaten hierdurch eröffnete Möglichkeit zur
Erhebung einer spezifischen Gebühr, die die tatsächlichen Kosten deckt, eine Befugnis
ist, "von der sie unter der einzigen Voraussetzung , dass die Gebühr die tatsächlichen
Kosten nicht überschreitet", allgemein nach ihrem Ermessen Gebrauch machen können.
Das hat der Gerichtshof zwar im Kontext der Frage ausgesprochen, ob der Richtlinie
unmittelbare Wirkung zukomme, wenn sie nicht fristgerecht in nationales Recht
umgesetzt sei Es handelt sich gleichwohl um eine allgemeine Aussage zu der auch
vorliegend entscheidungserheblichen Vorschrift.
Die Klägerin beruft sich demgegenüber auf das Urteil in den Rechtssachen "Stratmann
und Fleischversorgung Neuss" (vom 30. Mai 2002 - Rs. C-284/00 und C-288/00 - Slg. I-
4611, 4632). Das Urteil betrifft indes nicht die vorliegend strittige Frage. In den zugrunde
liegenden Ausgangsfällen hatten die Behörden für die Fleischuntersuchung neben der
Pauschalgebühr nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie 85/73/EWG (bzw. den
entsprechenden Vorgängerbestimmungen) zusätzlich spezifische Gebühren für die
Untersuchung auf Trichinen (im Fall Stratmann) bzw. für bakteriologische
Untersuchungen (im Fall Fleischversorgung Neuss) erhoben (vgl. EuGH, Urteil vom 30.
Mai 2002 a.a.O. ). Das Bundesverwaltungsgericht hatte dementsprechend
jeweils gefragt, ob die nach der Richtlinie 85/73/EWG geltende - gegebenenfalls erhöhte -
Pauschalgebühr auch die Kosten der Durchführung von Untersuchungen von frischem
Schweinefleisch auf Trichinen bzw. die Kosten einer im Einzelfall erforderlichen
bakteriologischen Untersuchung erfasst (Beschlüsse vom 27. April 2000 - BVerwG 1 C
8.99 und 1 C 12.99 - Buchholz 418.5 Nr. 20 und 21; EuGH, Urteil vom 30. Mai 2002,
a.a.O. ). Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof bejaht. Hierzu hat er
darauf hingewiesen, dass die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene
Fleischuntersuchung die Untersuchung auf Trichinen sowie erforderlichenfalls
bakteriologische Untersuchungen einschließt (Rn. 42 ff.), weshalb Gebühren hierfür auch
nur nach Maßgabe der Richtlinie 85/73/EWG erhoben werden dürfen (Rn. 49). Den
Mitgliedstaaten sei also durch Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie verboten, neben dieser
Gemeinschaftsgebühr für die Untersuchung auf Trichinen sowie für bakteriologische
Untersuchungen noch gesonderte "nationale Gebühren" zu erheben (Rn. 53, 55, 58).
Alles dies ist zweifelsfrei. Zur Frage, ob ein Mitgliedstaat, der die Gemeinschaftsgebühr
statt nach gemeinschaftsdurchschnittlichen Pauschalbeträgen nach Anhang A Kapitel I
Nr. 1 als spezifische Gebühr auf der Grundlage von Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b
der Richtlinie 85/73/EWG erheben will, dies wiederum nur im Wege von einheitlichen
Pauschalbeträgen je Tier und Tierart tun darf, ergibt sich hieraus nichts.
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof dort beiläufig ausgeführt, "aus Kapitel I
Nummer 4 Buchstaben a und b des Anhangs der Richtlinie 85/73 ... (ergebe) sich
vielmehr, dass jede von einem Mitgliedstaat beschlossene Erhöhung den
Pauschalbetrag der Gemeinschaftsgebühr selbst betreffen und als dessen Anhebung
erfolgen muss und dass eine spezifische, über die Gemeinschaftsgebühren
hinausgehende Gebühr sämtliche tatsächlich entstandenen Kosten abdecken muss"
(Urteil vom 30. Mai 2002 a.a.O. ). Diese Ausführungen haben deshalb
Missverständnisse ausgelöst, weil sie die beiden verschiedenen Möglichkeiten, die das
Gemeinschaftsrecht in Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchstaben a und b den Mitgliedstaaten
zur Abweichung von den Pauschalbeträgen nach Anhang A Kapitel I Nr. 1 eröffnet, in
einen Satz zusammenfassen. Der Fall der "Erhöhung" der Gemeinschaftsgebühr im
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einen Satz zusammenfassen. Der Fall der "Erhöhung" der Gemeinschaftsgebühr im
Wege der "Anhebung des Pauschalbetrages" betrifft ersichtlich (nur) Anhang A Kapitel I
Nr. 4 Buchstabe a , während der Fall der Erhebung einer "spezifischen Gebühr", die
"sämtliche tatsächlich entstandenen Kosten abdecken muss", (nur) Anhang A Kapitel I
Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie 85/73/EWG betrifft. Dass auch diese "spezifische Gebühr"
wiederum eine - zudem einheitliche - Pauschalgebühr sein müsste, hat der Gerichtshof
damit nicht gesagt. Eine derartige Aussage wäre zudem durch die Vorlagefragen nicht
veranlasst und ergäbe sich auch nicht als Schlussfolgerung aus anderen Erwägungen
des Urteils.
5. Zur Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs besteht kein
Anlass. Die Revision wirft zwar eine Frage zur Auslegung einer Richtlinie des
Gemeinschaftsrechts auf; dies begründet nach Art. 234 Abs. 3 EG im Grundsatz die
Vorlagepflicht. Diese Verpflichtung besteht jedoch dann nicht, wenn die Auslegungsfrage
vom Europäischen Gerichtshof bereits entschieden worden ist (EuGH, Urteil vom 6.
Oktober 1982 - Rs. 283/81, CILFIT - Slg. S. 3415 ). So liegt der Fall hier. Wie
gezeigt, hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass ein Mitgliedstaat von
der Ausnahmeregelung des Anhangs A Kapitel I Nr. 4 Buchstabe b der Richtlinie
85/73/EWG unter der einzigen Voraussetzung Gebrauch machen darf, dass die Gebühr
die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet (EuGH, Urteile vom 9. September 1999
a.a.O. und vom 30. Mai 2002 a.a.O. ). Die
Ungewissheit, wie die Bemerkung in Randnummer 56 des Urteils vom 30. Mai 2002 in
den Rechtssachen "Stratmann und Fleischversorgung Neuss" zu verstehen sei,
begründet als solche die Vorlagepflicht nicht, zumal sich diese Ungewissheit - wie
gezeigt - zweifelsfrei beheben lässt.“
Dass die hier festgesetzten Gebühren die tatsächlichen Kosten der
Fleischuntersuchungen überschreiten würden, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist
auch im Übrigen nicht ersichtlich.
Die Einwände der Klägerin gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.
Dezember 2007 - 3 C 50/06 - greifen nicht durch. Sie geht bereits im Ansatz
unzutreffend von der Erhebung einer Pauschalgebühr im Land Brandenburg aus. Daher
geht auch der Einwand fehl, dass vorliegend in unzulässiger Weise zwischen beiden
Erhöhungsalternativen gleichzeitig Gebrauch gemacht werde. Deshalb braucht das
Gericht auch dem EuGH nicht die Frage vorzulegen, ob neben einer Erhöhung der
Pauschalgebühr gleichzeitig auch die Erhebung einer eigenen Gebühr zulässig ist. Diese
Frage hat der EuGH gerade in der Entscheidung C 288.00 verneint. Diese Entscheidung
ist hingegen im vorliegenden Fall - was sich aus der Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2007 -3 C 50/06- ergibt - nicht
einschlägig.
Nach alledem ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine Umsetzung von Ziffer 4 b des
Anhangs A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG in nationales Recht gegen das
Diskriminierungsverbot und den Gleichheitssatz verstoßen sollte. Aus den zitierten
Entscheidungen des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich vielmehr die
Zulässigkeit dieser Verfahrensweise.
Die Fleischbeschaugebührensatzung des Landkreises Märkisch Oderland weicht auch
nicht in erheblicher Weise von der Richtlinie 85/73/EWG Anlage A Kapitel I Ziffer 1 ab.
Sofern die Bezeichnung Kälber in der Richtlinie nicht ausdrücklich aufgeführt ist, ist dies
unerheblich, weil schließlich Kälber auch zur Gattung Rind gehören und in der Richtlinie
auf Jungrinder Bezug genommen wird. Diese Erwägungen gelten auch für die
Bezeichnung Ferkel in der Fleischbeschaugebührensatzung. Die in den angefochtenen
Bescheiden angesetzten Gebühren für Schaf- und Ziegenfleisch entsprechen Anhang A
Kapitel I Ziffer 1 d der Richtlinie. Sofern die Satzung bei Schweine-, Ziegen- und
Schaffleisch nicht entsprechend der Richtlinie nach dem Schlachtgewicht differenziert, ist
dies unerheblich, weil die entsprechenden Pauschalbeträge im Land Brandenburg nicht
erhoben werden und - wie bereits im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit der
Fleischbeschaugebührensatzung mit § 1 AGFlHGV ausgeführt - nicht ersichtlich ist, dass
die tatsächlichen Untersuchungskosten je nach Schlachtgewicht differieren.
Sofern in den angefochtenen Gebührenbescheiden eine Gebühr für die Untersuchung
von Rehwild, also erlegtem Haarwild gem. § 2 Abs. 2 der
Fleischbeschaugebührensatzung i.V.m. § 1 Abs. 1 j AGFlHGV angesetzt wird, findet dies
seine Entsprechung im Anhang A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG Ziffer 1 f „Fleisch von
Kaninchen und Kleinwild (Feder- und Haarwild)“.
Im Übrigen sind evtl. weitere Abweichungen der Fleischbeschaugebührensatzung von der
Richtlinie unerheblich, weil Gebühren nur für die Untersuchung von Rindern, Schweinen,
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Richtlinie unerheblich, weil Gebühren nur für die Untersuchung von Rindern, Schweinen,
Ziegen und Schafen sowie Haarwild angesetzt wurden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung auf Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. mit §§ 708, 711 ZPO.
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