Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 25.10.2006
VG Frankfurt: bauvertrag, firma, verwaltungsakt, anspruch auf bewilligung, architekturbüro, datum, behörde, widerruf, urkunde, umdeutung
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Gericht:
VG Frankfurt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 4808/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 47 VwVfG, § 48 VwVfG, § 49
VwVfG
Zuschuss; Solarkollektoranlage; Umdeutung
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger stellten mit Formblattanträgen vom 20.10.2004 einen Antrag auf
Förderung einer Anlage zur Verfeuerung fester Biomasse sowie einen Antrag auf
Förderung einer Solarkollektoranlage nach den Richtlinien des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 26.11.2003 (Bundesanzeiger
Nr. 234, v. 13.12.2003, S. 25513). In diesem Antrag gaben sie unter anderem die
Erklärung ab, zum Zeitpunkt der Antragstellung für die beantragte Maßnahme
noch keinen der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrag (z.
B. Kaufvertrag) abgeschlossen zu haben.
Die Anträge gingen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
am 25.10.2004 ein. Unter dem 04.11.2004 reichten die Kläger ein Angebot der
...GmbH, adressiert an die Architektin Elisabeth S., vom 19.10.2004, betreffend
eine Heizkesselzentrale mit Zubehör/Paradigma sowie über eine Solaranlage
Paradigma ein.
Mit Zuwendungsbescheiden vom 15.11.2004 bzw. 17.11.2004 bewilligte das BAFA
auf Grund der oben genannten Richtlinien für die Errichtung einer
Solarkollektoranlage einen Zuschuss i. H. v. 1.100,- EUR und für die Errichtung
einer Anlage zur Verfeuerung fester Biomasse einen Zuschuss i. H. v. 1.700,- EUR.
Im Rahmen der Verwendungsnachweiserklärung legten die Kläger nochmals ein
Angebot der Firma ...GmbH vom 19.10.2004 vor, sowie ferner eine Rechnung der
Firma ...GmbH vom 10.12.2004. Zur Vorlage kam ferner ein Bauvertrag zwischen
den Klägern und der Firma ...(Bl. 57 u. 58 der Behördenakten) worin es heißt:
„Vertragsbestandteile sind in nachstehender Reihen- und Rangfolge: dieser
Bauvertrag, die ggf. in Ziff. 13 genannten Anlagen sowie die
Leistungsbeschreibung und das Angebot der Firma ... vom 19.10.2004“. Der zu
diesem Zeitpunkt eingereichte Bauvertrag trägt eine Unterschrift seitens der
...GmbH als Auftragnehmer unterhalb des Datums „14.10.04“ sowie die
Unterschriften der Kläger als Auftraggeber ohne Datumsangabe.
Mit Schreiben vom 17.02.2005 bat das BAFA um Mitteilung, wann der Bauvertrag
von den Klägern unterzeichnet worden sei.
Unter dem 18.02.2005 reichten die Kläger einen „weiteren“ Bauvertrag ein und
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Unter dem 18.02.2005 reichten die Kläger einen „weiteren“ Bauvertrag ein und
wiesen darauf hin, dass sie versehentlich das nicht datierte Exemplar übersandt
hätten. Sie schrieben: „Beiliegend als Anlage die Kopie des ursprünglich datierten
Bauvertrages“. Der zu diesem Zeitpunkt vorgelegte Bauvertrag trägt gleichfalls
unter dem Datum „14.10.2004“ eine Unterschrift seitens der ...GmbH sowie unter
dem Datum „29.10.2005“ die Unterschriften der Kläger.
Mit Bescheiden vom 03.03.2005 nahm das BAFA die Zuwendungsbescheide vom
15.11.2004 bzw. 17.11.2004 zurück. Die Anlagen seien am 14.10.2004 in Auftrag
gegeben worden und somit vor Antragstellung am 25.10.2004.
Mit Schreiben vom 10.03.2005 legten die Kläger hiergegen Widerspruch ein. Das
Angebot der Firma ... sei erst am 19.10.2004 ausgefertigt. Es widerspreche jeder
Lebenserfahrung, dass der Bauvertrag bereits am 14.10.2004 unterzeichnet
worden sei. Der Bauvertrag sei erst am 29.10.2004 unterzeichnet worden. Von den
Klägern sei er an das Architektenbüro und von diesem mit Anschreiben vom
15.11.2004 an die Firma .... zur Gegenzeichnung weitergeleitet worden. Bei der
Datierung seitens des Herrn ... müsse diesem ein Fehler unterlaufen sein.
Mit Schreiben vom 08.08.2005 übersandten die Kläger das Original eines
Bauvertrages (Bl. 88, 89 der Behördenakte betreffend die Biomasseanlage), der
oberhalb der Unterschriften die Daten „14.10.2004“ bzw. „29.10.2005“ trägt.
Unter dem 04.10.2005 kam zur Vorlage seitens der ...GmbH das Original des
Bauvertrages, das sich in Händen der ...GmbH befand (Bl. 98, 99 der
Behördenakte). Dieser Bauvertrag trägt oberhalb der Unterschriften die Daten
„14.10.04“ sowie „29.10.2004“.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 12.10.2005 wies das BAFA die Widersprüche
zurück. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.
Die Widerspruchsbescheide wurden unter dem 12.10.2005 zur Post gegeben.
Mit Schriftsatz vom 11.11.2005, dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
zugegangen am 11.11.2005, haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie ihr
Begehren weiter verfolgen. Unstreitig trage der Bauvertrag zwischen den Klägern
und der Firma ...GmbH über der Unterschrift des Auftragnehmers das Datum
14.10.2004 und über der Unterschrift der Auftraggeber das Datum 29.10.2005.
Beide Daten seien falsch. Herr M. vom Architekturbüro S., S. und Partner habe für
die Kläger ein Angebot der Firma ...eingeholt. Das Angebot datiere vom
19.10.2004. Erst auf Grund dieses Angebotes hätten die Kläger den Antrag auf
Gewährung der Zuschüsse gestellt. Als das Angebot der ...GmbH vom 19.10.2004
vorgelegen habe, sei dieses zum Gegenstand der Beantragung gemacht worden.
Erst am 29.10.2004 hätten die Kläger einige Ausfertigungen des Bauvertrages,
vorbereitet vom Architekturbüro, unterschrieben. Vom Architekturbüro seien vier
Ausfertigungen vorbereitet worden. Zwei für den Bauherren, eines für das
Architekturbüro und eines für das zu beauftragende Bauunternehmen, welches die
Exemplare gegengezeichnet und an das Architekturbüro zurückzusenden hatte.
Mit Schreiben vom 15.11.2004 habe Frau Elisabeth S., eine Partnerin des
Architekturbüros den fraglichen Bauvertrag, bereits durch die Kläger am
29.10.2004 unterzeichnet, an die Firma ... Sanitärtechnik versandt. Herrn ... seien
also die vier Ausfertigungen des fraglichen Bauvertrages (unterzeichnet von den
Klägern am 29.10.2004, unter versehentlicher Angabe des Datums 29.10.2005)
erst nach dem 15.11.2004 zugegangen. Aus nicht mehr aufklärbaren Gründen
habe Herr ... versehentlich das Datum 14.10.2004 eingesetzt. Der Bauvertrag sei
somit erst nach dem 15.11.2004 zustande gekommen.
Die Kläger beantragen,
den Rücknahmebescheid des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
vom 03. März 2005 zu Aktenzeichen BM 2526490 in der Form des
Widerspruchsbescheides des BAFA vom 12. Oktober 2005 zu Aktenzeichen 102-
EEw-578/2005-st aufzuheben,
den Rücknahmebescheid des BAFA vom 03. März 2005 zu Aktenzeichen SO
2526326 in der Form des Widerspruchsbescheides des BAFA vom 12. Oktober
2005 zu Aktenzeichen 102-EEw-636/2005-st aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Dass die Kläger vor Antragstellung am 25.10.2004 einen Auftrag erteilt hätten,
ergebe sich aus dem Bauvertrag mit der Firma ... vom 14.10.2004. Der Vortrag
der Kläger sei unglaubhaft. Bei dem mit Schreiben vom 18.02.2005 vorgelegten
Exemplar des Bauvertrages handele es sich gegenüber dem zunächst in Kopie
vorgelegten Bauvertrag nicht um ein weiteres, sich vom zunächst vorgelegten zu
unterscheidendes Exemplar, sondern lediglich um einer weiter Kopie desjenigen
Exemplars, welches zuvor vorgelegt worden sei. Es seien lediglich nachträglich die
Datumsangabe ergänzt worden. Es sei somit durch nachträgliche passende
Datierung des Bauvertrags ein falsches Dokument hergestellt und damit versucht
worden, die Förderfähigkeit des Vorhabens vorzutäuschen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2006 erklärte die Klägerin zu
1. auf eindringliche Frage des Gerichts, dass es insgesamt nur drei Exemplare des
Bauvertrages gegeben habe. Sie selbst habe vom Architekturbüro ein Exemplar
erhalten, das von Klägerseite aus undatiert gewesen sei. Dieses habe sie -
entgegen ihrem bisherigen Vortrag - auf Nachfrage der Behörde vom 17.02.2005
als Kopiervorlage genommen und habe in dieses Exemplar das Datum
„29.10.2005“ eingetragen und zwar nach Rückfrage beim Zeugen ..., wann der
Bauvertrag von den Klägern datiert worden sei.
Die Klägerin zu 1. ist der Auffassung, durch die nachträgliche Einfügung des
richtigen Datums sei keine falsche Urkunde hergestellt worden. Die aus der
Urkunde hervorgehenden tatsächlichen Angaben seien richtig. Das nachträgliche
Einfügen eines richtigen Datums auf einer Urkunde als solches sei keine
Verfälschung einer Urkunde oder das Herstellen einer falschen Urkunde. Auch
weise dieser Vorgang nicht darauf hin, dass im Sinne der Nr. 1.2 der
Verwaltungsvorschrift zu § 44 BHO eine ordnungsgemäße Geschäftsführung bei
den Klägern nicht gesichert erscheine. Die Klägerin zu 1. habe lediglich zur
Vereinfachung des Ganges der Dokumentenübermittlung das eigene Dokument
um das Datum ergänzt, anstatt die anderen Dokumente, die bei der Architektin
und dem Auftragnehmer vorhanden gewesen seien, einzuholen und vorzulegen.
Diese Vorgehensweise lasse aber nicht darauf schließen, dass eine
ordnungsgemäße Geschäftsführung nicht gesichert erscheine.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin zu 1. habe eine Urkunde verfälscht.
Mache die Fälschung den Inhalt der Urkunde wahr, so falle auch diese
Richtigstellung unter § 267 StGB. Indem die Klägerin auf dem Bauvertrag das
Datum nachträglich eingefügt habe, habe sie den Vertrag verfälscht. Ferner sei
nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte einer Antragstellerin, die zur Erlangung
einer Förderung verfälschte Urkunden vorlege, die Förderung verweigere. Bei der
Verwaltungsvorschrift Nr. 1.2 zu § 44 BHO handele es sich nicht um eine
Vorschrift, auf die sich ein Antragsteller insoweit berufen könne, dass ihm die
Zuwendung nur dann verweigert werden dürfe, wenn exakt die dortigen Kriterien
erfüllt seien. Der sachliche Grund für eine Zuschussverweigerung in Fällen, in
denen Antragsteller verfälschte Urkunden vorlegten, liege darin, dass die Beklagte
über die Zuschussgewährung im schriftlichen Verfahren entscheide, was bei einem
Masseverfahren wie dem vorliegenden auch nicht anders möglich sei, und sich die
Beklagte auf die Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen verlassen können müsse.
Die Beklagte sei deshalb in besonderem Maße auf die Ehrlichkeit der Antragsteller
angewiesen und insbesondere auch darauf, dass Unterlagen nicht manipuliert
würden. Schließlich könne die Beklagte auch unter Präventionsgesichtspunkten
nicht zulassen, dass der Eindruck entstehe, die Verfälschung von Unterlagen
könne ohne Konsequenzen bleiben.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den
Inhalt der vorgelegten Behördenakten (2 Bände) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die als Anfechtungsklagen statthaften und auch im übrigen zulässigen Klagen sind
unbegründet. Die Bescheide des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
vom 03.03.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.10.2005
erweisen sich als im Ergebnis rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren
Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Dabei resultiert die Rechtmäßigkeit aus einer vom Gericht vorgenommenen
Umdeutung gemäß § 47 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG. Danach kann ein fehlerhafter
Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf
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Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf
das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenen Behörde in der geschehenen
Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn
die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Gemäß § 47 Abs. 2 VwVfG gilt
Abs. 1 nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt
umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde
widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als
die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig,
wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
Mit den Bescheiden vom 03.03.2005 liegen fehlerhafte Verwaltungsakte vor. Ein
fehlerhafter Verwaltungsakt ist ein aus Gründen des formellen oder materiellen
Rechts fehlerhaft aufhebbarer Verwaltungsakt. Hiervon ist auszugehen.
Rechtsgrundlage für die in den Bescheiden vom 03.03.2005 erfolgte Rücknahme
der Zuwendungsbescheide ist § 48 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG. Danach kann ein
rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz
oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit
zurückgenommen werden (§ 48 Abs. 1 S. VwVfG). Ein rechtswidriger
Verwaltungsakt, der eine einmalige Leistung gewährt, darf nicht zurückgenommen
werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut
und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer
Rücknahme schutzwürdig ist (§ 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG).
Vorliegend hat die Beklagte die Zuwendungsbescheide vom 15.11.2004 bzw.
17.11.2004 zu Unrecht zurückgenommen, da diese rechtmäßig sind.
Die Rechtmäßigkeit des Zuwendungsbescheides beurteilt sich danach, ob die
Bewilligungsvoraussetzungen nach den Richtlinien des Bundesministeriums für
Umwelt-, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 26.11.2003 (Bundesanzeiger Nr.
234 vom 13.12.2003, S. 25, 513), wie sie ihre Ausprägung in der Verwaltungspraxis
der Beklagten gefunden haben, vorliegen.
Grundsätzlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung des beantragten und
gewährten Zuschusses. Gemäß Ziff. 1.2 der Richtlinie besteht kein Anspruch des
Antragstellers auf die Zuwendung. Die Bewilligungsbehörde entscheidet vielmehr
aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren
Haushaltsmittel. Dennoch kann sich ein Anspruch des Antragstellers vor dem
Hintergrund folgender Vorgaben ergeben: Bei den einschlägigen Richtlinien
handelt es sich um Ermessensrichtlinien, die eine einheitliche und gleichmäßige
Anwendung des Ermessens im Hinblick auf die Gewährung des
streitgegenständlichen Zuschusses sicherstellen sollen. Da derartige
ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze oder
Rechtsverordnungen schon durch ihr Vorhandensein Rechte des Bürgers
begründen, ist es dem Gericht nach gefestigter Rechtssprechung des
Bundesverwaltungsgerichtes, des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes sowie der
erkennenden Kammer verwehrt, die Richtlinie selbst wie Gesetzesvorschriften zu
interpretieren (BVerwGE 58, 45 (51); HessVGH, Urt. V. 15.12.1995, Az.: 8 UE
1773/94; VG Frankfurt, GB. v. 14.07.1996, 1 E 1494/96 (1)). Die Überprüfung der
Anwendung solcher Richtlinien durch die Verwaltungsgerichte hat sich an den
Maßstäben des § 114 VwGO zu orientieren. Das der Bewilligungsbehörde
eingeräumte Ermessen kann von dem Gericht nur daraufhin überprüft werden, ob
die Ablehnung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen
Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem
Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.
Insbesondere darf die Bewilligungsbehörde den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3
Abs. 1 GG nicht verletzten. Entscheidend ist daher, wie die zuständige Behörde die
Verwaltungsvorschriften im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis
gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den
Gleichheitsgrundsatz gebunden ist.
Nach dem Maßstab dieser Voraussetzungen erweisen sich die ursprünglichen
Zuwendungsbescheide als rechtmäßig.
In den Ausgangsbescheiden sowie in den jeweiligen Widerspruchsbescheiden geht
das BAFA davon aus, dass sich die Rechtswidrigkeit der Zuwendungsbescheide
aus dem Umstand ergibt, dass die Kläger die jeweilige Maßnahme bereits vor
Antragstellung begonnen haben. Diese, zum Zeitpunkt des Erlasses der
Widerspruchsbescheide nachvollziehbare und auch naheliegende Annahme kann
vor dem Hintergrund des Vortrags der Kläger sowie der durchgeführten
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vor dem Hintergrund des Vortrags der Kläger sowie der durchgeführten
Beweisaufnahme keinen Bestand haben. Vielmehr liegt es näher, dass die
Ausfertigungen der Bauverträge nach dem Angebot der Firma ...vom 19.10.2004
zunächst am 29.10.2004 von den Klägern unterschrieben worden sind und sodann
über das Architekturbüro an die Firma ...versandt wurden, wo sie nach dem
15.11.2004 unterschrieben und an das Architekturbüro zurückgesandt wurden.
Gegen die Annahme, dass der Bauvertrag bereits am 14.10.2004 geschlossen
wurde spricht zunächst das Angebot der Firma ...vom 19.10.2004 sowie die von
den Klägern vorgelegte „Kurzmitteilung“ des Architekturbüros vom 15.11.2004
(Anlage K 2 des Schriftsatzes vom 11.11.2005). Ferner hat die Zeugin S. glaubhaft
und glaubwürdig dargelegt, dass die vom Architekturbüro vorbereiteten
Bauverträge zuerst an den jeweiligen Bauherrn versandt werden, von diesen
unterschrieben werden, an das Architekturbüro zurücklaufen und sodann an die
jeweiligen Firmen weitergereicht werden. Auch der Zeuge ... hat bestätigt, dass er
klägerseits bereits unterzeichnete Bauverträge erhalten habe, was eher die
Ausnahme sei. Das Datum des „14.10.2004“ kann er sich selbst nicht erklären.
Dass der Bauvertrag seitens der Kläger am 29.10.2004 bzw. ohne Datum
unterzeichnet wurde ergibt sich aus den vorgelegten Originalverträgen seitens der
Firma ...(Bl. 99 der Behördenakte) bzw. des Originals des Bauvertrages, das vom
Architekturbüro besorgt wurde (Bl. 81 der Gerichtsakte), so dass das Gericht
davon ausgeht, dass es drei Originalbauverträge gab, wovon zwei von den Klägern
am 29.10.2004 unterzeichnet wurden und ein weiteres Exemplar von den Klägern
ohne Datum unterzeichnet wurde, wobei der Schluss naheliegt, dass dies
gleichfalls am 29.10.2004 erfolgte.
Insgesamt kann vor dem Hintergrund dessen jedenfalls nicht davon ausgegangen
werden, dass der Bauvertrag bereits vor dem 25.10.2004, dem Zeitpunkt des
Eingangs der Anträge beim BAFA, geschlossen worden ist.
Somit liegt kein Verstoß gegen die Ziff. 4.1 der Richtlinien vor und die
Zuwendungsbescheide verstoßen insoweit nicht gegen Art. 3 GG, was sie
rechtswidrig machen würde. Sonstige Rechtswidrigkeitsgründe zum Zeitpunkt des
Erlasses der Zuwendungsbescheide am 15.11.2004 bzw. 17.11.2004 sind weder
seitens des BAFA geltend gemacht noch erkennbar.
Die zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtmäßigen Zuwendungsbescheide sind auch
nicht etwa durch die später vorgenommene Manipulierung seitens der Klägerin zu
1. rechtswidrig geworden. Die Rücknahme gemäß § 48 VwVfG setzt voraus, dass
ein Verwaltungsakt bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war. Eine
Änderung der Sach- und Rechtslage nach Erlass des Verwaltungsaktes kann zwar
dazu führen, dass die Regelung in Widerspruch zum geltenden Recht gerät, nicht
aber zur Rechtswidrigkeit und Rücknehmbarkeit des Verwaltungsaktes (vgl.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 8. Aufl., § 48 Rdnr. 33). Nachträgliche
Änderungen der rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen eines
Verwaltungsaktes lassen also einen rechtmäßig erlassenen Verwaltungsakt nicht
rechtswidrig werden, sondern können nur Anlass und Rechtfertigung für einen
Widerruf nach § 49 VwVfG sein.
In einen solchen Widerruf kann das Gericht die fehlerhafte Rücknahme der
Zuwendungsbescheide gemäß § 47 umdeuten (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8.
Aufl., § 47 Rdnr. 35 a).
Die Vorgaben des § 47 Abs. 2 VwVfG stehen einer Umdeutung nicht entgegen.
Weder widerspricht die Umdeutung der erkennbaren Absicht der erlassenden
Behörde noch erweisen sich die Rechtsfolgen für die Kläger ungünstiger als die der
fehlerhaften Rücknahme. Ferner ist nicht erkennbar, dass die fehlerhaften
Rücknahmebescheide nicht zurückgenommen werden dürften. Die Umdeutung in
Widerrufe erweist sich auch deshalb als zulässig, da die Widerrufe auf das gleiche
Ziel gerichtet sind, auf das auch die Rücknahmen abstellten, vom BAFA
verfahrensgemäß und förmlich rechtmäßigerweise hätten erlassen werden können
und auch die Voraussetzungen für einen Widerruf vorliegen.
Dabei scheidet jedoch ein Widerruf für die Vergangenheit gemäß § 49 Abs. 3
VwVfG aus, da es hierfür am Vorliegen der Voraussetzungen mangelt.
Ein Widerruf kann vorliegend jedoch gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG für die Zukunft
erfolgen. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, hier die
Zuwendungsbescheide vom 15.11.2004 bzw. 17.11.2004, auch nachdem er
unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft
widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener
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widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener
Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne
den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. Hiervon kann
ausgegangen werden. Als nachträglich eingetretene Tatsache in diesem Sinne ist
die von der Klägerin zu 1. vorgenommene und im Rahmen der mündlichen
Verhandlung eingestandene Manipulation der bei der Behörde vorgelegten
Urkunde (Bauvertrag) anzunehmen. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache wäre
das BAFA berechtigt, die Zuwendungsbescheide nicht zu erlassen. Zwar ist ein
derartiger Fall in den zugrunde zu legenden Richtlinien nicht angesprochen, doch
wäre es nicht zu beanstanden, dass die zuständige Behörde Antragsteller, von
denen sie weiß, dass diese - aus welchem Grund auch immer - eine
zuwendungsrelevante Handlung unter Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten
vornehmen, von einer Förderung ausschließt. Dies erscheint sachgerecht, da die
Behörde im Hinblick auf die Durchführung der vorliegenden Massenverfahren in
besonderem Maße auf die Ehrlichkeit der Antragsteller angewiesen ist und deshalb
auch bereits bei Manipulationen der vorliegenden Art befugt ist, zunächst von der
Unzuverlässigkeit des Antragstellers auszugehen. Ferner erscheint es
sachgerecht, vor dem Hintergrund einer solchen Manipulation Förderschädlichkeit
auch unter Präventionsgesichtspunkten anzunehmen, da ansonsten in der Tat der
Eindruck entsteht, die Manipulation von Unterlagen bleibe ohne Konsequenzen. Da
sich eine entsprechende Verwaltungspraxis nicht etwa als willkürlich erweist und
auch kein Verstoß gegen Art. 3 GG erkennbar ist, wäre also das BAFA berechtigt,
Zuwendungsbescheide nicht zu erlassen.
Ohne den Widerruf würde auch das öffentliche Interesse gefährdet. Zu dem
öffentlichen Interesse gehören auch das fiskalische Interesse an der sparsamen
Verwaltung öffentlicher Mittel und die Vermeidung überflüssiger Aufwendungen
(Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 49 Rdnr. 48 m. w. N.). Es liegt auf der Hand,
dass diese fiskalischen Interessen im vorliegenden Fall gefährdet würden, wenn die
Kläger in den Genuss der Zuwendung kommen.
Das erkennende Gericht greift auch einer Ermessensausübung der zuständigen
Behörde nicht vor. Dem gesetzlichen Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung
des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu
beachten, ist zu entnehmen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden im Regelfall
das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei ausgeübt
werden kann. Diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das
Interesse des Begünstigten, den Zuschuss zu erlangen und verbieten einen
großzügigen Verzicht auf den Widerruf von Subventionen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen; dies ergibt sich aus § 154
Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.