Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 30.04.2009

VG Frankfurt: gleichbehandlung im unrecht, berufliche tätigkeit, südafrika, theologie, ausbildung, hochschule, arbeitsstelle, universität, dozent, pfarrer

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Gericht:
VG Frankfurt 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 K 1681/07.F
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 7 Abs 1 S 2 BAföG, § 7 Abs 2
S 1 Nr 3 BAföG
Ausbildungsförderung und ein im Ausland erworbener
erster berufsqualifizierender Abschluss
Leitsatz
1. Ein in Südafrika erworbener BA Languages ist ein berufsqualifizierender Abschluss im
Sinne des § 7 Abs. 1 S. 2 BAföG.
2. Das Studium der Evangelischen Theologie führt ein mit dem BA Languages
abgeschlossenes Studium der Alten Sprachen nicht im Sinne des § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
BAföG in derselben Richtung fachlich weiter.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die
beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §
166 VwGO i. V. m. §§114 ff ZPO.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung für das Studium der
Evangelischen Theologie an der Lutherischen Theologischen Hochschule O., da er
mit seiner insgesamt dreijährigen Hochschulausbildung in Südafrika und der
abschließenden Verleihung des BA Languages durch die University of P. bereits
eine Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2
Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG - berufsqualifizierend abgeschlossen
hat und die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BAföG für die
Förderung einer einzigen weiteren Ausbildung nicht vorliegen.
Dies hat das beklagte Studentenwerk in dem angefochtenen
Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2007 ausführlich und zutreffend dargelegt,
sodass darauf zunächst zum Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen Bezug
genommen werden kann, § 117 Abs. 5 VwGO.
Soweit der Kläger demgegenüber der Auffassung ist, bei dem von ihm erworbenen
BA Languages habe es sich nicht um einen berufsqualifizierenden Abschluss
gehandelt, vermag sich dem das Gericht nicht anzuschließen. Darauf, dass der
Kläger mit diesem Abschluss nicht als Pfarrer oder Dozent an der Universität
arbeiten kann, kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob der Kläger mit
seinem BA in Alten Sprachen in Südafrika einen konkrete berufliche Tätigkeit
antreten könnte.
Für die Frage, ob der dem Kläger verliehene BA Languages einen
berufsqualifizierenden Abschluss darstellt, kommt es nicht darauf an, dass es im
konkreten Einzelfall möglicherweise schwierig ist, eine Arbeitsstelle zu finden,
sondern es kommt abstrakt darauf an, ob der Kläger mit diesem Abschluss die
Berechtigung erworben hat, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und
damit einen berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat.Dass dies zu bejahen ist,
ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus einem Schreiben des Sekretariats
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ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus einem Schreiben des Sekretariats
der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik
Deutschland vom 30. März 1998, welches in einer vergleichbaren, weil ebenfalls
einen BA (Baccalaureus Artium) aus Südafrika betreffenden Entscheidung des VG
München (Urteil vom 28.01.1999 - M 30 K 98.2614 - Juris) zitiert wird.
Auf einer einschlägigen Website (www.studis-online.de) wird - damit
übereinstimmend - zum Auslandsstudium in Südafrika ausgeführt, dass das
Studienangebot der Universitäten sowohl das allgemeinere Undergraduate- als
auch das spezialisiertere Postgraduate-Studium umfasse. Das Undergraduate-
Studium diene der Vermittlung eines generellen Überblicks und ende
fachabhängig nach drei bis sechs Jahren mit dem Erwerb des ersten
berufsqualifizierenden Abschlusses, des Bachelor. Für die meisten Studierenden
bilde dieser auch das Ende der Hochschullaufbahn und den Einstieg ins
Arbeitsleben.Soweit der Kläger zum Beleg für seine Rechtsauffassung auf die
Entscheidung des VG Hamburg (Urteil vom 30.08.2005 - 2 K 5689/04 - Juris)
verweist, erweist sich dies als nicht einschlägig. Diese Entscheidung betraf ein
Studium der Rechtswissenschaft an der Bucerius Law School als einheitliche
Ausbildung, die planmäßig mit dem Ersten Juristischen Staatexamen endete und
lediglich die Besonderheit aufwies, dass die Studierenden studienbegleitend ohne
besondere Prüfung als zusätzliche Qualifikation den LL.B. erwerben konnten. Die in
der dortigen Entscheidung für einen bestimmten juristischen Studiengang
gezogene Schlussfolgerung, der studienbegleitend erworbene LL.B. stelle
ausnahmsweise keinen berufsqualifizierenden Abschluss im Sinne des § 7 Abs. 1
Satz 1 BAföG dar, ist wieder verallgemeinerungsfähig noch im besonderen Fall auf
die Situation des Klägers übertragbar.
Auch soweit der Kläger der Auffassung ist, dass das von ihm aufgenommene
Studium der Evangelischen Theologie sein mit dem BA Languages in Südafrika
abgeschlossenes Studium im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 fachlich in
derselben Richtung weiterführe, vermag ihm das Gericht nicht zu folgen. Das
Merkmal „in derselben Richtung fachlich weiterführt“ verlangt nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 03.11.1995 -
Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 114 m. w. N.), auf die das beklagte Studentenwerk
im Widerspruchsbescheid zutreffend verwiesen hat, ein materiell identisches
Wissenssachgebiet in erster und zweiter Ausbildung. Unbestritten verlangt das
Studium der Theologie die Kenntnis Alter Sprachen, aber es unterliegt keinem
Zweifel, dass das Wissenssachgebiet „Evangelische Theologie“ im Verhältnis zu
den Wissenssachgebieten Latein, Altgriechisch und Hebräisch ein „aliud“ ist.
Aus all dem ergibt sich, dass dem Kläger, wie bereits eingangs dargelegt,
Ausbildungsförderung für das von ihm aufgenommene Studium der Evangelischen
Theologie nicht zusteht. Dass in der Vergangenheit vom Kläger namentlich
bezeichnete Auszubildende im Studiengang Evangelische Theologie, die ebenfalls
zuvor einen BA Languages in Südafrika erworben hatten, Ausbildungsförderung
nach dem BAföG erhielten, was augenscheinlich auch vom Beklagten nicht in
Abrede gestellt werden soll, kann dem Begehren des Klägers ebenfalls nicht zum
Erfolg verhelfen. Dem Kläger, der im Schriftsatz vom 20.12.2008 ausdrücklich
dargelegt hat, dass er im Vertrauen auf diese Praxis das Studium in Deutschland
aufgenommen habe, ist entgegen zu halten, dass es kein schützenswertes
Vertrauen geben kann, ein Träger hoheitlicher Gewalt werde eine als rechtswidrig
erkannte Praxis fortführen. Vielmehr ist allgemein anerkannt (vgl.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.09.2007 - ZBR 2008, 196 (198)),
dass sich auch aus Artikel 3 Abs. 1 GG kein Anspruch auf Gleichbehandlung im
Unrecht ergibt; dieser Grundsatz gilt auch dort, wo Fragen des Rechts der
Ausbildungsförderung im Streit stehen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 28.10.1993 -
16 A 1776/93 - Juris).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.