Urteil des VG Frankfurt (Oder) vom 06.10.2008

VG Frankfurt(oder ): genehmigung, verwaltungsakt, öffentliche ordnung, persönliche eignung, behörde, sprengstoffgesetz, ausnahme, zukunft, feststellungsklage, klageart

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Gericht:
VG Frankfurt (Oder)
5. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 K 392/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 FeiertG BE, § 12 ImSchG BB,
§ 27 SprengG, § 22 VwVfG BE, §
6 Abs 4 SprengV 1
Veranstaltung eines privaten Feuerwerks am Heiligabend
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2008 rechtswidrig war.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages
abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Inhaber einer Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes, die ihn zum
Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen aller Klassen sowie pyrotechnischen
Sätzen und Anzündmitteln berechtigt. Auf dieser Grundlage ist er zum Abbrennen eines
Feuerwerks befugt.
In der Vergangenheit hatte er bereits mehrmalig bei der Beklagten angezeigt, im
dortigen Gemeindegebiet Feuerwerke abbrennen zu wollen. Hierfür hatte er von der
Beklagten jeweils eine auf § 12 des Landesimmissionsschutzgesetzes gestützte
Erlaubnis erhalten. Damit waren jeweils Gebührenbescheide verbunden, gegen die der
Kläger gerichtlichen Rechtsschutz begehrte. Unter anderem machte er geltend, eine
Gebührenerhebung für die Bearbeitung der Anträge komme schon deshalb nicht in
Betracht, weil er solche nicht gestellt habe. Die Verfahren sind bei der 1. Kammer des
Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) anhängig (1 K 777/07 und 1 K 843/08).
Unter dem 9. Dezember 2007 zeigte der Kläger seine Absicht an, an seinem
Geburtstag, dem 24. Dezember 2007, ein Feuerwerk in der ... im Gemeindegebiet der
Beklagten durchführen zu wollen.
Das Schreiben des Klägers wurde von der Beklagten als sinngemäßer Antrag auf
Erteilung einer Genehmigung des Feuerwerks nach § 12 des
Landesimmissionsschutzgesetzes gewertet und mit Bescheid vom 20. Dezember 2007
abgelehnt. Die Beklagte führte zur Begründung aus, gemäß § 6 Abs. 1 und 2 des
Feiertagsgesetzes seien öffentliche Sportveranstaltungen, öffentliche
Tanzveranstaltungen und Veranstaltungen in Räumen mit Schankbetrieb am Vortag des
Weihnachtsfestes verboten. Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung dafür sorgen
wollen, dass am Heiligabend keine Aktivitäten durchgeführt würden, die geeignet seien,
diesen besonderen Tag in seinem Wesen zu stören. Wenn schon allein Veranstaltungen
in geschlossenen Räumen mit Schankbetrieb verboten seien, gelte das erst recht für die
Veranstaltung eines privaten Feuerwerks bei den damit verbundenen Emissionen.
Hiergegen legte der Kläger am 27. Dezember 2007 Widerspruch ein, den der Landrat
des Landkreises ... mit Bescheid vom 7. Februar 2008, zugestellt am 9. Februar 2008,
zurückwies. Er wiederholte die Begründung des Ausgangsbescheides und wies
ergänzend darauf hin, auch die Zulassung einer Ausnahme von den Bestimmungen des
Feiertagsgesetzes sei mangels Vorliegens eines dringenden Bedürfnisses nicht in
Betracht gekommen.
Der Kläger hat am 5. März 2008 Klage erhoben, mit der er die Rechtswidrigkeit des
Versagungsbescheides festzustellen begehrt. Er macht geltend: Er habe ein Interesse
an der beantragten Feststellung, weil er beabsichtige, auch in Zukunft am Heiligabend
im Gemeindegebiet der Beklagten ein Feuerwerk aus Anlass seines Geburtstages
durchzuführen. Dafür müsse er keinen immissionsschutzrechtlichen Antrag stellen und
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durchzuführen. Dafür müsse er keinen immissionsschutzrechtlichen Antrag stellen und
habe auch in der Vergangenheit keinen gestellt. In der Sache sei der Bescheid der
Beklagten rechtswidrig. Soweit in der einschlägigen Vorschrift des
Landesimmissionsschutzgesetzes die Durchführung eines Feuerwerks einem
Genehmigungsvorbehalt unterworfen sei, sei das verfassungswidrig. Mit dem Erlass des
Sprengstoffgesetzes habe der Bundesgesetzgeber in diesem Regelungsbereich von
einer ihm nach dem Grundgesetz zustehenden ausschließlichen
Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Da eine Befugnis der Länder zum Erlass
weitergehender Vorschriften im Sprengstoffgesetz selbst nicht vorgesehen sei, sei das
Landesimmissionsschutzgesetz hiermit nicht vereinbar. Wie etwa das bundesrechtlich
geregelte Verbot, Feuerwerke in der Nähe von Krankenhäusern abzubrennen, zeige,
werde mit diesen Regelungen auch immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten
Rechnung getragen, so dass die landes(-immissionsschutz-)rechtliche
Genehmigungspflicht nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden könne, sie habe ihre
Rechtfertigung in derartigen Schutzzwecken. Außerdem bestünden Bedenken gegen die
in § 12 des Landesimmissionsschutzgesetzes geregelten Bestimmungen, wonach ein
Feuerwerk höchstens 30 Minuten dauern dürfe und gegen die dort angelegte
Unterscheidung zwischen "privaten" Feuerwerken sowie Feuerwerken von besonderer
Bedeutung. Aus diesen Gründen sei die genannte Vorschrift auch nach § 51 Abs. 1 Nr. 4
des Sprengstoffgesetzes außer Kraft getreten. Schließlich könne der angegriffene
Untersagungsbescheid auch nicht auf die Bestimmungen des Feiertagsgesetzes
gestützt werden, weil diese im Hinblick auf seine private Geburtstagsfeier nicht
einschlägig seien.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2008 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid und macht geltend, sie lege die Schreiben des
Klägers, mit denen dieser die Durchführung eines Feuerwerks anzeige, bürgerfreundlich
auch als immissionsschutzrechtliche Genehmigungsanträge aus, weil der Kläger selbst
derartige Anträge nicht stelle. Die Versagung der Genehmigung sei rechtlich nicht zu
beanstanden, weil die insoweit einschlägige Vorschrift des § 6 Feiertagsgesetz sich als
Erweiterung von § 5 desselben Gesetzes darstelle und deshalb alle Veranstaltungen
umfasse, die aufgrund optischer, akustischer oder sonstiger Einwirkung auf andere
Personen geeignet seien, die verfassungsrechtlich geschützte Zweckbestimmung der
aufgezählten Feiertage zu stören. Die Zulassung einer Ausnahme hiervon sei nicht in
Betracht gekommen, weil der Kläger sie nicht beantragt habe und nicht ersichtlich
gewesen sei, was eine solche Ausnahme hätte rechtfertigen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Hefter) sowie
die Gerichtsakten 1 K 777/07 und 1 K 843/08 Bezug genommen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und der Beratung waren.
Entscheidungsgründe
A. Die Klage ist zulässig.
Die Klage ist statthaft, wobei offen bleiben kann, ob es sich um eine
Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne von § 113 Abs. 1 S. 4
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) oder eine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1
VwGO handelt. Nach der erstgenannten Vorschrift spricht das Gericht in Fällen, in denen
sich ein mit einer Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt vor der gerichtlichen
Entscheidung durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus,
dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes
Interesse an dieser Feststellung hat. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage unter
anderem die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses
begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung
hat (Feststellungsklage).
Der Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2007, mit dem die Erlaubnis versagt
worden ist, am 24. Dezember 2007 ein Feuerwerk durchzuführen, hat sich mit Ablauf
dieses Tages, also bereits vor Klageerhebung erledigt. Ob in einem derartigen Fall einer
vorprozessualen Erledigung eines Verwaltungsaktes Rechtsschutz in entsprechender
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vorprozessualen Erledigung eines Verwaltungsaktes Rechtsschutz in entsprechender
Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO im Wege einer
Fortsetzungsfeststellungsklage oder durch eine Feststellungsklage zu gewähren ist, weil
es sich bei der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes um ein feststellungsfähiges
Rechtsverhältnis handelt, ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. All dies
bedarf jedoch auch keiner Entscheidung, sofern die weiteren
Zulässigkeitsvoraussetzungen der beiden Klagearten vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil
vom 14. Juli 1999 - 6 C 7.98 -, juris RdNr. 22).
So ist es hier. Der Kläger hat zunächst ein berechtigtes Interesse an der begehrten
Feststellung. Welches Interesse insoweit zur Begründung der Zulässigkeit in Betracht
kommt, ist - und zwar selbst dann, wenn die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113
Abs. 1 Satz 4 VwGO die zutreffende Klageart sein sollte - den zu § 43 Abs. 1 VwGO
entwickelten Grundsätzen zu entnehmen (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1999, a. a. O.).
Danach liegt ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne bei jedem als schutzwürdig
anzuerkennenden Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art vor,
insbesondere dann, wenn mit dem Verfahren der Gefahr einer Wiederholung einer
geschehenen Beeinträchtigung entgegengewirkt werden soll (Kopp/Schenke, VwGO, 15.
Auflage 2007, § 43 RdNr. 23).
Das ist hier der Fall. Der Kläger beanstandet den angegriffenen Bescheid des Beklagten
vom 20. Dezember 2007, mit dem ihm gegenüber die Erlaubnis versagt worden ist, am
24. Dezember 2007 ein Feuerwerk zu veranstalten, mit der Begründung, schon das
immissionsschutzrechtliche Genehmigungserfordernis verstoße gegen höherrangiges
Recht. Seine dahin gehende Befugnis sei abschließend durch die ihm nach § 27 des
Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz - SprengG) erteilte
Erlaubnis geregelt. Auch habe er die Durchführung des Feuerwerks lediglich angezeigt,
jedoch keine Genehmigung beantragt. Insoweit besteht eine konkrete
Wiederholungsgefahr gleichartiger Streitigkeiten auch in der Zukunft. So hat der Kläger
bereits wiederholt bei der Beklagten die Durchführung eines Feuerwerks angezeigt und
dafür, obwohl er einen dahin gehenden Antrag nicht gestellt hatte, entweder
Genehmigungen erhalten, die dann aber mit einem Gebührenbescheid verknüpft waren,
oder die Erlaubnis ist versagt worden. Der Kläger hat erklärt, er wolle auch in Zukunft im
Gemeindegebiet der Beklagten Feuerwerke abbrennen, werde auch in Zukunft seiner
aus dem Sprengstoffrecht folgenden Anzeigepflicht genügen, wolle jedoch keine
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsanträge stellen.
Eine weitere konkrete Wiederholungsgefahr besteht im Hinblick auf die Frage, ob die
Versagung der immissionsschutzrechtlichen Erlaubnis für die Durchführung eines
Feuerwerks am Heiligabend auf die Bestimmungen des Feiertagsgesetzes gestützt
werden konnte. Der Kläger hat hierzu, ohne dass Bedenken gegen die Richtigkeit dieser
Angabe bestünden, erklärt, er wolle auch künftig an diesem Tage, seinem Geburtstag,
Feuerwerke im Gemeindegebiet der Beklagten veranstalten.
Außerdem hat der Kläger, ohne dass es dessen bei den vorliegend gegebenen
Umständen freilich bedurft hätte (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1999, a. a. O.), die bei einer
Anfechtungsklage zu beachtenden speziellen Zulässigkeitsvoraussetzungen gewahrt
und ein Vorverfahren durchgeführt sowie die Klagefrist eingehalten.
Schließlich ist die Klage gemäß § 78 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 des
Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes (BbgVwGG) zu Recht gegen die
Gemeinde ... und nicht den Bürgermeister gerichtet. Nach Nr. 1 der erstgenannten
Vorschrift ist eine Klage gegen die Körperschaft zu richten, deren Behörde den
angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt
unterlassen hat, es sei denn (Nr. 2), das Landesrecht bestimmt, dass die Klage gegen
die Behörde selbst zu richten ist. Von der letztgenannten Ermächtigung hat der
Gesetzgeber des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes zwar Gebrauch
gemacht jedoch ist diese Vorschrift für das vorliegende Verfahren nicht einschlägig. In §
8 Abs. 2 Satz 1 BbgVwGG ist bestimmt, dass Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen
gegen die Behörde zu richten sind, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder den
beantragten Verwaltungsakt unterlassen haben. Auch in diesem Zusammenhang bedarf
es keiner Entscheidung, ob die Klage als Feststellungsklage oder als
Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft ist. Auf die erstgenannte Klageart finden die
genannten Vorschriften von vornherein keine Anwendung (Kopp/Schenke, a. a. O., § 78
Rdnr. 2); entsprechendes gilt nach Auffassung der Kammer in Fällen, in denen sich ein
Verwaltungsakt (wie hier) vorprozessual erledigt hat und - alternativ zur
Feststellungsklage - eine Fortsetzungsfeststellungsklage als statthafte Klageart in
Betracht kommt.
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B. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 20. Dezember 2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2008, mit dem die Beklagte die Erlaubnis
zur Durchführung eines Feuerwerks durch den Kläger versagt hat, ist rechtswidrig.
1. Mit Recht beanstandet der Kläger, dass das schon deshalb gilt, weil er keinen
Genehmigungsantrag gestellt hat.
Nach § 22 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg)
entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein
Verwaltungsverfahren durchführt (Satz 1 der Vorschrift). Dies gilt nicht, wenn die
Behörde aufgrund von Rechtsvorschriften entweder von Amts wegen oder auf Antrag
tätig werden muss (Satz 2 Nr. 1) oder nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag
nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 2).
Die Voraussetzungen der letztgenannten Tatbestandsalternative liegen hier vor; die
Beklagte durfte nur auf Antrag tätig werden. Ob das der Fall ist, muss nicht notwendig
ausdrücklich in dem einschlägigen Gesetz geregelt sein, sondern kann sich auch im
Wege der Auslegung ergeben; davon ist für nahezu sämtliche Verfahren auszugehen,
die auf die Erteilung von Genehmigungen gerichtet sind (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10.
Auflage 2008, § 22 RdNr. 22). So verhält es sich hier.
Der Kläger hat einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Erlaubnis
aber nicht gestellt. Die Kammer verkennt allerdings nicht, dass sich eine derartige
Antragstellung grundsätzlich auch im Wege der Auslegung ergeben kann. Dies lässt in
diesem Zusammenhang durchaus Raum für die von der Beklagten beabsichtigte - und
wünschenswerte - "bürgerfreundliche" Verwaltung, bei der ein Antrag als konkludent
gestellt behandelt wird. Grenze einer solchen Auslegung ist indes ein eindeutig
entgegenstehender Wille derjenigen Person, die die fragliche Erklärung abgegeben hat.
Danach war im vorliegenden Fall eine Auslegung des Schreibens des Klägers vom 9.
Dezember 2007, mit dem er seine Absicht angezeigt hatte, ein Feuerwerk abzubrennen,
nicht als sinngemäßer Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung zu verstehen. Der Kläger hat der Beklagten gegenüber stets die
Auffassung vertreten, die Veranstaltung eines Feuerwerks unterliege keiner
diesbezüglichen Erlaubnispflicht und hat in dem bei der 1. Kammer des
Verwaltungsgerichts seit dem 7. Juni 2007 anhängigen Verfahren 1 K 777/07 geltend
gemacht, der dort angegriffene Gebührenbescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil
er keinen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gestellt
habe.
Ein Verwaltungsakt, der ergeht, obwohl der für den Erlass erforderliche Antrag nicht
gestellt war, ist rechtswidrig. Das ergibt sich nicht nur aus der zitierten Vorschrift des §
22 VwVfGBbg (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 22 RdNr. 28), sondern auch aus §
45 Abs. 1 Nr. 1 VwVfGBbg, wonach die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes, der
ergangen ist, obwohl ein erforderlicher Antrag nicht gestellt war, (nur) dann geheilt wird,
wenn der Antrag nachgeholt wird.
2. Der angegriffene Bescheid dürfte aber auch hiervon abgesehen rechtswidrig sein. Fest
steht jedenfalls, dass er nicht mit der angegebenen Begründung ergehen durfte.
Nach der von der Beklagten herangezogenen Vorschrift des § 12 Abs. 1
Landesimmissionsschutzgesetz (LImSchG) bedarf derjenige, der ein Feuerwerk oder
Feuerwerkskörper der Klassen III und IV im Sinne des § 6 Abs. 4 in Verbindung mit Nr. 4.3
der Anlage 1 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) abbrennen will,
hierzu der Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das
Feuerwerk oder die Feuerwerkskörper abgebrannt werden sollen. Ein Feuerwerk darf
höchstens 30 Minuten dauern und muss um 22:00 Uhr, in den Monaten Juni und Juli um
22:30 Uhr beendet sein; in dem Zeitraum, für den die mitteleuropäische Sommerzeit
eingeführt ist, darf das Ende des Feuerwerks um eine halbe Stunde hinausgeschoben
werden (§ 12 Abs. 2 S. 1 LImSchG). Die örtliche Ordnungsbehörde kann bei
Veranstaltungen von besonderer Bedeutung Ausnahmen zulassen; die Erteilung der
Erlaubnis kann mit Bedingungen und Auflagen zum Schutz anderer und der natürlichen
Umwelt verbunden werden (S. 2 und 3).
a) Soweit der Kläger die von der Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage wegen
eines Verstoßes gegen Bundesrecht für nichtig hält, geht er allerdings fehl. Richtig ist
lediglich, dass der Bundesgesetzgeber mit dem Erlass des Sprengstoffgesetzes von der
in Art. 71, 73 Abs. 1 Nr. 12 des Grundgesetzes (GG) enthaltenen ausschließlichen
Gesetzgebungsbefugnis für das Waffen- und Sprengstoffrecht Gebrauch gemacht hat. In
diese Befugnis hat der Landesgesetzgeber mit dem Landesimmissionsschutzgesetz
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diese Befugnis hat der Landesgesetzgeber mit dem Landesimmissionsschutzgesetz
jedoch nicht eingegriffen. Die Regelungen des Sprengstoffgesetzes über die Erteilung
einer Erlaubnis zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen sind auf die Abwehr der
damit verbundenen spezifischen Gefahren, also gerade der Explosionsgefährlichkeit,
gerichtet. So bedarf nach § 7 Abs. 1 Sprengstoffgesetz der Erlaubnis, wer
gewerbsmäßig, selbständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung oder eines
land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern
mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will oder den Verkehr mit
explosionsgefährlichen Stoffen betreiben will; die Erlaubnis ist - zusammengefasst - zu
versagen, wenn dem betreffenden Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit oder
die erforderliche Sachkunde oder die persönliche Eignung fehlt. Entsprechendes gilt
gemäß § 27 SprengG im nichtgewerblichen Bereich.
Durch diese Vorschriften war der Landesgesetzgeber dementsprechend entgegen der
Auffassung des Klägers nicht gehindert, Gefahren zu begegnen, die von Feuerwerken
aus anderen Gründen hervorgerufen werden können. Insoweit hat der
Landesgesetzgeber von der gemäß Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 24 GG eingeräumten -
konkurrierenden - Kompetenz Gebrauch gemacht, auf dem Gebiet der Luftreinhaltung
und der Lärmbekämpfung Gesetze zu erlassen und hat mit § 12 Abs. 1 LImSchG eine
Bestimmung geschaffen, die die diesbezüglichen Begleiterscheinungen eines
Feuerwerks einer Regelung unterwirft.
Zu Unrecht meint der Kläger schließlich, die mit der ausschließlichen
Gesetzgebungskompetenz verbundene Sperrwirkung des Sprengstoffgesetzes für den
Landesgesetzgeber werde durch Bestimmungen wie § 23 Abs. 1 Satz 3 der Ersten
Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) verdeutlicht, wonach das Abbrennen
pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern,
Kinder- und Altenheimen verboten ist. Dabei muss der Frage nicht nachgegangen
werden, ob diese Bestimmung lediglich der Abwehr der spezifischen Gefahren
explosionsgefährlicher Stoffe dient oder ihr zusätzlich oder ausschließlich
immissionsschutzrechtliche Erwägungen zu Grunde liegen. Ist die Norm nämlich
ausschließlich auf das erstere Ziel gerichtet, so entfaltet sie für den Erlass
landesrechtlicher Bestimmungen über den Immissionsschutz gerade keine
Sperrwirkung. Dient sie dagegen zusätzlich oder ausschließlich dem Immissionsschutz,
so wird sie nicht deswegen zum Gegenstand der ausschließlichen
Gesetzgebungskompetenz des Bundes, weil sie im Sprengstoffgesetz geregelt ist,
sondern bleibt als immissionsschutzrechtliche Bestimmung Gegenstand der
konkurrierenden Gesetzgebung und schließt deshalb landesrechtliche Regelungen auf
diesem Rechtsgebiet nicht grundsätzlich aus.
Der Kläger wird deshalb in Zukunft vor der Durchführung eines Feuerwerks einen
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag zu stellen haben. Anderenfalls hat er
zu gewärtigen will, dass dieses Vorhaben nach der ordnungsbehördlichen Generalklausel
schon wegen einer im Fehlen der erforderlichen Genehmigung liegenden Störung der
öffentlichen Sicherheit untersagt wird.
b) Jedoch kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die
tatbestandlichen Voraussetzungen einer Versagung der Genehmigung im
Entscheidungszeitpunkt der Behörde vorlagen.
aa) Denn zu der Frage, ob die Durchführung des vom Kläger angezeigten Feuerwerks zur
Überschreitung immissionsschutzrechtlicher Grenzwerte führen würde, hat die Beklagte
keine Erwägungen angestellt. Sie hat ihren Bescheid vielmehr der Sache nach auf die
Bestimmungen des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz- FTG)
gestützt.
Insoweit stößt aber auf durchgreifende Bedenken, dass sie über die Belange des
Feiertagsschutzes inzident im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahrens nach dem LImSchG entschieden hat. Anders als ein Verfahren
nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) hat das Verfahren nach dem
Landesimmissionsschutzgesetz nämlich keine so genannte Konzentrationswirkung.
Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist nämlich von der zuständigen Behörde nicht nur zu
überprüfen, ob die sich aus dem Gesetz und einer auf dessen Grundlage erlassenen
Rechtsverordnung ergebenden Pflichten durch ein Vorhaben erfüllt werden, sondern
auch, ob andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Betrieb der Anlage
entgegenstehen. An einer vergleichbaren Regelung fehlt es im
Landesimmissionsschutzgesetz. Namentlich von der in § 13 LImSchG enthaltenen
Ermächtigung an den Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung zum Erlass
einer Rechtsverordnung mit Bestimmungen unter anderem zum besonderen Schutz der
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einer Rechtsverordnung mit Bestimmungen unter anderem zum besonderen Schutz der
Sonn- und Feiertags- sowie Mittagsruhe, hat dieser keinen Gebrauch gemacht.
Deswegen bedarf die Durchführung eines Feuerwerks der Klassen III und IV nicht nur
einer Genehmigung nach § 12 Abs. 1 LImSchG, sondern - sofern es an einem Feiertag
im Sinne von § 2 FTG durchgeführt werden soll - als öffentlich wahrnehmbare Handlung,
die regelmäßig geeignet sein wird, die äußere Ruhe des Tages zu stören (§ 3 Abs. 2
FTG), zusätzlich der Zulassung einer Ausnahme von dem diesbezüglichen Verbot gemäß
§ 8 Satz 1 FTG. Daraus folgt, dass ein solches Vorhaben die
Zulassungsvoraussetzungen beider Normen erfüllen muss.
Dies schließt freilich nicht aus, die jeweiligen Entscheidungen über die verschiedenen
Anträge in einem Bescheid zu treffen. Da aber keines der beiden Verfahren
Konzentrationswirkung besitzt, kommt in Betracht, dass einer der beiden Anträge zu
Gunsten des jeweiligen Antragstellers und der andere zu seinen Lasten entschieden
wird, etwa wenn das Vorhaben immissionsschutzrechtlich unbedenklich ist, weil
einschlägige Grenzwerte eingehalten werden, es aber an einem dringenden Bedürfnis im
Sinne von § 8 Satz 1 FTG fehlt, welches die Zulassung einer Ausnahme vom
Feiertagsschutz rechtfertigen könnte. Allerdings kann in einem solchen Fall, solange
nicht eine Verordnung nach § 13 LImSchG erlassen wird, die immissionsschutzrechtliche
Genehmigung nicht aus Gründen versagt werden, die ausschließlich den Feiertagsschutz
zum Ziel haben.
bb) Zweifelhaft ist ferner, ob die Durchführung eines aus Anlass einer privaten
Geburtstagsfeier veranstalteten Feuerwerks am Heiligabend, einem Tag also, der nicht
zu den Feiertagen im Sinne von § 2 FTG zählt, unter einen der Tatbestände von § 6 Abs.
2 FTG subsumiert werden könnte, mit dem der besondere Charakter dieses Tages gegen
dort näher bezeichnete Veranstaltungen geschützt wird. Die Kammer lässt dies vor dem
Hintergrund, dass sie für das Feiertagsrecht nicht zuständig ist, ausdrücklich offen,
ebenso wie die weitere Frage, ob die Durchführung eines Feuerwerks am Heiligabend -
selbst wenn sie immissionsschutzrechtlich genehmigungsfähig sein sollte -
möglicherweise gestützt auf die ordnungsbehördliche Generalklausel als Verstoß gegen
die öffentliche Ordnung untersagt werden könnte.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach §§ 124, 124 a VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
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