Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 07.01.2008

VG Frankfurt: schule, form, jugendhilfe, jugendamt, erstellung, erziehungshilfe, kreis, behinderung, zusage, abklärung

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Gericht:
VG Frankfurt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 G 2798/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 13 Abs 1 SGB 8, § 35a Abs 1
SGB 8, § 36a SGB 8
Anspruch auf Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe:
Kostenübernahmepflicht des Jugendhilfeträgers bei
selbstbeschaffter Hilfe vor Klärung geeigneter
Hilfemaßnahmen
Leitsatz
Über die im Einzelfall notwendige und geeignete Hilfe entscheiden die Träger der
öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen eines kooperativen pädagogischen
Entscheiddungsprozesses. Selbstbeschaffte Hilfe vor Abschreiten dieses
Klägerungsprozesses geht regelmäßig zu Lasten des Hilfeempfängers.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I
Die Antragstellerin, eine am 1995 geborene Schülerin und durch die
Personensorgeberechtigte, ihre Mutter, vertreten und handelnd, begehrt auf dem
Wege der einstweiligen Anordnung die Erstattung bereits angefallener und die
Zahlung der noch entstehenden Kosten für ihre sozialpädagogische Betreuung an
einer Förderschule.
Die Antragstellerin besucht mittlerweile die 5. Klasse der unter privater
Trägerschaft stehenden ...-Schule (...), die in B. im Landkreis G. liegt. Mit dieser
Schule hat der Landkreis G. eine Entgeltvereinbarung abgeschlossen, nach der
unter anderem 421,80 Euro im Monat für die sozialpädagogische Betreuung an
der Tagesschule erstattet werden. Externe, nicht im Landkreis G. wohnende
Schüler und Schülerinnen sind von der Erstattung durch den Kreis ausgeschlossen.
Hinsichtlich des Förderbedarfs der Antragstellerin liegen verschiedene ärztliche
Befundberichte und der Bescheid des Hessischen Amtes für Versorgung und
Soziales Frankfurt vom 04.09.2006 vor. Danach leidet die Antragstellerin unter
einer Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit, einem Hirnanfallsleiden und
Verhaltensstörungen. Der Grad der Behinderung wurde auf 70 festgesetzt. Der
Befundbericht des Sozialpädiatrischen Zentrums des Universitätsklinikums
Giessen und Marburg vom 03.03.2006 kam nach umfangreicher Testung und
Anamnese des familiären Umfeldes zu dem Schluss, dass die Antragstellerin dem
Personenkreis zuzurechnen ist, der von seelischer Behinderung bedroht ist und
betonte die Notwendigkeit eines strukturierenden, Halt gebenden
Erziehungsrahmens. Dieser solle insbesondere soziale Lernmöglichkeiten im
Umgang mit Gleichaltrigen und zur Verbesserung der Eigenverantwortlichkeit
bieten. Für die Rechenstörung solle die Antragstellerin in der Schule eine
Förderung erhalten. In dem weiteren Befundbericht der gleichen Stelle vom
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Förderung erhalten. In dem weiteren Befundbericht der gleichen Stelle vom
26.04.2007 wurde aufgrund erneuter Untersuchung der Besuch einer Schule für
Kranke empfohlen und zusätzlich der Besuch einer angegliederten Tagesgruppe
mit intensiver pädagogischer und therapeutischer Begleitung zur Förderung von
altersangemessenem Regel- und Gruppenverhalten. In den Untersuchungsbericht
ging die Einholung einer fernmündlichen Auskunft der Klassenlehrerin der
Antragstellerin ein, welche die Leistungen der Antragstellerin einerseits als gut
bezeichnete, andererseits die Akzeptanz von Anforderungssituationen, die von
dem normalen Schulprogramm abwichen, als nicht altersgerecht beschrieb. In der
Empfehlung wurde auch das familiäre Umfeld der Antragstellerin berücksichtigt.
Die berufstätige Mutter ist geschieden. Mangels eines Erziehungsbeitrages des
Vaters erfolgt die Personensorge durch die Großeltern während der beruflichen
Abwesenheit der Mutter. Diese räumten ein, durch das Verhalten des
pubertierenden Mädchens in der Erziehung überfordert zu sein.
Im Zeitraum der Erstellung dieser Befundberichte besuchte die Antragstellerin die
...-Lernhilfeschule in F. und nach der Schule einen Hort, in dem sie - so der
Befundbericht - gut integriert war. In einem Schulbericht der Klassenlehrerin vom
06.05.2007 allerdings die Auffassung vertreten, dass sich eine Verschlechterung
des Verhaltens der Antragstellerin ergeben habe und ihr nur an einer Schule für
Kranke weitergeholfen werden könne.
Bereits am 11.04.2006 hatte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner einen
Antrag auf ergänzende Erziehungshilfe unter Verweis auf den Befundbericht vom
03.03.2006 gestellt. Es sei gegebenenfalls ein Schulwechsel erforderlich. In einem
weiteren zu den Akten gelangten Schreiben vom 17.08.2006 teilte die
Antragstellerin mit, dass beim zuständigen Schulamt ein Antrag auf Überprüfung
des sonderpädagogischen Förderbedarfs gestellt worden sei. Die Befundberichte
des Sozialpädiatrischen Zentrums vom 28.11.2005, 03.03.2006 sowie weitere
psychologische, fachärztliche Berichte und ein Schulbericht wurden beigefügt. In
einem weiteren Schreiben vom 14.05.2007 teilte die Antragstellerin mit, dass ein
Aufnahmeverfahren für die ...-Schule in B. eingeleitet worden sei. Es handele sich
um eine Schule für Kranke. Aus der Sicht der Psychologin sei ein Schulwechsel in
eine Schule für Kranke mit angegliederter Tagesgruppe empfohlen worden. Daher
werde Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII durch Kostenübernahme beantragt
Mit Bescheid vom 05.06.2007 wies das Staatliche Schulamt für den ...-Kreis
aufgrund eines zuvor gestellten Antrages die Antragstellerin vorbehaltlich einer
Kostenzusage durch das Jugendamt des ...-Kreises der ...-Schule als zuständige
Schule für Kranke zu.
Mit Bescheid vom 19.06.2007 wies der Antragsgegner den Antrag auf
Kostenübernahme in Form der Gewährung einer Eingliederungshilfe zurück. Zur
Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für die beantragte Leistung
in Form der Übernahme der Beschulungskosten an der Schule für Kranke die
Zuständigkeit des Schulträgers gegeben sei.
Hiergegen legte die zu diesem Zeitpunkt anwaltlich vertretene Antragstellerin
Widerspruch ein und bat um Abklärung, ob nun das Staatliche Schulamt oder der
Antragsgegner für die Kostentragung zuständig sei. Es sei zu vermuten, dass in
den Kosten auch Anteile enthalten seien, für welche die Zuständigkeit des
Antraggegners gegeben sei. Für die in Aussicht genommene Tagesbetreuung
ergäben sich zusätzliche Kosten, über die grundsätzlich zu entscheiden sei.
Über den Widerspruch ist noch nicht entschieden worden.
Mit Bescheid vom 09.08.2007 lehnte das Staatliche Schulamt die Übernahme der
Kosten für die Beschulung ab und setzte als zuständige Förderschule die ...-
Schule, ...weg 19, M.-H. fest. Mit Schreiben vom 04.09.2007 setzte das Staatliche
Schulamt diese Zuweisung außer Vollzug.
Am 27.9.2007 stellte die Antragstellerin vorliegenden Antrag und führte zur
Begründung im Wesentlichen aus, dass nach den vorliegenden Berichten
sachbefasster Stellen eine intensive pädagogische Betreuung notwendig sei, die
unabhängig von betreuenden, außerhäusigen Stellen nicht zu leisten sei. Die
sozialpädagogischen Leistungen an der ...-Schule, an der die Antragstellerin nach
den Sommerferien des Jahres 2008 aufgenommen worden sei, würden derzeit aus
eigenen Mitteln aufgebracht. Sie würden sich aller Voraussicht noch durch die
Aufnahme in einer Tagesgruppe erhöhen, wenn die Antragstellerin aufgenommen
würde. Alternativ käme eine Betreuung in einer Wohngruppe in Frage. Es bestehe
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würde. Alternativ käme eine Betreuung in einer Wohngruppe in Frage. Es bestehe
auf jeden Fall ein Anspruch auf Übernahme dieser Kosten, entweder durch das
Staatliche Schulamt oder durch den Antragsgegner. Obgleich bereits am
16.06.2006 die Antragstellerin im Jugendamt des Antraggegners vorgestellt
worden sei, seien konkrete Hilfsangebote nicht erfolgt. Die ...-Schule sei durch die
ehemalige Klassenlehrerin der Antragstellerin empfohlen worden. Die Aufnahme
erfolge nur zum Schuljahresbeginn, ein weiteres Zuwarten sei nicht möglich
gewesen. Im Übrigen liege der Antrag auf Erstellung eines Gutachtens für den
konkreten sonderpädagogischen Förderbedarf dem Staatlichen Schulamt seit dem
Januar 2007 vor. Es werde in diesem Zusammenhang Bezug genommen auf das
entsprechende Gutachten des Gesundheitsamtes - Kinder- und Jugendärztlicher
Dienst - des Antragsgegners, das allerdings erst am 27.08.2007 erstellt worden
sei. Dieses bestätige die Notwendigkeit einer Beschulung an einer Schule für
Kranke mit einer Tagesbetreuung. Durch die zuständige Sachbearbeiterin im
Jugendamt des Antraggegners sei auch die Zusage für eine Kostenübernahme
erfolgt, jedenfalls im Falle einer Zuweisung durch das Staatliche Schulamt an eine
Schule für Kranke. Die nunmehr erfolgte Zuweisung der Antragstellerin an die ...-
Schule entspreche nicht dem vorliegenden Hilfeprofil der Antragstellerin, da das
Hilfekonzept sich dort auf zwei Klassen in der Grundschule beziehe. Sie sei offen
für Alternativangebote, jedoch seien entsprechend profilierte Angebote bislang
nicht erfolgt.
Die Antragsstellerin beantragt sinngemäß,
dem Antragsgegner auf dem Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben,
Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für die sozialpädagogische
Betreuung der Antragstellerin an der ...-Schule in Höhe von monatlich 421,80 Euro
vorläufig zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass der notwendige und angemessene
Hilfebedarf der Antragstellerin durch Anbindung an eine Tagesgruppe erkannt
worden sei. Es sei aber offen gewesen, in welcher Einrichtung dies geschehen
sollte. Der Antragsgegner sei aber nicht verpflichtet, die Kosten für die
sozialpädagogische Betreuung zu übernehmen, da sie nicht den Leistungen
entspreche, welche nach § 35 a SGB VIII zu erbringen seien. Für
Beschulungskosten sei das Staatliche Schulamt zuständig. Die Prüfung von
Hilfemaßnahmen sei durch die Antragstellerin durch Selbstbeschaffung
unterbrochen worden. Eine Zusage für die Übernahme dieser Kosten sei nicht
erfolgt.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die
beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist nach § 123 Abs 1 Satz 2 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
Vorliegend ist ein Antrag nach § 123 VwGO statthaft, weil die Antragstellerin nur
auf diesem Wege die Hilfeleistung des Antragstellers gerichtlich geltend machen
kann. Ihr Rechtsschutzziel müsste sie im Hauptsacheverfahren mit der
Verpflichtungsklage verfolgen, so dass sie nicht auf die einstweilige Anordnung
gemäß § 80 VwGO verwiesen werden kann.
Das Gericht hat weiter den Antrag gemäß § 88 VwGO dahin ausgelegt, dass die
Antragstellerin nur vorläufig die konkrete Hilfeleistung durch Übernahme der
bezifferten Kosten verlangt. Eine dauernde und vorbehaltlose Zahlung des
Antragsgegners käme nämlich der Vorwegnahme der Hauptsache gleich und kann
auf dem Wege des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nicht verfolgt werden.
Zwar ist durch diese Formulierung nicht ausgeschlossen, dass eine Rückforderung
der Beträge bei schließlichem Unterliegen angesichts der vorgetragenen
Vermögenslage der Antragstellerin wenig aussichtsreich wäre, jedoch kann diesem
Umstand, welcher der Schaffung eines irreversiblen Zustandes gleichkommt,
durch hohe Anforderungen an die materielle Prüfung des Anordnungsanspruchs
Rechnung getragen werden. Unter Berücksichtigung dieses erst bei der Abwägung
zu berücksichtigendem Maßstab beurteilt sich jedenfalls der so ausgelegte Antrag
als zulässig.
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Die Antragstellerin hat auch das für eine einstweilige Anordnung erforderliche
Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Die Mutter der Antragstellerin ist nur in Teilzeit als
Altenpflegerin beschäftigt und erhält ergänzende Sozialhilfeleistungen. Die
Antragstellerin erhält derzeit keine Unterhaltsleistungen ihres Vaters. Nach diesen
Angaben kann die mit dem Antrag geltend gemachte Hilfeleistung nicht aus den
laufenden Einkünften getragen werden. Diese Angaben sind am Maßstab des hier
anzuwendenden § 23 Abs.1 Satz 2 SGB X auch glaubhaft, weil sie bei der
Erstellung der Befundberichte bei verschiedenen sachbefassten Stellen
durchgängig dargelegt worden sind.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies nötig
erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der Erlass der einstweiligen
Anordnung setzt nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs 2 ZPO voraus, dass die
Antragstellerin glaubhaft macht, dass sie einen Anspruch auf Übernahme der
Kosten hat (Anordnungsanspruch) und auch, dass mit der Erfüllung dieses
Anspruchs nicht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zugewartet werden
kann (Anordnungsgrund).
Im Ergebnis ist vorliegend zwar ein Anordnungsgrund, nicht jedoch der
Anordnungsanspruch gegeben.
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Antragstellerin grundsätzlich
zum anspruchsberechtigten Personenkreis i.S.v. § 35 a Abs.1 SGB VIII zählt.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist jedoch das Gericht zu dem
Ergebnis gelangt, dass derzeit nicht festgestellt werden kann, dass die gemäß § 13
Abs. 1 SGB VIII erbrachte sozialpädagogische Betreuung der Antragstellerin in der
Schule für Kranke die erforderliche und geeignete Hilfeform gemäß § 35 a Abs. 4
Satz 1 SGB VIII darstellt und der Antragsgegner mit der Verweigerung der
Kostenübernahme eine fachlich nicht vertretbare und nicht mehr nachvollziehbare
Entscheidung getroffen hat.
§ 35 a Abs. 2 SGB VIII regelt, dass die Hilfe lediglich nach Bedarf im Einzelfall
geleistet wird. Ein Anspruch auf eine begehrte Hilfemaßnahme besteht somit nur
dann, wenn ausschließlich die in Aussicht genommene Hilfemaßnahme den
Hilfebedarf deckt. Dies ist der Fall, wenn die Hilfemaßnahme geeignet und
notwendig ist (BVerwG, Urteil vom 24.06.1999 - 5 C 24/98-, BVerwGE 109, 155)
Über die im Einzelfall notwendige und geeignete Hilfe entscheiden die Träger der
öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen eines kooperativen pädagogischen
Entscheidungsprozesses, wobei diese Entscheidung nicht den Anspruch objektiver
Richtigkeit erhebt, sondern eine angemessene Lösung für die festgestellte
Belastungssituation zu enthalten hat, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar
sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung ist daher darauf beschränkt,
ob allgemein gültige Maßstäbe beachtet, alle für die Entscheidung relevanten
Gesichtspunkte berücksichtigt worden und keine sachfremden Erwägungen
eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt
worden sind. (vgl. dazu: HessVGH, Urteil vom 08.09.2005 -10 UE 1647/04-,
dokumentiert in juris).
Nach diesem Maßstab ergibt sich für das vorliegende Verfahren, dass durch den
Antragsgegner eine auf Hilfegewährung gerichtete Sachbefassung erfolgt ist, eine
Entscheidung bis zur Antragstellung am 14.05.2007 jedoch nicht getroffen werden
konnte. Von diesem maßgeblichen Zeitpunkt geht das Gericht aus. Soweit die
Antragstellerin geltend macht, bereits einen Antrag für die konkrete Hilfe bereits
am 11.04.2006 gestellt zu haben, kann das Gericht dem nicht folgen. Die
Antragstellerin hat zu diesem Zeitpunkt nämlich einen Antrag auf ergänzende
Erziehungshilfe gestellt und einen Schulwechsel gegebenenfalls für erforderlich
gehalten. Dies hat auch nach dem Inhalt der Behördenakte und nach
beiderseitigem Vortrag zu mehrfachen Gesprächen über eine Hilfegewährung
geführt. Dieser Prozess war erkennbar im Mai 2007 noch nicht abgeschlossen.
Eine eingehende Erörterung der Frage eines Schulwechsels in Verbindung mit der
Hilfegewährung nach § 35 a SGB VIII musste sich dem Jugendamt des
Antragsgegners bis dahin nicht aufdrängen. Es konnte vielmehr zutreffend davon
ausgehen, dass ein Schulwechsel mit dem zuständigen Staatlichen Schulamt
abgestimmt werden würde. Es ist auch nicht erkennbar, dass dem Jugendamt des
Antragsgegners vor dem 14.05.2007 bekannt war, dass der Schulwechsel mit
Hilfegewährung in Form der Kostenübernahme für die sozialpädagogische
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Hilfegewährung in Form der Kostenübernahme für die sozialpädagogische
Betreuung verbunden war. Es musste dies auch nicht erkennen, da die mit der
Schule verbundene Organisation der sachlichen und personellen
Unterrichtsgewährleistung eine Aufgabe des Staatlichen Schulamtes und der
Schulbehörden überhaupt ist. Es ist somit festzuhalten dass zum Zeitpunkt der
Antragstellung bereits die Antragstellerin die Entscheidung für eine Einrichtung
getroffen hat, die ohne Entwicklung eines Hilfeplanes nach § 36 SGB VIII unter
Einbeziehung des Jugendamtes von der Antragstellerin ausgewählt worden ist.
Aufgrund dieser Sachlage ist vorliegend nicht - jedenfalls am Maßstab der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit, der im Anordnungsverfahren zu beachten ist -
zu erkennen, dass eine Kostentragungspflicht für den Antragsgegner zur
Entstehung gelangen konnte, denn die einseitige Hilfebeschaffung dürfte nach den
Grundsätzen der selbstbeschafften Hilfe nicht zulässig sein, § 36 a SGB VIII.
Allerdings dürfte eine Kostenübernahme nicht daran scheitern, dass die
sozialpädagogische Betreuung unter den Hilfen zur Erziehung gemäß §§ 27
Fortfolgende SGB VIII nicht aufgeführt ist. Die dort genannten einzelnen
Hilfemaßnahmen sind ganz offenkundig nicht abschließend. Dagegen ist die
Jugendsozialarbeit, geregelt in § 13 SGB VIII, im Hilfekatalog des § 2 SGB VIII
aufgeführt und den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe als Aufgabe zugeordnet.
Grundsätzlich können die hierdurch entstehenden Kosten folglich erstattet werden.
Die im vorliegenden Verfahren entscheidungserhebliche Frage ist jedoch nicht, ob
sie erstattet werden können, sondern ob trotz der selbstbeschafften Hilfe ein
entsprechender Anspruch entstanden ist.
Vorliegend kann lediglich festgestellt werden, dass nach der Beurteilung des
Staatlichen Schulamtes die Antragstellerin an einer Schule für Kranke zu
beschulen ist. Diesem Erfordernis ist durch den Schulwechsel Rechnung getragen
worden. Es steht jedoch nicht fest, ob die gesondert berechnete Leistung einer
sozialpädagogischen Betreuung an einer in zumutbarer Entfernung liegenden
Schule für Kranke in dieser oder anderer, in gleicher Weise eine zureichende und
angemessene Hilfe gewährleistenden Form erbracht werden kann. Insbesondere
ist nicht geklärt, welche Formen der Erziehungshilfe überhaupt aussichtsreich sind.
Im Kern ist eine Erörterung einer Hilfeplanung noch nicht vorgenommen worden.
Nach dem Vorbringen der Beteiligten und dem Inhalt der Behördenakte geht dies
nicht zu Lasten des Jugendamtes des Antraggegners. Es spricht vieles dafür, dass
zum Zeitpunkt der entscheidungserheblichen Antragstellung die Einbeziehung des
Jugendamtes in einen ergebnisoffenen Entscheidungsprozess nicht erwartet
wurde. Der für eine Hilfeplanung durchaus noch zur Verfügung gestandene
Zeitraum bis zum 25.08.2007, dem Schuljahresbeginn, ist somit ungenutzt
verstrichen. Da in diesem Zeitraum seitens der Antragstellerin
Mitwirkungshandlungen für einen Hilfeplan nicht erfolgt sind, konnte seitens des
Jugendamtes alternative Angebote nicht mehr unterbreitet werden. Erst nach
Abklärung eines Hilfekonzeptes kann aber überhaupt entschieden werden, ob
diese fachlich geeignet sind. Es drängt sich derzeit dem Gericht nicht auf, dass
eine fachlichen Kriterien genügende und angemessene Hilfeplanung nicht erstellt
werden kann. Die Antragstellerin trägt zwar vor, dass die vom Staatlichen
Schulamt benannte ...-Schule nicht geeignet sei. Dies bedeutet jedoch nicht, dass
eine andere Schule für Kranke außer der besuchten Schule geeignete Hilfen bietet,
wobei das Gericht offen lassen muss, ob als geeignete Hilfe nur eine
sozialpädagogische Betreuung in Frage kommt. Der Klärung dieser Frage kommt
gerade einer Hilfeplanung zu, an der die Antragstellerin und die
Personensorgeberechtigte erkennbar nicht in einem Ausmaß mitgewirkt hat,
welche die erfolgte Selbstbeschaffung - jedenfalls überwiegend wahrscheinlich -
zulässig macht. Dies wäre nämlich nur dann der Fall, wenn die in Anspruch
genommene Hilfe die einzig angemessene und erreichbare wäre. Diese Prüfung ist
noch nicht erfolgt.
Als unterliegende Beteiligte hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu
tragen, § 154 Abs 1 VwGO.
Der Prozesskostenhilfeantrag beurteilt sich nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO. Er
war abzulehnen, weil der Antrag keine Aussichten auf Erfolg hatte.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 VwGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.
ausgewählt und dokumentiert.