Urteil des VG Frankfurt (Oder) vom 13.03.2017

VG Frankfurt(oder ): grundstück, abfallentsorgung, besitzer, verwertung, öffentlich, zwangsanschluss, papier, verfügung, fassungsvermögen, behörde

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Gericht:
VG Frankfurt (Oder)
5. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 K 1080/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 7 GewAbfV, § 7 Abs 4
GewAbfV, § 2 GewAbfV, § 13
KrW-/AbfG, § 8 Abs 1 AbfG BB
Klage gegen den Zwangsanschluss eines Gewerbegrundstücks
an die öffentliche Abfallentsorgung.
Leitsatz
§ 3 Abs. 7 GewAbfV ermöglicht es dem gewerblichen Abfallbesitzer nicht, bei
grundstücksweise geregeltem Anschluss- und Benutzungszwang den auf seinem
Gewerbegrundstück in geringer Menge angefallenen gewerblichen Siedlungsabfall auf sein 3
km entferntes Wohngrundstück zu verbringen und dort in die Restmülltonne zu entsorgen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen,
die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den vom Beklagten verfügten Zwangsanschluss seines
Gewerbegrundstücks an die öffentliche Abfallentsorgung.
Der Kläger betreibt ein Rohr- und Kanalreinigungsunternehmen mit Sitz in der Berliner
Straße 19/20 in …. An seinem Firmensitz befinden sich die Büroräume seines
Unternehmens sowie Garagen für die Betriebsfahrzeuge; es handelt sich nach den
klägerischen Angaben nur um den Ort der Verwaltung seines Rohr- und
Kanalreinigungsunternehmens. Den privaten Wohnsitz hat der Kläger nicht auf dem
Grundstück seiner Firma in der Berliner Straße 19/20, sondern in der Waldstraße 31 in ….
Die bei der Reinigung der Rohr- und Kanalsysteme anfallenden Abfälle werden seinen
weiteren Angaben zufolge jeweils direkt der Mülldeponie zugeführt.
Ausweislich seines Schreibens vom 12. August 2003 stellte der Beklagte fest, dass sich
der Kläger mit seinem Gewerbegrundstück bisher nicht an die öffentliche
Abfallentsorgung des Landkreises Oder-Spree angeschlossen habe. Hierauf verfügte er
nach Anhörung des Klägers mit Anordnung vom 02. Februar 2004 den Zwangsanschluss
von dessen Gewerbegrundstück in Neu Zittau an die öffentliche Abfallentsorgung zum
01. März 2004. Zugleich verpflichtete der Beklagte den Kläger zur Übernahme eines 120
l Restabfallbehälters, der dem Kläger im Rahmen des Zwangsanschlusses bis zum 29.
Februar 2004 am oben genannten Grundstück angeliefert werden sollte. Außerdem
ordnete der Beklagte diesbezüglich die sofortige Vollziehung der Anordnung an und
drohte zudem Zwangsgelder an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, beruhend auf
der von der allgemeinen Lebenserfahrung getragenen Überzeugung könne davon
ausgegangen werden, dass auf dem Gewerbegrundstück des Klägers auch bei einer
vollständigen Erfüllung der Verwertungspflichten überlassungspflichtige Abfälle zur
Beseitigung anfallen würden. Aus diesem Grund sei der Kläger als
Grundstückseigentümer verpflichtet, sein Grundstück als Gewerbegrundstück an die
öffentliche Abfallentsorgung des Landkreises Oder-Spree anzuschließen. Zudem habe
der Kläger als Anschlusspflichtiger beim Landkreis ausreichendes Behältervolumen zu
beantragen, zu übernehmen und für die Benutzung vorzuhalten. Mindestens sei jedoch
ein Restabfallbehälter vorzuhalten und zu nutzen.
Mit Schreiben vom 24. Februar 2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er eine
Mülltonne nicht benötige und sandte das Anmeldeformular sowie die Anordnung vom 02.
Februar 2004 „zu unserer Entlastung“ zurück. Im Rahmen eines Ortstermins am 15.
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Februar 2004 „zu unserer Entlastung“ zurück. Im Rahmen eines Ortstermins am 15.
April 2004 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass er – der Beklagte – die
Rücksendung der Originalunterlagen zum Zwangsanschluss nicht als Widerspruch
verstehe. Ausweislich des über den Gesprächsinhalt gefertigten Vermerks hat dem der
Kläger widersprochen und nochmals erklärt, dass er keinen Restabfallbehälter bräuchte.
Mit Schriftsatz vom 19. April 2004 sandte der Kläger die ihm überreichten Unterlagen zur
Anmeldung seines Gewerbegrundstücks an die Abfallentsorgung wiederum „zu unserer
Entlastung“ zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2004 wurde der Widerspruch des Klägers vom 24.
Februar 2004 zurückgewiesen. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung führte der
Beklagte aus, dass es sich bei dem klägerischen Grundstück um ein gewerblich
genutztes Grundstück handele, das an die Abfallentsorgung des Landkreises
anzuschließen sei. Der Beklagte gehe davon aus, bzw. halte es für erwiesen, dass in den
dort unterhaltenen Büroräumen Abfälle anfallen könnten, die einer Beseitigung
zugeführt werden müssten. Dazu würden defekte Schreibutensilien, zerbrochenes
Geschirr (Teetasse, Kaffeetassen und Ähnliches), verschmutzte Verpackungen, Kehricht,
Staubsaugerbeutel, Tempotaschentücher, Glühbirnen und Ähnliches zählen. Diese
Abfälle könnten gemeinsam mit dem gemischten Siedlungsabfall in dem
Restabfallbehälter, den der Landkreis zur Verfügung gestellt habe, gesammelt und
entsprechend der Abfallentsorgungssatzung des Landkreises Oder-Spree zur
Entsorgung bereit gestellt werden.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 07. Juni 2004 erhobenen Klage, mit der
er geltend macht:
Die vom Beklagten verfügte Anordnung zum Zwangsanschluss seines gewerblichen
Grundstücks in … an die öffentliche Abfallentsorgung sei rechtswidrig. Eine
Anschlusspflicht des Klägers für dieses Grundstück bestehe nicht. Denn
überlassungspflichtige Abfälle könnten dort nicht anfallen. Vielmehr würden beim
Bürobetrieb in den Büroräumen der Berliner Straße 19/20 regelmäßig, und zwar in einem
Zeitraum von 14 Tagen, 10 bis 15 Kaffeefiltertüten, 20 bis 30 Teebeutel und 300 g bis
500 g Papier im Rahmen üblicher Büroabfälle anfallen. Das Papier führe der Kläger dabei
dem Papierabfallcontainer und die Kaffeefiltertüten sowie Teebeutel der
Kompostieranlage auf seinem eigenen Privatgrundstück zu. Weitere
entsorgungspflichtige Abfälle fielen auf dem Grundstück in der Berliner Straße 19/20
nicht an und könnten im Übrigen auch nicht anfallen. Zufolge § 7 Satz 2 i. V. m. § 3 Abs.
7 der Gewerbeabfallverordnung könnten schließlich Besitzer und Erzeuger von
gewerblichen Siedlungsabfällen diese mit den bei ihnen angefallenen Abfällen aus
privaten Haushalten gemeinsam erfassen und dem öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger überlassen, soweit ihnen eine Verwertung aufgrund deren geringer
Menge wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Diese Ausnahmeregelung nehme der Kläger für
sich in Anspruch, so dass für ihn eine gesonderte Anschlusspflicht nicht bestehe.
Es sei dem Kläger letztlich auch nicht zumutbar, aufgrund der geringen Mengen von
Büroabfällen einen 120 l Abfallbehälter mit zweiwöchiger Leerung vorzuhalten. Weder
das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz noch die Gewerbeabfallverordnung und auch
nicht die Abfallentsorgungssatzung des Beklagten enthielten ein Verbringungsverbot von
dem Grundstück, auf dem die Abfalleigenschaft entstehe.
Der Kläger beantragt,
den Anordnungsbescheid des Beklagten vom 02. Februar 2004 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2004 aufzuheben und die Hinzuziehung des
Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Anordnung des Zwangsanschlusses auf der Grundlage der hier einschlägigen
Abfallentsorgungssatzung des Landkreises Oder-Spree vom 26. November 2002,
geändert durch die 1. Änderungssatzung vom 23. September 2003 für rechtmäßig. Der
Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass bei Ausübung des Gewerbes des
Klägers überlassungspflichtige Abfälle zur Beseitigung im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz anfallen würden. Dies entspreche der allgemeinen
Lebenserfahrung und dem Vortrag des Klägers. Der Beklagte ist deswegen der
Auffassung, der Kläger könne mit dem Einwand, bei ihm fielen keine
überlassungspflichtigen Abfälle zur Beseitigung an, nicht gehört werden. Soweit der
Kläger § 3 Abs. 7 der Gewerbeabfallverordnung für sich in Anspruch nehme, sei diese
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Kläger § 3 Abs. 7 der Gewerbeabfallverordnung für sich in Anspruch nehme, sei diese
Vorschrift so zu verstehen, dass auf eine Getrennthaltung und Verwertung von
gewerblichen Siedlungsabfällen nur dann verzichtet werden könne, wenn sie am gleichen
Ort anfielen wie die Abfälle aus privaten Haushaltungen, mit denen sie gemeinsam
erfasst werden sollen. Da der Kläger hier indes einen von seinem Wohnsitz getrennten
Firmensitz habe, der in ca. 3 km Entfernung liege, könne er sich nicht auf diese
Ausnahmevorschrift berufen. Schließlich obliege es dem Satzungsgeber – also dem
Landkreis Oder-Spree –, deren Überlassung zu bestimmen. Der Satzungsgeber habe in
seiner Abfallentsorgungssatzung geregelt, dass hausmüllähnliche Gewerbeabfälle auf
dem Grundstück, auf dem sie anfallen, in Restabfallbehälter zu verfüllen und die
Restabfallbehälter zur Entsorgung bereit zu stellen seien. Entgegen der Annahme des
Klägers verstoße die Anordnung auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Denn Sinn und Zweck einer sogenannten Pflichttonne gemäß § 7 Satz 4 der
Gewerbeabfallverordnung sei es, die Vermischung von Abfällen zur Verwertung und
Abfällen zur Beseitigung zu vermeiden. Aus diesem Grunde müsse ein
Restabfallbehälter auf dem Grundstück, auf dem auch der Restabfall anfalle, zur
Verfügung stehen. Dies sei jedoch nicht der Fall, da der vom Kläger genutzte
Restabfallbehälter ca. 3 km entfernt auf seinem Wohngrundstück vorgehalten werde. Da
die Überlassungspflicht bereits auf dem Grundstück entstehe, für das das Gewerbe
angemeldet sei, sei der Abfall dort dem Beklagten zu überlassen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakte zum Klageverfahren, zum Eilrechtsschutzverfahren 7 L 421/04 und den
Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen; diese haben vorgelegen und waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Beratung und Entscheidung der
Kammer.
Entscheidungsgründe
Prozessual richtiger Streitgegner für die Anfechtungsklage gegen die streitige
„Anordnung“ (Anschlussverfügung) ist der Beklagte. Das Passivrubrum war
entsprechend zu berichtigen.
Gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. mit § 8 Abs. 2
Satz 1 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes sind Anfechtungsklagen -
abweichend vom sonst für die passive Prozessführungsbefugnis grundsätzlich
maßgebenden Rechtsträgerprinzip - gegen die Behörde zu richten, die den
angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Das ist hier der Werkleiter des
Eigenbetriebs „Kommunales Wirtschaftsunternehmen Entsorgung“ (KWE) des
Landkreises Oder-Spree, der die angefochtenen Maßnahmen gegenüber dem Kläger
getroffen hat. Der Werkleiter (bzw. die Werkleitung) erfüllt die Merkmale einer im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligungsfähigen Behörde i. S. der §§ 61 Nr. 3 und
78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO (vgl. VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 19. Februar 2007 – 5 L
418/06 – [veröffentlicht in juris]).
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der mit Ziffer 1 der Anordnung vom 02. Februar 2004 durch den Werkleiter als sachlich
zuständige Behörde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06. Juli 2007 – 12 S
60.07 – [veröffentlicht in juris]) verfügte zwangsweise Anschluss des klägerischen
Gewerbegrundstücks an die öffentliche Abfallentsorgung und der mit Ziffer 3 der
Verfügung angeordnete Benutzungszwang für einen 120-l Restabfallbehälter ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs ist hier § 6
Abs. 2 Satz 1 der Satzung des Landkreises Oder-Spree über die Abfallentsorgung –
Abfallentsorgungssatzung – in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 23.
September 2003, jeweils veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree (für
die Abfallentsorgungssatzung vom 26. November 2002 in: 9. Jahrgang Nr. 12 vom 12.
Dezember 2002; für die 1. Änderungssatzung zur Abfallentsorgungssatzung vom 23.
September 2003 in: 10. Jahrgang Nr. 7 vom 17. Oktober 2003, für die Berichtigung zum
Amtsblatt Nr. 7 vom 17. Oktober 2003 in: 10. Jahrgang Nr. 8 vom 03. November 2003) i.
V. m. § 7 Satz 4 der Gewerbeabfallverordnung - GewAbfV. Danach sind
Grundstückseigentümer verpflichtet, ihre Grundstücke an die Abfallentsorgung
anzuschließen, sofern dort überlassungspflichtige Abfälle anfallen können
(Anschlusszwang). Sie haben nach § 7 Satz 4 GewAbfV für gewerbliche Siedlungsabfälle
im Sinne des § 2 Nr. 1 GewAbfV eine Pflicht-Restmülltonne des öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgers oder eines von ihm beauftragten Dritten in angemessenem Umfang
zu benutzen. Erfasst werden von der Überlassungspflicht auch die Gewerbegrundstücke
gemäß § 6 Abs. 7 Nr. 3 der Abfallentsorgungssatzung; Gewerbegrundstücke sind zufolge
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gemäß § 6 Abs. 7 Nr. 3 der Abfallentsorgungssatzung; Gewerbegrundstücke sind zufolge
§ 6 Abs. 10 Abfallentsorgungssatzung Grundstücke, die für die Ausübung gewerblicher
Tätigkeiten genutzt werden. Jedes Gewerbe, das eine wirtschaftlich selbstständige Einheit
bildet, wird als ein Gewerbegrundstück betrachtet. All dies trifft auf das klägerische
Grundstück zu. Die Zuteilung des Gefäßvolumens für die Pflicht-Restmülltonne erfolgt
auf der Grundlage der Maßgaben in § 7 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4
Abfallentsorgungssatzung. Nach § 7 Abs. 1 Abfallentsorgungssatzung hat der
Anschlusspflichtige beim Landkreis ausreichendes Behältervolumen zu beantragen, zu
übernehmen und für die Benutzung vorzuhalten. Mindestens ist jedoch ein
zugelassener, landkreiseigener Restabfallbehälter vorzuhalten und zu nutzen. Gemäß §
12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 der Abfallentsorgungssatzung sind für das Einsammeln und
Transportieren von Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall Restabfallbehälter,
die der Landkreis zur Verfügung stellt, in Behältergrößen von 120 l bis 1.100 l
Fassungsvermögen sowie Restabfallsäcke mit einem Fassungsvermögen von 90 l
zugelassen.
Die Voraussetzungen für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs liegen
vor. Im Betrieb des Klägers fallen Abfälle zur Beseitigung an. Dies folgt aus der
Bestimmung des § 7 Satz 4 GewAbfV, die eine widerlegliche Vermutung dafür
begründet, dass bei jedem Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen –
wie bei dem Kläger – zwangsläufig Abfälle zur Beseitigung anfallen, auch wenn sie die in
der Gewerbeabfallverordnung geregelten Anforderungen an die Getrennthaltung
bestimmter Abfälle einhalten. Die Abfallbehälternutzungspflicht nach § 7 Satz 4
Gewerbeabfallverordnung trifft alle Erzeuger und Besitzer gewerblicher Siedlungsabfälle
gleichermaßen. Das bedeutet, dass dem Willen des Verordnungsgebers entsprechend
alle Erzeuger und Besitzer gewerblicher Siedlungsabfälle Adressaten der Norm sind, sie
jedoch im Einzelfall nachweisen können, dass bei ihnen keine Beseitigungsabfälle
anfallen; in diesem Fall unterliegen sie keiner Behälternutzungspflicht (vgl. hierzu
BVerwGE 123, S. 1 ff.).
Hieran gemessen hat der Kläger diese Vermutung nicht widerlegt. Soweit er noch im
Verwaltungsverfahren sinngemäß behauptet hat, in seinem Gewerbebetrieb würden
keine überlassungspflichtigen Abfälle im Sinne des § 6 Abs. 1 der
Abfallentsorgungssatzung anfallen, trägt er nunmehr im Klageverfahren vor, dass in den
Büroräumen seines Kanalreinigungsunternehmens zumindest „Büroabfälle“, wie z. B.
Papier, Teebeutel und Kaffeefiltertüten anfallen würden. Das Papier führe der Kläger
einer Verwertung zu; die restlichen, biologisch abbaubaren Abfälle würden gemeinsam
mit dem beim Kläger auf seinem Wohngrundstück anfallenden Hausmüll verwertet bzw.
entsorgt. Mithin hat er selbst klargestellt, dass in seinem Betrieb, jedenfalls in geringem
Umfang, Restmüll anfällt, den er seinen Angaben zufolge problemlos auf seinem
Privatgrundstück entsorgen könne. Im übrigen lässt sich auch dem in der Zeit vom 03.
bis 14. Januar 2005 geführten Abfallprotokoll – Bl. 43 f. der Gerichtsakte 7 L 421/04
entnehmen, dass auf dem klägerischen Betriebsgrundstück Abfälle zur Beseitigung –
wenngleich in geringem Umfang – anfallen (vgl. auch VG Frankfurt (Oder), Beschluss
vom 21. April 2005 – 7 L 421/04, S. 4 des Beschlussumdrucks)
Die vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Voraussetzungen für eine Ausnahme
vom Anschluss- und Benutzungszwang liegen hier nicht vor. Der Kläger ist zur
Eigenbeseitigung der bei ihm anfallenden beseitigungspflichtigen Abfälle nicht in der
Lage, da er über keine eigene Beseitigungsanlage verfügt. Ihm ist auch nicht zu
gestatten, dass er dem Beklagten den bei ihm anfallenden Restabfall durch
Mitbenutzung der auf seinem Privatgrundstück befindlichen Restmülltonne überlässt.
Für die vom Kläger geltend gemachte Ausnahme gibt es nämlich keine
satzungsrechtliche Grundlage. Denn zufolge § 6 Abs. 2 der Abfallentsorgungssatzung
sind Grundstückseigentümer verpflichtet, ihre Grundstücke an die Abfallentsorgung
anzuschließen, sofern dort überlassungspflichtige Abfälle anfallen können, was hier zum
einen widerlegbar vermutet wird und zum anderen nach eigenem Bekunden des Klägers
auch der Fall ist. Wohngrundstücke und Gewerbegrundstücke werden hier gleich
behandelt; eine Ausnahmeregelung, die etwa die gemeinsame Nutzung einer
Restmülltonne durch private Haushaltungen und die Erzeuger und Besitzer von
gewerblichen Siedlungsabfällen erlauben würde, gibt es im Landkreis Oder-Spree nicht
(vgl. § 6 Abs. 10 Abfallentsorgungssatzung).
Diese satzungsrechtlichen Regelungen sind mit höherrangigem Recht, insbesondere § 3
Abs. 7 GewAbfV vereinbar. Denn die bundesgesetzliche Bestimmung des § 13 Abs. 1
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz überlässt die nähere Ausgestaltung der
abfallrechtlichen Überlassungspflicht der Regelung durch landesrechtliche
Bestimmungen. Durch die Satzung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann
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Bestimmungen. Durch die Satzung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann
deshalb bei entsprechender landesgesetzlicher Ermächtigung insbesondere bestimmt
werden, in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit dem öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger die überlassungspflichtigen Abfälle zu überlassen sind (so auch § 8
Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Abfallgesetzes – BbgAbfG). Zufolge § 8 Abs. 1
Satz 2 und 3 BbgAbfG hat die Entsorgungssatzung den Anschlusszwang
grundstücksweise vorzuschreiben. Nach alledem kann der Satzungsgeber auch
bestimmen, dass Abfälle am Ort ihres Anfalls ihm zu überlassen sind.
Entgegen der Annahme des Klägers bietet die Vorschrift des § 3 Abs. 7 GewAbfV keinen
Anhalt dafür, dass das den öffentlichen Entsorgungsträgern eingeräumte
Satzungsermessen dahingehend eingeschränkt werden soll, dass Erzeuger und Besitzer
von gewerblichen Siedlungsabfällen vom satzungsrechtlich bestimmten
grundstücksbezogenen Anschluss- und Benutzungszwang auszunehmen sind , damit sie
gewerbliche Abfälle gemeinsam mit Restabfall aus privaten Haushaltungen dem
Entsorgungsträger überlassen können. § 3 Abs. 7 GewAbfV ermöglicht es den Erzeugern
und Besitzern von gewerblichen Siedlungsabfällen zwar, diese gemeinsam mit den bei
ihnen angefallenen Abfällen aus privaten Haushaltungen zu erfassen und dem öffentlich-
rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen, wenn eine Verwertung aufgrund der
geringen Menge wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Für die Rechtsansicht des Klägers, er
könne aufgrund dieser Bestimmung seinen auf dem Gewerbegrundstück anfallenden
gewerblichen Siedlungsabfall auf sein Wohngrundstück verbringen und dort in den
Restabfallbehälter entsorgen, gibt die Vorschrift aber nichts her. Abgesehen davon, dass
diese Bestimmung grundsätzlich eine Verwertung der angefallenen gewerblichen
Siedlungsabfälle voraussetzt, spricht schon der Wortlaut des § 3 Abs. 7 GewAbfV dafür,
dass die Möglichkeit zur gemeinsamen Nutzung einer Restmülltonne nur Erzeugern und
Besitzern gewerblicher Siedlungsabfälle eingeräumt werden soll, die mit privaten
Haushaltungen auf einem Grundstück ansässig sind. Denn § 3 Abs. 7 GewAbfV erlaubt
es Erzeugern und Besitzer gewerblicher Siedlungsabfälle lediglich, diese „ mit den bei
ihnen angefallenen Abfällen aus privaten Haushaltungen“ dem öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger zu überlassen. Hinzu kommt, dass - wie bereits ausgeführt –
Landesrecht und die hier einschlägige Abfallentsorgungssatzung den Anschlusszwang
grundstücksweise und nicht personenbezogen vorschreiben. Diese Auslegung von § 3
Abs. 7 GewAbfV wird im Übrigen auch gestützt durch die Vollzugshinweise zur
Gewerbeabfallverordnung der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). Nach Ziffer 1
der Vollzugshinweise der LAGA zu § 3 Abs. 7 GewAbfV können Erzeuger und Besitzer von
gewerblichen Siedlungsabfällen diese, wenn ihnen aufgrund deren geringer Menge eine
Verwertung wirtschaftlich nicht zumutbar ist, „gemeinsam mit bei ihnen angefallenen
privaten Haushaltsabfällen erfassen. Dies kann z.B. der Fall sein, bei Freiberuflern oder
Handwerkern, die in ihrem Haus oder ihrer Wohnung ein Gewerbe betreiben, oder bei
Landwirten, die auf ihrem Hof wohnen“ (zu § 3 Abs. 7 GewAbfV und im Ergebnis
genauso: VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2005 – 14 KA 8527/03 –, zitiert nach juris).
Die hieraus resultierende Verpflichtung des Klägers zur Entgegennahme und Nutzung
eines 120-l Restmüllbehälters begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Der
Beklagte hat vorliegend für das Einsammeln und Transportieren des auf dem
Gewerbegrundstück des Klägers anfallenden hausmüllähnlichen Gewerbeabfalls den
kleinsten Abfallbehälter mit 120 l Fassungsvermögen vorgesehen. Mithin hat der
Beklagte den Kläger lediglich zur Entgegennahme eines Mindestvolumens verpflichtet.
Fallen – wie hier - Abfälle zur Beseitigung auf dem Grundstück des Klägers aus seinem
Gewerbebetrieb an, ist er nach § 7 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 der
Abfallentsorgungssatzung des Landkreises Oder-Spree grundsätzlich verpflichtet,
mindestens (einen) 120 l-Restabfallbehälter zur Nutzung vorzuhalten (vgl. hierzu auch
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06. Juli 2007 – 12 S 60.07 – [zitiert nach Juris
Rdn. 8 bis 10]). Durchgreifende Bedenken gegen die Größe der Abfallbehältnisse, deren
Benutzung der Beklagte durchsetzen will, bestehen nicht. Der Beklagte kann aus
tatsächlichen Gründen kein individuelles Behältervolumen bestimmen, sondern ist auf
wenige genormte Behältergrößen angewiesen; er darf daher bei der Zuteilung des
Behältervolumens im Rahmen seines Organisationsermessens allgemeine
Durchschnittswerte zugrunde legen. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beklagten
vorgeschriebenen Mindestbehältergrößen diesen Rahmen verlassen und schlechthin
übergroß sein könnten, sind weder substantiiert geltend gemacht noch anderweitig
ersichtlich (VG Frankfurt (Oder) a.a.O. m.w.N.). Es bleibt dem Kläger im übrigen
unbenommen, mit Blick auf den bei ihm zufolge seinem Vortrag in geringer Menge
anfallenden Restabfall, lediglich einen Restabfallsack mit einem Fassungsvermögen von
90 l zu beantragen, § 12 Abs. 1 Nr. 4 Abfallentsorgungssatzung. Danach können in
Ausnahmefällen mit Zustimmung des Landkreises Restabfallsäcke mit der Aufschrift
„Landkreis Oder-Spree“ regelmäßig für die Regelentsorgung genutzt werden (§ 7 Abs. 1
Abfallentsorgungssatzung).
27 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit
wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 167 Abs. 1 VwGO und §§ 708
Abs. 11, 711 der Zivilprozessordnung. Gründe, die Berufung zuzulassen, § 124 a Abs. 1
VwGO, sind nicht ersichtlich.
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