Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 29.03.2017

VG Frankfurt: dienstjahr, anpassung, dienstzeit, private vorsorge, versorgung, aktiven, betrug, beamtenverhältnis, verminderung, besoldung

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Gericht:
VG Frankfurt 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 E 4577/03 (V)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 1 S 1 BeamtVG, §
69e Abs 3 BeamtVG, Art 33
Abs 5 GG, Art 100 Abs 1 GG
(§§ 14 Abs 1 S 1 und 69e Abs 3 BeamtVG sind mit Art 33
Abs 5 GG unvereinbar; Vorlage an das
Bundesverfassungsgericht)
Leitsatz
§ 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG, § 69 e Abs. 3 BeamtVG sind mit Art. 33 Abs. 5 GG
unvereinbar, da der Ruhegehaltssatz nach einer Beamtendienstzeit von 40 Jahren
mindestens 75 % betragen muss.
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob §
69 e Abs. 2 - 4 BeamtVG i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mit Art. 33 Abs. 5
GG vereinbar ist.
Gründe
I. Die Kläger waren früher als Beamte für die Deutsche Bundesbahn tätig und
befinden sich jetzt im Ruhestand. Sie beziehen Versorgungsbezüge und wenden
sich gegen die nach § 69e Abs. 3 BeamtVG erfolgte Absenkung ihrer zum Juli 2003
erfolgten Anhebung ihrer Versorgungsbezüge, die parallel zur Anhebung der
Besoldungen erfolgte.
Der Kläger zu 1) wurde am 19. April 1940 geboren. Am 2. November 1957 wurde
er zum Bundesbahnassistentanwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf ernannt.
Die Ausbildung dauerte bis 1960. Am 27. April 1960 wurde er zum
Bundesbahnassistenten ernannt und erreichte am 1. August 1997 das Amt eines
Bundesbahndirektors (Besoldungsgruppe A15). Mit Wirkung zum 1. September
2000 wurde er wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Seine Beamtendienstzeit beträgt 42 Jahre und 10 Monate. Sein Ruhegehaltssatz
wurde auf 75% festgesetzt.
Durch die Bezügemitteilung 5/2003 wurde der Kläger zu 1) von der
eingeschränkten Anpassung seiner Versorgungsbezüge mit Wirkung zum Juli 2003
unterrichtet. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Dienststelle Mitte des
Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2003 zurück. Am 18.
September 2003 hat der Kläger zu 1) Klage erhoben.
Der Kläger zu 2) wurde am 18. August 1937 geboren. Am 1. April 1952 begann er,
als Jungwerker für die Deutsche Bundesbahn zu arbeiten. Am 1. April 1955 wurde
er zum Bundesbahnassistentanwärter ernannt. Am 10. Mai 1956 wurde er zum
Bundesbahnassistenten ernannt. Am 26. März 1996 wurde er zum
Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A15) ernannt. Mit Wirkung zum 1.
September 1998 wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Seine Beamtendienstzeit beträgt 43 Jahre und 131 Tage. Sein Ruhegehaltssatz
wurde auf 75% festgesetzt.
Mit Bezügemitteilung 4/2003 wurde der Kläger zu 2) von der eingeschränkten
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Mit Bezügemitteilung 4/2003 wurde der Kläger zu 2) von der eingeschränkten
Anpassung seiner Versorgungsbezüge mit Wirkung zum Juli 2003 unterrichtet. Den
dagegen erhobenen Widerspruch wies die Dienststelle Mitte des Beklagten mit
Widerspruchsbescheid vom 22. August 2003 zurück. Am 8. Oktober 2003 hat der
Kläger zu 2) Klage erhoben.
Der Kläger zu 3) wurde a 28. März 1938 geboren. Zum 1. April 1961 wurde er zum
Technischen Bundesbahninspektoranwärter ernannt. Zum 1. November 1962
wurde zum Technischen Bundesbahninspektor zur Anstellung ernannt. Zum 1.
Januar 1996 wurde er zum Technischen Bundesbahnoberamtsrat mit Amtszulage
(Besoldungsgruppe A13z) ernannt. Mit Wirkung zum 1. Januar wurde er auf
eigenen Antrag im Hinblick auf Art. 9 ENeuOG vorzeitig in den Ruhestand versetzt.
Seine Beamtendienstzeit beträgt 37 Jahre und 9 Monate. Sein Ruhegehaltssatz
wurde auf 75% festgesetzt.
Mit Bezügemitteilung 4/2003 wurde der Kläger zu 3) von der eingeschränkten
Anpassung seiner Versorgungsbezüge mit Wirkung zum Juli 2003 unterrichtet. Den
dagegen erhobenen Widerspruch wies die Dienststelle Mitte des Beklagten mit
Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2003 zurück. Am 12. November 2003 hat
der Kläger zu 3) Klage erhoben.
Die Kläger rügen die Verfassungswidrigkeit der in § 69e BeamtVG getroffenen
Regelung und beanspruchen die Auszahlung ihrer Versorgungsbezüge ohne
Kürzungen nach Maßgabe dieser Bestimmung.
Der Kläger zu 1) beantragt,
den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27. August 2003 aufzuheben und
festzustellen, dass der Kläger ungeachtet der Bezügemitteilung vom 21. Juli 2003
Anspruch auf Versorgungsbezüge ohne eine Verminderung gem. § 67 e Abs. 3
BeamtVG hat.
Der Kläger zu 2) beantragt,
den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 22. August 2003 aufzuheben und
festzustellen, dass der Kläger ungeachtet der Bezügemitteilung vom 21. Juli 2003
Anspruch auf Versorgungsbezüge ohne Verminderung gem. § 67 e Abs. 3
BeamtVG hat.
Der Kläger zu 3) beantragt sinngemäß,
den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 8. Oktober 2003 aufzuheben und
festzustellen, dass ihm Versorgungsbezüge ohne Rücksicht auf die
Bezügemitteilung vom 21. Juli 2003 und ohne Kürzung nach § 69e Abs. 3 BeamtVG
zustehen.
Das beklagte Bundeseisenbahnvermögen beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Es hält die Anwendung des § 69e BeamtVG für fehlerfrei und verneint die
Verfassungswidrigkeit dieser Regelung.
Die die Kläger betreffenden Personalakten des Beklagten sind zum Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Auf ihren Inhalt und den der
Gerichtsakte wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.
II. Die Klagen sind zulässig. Zwar lässt sich für die Kläger zu 2) und 3) nicht ohne
Weiteres feststellen, dass die Klage innerhalb eines Monats nach Ergehen des
jeweiligen Widerspruchsbescheides erhoben wurde. Diesen Klägern wurde jedoch -
wie auch dem Kläger zu 1) - der Widerspruchsbescheid entgegen § 73 Abs. 3
VwGO nicht zugestellt, sondern nur durch einfachen Brief übermittelt. Folglich
konnte die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO nicht wirksam in Lauf gesetzt werden.
Wann die Kläger die Widerspruchsbescheide tatsächlich erhalten haben, ist vom
Beklagten nicht dargelegt worden, zumal von dort die mangelnde Einhaltung der
Klagefrist auch nicht gerügt worden ist.
Über die Klage des Klägers zu 3) konnte trotz seines Fernbleibens in der
mündlichen Verhandlung entschieden werden, da er entsprechend § 102 VwGO
belehrt wurde. Einen Grund, das beantragte Ruhen des Verfahrens anzuordnen,
hat die Kammer nicht gesehen. Ob die in Bezug genommenen, im Jahr 2002
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hat die Kammer nicht gesehen. Ob die in Bezug genommenen, im Jahr 2002
erhobenen Verfassungsbeschwerden überhaupt zulässig sind, ist offen, sodass im
Hinblick darauf nicht mit einer anderweitigen Erledigung gerechnet werden kann.
Die Klagen sind auch insoweit zulässig, wie nicht nur die erstmalig erfolgte Kürzung
der Erhöhung der Versorgungsbezüge, sondern auch alle noch anstehenden
weiteren Kürzungen, insgesamt noch 7 Kürzungen, angegriffen werden. Mit der
Klage wird ausdrücklich geltend gemacht, dass die Versorgungsbezüge künftig
ohne Berücksichtigung der in § 69e Abs. 3 BeamtVG angeordneten
Einschränkungen zur Auszahlung kommen sollen. Damit wird die bereits jetzt
absehbare künftige Umgestaltung der Versorgungsverhältnisse zum Inhalt des
Feststellungsantrags gemacht. Für eine hinreichende konkrete Betroffenheit
genügt dies. Auch bestehen keine Bedenken, die Klagen als
Feststellungsbegehren zuzulassen, da eine Leistungsklage in bezifferter Form nur
für den gegenwärtigen Zeitraum, nicht aber für die künftigen mit der Klage
erfassten Zeiträume möglich ist. Folglich können die Kläger auf einen
Leistungsantrag nicht verwiesen werden. Zudem ist damit zu rechnen, dass vom
Beklagten aufgrund seiner öffentlich-rechtlichen Stellung die angestrebte
Feststellung des Versorgungsverhältnisses auch ohne eine Verurteilung zur
Leistung ausreichend beachtet wird.
Zwar muss vor Klageerhebung grundsätzlich ein Vorverfahren durchgeführt
werden (§ 172 BBG, § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG). Dies ist derzeit auf den ersten Blick
nur hinsichtlich der erstmaligen Verminderung der Erhöhung der
Versorgungsbezüge geschehen, nicht jedoch hinsichtlich der noch ausstehenden
weiteren Erhöhungen. Der von den Klägern erhobene Widerspruch hat jedoch
bereits die Grundsatzfrage in das Vorverfahren eingeführt, nämlich die Frage nach
der Verfassungsmäßigkeit des § 69e Abs. 3 BeamtVG und damit auch das
Problem, ob künftige Kürzungen bei den Erhöhungen von Versorgungsleistungen
nach Maßgabe dieser Regelung zulässig sind. Damit ist den Erfordernissen des
Vorverfahrens Genüge getan. Der Dienstherr hatte Gelegenheit, sich mit dieser
Frage vor Klageerhebung im Verwaltungswege auseinanderzusetzen.
Die Klagen sind aber derzeit nicht entscheidungsreif. Legt man die vom Beklagten
angewandten Rechtsvorschriften zugrunde, so ist die verminderte Anpassung der
Versorgungsbezüge nicht zu beanstanden. § 71 Abs. 1 BeamtVG sieht i. V. m. Art.
1 Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 v. 10.9.2003
(BGBl. 2003 I S. 1798) vor, dass die für aktive Beamte angeordnete prozentuale
Erhöhung ihrer Dienstbezüge auch für Versorgungsbezüge gilt, sodass insoweit ein
Gleichklang hergestellt wird (§ 70 BeamtVG). Von dieser gleichmäßigen Anhebung
der Versorgungsbezüge zur Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen und
finanziellen Verhältnisse (§ 14 BBesG) bleibt jedoch die im Jahr 2001 durch Art. 1
Nr. 48 Versorgungsänderungsgesetz v. 20.12.2001 (BGBl. 2001 I S. 3926) im
Zusammenhang mit der gleichzeitigen Änderung von § 14 Abs. 1 BeamtVG
eingefügte Regelung des § 69e Abs. 3 S. 1 BeamtVG unberührt.
§ 69e Abs. 3 S. 1 BeamtVG lautet:
"Ab der ersten auf den 31. Dezember 2002 folgenden Anpassung nach § 70
werden die der Berechnung der Versorgungsbezüge zugrunde liegenden
ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zur siebten Anpassung nach § 70 durch einen
Anpassungsfaktor nach Maßgabe der folgenden Tabelle vermindert: …"
Der Anrechnungsfaktor für die erste hier zu beurteilende Erhöhung der
Versorgungsbezüge beträgt 0,99458. Um ihn vermindert sich die Höhe der den
Versorgungsempfängern zukommenden Erhöhung ihrer Versorgungsbezüge.
Diese Regelung wurde hier fehlerfrei angewandt. Daher kann die Klage nur Erfolg
haben, wenn § 69e Abs. 3 BeamtVG außer Anwendung bleiben müsste. Das
wiederum setzt voraus, dass sich die Regelung als verfassungswidrig erweist. Dies
zu prüfen ist die Aufgabe der Kammer. Sie kann jedoch insoweit lediglich eine
Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG herbeiführen, um diesem
Gelegenheit zu geben, über die Vereinbarkeit des § 69e Abs. 3 BeamtVG in
Verbindung mit § 14 Abs. 1 BeamtVG mit dem GG zu befinden und die Vorschrift
für nichtig zu erklären. Erst danach kann die Kammer dieses Ergebnis dahin
umsetzen, dass eine Feststellung zur antragsgemäßen Leistung von
Versorgungsbezügen ohne zusätzliche Kürzung um den in § 69e Abs. 3 BeamtVG
genannten Faktor erfolgt.
Die Regelung in § 69e Abs. 3 BeamtVG ist unbedingt und einer Auslegung im
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Die Regelung in § 69e Abs. 3 BeamtVG ist unbedingt und einer Auslegung im
Sinne der Klagen nicht zugänglich. Folglich kann nur durch eine Entscheidung nach
Art. 100 Abs. 1 GG die notwendige Entscheidungsreife hergestellt werden.
Die Regelung des § 69e Abs. 3 BeamtVG ist für sich genommen nach der
Auffassung der Kammer in verfassungsrechtlicher Hinsicht noch nicht zu
beanstanden. Der mit der Vorschrift bewirkte Eingriff in die Versorgungsleistungen
ist nicht schon deshalb unzulässig, weil Derartiges etwa von vornherein mit
Rücksicht auf die erworbenen Rechte der Versorgungsempfänger unvereinbar
wäre. Es besteht kein allgemeiner Anspruch darauf, dass sich das
Versorgungsrecht nach Eintritt in den Ruhestand nicht ändert.
Auch ist das Volumen der Verminderung der Anpassung der Versorgungsbezüge
so gering, damit noch kein unzulässiger Eingriff in den Anspruch auf
amtsangemessene Alimentation bewirkt wird. Dafür kommt es nach der
gefestigten Rechtsprechung des BVerfG allein auf die jeweiligen Nettobezüge an
(BVerfG, B. v. 14.10.2003 – 2 BvL 19/02 – ZBR 2004, 47, 48 m. w. N.). Sie müssen
einerseits dem durch das letzte Amt gekennzeichneten Status, Rang,
entsprechen, anderseits deutlich oberhalb des jeweiligen Sozialhilfeniveaus liegen.
Hier steht nicht einmal eine Kürzung von Versorgungsbezügen in Rede. Es geht
allein um eine leicht verminderte Anpassung dieser Bezüge an die wirtschaftlichen
Verhältnisse.
Insoweit unterscheidet sich die Lage nicht wesentlich von derjenigen, über die das
BVerwG im Hinblick auf die Zulässigkeit verminderter Besoldungsanpassungen
nach § 14a BBesG zur Bildung einer Versorgungsrücklage zu entscheiden hatte
(BVerwG, U. v. 9.12.2002 – 2 C 34.01 – ZBR 2003, 212 ff. = Schütz/Maiwald ES/C I
1 Nr. 14). Mit der Klage wird nicht geltend gemacht, die ausgezahlten und
immerhin dabei gegenüber früher betragsmäßig erhöhten Versorgungsbezüge
reichten nicht mehr aus, um einen angemessenen Lebensstandard oberhalb des
Sozialhilfeniveaus zu bestreiten.
Bezugspunkt der Beurteilung können jedoch nach Auffassung der Kammer nicht
nur die jeweiligen Nettobezüge sein. Dies mag im Hinblick auf die
Familienzuschläge und die ohne sie erfolgenden Eingriffe in den Lebensstandard
bei kinderreichen Familien die vorrangig gebotene Betrachtungsweise sein. In den
Versorgungsbezügen spiegelt jedoch sich immer auch der im aktiven
Beamtenverhältnis erreichte Status, früher auch als Rang bezeichnet. Die Höhe
der Versorgungsbezüge muss den durch den Status dokumentierten Leistungen
des Beamten während seiner Dienstzeit Rechnung tragen und deshalb an diesen
Status anknüpfen. Dieser Grundsatz gehört zu den hergebrachten Grundsätzen
des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfG B. v. 30.9.1987 – 2 BvR
933/82 – E 76, 256, 322, 324 f.; B. v. 7.7.1982 – 2 BvL 14/78, 2/79 u. 7/82 – E 61,
43, 57 f.; B. v. 14.6.1960 – 2 BvL 7/60 – E 11, 203, 210, 216).
Die Anknüpfung an die im Dienstverhältnis erbrachten Leistungen erfolgt
einerseits durch die Ausrichtung der Höhe der Versorgungsbezüge am letzten
statusrechtlichen Amt, das dem Beamten im aktiven Dienst verliehen wurde
(BVerfG B. v. 30.9.1987, a.a.O. S. 324 f.; B. v. 7.7.1982, a.a.O. S. 58, 61 f.; B. v.
11.4.1967 – 2 BvL 3/62 – E 21, 329, 345; B. v. 14.6.1960, a.a.O. S. 214 f.).
Andererseits ist die Dauer der tatsächlichen Dienstleistungen zu berücksichtigen,
sodass die Versorgung grundsätzlich umso höher sein muss, je länger die Zeit der
aktiven Dienstleistung für den Dienstherrn war (BVerfG B. v. 11.4.1967, a.a.O.; B.
v. 30.9.1987, a.a.O.). Diese Grundsätze treten zu der Orientierung an den
verfügbaren Nettobeträgen hinzu und kennzeichnen die Strukturprinzipien, denen
jede Versorgungsregelung aufgrund von Art. 33 Abs. 5 GG ungeachtet der sonst
für den Gesetzgeber bestehenden Gestaltungsfreiheit unterworfen ist.
Die Regelung in § 69e Abs. 3 BeamtVG genügt diesen Anforderungen ebenso
wenig wie die dieser Regelung letztlich zugrunde liegende Vorschrift des § 14 Abs.
1 S. 1 BeamtVG in ihrer ab dem 1.1.2002 geltenden Fassung. Beide Vorschriften
berücksichtigen in ihrer gegenwärtigen Gestaltung die hergebrachten Grundsätze
des Berufsbeamtentums nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise,
zumal diese Grundsätze im Gesetzgebungsverfahren als solche keine Rolle bei der
Ausgestaltung der beiden Vorschriften gespielt haben.
Die Verfassungsmäßigkeit von § 69e Abs. 3 BeamtVG ist für die Entscheidung über
die Klage maßgeblich. Würde die Regelung wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem
GG für nichtig oder unanwendbar erklärt, so könnte die hier zum Gegenstand der
Klage gemachte Kürzung der Versorgungsbezüge im Zusammenhang mit der
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Klage gemachte Kürzung der Versorgungsbezüge im Zusammenhang mit der
parallel erfolgenden Anpassung dieser Leistungen an die geänderten
wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse nicht erfolgen, sondern müsste
unterbleiben. Es bliebe bei der Erhöhung, wie sie entsprechend § 70 BeamtVG
nach Maßgabe des Prozentsatzes für aktive Beamte zu berechnen wäre. Zwar
kann nicht abgesehen werden, wie der Gesetzgeber künftige Erhöhungen der
Versorgungsbezüge vornimmt, ob er dabei nach wie vor im Gleichklang mit den
Besoldungserhöhungen verfährt oder davon in gewissem Umfang abweicht.
Derartige künftige Entscheidungen müssten jedoch ausdrücklich durch Gesetz
getroffen werden und könnten nicht mehr aufgrund der Vorabregelung des § 69e
Abs. 3 BeamtVG erfolgen oder auch nur finanziell einkalkuliert werden. Mit den
Klagen sollen aber auch nur solche aufgrund von § 69e Abs. 3 BeamtVG
erwarteten Kürzungen der Versorgungsbezüge im Zusammenhang mit ihrer
Anpassung an die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse abgewendet werden.
Damit stellt sich im Falle des Klageerfolgs die Lage des jeweiligen Klägers anders
dar als bei einem Fortbestand des § 69e Abs. 3 BeamtVG. Sofern allerdings im
Volumen gleichartige Kürzungen von Leistungen erfolgen sollten, kann der Kläger
diese zum Gegenstand eines neuen und eigenständigen Rechtsschutzbegehrens
machen und dann auch die dem jeweiligen Gesetz zugrunde liegenden
Entscheidungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem GG überprüfen lassen. Er muss
sich aber nicht mehr entgegen halten lassen, im Hinblick auf § 69e Abs. 3
BeamtVG müsse er ohnehin bestimmte Kürzungen hinnehmen.
Für die letzte Anhebung der Versorgungsbezüge ergibt sich zudem im Falle der
Unanwendbarkeit der Kürzungsregelung des § 69e Abs. 3 BeamtVG unmittelbar
die Rechtsfolge, dass die Versorgungsbezüge ohne jede Einschränkung in dem
Umfang erhöht auszuzahlen sind, wie dies der gleichzeitig eingetretenen
Besoldungserhöhung für Beamte entspricht.
§ 69e Abs. 3 BeamtVG ist als Übergangsregelung in das BeamtVG eingefügt
worden.
Sie steht daher von vornherein in einem engen Zusammenhang mit der durch das
Versorgungsänderungsgesetz 2001 vorgenommenen Änderung der
Ruhegehaltsskala in § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG. Sie wurde abgeflacht, indem der
jährliche Faktor von 1,875 auf 1,79375 herabgesetzt wurde. Zugleich wurde der
Höchstsatz des Ruhegehalts von 75% auf 71,75% herabgesetzt, also um 3,25
Prozentpunkte vermindert. Dieser Satz kann unabhängig von der Dienstzeit nicht
überschritten werden und bildet daher die absolute Obergrenze.
§ 69e Abs.3 S. 1 BeamtVG dient nun dem Zweck, die Verminderung der
Ruhegehaltsskala für aktive Beamte auch für Ruhestandsbeamte in gleichem
Ausmaß wirksam werden zu lassen. Die Regelung verfolgt kein von § 14 Abs. 1 S. 1
BeamtVG unabhängiges Ziel. Vielmehr hat der Gesetzgeber im
Versorgungsänderungsgesetz 2001 ausdrücklich an der Regelung des § 70
BeamtVG festgehalten, will also keine eigenständige Entwicklung für vorhandene
Versorgungsempfänger einleiten. Daher muss das mit § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG
verfolgte Ziel im Vordergrund stehen, wenn es um die verfassungsrechtliche
Beurteilung des § 69e Abs. 3 BeamtVG geht. Zwar verfügt der Gesetzgeber beim
Erlass von Übergangsvorschriften über einen erheblichen Ermessens- und
Gestaltungsspielraum. Davon wurde hier jedoch ersichtlich schon deshalb kein
Gebrauch gemacht, weil mit § 69e Abs. 3 BeamtVG nur sichergestellt werden soll,
dass sich die Höhe der Bezüge der am 1.1.2002 vorhandenen
Versorgungsempfänger, zu denen die Kläger gehören, in dem Ausmaß abflacht,
wie dies erforderlich ist, um nach einem gewissen Zeitabstand das Niveau zu
erreichen, das sich bei nachträglicher Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG
auf diesen Personenkreis ergäbe. Dies folgt auch aus der ergänzenden Regelung
in § 69e Abs. 4 BeamtVG, der für die nach dem 1.1.2002 eintretenden
Versorgungsfälle letztlich ebenfalls eine Absenkung des Ruhegehaltssatzes auf
das Niveau des § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG herbeiführt und damit diese Regelung
zum maßgeblichen Orientierungspunkt für die Abschmelzung des
Versorgungsniveaus bestimmt.
Diese Auslegung wird durch die Gesetzgebungsmaterialien bestätigt.
In den allgemeinen Bemerkungen der Begründung zum Entwurf des
Versorgungsänderungsgesetzes 2001 führen die Koalitionsfraktionen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen folgendes aus (BT-Drucks. 14/7064 S. 30):
"Die Wirkung der Altersvorsorgeaufwendungen in der Rentenanpassungsformel ab
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"Die Wirkung der Altersvorsorgeaufwendungen in der Rentenanpassungsformel ab
2003 wird zeitgleich nachgezeichnet. Bei den acht ab dem Jahre 2003 folgenden
Versorgungsanpassungen wird die Erhöhung der Versorgungsbezüge in gleichen
Schritten abgeflacht. Die bisher erbrachte Versorgungsrücklage von 0,6 % wird
hierbei berücksichtigt. Durch diesen geringeren Anstieg des Zuwachses wird der
Höchstversorgungssatz von derzeit 75 % auf 71,75 % absinken.
Entsprechend sinkt der jährliche Steigerungssatz. Das gilt für sämtliche
Versorgungsempfänger (Bestand und Zugang). Die Mindestversorgung bleibt
unberührt.
Die aktiven Beamten erhalten die Möglichkeit, private Vorsorge zu betreiben und
werden, ebenso wie es bei den rentenversicherten Arbeitnehmern der Fall ist, in
die gesetzliche Förderung einer privaten zusätzlichen Vorsorge ab 2002
einbezogen."
Weiter heißt es (BT-Drucks. a.a.O. S. 31):
"Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes hat der Gesetzgeber
im Versorgungsrecht einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 56, 87 [95];
61, 43 [62 f.]; 65, 141 [148 f.]; 81, 363 [375, 384]). Dabei richtet sich die
Gewährung des angemessenen Lebensunterhalts auch nach der Entwicklung der
allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse. Entscheidend ist, dass
der Beamte zu jeder Zeit netto einen Betrag als Versorgung erhält, der es ihm
ermöglicht, unter Berücksichtigung der allgemeinen, wirtschaftlichen und
finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards seinem Amt
entsprechend angemessen zu leben (vgl. BVerfGE 44, 249 [266 f.]). Diesen
Voraussetzungen genügen auch die veränderten Versorgungsbezüge.
Demgemäß dient die ergänzende private Altersvorsorge nicht dazu, überhaupt
erst eine "Vollversorgung" zu gewährleisten. Die steuerliche Förderung einer
solchen Altersvorsorge ist vielmehr als staatliches Angebot zu verstehen. Sie stellt
eine flankierende Maßnahme zu der bereits dem verfassungsrechtlichen Gebot der
amtsangemessenen Alimentation genügenden Versorgung dar. Den Beamten soll
– ähnlich wie dies bei den Arbeitnehmern geschieht – durch die in Form einer
steuerlichen Anrechnung gewährte staatliche Unterstützung ein Anreiz geboten
werden, um eine zusätzliche private Vorsorge aufbauen zu können.
Der Einbeziehung von Ruhestandsbeamten in den geplanten geringeren Anstieg
der Versorgungsbezüge steht auch nicht der aus dem Rechtsstaatsprinzip
abgeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegen. Dieser bezieht sich
ohnehin nicht auf den zukünftigen Anstieg der Bezüge. Dessen ungeachtet hindert
der Grundsatz des Vertrauensschutzes den Gesetzgeber nicht schlechthin am
Erlass von Vorschriften, die sich für einen bestimmten Kreis von Betroffenen
ungünstiger als bisherige Regelungen auswirken und eine Einschränkung bisher
eingeräumter Rechtspositionen mit sich bringen (vgl. BVerfG NVwZ 1982, 429;
BVerfGE 67, 1 [15]; 71, 255 [272]).
Außerhalb des Rahmens, den die verfassungsrechtlich garantierte
Alimentierungspflicht zieht, hat der Beamte nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihm die
Versorgungsregelung, unter der er in das Beamten- und Ruhestandsverhältnis
eingetreten ist, unverändert erhalten bleibt (vgl. BVerfGE 76, 256 [310]). So wären
auch Kürzungen eines erworbenen, weiterbestehenden Versorgungsanspruchs
zulässig, solange der standesgemäße Unterhalt durch die Kürzung nicht
beeinträchtigt wird (vgl. BVerfGE 44, 249 ff.). Sind aber nach der
verfassungsgerichtlichen Judikatur sogar Kürzungen bestehender
Versorgungsansprüche ausnahmsweise zulässig, so halten die mit diesem Gesetz
vorgesehenen modifizierten Versorgungsanpassungen im Hinblick auf
Vertrauensschutzgesichtspunkte ebenfalls einer verfassungsrechtlichen Prüfung
stand."
In der Begründung zu den Einzeländerungen heißt es zur Änderung von § 14
BeamtVG (BT-Drucks. a.a.O. S. 33:
"Die Vorschrift enthält in Verbindung mit den Übergangsregelungen in § 69 f
(Nummer 48) die wirkungsgleiche Übertragung der Regelungen in der gesetzlichen
Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung.
In der Rentenversicherung wird durch die Steigerung des Aufbaus der privaten
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In der Rentenversicherung wird durch die Steigerung des Aufbaus der privaten
Vorsorge die Anpassung des Rentenwertes in Abhängigkeit von der Höhe des
Rentenversicherungsbeitragssatzes in den Jahren 2003 bis 2010 schrittweise
verringert. Je nach Höhe des sich jährlich verändernden Beitragssatzes ergibt sich
eine um ca. 5 % verringerte Anpassung der Rente. Lediglich bei einem
theoretischen Beitragssatz von 0 % würde sich nur eine Absenkung von 4 %
ergeben, bei einem Beitragssatz von durchschnittlich ca. 20 % beträgt diese
genau 5 %. Die Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils in der
Rentenanpassungsformel bis 2010 ergibt sich aus § 255e SGB VI .
Die Übertragungsmaßnahmen der Beamtenversorgung erfolgen in der
Übergangsvorschrift des § 69f durch Abflachung der linearen Erhöhungen und
führen zu Veränderungen der bisherigen Steigerungssätze und des
Höchstruhegehaltssatzes. Die Verminderung wird durch eine Verringerung der
ersten acht Anpassungen nach dem 31. Dezember 2002 bewirkt. Ab der achten
Anpassung wirken sich die in Absatz 1 Satz 1 genannten neuen Sätze voll aus.
Der Vomhundertsatz für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit von 1,79375 und
der neue Höchstruhegehaltssatz von 71,75 vom Hundert der ruhegehaltfähigen
Dienstbezüge entsprechen einer Reduzierung um 4,33 % vom Hundert gegenüber
den vorher geltenden Vomhundertsätzen (4,33 % von 75 % = 3,25 %
Verminderung des Höchstversorgungssatzes).
Unter Berücksichtigung der bereits bei der Versorgungsrücklage erbrachten 0,6 %
ergibt sich damit eine Minderung von 5 %.
Die neuen Ruhegehalts- und Höchstruhegehaltssätze werden auch auf andere
Steigerungssätze übertragen. Die Mindestversorgung (§ 14 Abs. 4) bleibt
unberührt."
In der Begründung zum heutigen § 69e Abs. 3 BeamtVG n. F. heißt es (BT-Drucks.
a.a.O. S. 42):
"Die Vorschrift überträgt die in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem
Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) vorgenommene schrittweise
Berücksichtigung des Aufwands für die zusätzliche Altersvorsorge bei den
Rentenanpassungen wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung. Dies geschieht
durch eine geringere Anpassung der Versorgungsbezüge bei den linearen
Erhöhungen.
Satz 1 beinhaltet eine Folgeänderung zu der Änderung in der Nummer 11
Buchstabe a Doppelbuchstabe aa. Die Regelung bewirkt durch Einführung eines
sich schrittweise verändernden Berechnungsfaktors eine Verminderung der
Anpassung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nach § 70. Durch die
Übertragungsmaßnahmen werden Versorgungsempfänger in gleichem Umfang
betroffen wie die Rentner. Ausgenommen von den Maßnahmen sind nach Satz 2
lediglich die amtsabhängige und die amtsunabhängige Mindestversorgung sowie
entpflichtete Hochschullehrer nach § 91 Abs. 2 Nr. 1.
Im Interesse eines möglichst geringen Aufwands bei der praktischen Durchführung
der Umstellung für die vorhandenen und bis zum Jahr 2010 in den Ruhestand
eintretenden Versorgungsempfänger erfolgt die schrittweise Verminderung mittels
eines Anpassungsfaktors. Dadurch vermindern sich die Versorgungsbezüge in
dem Umfang, in dem sich auch der versorgungsrechtliche Steigerungssatz und
der Höchstruhegehaltssatz bei einer unmittelbaren Absenkung dieser Sätze
vermindern würde. Die Auswirkungen, die diese Maßnahme auf den
Steigerungssatz sowie den Höchstruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 Satz 1 hätten,
ergeben sich aus der folgenden Übersicht:"
Die Begründung zum heutigen § 69e Abs. 4 BeamtVG fährt fort (BT-Drucks. a.a.O.
S. 42):
"Die Regelung gibt den Rechtszustand an, der sich nach der achten auf den 31.
Dezember 2002 folgenden Versorgungsanpassung und damit dem Abschluss der
Anpassungsmaßnahmen nach Absatz 3 ergeben wird. Von diesem Zeitpunkt an
gelten uneingeschränkt die mit diesem Gesetz veränderten Ruhegehaltssätze
bzw. Höchstgrenzen. Der jeweilige Ruhegehaltssatz der Versorgungsempfänger
wird dann um insgesamt 5 vom Hundert vermindert sein. Der sich danach
ergebende neue Ruhegehaltssatz wird dem Versorgungsempfänger auf der
Grundlage der Vorschrift mitgeteilt. Die dementsprechend ermittelten
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Grundlage der Vorschrift mitgeteilt. Die dementsprechend ermittelten
Versorgungsbezüge bilden die Basis künftiger Anpassungen nach § 70."
Die Bundesregierung hat einen mit dem Entwurf der Koalitionsfraktionen
gleichlautenden und gleich begründeten Entwurf vorgelegt (BT-Drucks. 14/7223).
Der Innenausschuss des Deutschen Bundestags hat sich den Auffassungen der
Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung angeschlossen (BT-Drucks. 14/7681
S. 73).
Für die Beurteilung der Vereinbarkeit des § 69 Abs. 3 S. 1 BeamtVG i. V. m. § 14
Abs. 1 S. 1 BeamtVG kommt es damit darauf an, ob die mit der Regelung
angestrebte Absenkung des Niveaus der Versorgungsbezüge auf ein Maß, das
nach der achten Anpassungsrunde einem Ruhegehaltssatz von 71,75% entspricht,
die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) noch
angemessen berücksichtigt.
Diese Frage stellt sich aufgrund der Systematik bereits für die erste Anwendung
des Anpassungsfaktors in Höhe von 0,99458. Die dadurch angeordnete Kürzung
kommt nämlich nur deshalb zur Geltung, weil damit der erste Schritt eines
Stufenplans erfolgt, um später den Gleichklang mit dem heute bereits geltenden
Ruhegehaltshöchstsatz in Höhe von maximal 71,75% zu erreichen.
Folglich kann die verfassungsrechtliche Beurteilung nicht darauf beschränkt
werden, ob die erste Anpassungsrunde noch mit den hergebrachten Grundsätzen
des Berufsbeamtentums vereinbar ist oder bis zu welchem Ausmaß dies ggf. für
weitere Anpassungsrunden mit tiefer eingreifenden Anpassungsfaktoren noch
hinnehmbar erscheint.
Die Regelung erfährt ihre Rechtfertigung allein aus dem Ziel, für vorhandene
Versorgungsempfänger die Übereinstimmung mit § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG
herzustellen.
Dies muss bei der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Fragen berücksichtigt
werden. Nur so kann auch dem Klagebegehren entsprochen werden, für künftige
Anpassungsrunden darauf zu erkennen, die Versorgungsbezüge ohne Anwendung
der Anpassungsfaktoren des § 69 Abs. 3 BeamtVG zur Auszahlung zu bringen.
In Übereinstimmung mit den Gesetzgebungsmaterialien zum
Versorgungsänderungsgesetz 2001 geht die Kammer davon aus, dass der
Gesetzgeber im Bereich des Rechts
der Versorgung von Ruhestandsbeamten über einen erheblichen
Gestaltungsspielraum verfügt. Ungeachtet dessen muss er jedoch die
hergebrachten Grundsätze des Berufs beamtentums gebührend berücksichtigen.
Insoweit ist sein Gestaltungsspielraum enger als im Bereich anderer sozialer
Sicherungssysteme. Dies liegt in der Eigenart der Beamtenverhältnisse als
öffentlich-rechtliche Treueverhältnisse (§ 2 BBG, Art. 33 Abs. 4 GG) begründet. Das
Beamtenverhältnis nimmt im Unterschied zum Arbeitsverhältnis den Beamten in
vollem Umfang in Anspruch und verpflichtet ihn zum vollen Ein satz seiner Person
und Arbeitskraft für den Dienstherrn. Der Beamtenberuf ist Hauptberuf.
Dementsprechend unterliegt die Ausübung anderweitiger auf Erwerb gerichteter
Tätigkeiten durch einen Beamten immer engen Vorbehalten, ausgehend vom
Vorrang des Hauptberufs als Beamter. Er ist wirtschaftlich grundsätzlich nur
innerhalb seines Beamtenverhältnisses tätig, nicht aber außerhalb davon. Deshalb
schuldet der Dienst herr nicht nur eine dem jeweiligen Amt entsprechende
Besoldung. Diese muss auch mangels sonstiger eigener relevanter wirtschaftlicher
Handlungsmöglichkeiten dazu geeignet sein, die Familie des Beamten zu
unterhalten. Diese Verpflichtung endet nicht mit dem Ende des aktiven
Dienstverhältnisses, sondern setzt sich gerade für die daran anschließenden
Zeiten fort, schon weil der Beamte nach dem Übertritt in den Ruhe stand noch
weniger als zuvor während der aktiven Beschäftigungszeit wirtschaftlich für sich
selbst sorgen kann, indem z. B. eine Erwerbstätigkeit aufgenommen wird. Zwar gilt
für den Ruhestandsbeamten kein grundsätzliches Nebentätigkeitsverbot mehr. Die
maßgeblichen Einschränkungen ergeben sich jedoch aus dem fortgeschrittenen
Lebensalter, dem damit einhergehenden Abbau der Lebenskräfte und parallel
dazu der Einbusse an wirtschaftlich aussichtsreichen Erwerbschancen für eine
echte Selbsthilfe. Zwischen der aktiven Dienstzeit im Beamtenverhältnis und der
darauf folgenden Zeit des Ruhestands besteht daher ein enger innerer
Zusammenhang. Darin liegt der maßgebliche Grund für die Verpflichtung des
Dienstherrn, nach der Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses für die
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Dienstherrn, nach der Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses für die
Lebenshaltung des Ruheständlers aufzukommen und ihn nicht auf eigene
Vorsorgemaßnahmen zu verweisen. Diese Verpflichtung ist nur die Kehrseite der
dem Beamten während der Dienstzeit auferlegten besonderen Pflichten, deren
Ausprägung über die Pflichten in einem Arbeitsverhältnis hinausgeht. Daran
knüpfen Art. 33 Abs. 4, 5 GG ersichtlich an. Deshalb wurde in den Beratungen des
Parlamentarischen Rates als einer der zentralen hergebrachten Grundsätze des
Berufsbeamtentums die Garantie einer Ruhestands- und
Hinterbliebenenversorgung her vorgehoben. Es handelt sich um unverzichtbare
Kernelemente der Institution des her gebrachten Berufsbeamtentums.
Kennzeichnend für die während der Dienstzeit bereits erworbene
Versorgungsanwartschaft ist ihre Ausrichtung auf das letzte im Beamtenverhältnis
erreichte Amt und die damit verbundene Besoldung. Das BVerfG hat die
Ausrichtung der Höhe der Versorgungsbezüge auf das letzte Amt als einen
Grundsatz des Berufsbeamtentums bezeichnet, auf dem diese Institution ruhe
und der daher vom Gesetzgeber nicht nur zu berück sichtigen, sondern zwingend
zu beachten sei (BVerfG B. v. 7.7.1982, a.a.O. S. 58; 14.6.1960, a.a.O. S. 215).
Mit der Ausrichtung auf die Bezüge des letzten Amtes allein ist noch nicht
ausreichend geklärt, nach welchen Strukturvorgaben die Orientierung zu erfolgen
hat. Mit anderen Worten, nur bei gleichzeitiger Annahme einer bestimmten
Mindestrelation zwischen den Bezügen des letzten Amtes und den
Ruhestandsbezügen kann dem Strukturprinzip tat sächlich Rechnung getragen
werden. Eine Versorgung aus dem letzten Amt, die nur einen geringen Anteil der
damit verbundenen Bezüge zum Inhalt das Ruhegehaltsanspruchs machen würde,
könnte zwar angeben, sie richte sich im entsprechenden Verhältnis nach den
Bezügen des letzten Amtes. Das kann aber offenkundig nicht ausreichen. Es muss
vielmehr ergänzend auf einen bestimmten Maßstab für das angemessene
Verhältnis von Amts- und Versorgungsbezügen abgestellt werden, um ein der
Institution des Berufsbeamtentums entsprechendes Ergebnis zu erreichen. Nur
wenn die Versorgungsbezüge einen bestimmten Abstand zu den Bezügen des
letzten Amtes nicht unterschreiten, wird dem Grundgedanken wirklich Rechnung
getragen, die Versorgung aus dem letzten Amt heraus zu gewähren.
Die bis 1933 erkennbaren Strukturprinzipien des Beamtenrechts lassen deutlich
wer den, dass die Höhe der Versorgungsbezüge maßgeblich durch die Bezüge des
letzten Amtes und die Dauer der Dienstleistung für den Dienstherrn bestimmt war.
Je länger die tatsächliche Dienstleistung angedauert hatte, bevor der Übertritt in
den Ruhestand erfolgte, desto höher fiel die während des Ruhestands zu zahlende
Versorgung aus. Dabei bediente sich das Beamtenrecht im Reich und den
Ländern/Bundesstaaten bis 1933 zwar unterschiedlicher Systeme zur Bestimmung
der Wertigkeit von Dienstjahren. Gemeinsames Resultat war jedoch, dass nach 40
Dienstjahren die Höhe der Versorgungsbezüge mindestens 75% der Bezüge des
letzten Amtes betragen musste. Dabei wurden in der Regel nur Zeiten in einem
Beamtenverhältnis als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten anerkannt, nicht dagegen
sonstige Ausbildungszeiten außerhalb eines Beamtenverhältnisses, von
besonderen Berufsgruppen wie Ingenieuren, Naturwissenschaftlern, Ärzten etc.
abgesehen. Auch Zeiten in anderen Beschäftigungsverhältnissen – die
vorbezeichneten Berufsgruppen ausgenommen – wurden nicht als
ruhegehaltsfähig anerkannt.
Die Neugestaltung des Versorgungsrechts im Jahr 2001 führt nun aber zur Abkehr
von diesem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums. Auch nach 40
echten Beamtendienstjahren kann der Ruhegehaltssatz nur 71,75% erreichen.
Dieser Satz ist deut lich von dem früheren Mindestwert von 75% entfernt.
Aus den Gesetzgebungsmaterialien ist an keiner Stelle zu entnehmen, von
welchem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums man insoweit
ausgegangen ist. Die Frage hat ersichtlich keine Rolle gespielt, da ein Mindestwert
für den Abstand von Aktiv- und Passivbezügen an keiner Stelle angeführt wird. Die
Methode des Gesetzgebers zugrunde gelegt, wäre auch jeder andere Wert
unterhalb von 71,75% noch angemessen, würde nur innerhalb der
Versorgungsempfänger noch hinreichend nach der Dienstdauer unterschieden.
Dieser Aspekt dient jedoch nicht nur der Unterscheidung unter den
Versorgungsempfängern. Er muss auch für die Grundkonstruktion der
maßgeblichen Eckdaten beachtet werden.
Im Einzelnen gilt für die Rechtslage bis 1933 folgendes.
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§ 41 Abs. 1 RBG v. 31.3.1873 (RGBl. 1873 S. 61) sah vor, dass die Pension nach
dem vollendeten 10. Dienstjahr 20/80 betrug und danach für jedes Dienstjahr um
1/80 stieg. Der Höchstbetrag war auf 60/80 festgesetzt (§ 41 Abs. 2 RBG). Diese
Regelung war § 8 des preußischen Gesetzes, betr. die Pensionierung der
unmittelbaren Staatsbeamten (PrPensionsG) v. 27.3.1872 (GS 1873 S. 268)
entnommen. Diese Regelung wurde 1882 dahin verbessert, dass die Pension nach
10 Dienstjahren 15/60 betrug, danach aber für jedes Dienstjahr um 1/60 anstieg,
sodass nun nach 40 Dienstjahren der Ruhegehaltshöchstsatz von 45/60 erreicht
werden konnte (§ 8 Abs. 1, 2 PrPensionsG i. d. F. d. Art. I ÄG v. 31.3.1882 – GS
1882 S. 133). Für Reichsbeamte erfolgte die Anpassung an diese preußische
Änderung durch die Neufassung von § 41 RBG durch Art. II des Gesetzes v.
21.4.1886 (RGBl. 1886 S. 80). Ziel der Neuregelung war es, Beamten jedenfalls
nach 40 Jahren und nicht erst wie bis dahin nach 50 Dienstjahren eine Pension in
Höhe von 75% des letzten Gehalts zukommen zu lassen (Verhandlungen des
Reichstags, V. Legislaturperiode, II. Session, 1882/1883 Aktenstück Nr. 94 S. 387
f.; III. Session 1884 Aktenstück Nr. 43 S. 522 f.; VI. Legislaturperiode, II. Session
1885/1886, Stenografische Berichte S. 149 ff. und Aktenstücke Nr. 15, 47, 58).
Durch 1907 vorgenommene Änderungen wurde in Preußen und im Reich der
Mindestruhegehaltssatz nach 10 Dienstjahren auf 20/60 heraufgesetzt. Danach
stieg der Ruhegehaltssatz bis zum vollendeten 30. Dienstjahr um 1/60 und von da
ab um 1/120 an. Der Höchstversorgungssatz blieb mit 45/60 unverändert. (Art. 1 X
des Gesetzes v. 17.5.1907 – RGBl. 1907 S. 201; § 41 RBG i. d. F. d. Bek. v.
18.5.1907 – RGBl. 1907 S. 245; § 8 PrPensionsG i. d. F. von Art. II ÄG v. 27.5.1907 –
GS 1907 S. 95). Der Übergang zur degressiven Ruhegehaltsskala änderte nichts
daran, dass nach 40 Dienstjahren der Ruhegehaltssatz ein Niveau von 75%
erreichte.
Durch Art. IV des Gesetzes über Änderungen der Dienst- und Versorgungsbezüge
der unmittelbaren Staatsbeamten v. 12.7.1923 (GS 1923 S. 305) wurde § 8
PrPensionsG dahin geändert, dass der Ruhegehaltssatz nach dem 10. Dienstjahr
35% betrug und mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr
um 2% und danach für jedes weitere Dienstjahr um 1% anstieg. Über den Satz von
80% sollte eine weitere Steigerung nicht stattfinden. Für die Reichsbeamten war
eine gleichlautende Änderung des § 41 RBG durch Art. 2 Abschnitt III der Neunten
Ergänzung des RBesG v. 18.6.1923 (RGBl. 1923 I S. 385) vorgenommen worden.
Mit Ablauf von 40 Dienstjahren betrug der Ruhegehaltssatz damit statt 75%
künftig 80%.
Diese Regelung zum Höchstruhegehaltssatz wurde durch Teil 3 Kapitel V Abschnitt
I § 3 der Dritten VO des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und
Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen v. 6.10.1931 (RGBl.
1931 I S. 537) dahin geändert, dass der Ruhegehaltssatz im Reich und in den
Ländern künftig 75% nicht mehr übersteigen durfte. Dabei blieb es bis 1933.
Mit § 41 RBG i. d. F. von 1923 übereinstimmende Regelungen enthielten § 22
ThürBeamtenbesoldungsG v. 7.5.1925 (ThürGS 1925 S. 89), § 33
HambBeamtenruhestandsG i. d. F. d. Bek. v. 17.7.1929 (HambGVBl. 1929 S. 353)
und § 26 BremBeamtenruhestandsG i. d. F. v. 1.9.1926 (BremGBl. 1926 S. 217). In
Thüringen hatte § 22 Nr. 3 BeamtBesG i. d. F. d. Bek. v. 19.4.1922 noch einen
Ruhegehaltssatz von 40% nach 10 Dienstjahren vorgesehen. Er stieg danach mit
jedem Dienstjahr um 1,5% bis zu einem Höchstsatz von 75%.
Eine mit § 41 RBG i. d. F. von 1923 übereinstimmende Fassung enthielt auch § 29
Abs. 2 BadBG i. d. F. v. 31.3.1931 (BadGVBl. 1931 S. 93). Eine ähnliche Regelung
hatte bereits § 35 Abs. 1 BadBG i. d. F. v. 12.8.1908 (BadGVBl. 1908 S. 420)
enthalten, allerdings mit einer Begrenzung des Ruhegehaltssatzes auf 75%. Das
BadFürsorgeG für Gemeinde- und Körperschaftsbeamte v. 26.7.1921 (BadGVBl.
1921 S. 175) hatte in § 15 Abs. 1 einen Ruhegehaltssatz von 30% nach dem 9.
Dienstjahr und von 35% nach dem 10. Dienstjahr vorgesehen. Danach sollte der
Ruhegehaltssatz mit jedem halben Jahr der Dienstleistung um 0,8% ansteigen. Der
Höchstruhegehaltssatz betrug 75%. Eine mit dem BadBG übereinstimmende
Regelung enthielt Art. 52 Abs. 1 BayBG v. 16.8.1908 (BayGVBl. 1908 S. 581). Art.
52 Abs. 2 BayBG 1908 begrenzte den Höchstsatz des Ruhegehalts auf 75%. Eine
gleichlautende Regelung wurde in Art. 43 BayVolksschullehrerG v. 14.8.1919
(BayGVBl. 1919 S. 423) aufgenommen. Der Höchstsatz des Ruhegehalts wurde
durch Art. 2 Abschnitt III, Art. 3 Abschnitt I des Gesetzes zur achten Änderung des
Beamtenbesoldungsgesetzes v. 29.8.1923 (BayGVBl. 1923 S. 309) für die dem
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Beamtenbesoldungsgesetzes v. 29.8.1923 (BayGVBl. 1923 S. 309) für die dem
BayBG und die dem BayVolksschullehrerG unterfallenden Beamten auf 80%
heraufgesetzt.
In Hessen sah Art. 2 des Gesetzes, betr. die Revision der Bestimmungen über
Versetzung der Zivilbeamten in den Ruhestand, v. 27.11.1874 (Reg.Bl. 1874 S.
671) vor, dass Beamten nach 5 Dienstjahren ein Ruhegehaltssatz von 40%
zustand. Für jedes weitere Dienstjahr bis zum 10. Dienstjahr erhöhte sich der Satz
um jeweils 2%, danach bis zum 30. Dienstjahr um jeweils 1,5 % für jedes weitere
Dienstjahr und danach bis zum 40. Dienstjahr um jeweils 1% für jedes weitere
Dienstjahr. Damit wurde erreicht, dass einem Beamten nach 10 Dienstjahren ein
Ruhegehaltssatz von 50%, nach 30 Dienstjahren ein Ruhegehaltssatz von 80% und
nach 40 Dienstjahren von 90% zustand. Wer nach 50 Dienstjahren in den
Ruhestand trat, behielt seine Besoldung ungekürzt als Ruhegehalt. Davon wurde
durch Art 2 Abs. 1 des Gesetzes, die Revision der Bestimmungen über Versetzung
der Zivilbeamten in den Ruhestand betreffend, v. 21.3.1914 (Reg.Bl. 1914 S. 206)
insoweit Abstand genommen, wie der Steigerungssatz für die Zeit zwischen dem
31. und dem 40. Dienstjahr auf 0,5% verringert wurde. Zugleich wurde der
Ruhegehaltshöchstsatz auf 85% begrenzt. Diese Regelung wurde durch Art. 1
Abschnitt II des Gesetzes, die Ruhegehalte und die Hinterbliebenenversorgung der
Staatsbeamten betreffend, v. 19.5.1920 (Reg.Bl. 1920 S. 161) dahin geändert,
dass der Ruhegehaltssatz nach der Vollendung des 5. Dienstjahres auf 35%
verringert wurde. Im Übrigen wurde an den früheren Steigerungssätzen
festgehalten, wobei der Höchstsatz des Ruhegehalts auf 75% begrenzt wurde.
Art. 5 des Gesetzes, die Ruhegehalte der Staatsbeamten betreffend, v.
18.12.1923 (Reg.Bl. 1924 S. 1) schränkte für Hessen die 1920 erlassenen
Regelungen weiter ein und sah ein Mindestruhegehalt von 20/60 nach der
Vollendung des 10. Dienstjahres vor. Danach stieg der Ruhegehaltssatz bis zum
vollendeten 30. Dienstjahr um 1/60 für jedes weitere Dienstjahr an, danach betrug
der Steigerungssatz 1/120. Über 45/60 hinaus konnte eine Steigerung des
Ruhegehaltssatzes nicht stattfinden.
Art. 14 des hessischen Gesetzes, die Rechtsverhältnisse der Gemeindebeamten
betreffend, v. 22.3.1929 (Reg.Bl. 1929 S. 44) sah für diesen Kreis der
Kommunalbeamten vor, dass hinsichtlich der Versorgung die für Staatsbeamte
geltenden Grundsätze maßgebend seien.
Eine der hessischen Regelung von 1923 entsprechende Vorschrift enthielt § 18
Braunschweigisches Staatsbeamtenbesoldungsgesetz v. 8.4.1922 (GuV 1922 S.
211). In Sachsen sah § 38 Abs. 2 des Gesetzes, einige Änderungen der
gesetzlichen Bestimmungen über die Verhältnisse der Staatsdiener betreffend, v.
3.6.1876 (SächsGVBl. 1876 S. 239) einen Ruhegehaltssatz von 30% nach der
Vollendung des 10. Dienstjahres vor. Nach der Vollendung des 14. Dienstjahres
stieg der Ruhegehaltssatz für das 15. Dienstjahr auf 31%, nach der Vollendung des
16. und jedes weiteren vollendeten Dienstjahres bis zum vollendeten 24 Dienstjahr
um jeweils 2%, für das 25. Dienstjahr und jedes weitere vollendete Dienstjahr bis
zur Vollendung des 31. Dienstjahres um jeweils 3% und danach für jedes weitere
Dienstjahr bis zur Vollendung des 34. Dienstjahres um jeweils 2% und danach bis
zur Vollendung des 40. Dienstjahres für jedes Dienstjahr um jeweils ein weiteres
Prozent. Dadurch wurden nach 30 Dienstjahren ein Ruhegehaltssatz von 66%,
nach 35 Dienstjahren ein Ruhegehaltssatz von 75% und nach 40 Dienstjahren eine
Ruhegehaltssatz von 80% erreicht.
§ 20 Abs. 1 lit. d des Sächsischen Gesetzes über die Besoldung der
Staatsbeamten und Lehrer – Beamtenbesoldungsgesetz – i. d. F. d. Bek. v.
18.2.1924 (SächsGVBl. 1924 S. 134) glich die Regelung an § 41 RBG i. d. F. v. 1923
an. In Württemberg sah Art. 47 Abs. 1 WürttBG (Gesetz, betreffend die
Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten, sowie der Angestellten an den Latein- und
Realschulen) v. 28.6.1876 (Reg.Bl. 1876 S. 211) vor, dass bei angetretenem 10.
Dienstjahr der Ruhegehaltssatz 40% des innerhalb des letzten Jahres vor dem
Ruhestandsbeginn bezogenen Gehalts betrug. Danach stieg der Ruhegehaltssatz
gemäß Art. 47 Abs. 2 WürttBG um 1,75% für jedes weitere Dienstjahr bis zum 40.
Dienstjahr bezogen einem Gehaltsbetrag bis zu 2.400,- Mark und um 1,5% für die
Beträge des Gehalts, die oberhalb von 2.400,- Mark lagen. Der Höchstbetrag der
Pension lag bei 6.000,- Mark (Art. 47 Abs. 4 WürttBG). Das Ministerruhegehalt lag
nach Art. 48 Abs. 1 WürttBG bei 7.000,- Mark. Damit setzte sich der
Ruhegehaltsanspruch aus einem Sockelbetrag von 40% des im letzten Jahr
bezogenen Gehalts, und bei einer angenommenen ruhegehaltsfähigen Dienstzeit
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bezogenen Gehalts, und bei einer angenommenen ruhegehaltsfähigen Dienstzeit
von 30 Jahren aus 35% des Gehalts zusammen, das den Wert von 2.400,- Mark
nicht überstieg. Hinzukamen bei Gehältern oberhalb dieses Betrags noch 30% des
Betrages, um den der Wert von 2.400,- Mark überschritten wurde. Bei einem
angenommenen ruhegehaltsfähigen letzten Gehalt von 4.000,- Mark ergab dies
1.800,- Mark Ruhegehalt aus dem Gehalt bis zum Wert von 2.400, Mark und
weitere 1.1.20,- Mark Ruhegehalt aus dem Betrag von 1.600,- Mark. Das
Gesamtruhegehalt betrug mit 2.920,- Mark 73% des ruhegehaltsfähigen Gehalts.
Nach einer Dienstzeit von 40 Jahren betrug das Ruhegehalt 3.580,- Mark,
ausgehend von einem Gehalt von 4.000,- Mark. Aus dem Betrag von 2.400,- Mark
waren 92,5% anzusetzen (2.220,- Mark), aus dem Betrag von 1.600,- Mark 85%
(1.360,- Mark). Der Ruhegehaltssatz erreichte damit 89,5%. Legt man ein letztes
Gehalt von 10.000,- Mark zugrunde, so betrug der Ruhegehaltssatz nach 30
Dienstjahren 61%, nach 40 Dienstjahren 80%.
Art. XVI des Gesetzes, betreffend Änderungen des Beamtengesetzes v. 28. Juni
1876, v. 1.8.1907 (Reg.Bl. 1907 S. 243) setzte den Höchstbetrag des Ruhegehalts
in Art. 47 Abs. 4 WürttBG auf 8.000,- Mark fest. Gleichzeitig wurde die Regelung
aufgegeben, nach der ruhegehaltsfähig nur das Gehalt sein sollte, das während
des letzten Jahres vor dem Ruhestandsbeginn bezogen wurde. Stattdessen wurde
unmittelbar und ohne zeitliche Einschränkung an das zuletzt bezogene Gehalt
angeknüpft. Unter Berücksichtigung dieser Änderung erfolgt die Bekanntmachung
des Textes des WürttBG v. 1.10.1912 (Reg.Bl. 1912 S. 715).
Art. 30 Nr. 6 des Besoldungsgesetzes für Württemberg v. 31.5.1920 (Reg.Bl. 1920
S. 339) änderte Art. 47 WürttBG dahin ab, dass nach einer ruhegehaltsfähigen
Dienstzeit von 10 Jahren der Ruhegehaltssatz 20/60 betrug und danach bis zur
Vollendung des 30. Dienstjahres für jedes Dienstjahr um 1/60 anstieg, danach für
jedes weitere Dienstjahr um 1/120 bis zum Höchstsatz von 45/60. Dagegen
enthielt Art. 70 WürttBG v. 21.1.1929 (Reg.Bl. 1929 S. 7) eine mit § 41 RBG i. d. F.
v. 1923 übereinstimmende Regelung zur Berechnung der Ruhegehaltssätze.
Gleiches gilt für Art. 22 Württ KörperschaftspensionsG v. 14.4.1928 (Reg.Bl. 1928
S. 111).
Die verschiedenen Regelungen in den Beamtengesetzen des Reiches und der
Länder knüpften für die Ruhegehaltsberechnung nahezu durchweg an das vom
Beamten zuletzt bezogene Gehalt an, und zwar ohne jede zeitliche Einschränkung
hinsichtlich der Dauer, während der dieses Gehalt bezogen worden war. Die auf
den Zeitraum des letzten Jahres vor dem Ruhestandsbeginn abstellende Regelung
in Art. 45 Abs. 1 WürttBG 1876 wurde 1907 aufgegeben (Art. XV des Gesetzes v.
1.8.1907). Dagegen bestand die ebenfalls auf das letzte Jahr vor dem Ruhestand
abstellende Regelung in § 38 Abs. 1 des Sächsischen Gesetzes v. 3.6.1876 länger
fort. Durch das SächsBeamtenbesoldungsG i. d. F. d. Bek. v. 1924 wurde die
Regelung sogar dahin verschärft, dass auf das zuletzt bezogene Gehalt nur
abgestellt werden konnte, wenn eine aufsteigendes Gehalt während der letzten
drei Jahre vor dem Ruhestandsbeginn bezogen worden war (§ 20 Abs. 1 lit. c
BeamtenbesoldungsG). Ferner stellte § 15 Abs. 1 S. 1 Bad Fürsorgegesetz für
Gemeinde- und Körperschaftsbeamte v. 26.7.1921 für die Ruhegehaltsfähigkeit
des Gehalts darauf ab, welches Einkommen im letzten Jahr vor dem Eintritt in den
Ruhestand bezogen worden war.
Damit ergeben sich aus der Rückschau genau bestimmbare Strukturprinzipien für
die Ausgestaltung der Versorgung von Ruhestandsbeamten. Die Höhe der
Versorgung knüpft zum einen an den erreichten Status in Gestalt des dem
Beamten zuletzt zustehenden Gehalts, Diensteinkommens – mit Ausnahme
einiger Nebenleistungen – an, wobei der Rückgriff auf ein früher bezogenes
Amtseinkommen nur noch in Sachsen zulässig war, wenn die Bezüge des
entsprechendes Amtes, mit dem eine aufsteigende Besoldung verbunden war,
nicht wenigstens drei Jahre gewährt wurden. An dem Strukturmerkmal der
Ausrichtung der Versorgung an dem im aktiven Dienst zuletzt erreichten Status
ändert dies jedoch nichts, da allenfalls im Verhältnis zu Gesamtdienstzeit
geringfügige Einschränkungen insoweit dazu führen konnten, an das vorletzte
Gehalt anzuknüpfen. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist allein, dass
keine Berechnung nach dem während der Beamtendienstzeit durchschnittlich
bezogenen Diensteinkommen erfolgte.
Daneben muss die Versorgung auf der Grundlage der Gesamtdienstzeit und damit
entsprechend differenziert berechnet werden. § 35 Abs. 1 BadBG i. d. V. von 1908
fasst insoweit die wesentlichen Strukturmerkmale zusammen. Gleiches gilt für § 29
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fasst insoweit die wesentlichen Strukturmerkmale zusammen. Gleiches gilt für § 29
Abs. 1 BadBG i. d. F. von 1931:
"Das Ruhegehalt bemisst sich nach dem für den Beamten vor seiner
Zurruhesetzung maßgebenden Diensteinkommen (§ 18) und der
Gesamtdienstzeit (§§ 31 bis 35), die der Beamte als solcher bei seiner
Zurruhesetzung zurückgelegt hat."
Für das Ausmaß, in dem die Gesamtdienstzeit zur Berechnung der
Ruhegehaltssatzes als Anteil des zuletzt bezogenen Gehalts und damit der
konkreten Versorgungshöhe zu berücksichtigen ist, ergibt sich auf der einen Seite
der Grundsatz, dass nach vollendetem 10. Dienstjahr ein Anspruch auf eine
Mindestpension von wenigstens 30%, in der Regel mindestens 35% bestand. Auf
der anderen Seite belief sich das Ruhegehalt nach 40 Dienstjahren jedenfalls auf
75%, während vieler Zeiten auch höher bis zu 80%. Andererseits lag der
Ruhegehaltssatz nicht unter dem Wert 75%, von den Jahren bis 1882/1886
abgesehen. Die trotz langjähriger Dienstleistung unzureichende Höhe der bis
dahin in Preußen und im Reich gewährten Pensionen wurde bereits sehr früh
korrigiert. In den späteren Jahren ist es im Reich und Preußen stets nur zu
Verbesserungen gekommen, den Zeitraum der Notverordnungen ausgenommen.
Aber auch während dieser wirtschaftlich sehr angespannten Situation ist es nicht
zu einer Absenkung des Ruhegehaltssatzes unter den Wert von 75% nach 35 bzw.
40 Dienstjahren gekommen. Selbst in Ländern, in denen wie z. B. in Hessen nach
1918 keine Verbesserungen im Versorgungsrecht mehr erfolgt sind, wurde der
Ruhegehaltssatz von 75% nach langjähriger Dienstzeit als maßgebende Größe
empfunden und offenkundig als untere Grenze bei einer Dienstzeit von 40 Jahren
aufgefasst. Denn nach einer solchen Gesamtdienst zeit betrug der
Ruhegehaltssatz 75%.
Dabei stellt die Kammer in Rechnung, dass die Modalitäten für die Berechnung der
jeweiligen Gesamtdienstzeit in den einzelnen Gesetzen durchaus unterschiedlich
waren. Einheitlich war jedoch, dass jedenfalls die Zeiten einer Dienstleistung im
Beamtenverhältnis ruhegehaltsfähig waren, auch wenn damit kein Einkommen
verbunden war, wie z. B. in Zeiten einer Ausbildung im Beamtenverhältnis. Nur für
die nebenbei verwendeten Beamten konnten sich insoweit Abweichungen ergeben.
Auf diese Besonderheiten kommt es jedoch weder für die Darstellung der
Strukturprinzipien an, noch spielen diese Fragen bei den hier zu beurteilenden
konkreten Versorgungsfällen eine Rolle. In der Berechnung ihrer
ruhegehaltsfähigen Dienstzeit dominieren die Zeiten einer Dienstleistung im
Beamtenverhältnis, die Ausbildungszeiten als Anwärter eingerechnet.
Die schrittweise Absenkung des Höchstsatzes einer Ruhegehaltsberechnung nach
Maßgabe der Besoldung des während der letzten drei Jahre vor Eintritt in den
Ruhestand bezogenen Besoldung und die deshalb erfolgende parallele Absenkung
der Versorgungsbezüge bereits im Ruhestand befindlicher Beamter unterschreitet
den Ruhegehaltssatz von 75% auch für solche Beamte, die eine
Beamtendienstzeit von 40 Jahren aufweisen können. Dafür besteht nach der
Auffassung der Kammer keine hinreichende Rechtfertigung. Das BVerfG hat zur
Anknüpfung der Versorgung an die Bezüge des letzten Amtes ausgeführt, dass es
sich insoweit um einen Grundsatz des Berufsbeamtentums handele, auf dem
diese Institution ruhe. Für das notwendig hinzutretende Element der
Berücksichtigung einer Beamtendienstzeit von 40 Jahren oder mehr mit einem
Mindestruhegehaltssatz von 75% kann nichts anderes gelten. Die
versorgungsrechtliche Anknüpfung an das letzte Amt müsste leer bleiben, wenn
ungeachtet einer solchen – formalen – Anknüpfung die Höhe der aus diesem
Gehalt fließenden Versorgung auch bei langjähriger Dienstleistung im
Beamtenverhältnis eine gewisse Mindestrelation zum letzten Gehalt verliert. So
verhält es sich hier. Trotz einer Dienstzeit von 40 Jahren, teilweise sogar darüber
hinaus, in einem noch gesondert abzuhandelnden Fall leicht darunter, wird der
Abstand der Versorgungsleistungen zu den Bezügen des letzten Amtes bzw. den
dafür heute im Hinblick auf die gebotene Anpassung an die wirtschaftlichen
Verhältnisse zugrunde zu legenden Beträgen zum Nachteil der
Versorgungsempfänger vergrößert. Dies widerspricht einem tragenden Grundsatz
des Berufsbeamtentums.
Als Rechtfertigung für diese Abweichung kann nicht darauf verwiesen werden,
jedenfalls die aktiven Beamten könnten insoweit noch eigene ergänzende
Eigenvorsorge betreiben. Dieser Aspekt ist mit Art. 33 Abs. 5 GG schlechthin
unvereinbar. Auf eine mögliche, eine vorhandene, erwerbbare oder sonst
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unvereinbar. Auf eine mögliche, eine vorhandene, erwerbbare oder sonst
beschaffbare Eigenversorgung als Ergänzung oder gar als Ersatz der
Beamtenversorgung kann es aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht ankommen.
Das BVerfG hat stets entschieden, dass der Dienstherr zur vollen
amtsangemessenen Alimentation ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Beamten, Versorgungsempfängers verpflichtet ist. Diese den
Dienstherrn treffende Verpflichtung kann nicht durch Verweis auf eine
Eigenleistung des Beamten ganz oder teilweise substituiert werden (vgl. BVerfG B.
v. 30.9.1987, a.a.O. S. 319 f.; B. v. 11.4.1967, a.a.O. S. 349 f., 352).
Das gilt erst recht für Versorgungsempfänger. Sie sind aufgrund ihres
fortgeschrittenen Lebensalters und der damit einhergehenden
Erwerbsbeschränkungen noch weit weniger als aktive Beamte in der Lage,
wirtschaftliche Werte zu schaffen, die zum Ausgleich der entfallenden
Versorgungsleistungen dienen könnten.
Bei den aktiven Beamten ergibt sich allerdings aus der verfassungsrechtlich
vorgegebenen Hauptberuflichkeit des Beamtendienstes und den daran
anknüpfenden weitgehenden Nebentätigkeitsbegrenzungen, dass dieser
Personenkreis ebenfalls nicht auf Eigenleistungen, Eigenvorsorge verwiesen
werden darf, um damit eine Kürzung später anstehender Versorgungsleistungen
zu rechtfertigen. Deshalb stellt das mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001
einhergehende Angebot an Beamte, sich nach Maßgabe der allgemeinen
Regelung an der sog. Riester-Vorsorge zu beteiligen, von vornherein keinen Grund
dar, der eine mangelnde Berücksichtigung tragender Strukturprinzipien des
Berufsbeamtentums und hier des Versorgungsrechts rechtfertigen könnte.
Andererseits hat das BVerfG finanzielle Erwägungen als Aspekt im Rahmen der
nach Art. 33 Abs. 5 GG vorzunehmenden Abwägung keineswegs als vollständig
irrelevant eingestuft (vgl. BVerfG B. 30.9.1987, a.a.O. S. 310). Insoweit gilt jedoch
ebenfalls, dass die tragenden Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht unter
Berufung angestrebte finanzielle Einsparungen unbeachtet gelassen werden
dürfen. Da Beamte andererseits keinen Anspruch darauf haben, dass sich ihre
wirtschaftlichen Verhältnisse nach Eintritt in den Ruhestand nicht nachteilig
ändern, könnte der Gesetzgeber innerhalb der ihm verbliebenen sonstigen
Spielräume durchaus zu Veränderungen in der Struktur der Versorgungsbezüge
gelangen. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums verlangen es z.
B. nicht, in dem heute noch in den §§ 10-12 BeamtVG vorgesehenen Ausmaß
Zeiten, die außerhalb eines Beamtenverhältnisses verbracht wurden, als
ruhegehaltsfähige Dienstzeiten anzuerkennen. Dies gilt auch für weitere
Regelungen wie z.B. § 14a BeamtVG. Auch die Regelung in § 13 BeamtVG ist nicht
in dem heutigen Ausmaß durch Art. 33 Abs. 5 GG geboten. Würde die Höhe der
Versorgungsbezüge von Ruhestandsbeamten an derartige Veränderungen des
Versorgungsrechts angepasst, wären - bei gebührender Beachtung der
Grundsätze des Vertrauensschutzes – Verstöße gegen Art. 33 Abs. 5 GG nicht zu
besorgen.
Der Innenausschuss des Bundestags hat im Übrigen zum Umfang der
Einsparungen wie folgt Stellung genommen (BT-Drucks. 14/7681 S. 2:
"Mit diesem Gesetz werden die Versorgungskosten von Bund, Ländern und
Gemeinden gesenkt. Minderausgaben entstehen den öffentlichen Haushalten
insofern in der ersten Stufe (voraussichtlich 2003 bis 2010) in Höhe von ca. 12
Mrd. DM. Diese verteilen sich auf Bund, Länder und Gemeinden wie folgt: Bund:
gut 2 Mrd. DM; Länder: knapp 8,7 Mrd. DM; Gemeinden: knapp 1,3 Mrd. DM. Die
Hälfte dieser Einsparungen wird den Versorgungsrücklagen zugeführt.
In der zweiten Stufe werden durch die Fortsetzung des Aufbaus der
Versorgungsrücklagen Sondervermögen gebildet, die zur Minderung der
Versorgungslasten der öffentlichen Haushalte beitragen.
Durch die Einbeziehung der Beamten, Richter und Soldaten in die steuerliche
Förderung der privaten Altersvorsorge ist in den Jahren von 2003 bis 2010 mit
Steuermindereinnahmen in Höhe von rund 9,3 Mrd. DM zu rechnen."
Damit beläuft sich der Einsparungseffekt in der Sache auf 2,7 Mrd. DM während
des Zeitraums von 2003 bis 2010, verteilt auf die verschiedenen
Gebietskörperschaften. Weshalb dieser eher geringe Betrag nicht auf anderem
Wege ohne Verletzung hergebrachter Grundsätze zu erzielen gewesen wäre ist
den Gesetzgebungsmaterialien nicht zu entnehmen. Dies gilt in entsprechender
Weise für die teilweise Verwendung der während dieser Jahre eingesparten
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Weise für die teilweise Verwendung der während dieser Jahre eingesparten
Versorgungsleistungen durch die Zuführung zur Versorgungsrücklage. Dieser
Effekt hätte sich in gleicher Weise erreichen lassen, wenn am vor dem Inkrafttreten
des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 bestehenden Rechtszustand
festgehalten worden wäre, die Besoldung und die Versorgungsbezüge nur um
einen Abschlag von 0,2% der an sich anstehenden Verbesserungen zu erhöhen (§
14a BBesG). Diese Praxis stand mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht in Widerspruch. Der in
den amtlichen Begründungen für das Versorgungsänderungsgesetz 2001
angeführte Gleichklang mit den entsprechenden Veränderungen im Bereich der
gesetzlichen Rentenversicherung kann dagegen für sich genommen keine
Rechtfertigung dafür bieten, tragende Grundsätze des Berufsbeamtentums und
hier des Versorgungsrechts unbeachtet zu lassen. Soweit es darum gehen sollte,
ein adäquates Kürzungsvolumen zu erzielen, wäre dazu vorrangig der Nachweis
anzutreten, auf welchen sonstigen mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbaren Wegen ein
entsprechender Betrag erzielt werden kann. Dabei wäre jedoch stets zu beachten,
dass die Leistungen aus der staatlich garantierten Rentenversicherung als Teil der
gesetzlich organisierten Sozialversicherung keine Entsprechung im Beamtenrecht
finden. Es zielt auf den Fortbestand der während der aktiven Dienstzeit
bestehenden Alimentationspflicht des Dienstherrn, indem nach dem
Ruhestandsbeginn eine nach dem erreichten Status und der Gesamtdienstzeit
bemessene – im Verhältnis zur Besoldung nicht unangemessen abgesenkte –
Versorgung gewährt wird. Dagegen spiegelt die Leistung aus der gesetzlichen
Rentenversicherung nur wieder, in welchem Ausmaß eine nach Beiträgen und dem
ihnen zugrunde liegenden versicherungspflichtigen Erwerbseinkommen
bemessene Rente als Gegenleistung gezahlt wird. Im Übrigen ist die
Altersvorsorge Sache der Versicherten. Eine solche Eigenverantwortung trifft die
Beamten jedoch nicht, schon wegen der weit reichenden
Nebentätigkeitsbeschränkungen. Folglich unterscheidet sich ihre Stellung in
wesentlicher Hinsicht von den in der Sozialversicherung abgesicherten Personen.
Insoweit ist für die Erhöhung der finanziellen Spielräume der öffentlichen Hände im
Hinblick auf die sie treffenden Personalausgaben auch darauf zu verweisen, dass
diese Ausgaben in erheblichem Umfang auf Leistungen für die tarifliche
Zusatzversorgung für die im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmer
zurückzuführen sind. Diese Leistungen beruhen auf keiner mit Art. 33 Abs. 5 GG
vergleichbaren Rechtsgrundlage. Sie sind verfassungsrechtlich nur insoweit
geschützt, wie bereits Anwartschaften begründet wurden (Art. 14 Abs. 1 GG).
Diese Anwartschaften ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse der
öffentlichen Hände weiter aufzufüllen, besteht jedoch auch aus Art. 14 Abs. 1 GG
kein Anspruch. Die Darlegungen zum Versorgungsänderungsgesetz 2001 lassen
insoweit jede Aussage vermissen, welche Kosteneinsparungen hier in Angriff
genommen werden sollen. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil erst
nach der Ausschöpfung derartiger Möglichkeiten ggf. ein Eingriff in tragende
Grundsätze des Berufsbeamtentums in Betracht kommen kann.
Die Orientierung der Versorgungsbemessung an einem Ruhegehaltssatz von
mindestens 75% nach 40 Dienstjahren gilt in gewandelter Form auch für Beamte,
die aufgrund von Sonderregelungen vor Erreichen des 65. Lebensjahres kraft
Gesetzes in den Ruhestand treten, insbesondere wegen ihrer Zugehörigkeit zu
einem besondere gesundheitliche Anforderungen stellenden Vollzugsdienst. Wenn
der Gesetzgeber für diesen Personenkreis eine Regelaltersgrenze von 60 Jahren
vorgibt, darf er die Verkürzung der ableistbaren Dienstzeit um volle 5 Jahre nicht
zum Anlass nehmen, den davon Betroffenen allein deshalb auch das Erreichen des
Ruhegehaltssatzes von 75% unmöglich zu machen. Vielmehr muss für diesen
Personenkreis Vorsorge getroffen werden, dass sie bei einer Dienstleistung, die in
etwa der 40jährigen Dienstzeit der "normalen" Beamten entspricht, ebenfalls die
Ruhestandsversorgung erhalten, die bei einer vollständigen Beamtendienstzeit
ansteht. Das Gleiche gilt für den Kläger zu 3). Er hat von einer besonderen
gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht, vor Erreichen der Altersgrenze in
den Ruhestand zu treten, um dadurch zugleich zum Personalabbau beizutragen.
Damit ist zugleich ein gewisser Vertrauenstatbestand begründet worden, sodass
ihm die geringfügige Verfehlung der vollen 40 Beamtendienstjahre nicht zum
Nachteil gereichen darf. Hätte er den ihm möglichen Dienst bis gesetzlichen
Altersgrenze geleistet, hätte er auch die Grenze von 40 Beamtendienstjahren
überschreiten können.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.