Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 15.02.2002
VG Frankfurt: landschaft, umweltverträglichkeitsprüfung, förderung der kultur, stand der technik, windenergie, aufschiebende wirkung, überwiegendes interesse, hessen, öffentliches interesse
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Gericht:
VG Frankfurt 4.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 G 4722/01 (3)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 35 Abs 1 Nr 6 BauGB, § 35
Abs 3 S 2 BauGB, § 8 ROG, § 9
ROG, § 66 Abs 3 BauO HE
(Eilrechtsschutz für einen Landkreis gegen
Baugenehmigung für Windkraftanlage in der Nähe eines
Naturparks)
Leitsatz
Windenergie, Windkraft, Windpark, Naturpark, Sicherungsanordnung,
Rechtsschutzbedürfnis, Antragsbefugnis, Landkreis, Selbstverwaltung,
Regionalplanung, Raumordnungsverfahren, Abwägung, Vorrangfläche für
Windenergienutzung, Privilegierung, Naturschutzbehörde, öffentliche Einrichtung,
Umweltverträglichkeitsprüfung, Vogelzug, Landschaftsschutz, Immissionsschutz,
Wanderwege, Rastplatz, Verunstaltung des Landschaftsbildes, Erholungswert,
Planungsbedarf, Außenkoordilation, umfassende Rechtskontrolle, Planungshoheit
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Der Streitwert wird auf 25.565,-- EURO festgesetzt.
Gründe
I
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Errichtung eines
vom Antragsgegner genehmigten Windparks mit sieben Windkraftanlagen im
Außenbereich der Stadt Schlüchtern.
Dessen vorgesehener Standort ist der Landrücken, ein sich von Westen nach
Osten erstreckender Mittelgebirgszug, der die Wasserscheide zwischen Weser und
Rhein bildet und den Vogelsberg mit der Rhön verbindet. Er verläuft in etwa
entlang der Kreisgrenze zwischen dem Main-Kinzig-Kreis und dem Landkreis Fulda,
die zugleich auch die Grenze zwischen den Regierungsbezirken Darmstadt und
Kassel darstellt. Aufgrund der für das Binnenland vergleichsweise günstigen
Windverhältnisse wurde ein Teilbereich des Hochplateaus auf dem Landrücken im
Regionalen Raumordnungsplan Südhessen, der am 14.11.2000 genehmigt wurde,
als Vorrangfläche für die Windenergienutzung ausgewiesen. Die ausgewiesene
Fläche liegt im Bereich des Naturparks "Hessischer Spessart" und des
Landschaftsschutzgebiets "Vogelsberg-Hessischer Spessart", an das im Norden
auf dem Gebiet des Landkreises Fulda der Naturpark "Hessische Rhön" angrenzt,
in dem unweit der Kreisgrenze im Südosten von Flieden-Keutzelbuch das
Landschaftsschutzgebiet "Steinkammer" liegt.
Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilten die zuständigen
Behörden des Antragsgegners zunächst mit Bescheid vom 29.03.2001 die
erforderliche landschaftsschutzrechtliche Genehmigung in Verbindung mit der
naturschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung und sodann mit Bescheid vom
17.05.2001 die Baugenehmigung für die Errichtung von sieben Windkraftanlagen
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17.05.2001 die Baugenehmigung für die Errichtung von sieben Windkraftanlagen
des Typs "Enron Wind 1.5 sl" mit einer Nennleistung von 1500 kW, einer
Nabenhöhe von 85 m und einem Rotordurchmesser von 77 m in den
Schlüchterner Gemarkungen Elm und Hutten im Bereich der ausgewiesenen
Vorrangfläche für die Windenergienutzung. Den Bauvorlagen war unter anderem
eine Schallimmissionsprognose eines Sachverständigenbüros beigefügt, die -
ausgehend von einem Schallleistungspegel am Rotor der Anlagen von 106 dB(A) -
zum Ergebnis kam, dass der dem Windpark in einer Entfernung von mindestens
453 m nächstgelegene Aussiedlerhof unter worst case - Bedingungen einem
maximalen Gesamtschalldruckpegel von 44,1 dB(A) ausgesetzt sein werde, bei
allen anderen Wohnhäusern in der Umgebung beiderseits der Kreisgrenze seien
geringere Lärmbelastungen zu erwarten. Die mit dem Bauantrag eingereichte
Schattenwurfanalyse kam zu dem Ergebnis, dass die Aussiedlerhöfe in der
Schlüchterner Gemarkung nicht oder nur gering von der zu erwartenden
Schattenbildung betroffen seien und das nächstgelegene Wohngebiet im Kreis
Fulda, der Ortsteil Keutzelbuch der Gemeinde Flieden, nicht mit nennenswerten
Auswirkungen rechnen müsse. Eine Eingriffs- / Ausgleichsplanung durch ein
weiteres Sachverständigenbüro analysierte die naturschutzfachlichen Aspekte des
Vorhabens - mit Ausnahme avifaunistischer Gesichtspunkte - und gelangte zu
dem Schluss, dass der geplante Eingriff durch Ausgleichsmaßnahmen wie
Wiesenextensivierungen und Gehölzpflanzungen ausgeglichen werden könne. Das
Landschaftsbild wurde als teils vielgestaltig und abwechslungsreich und teils
intensiv landwirtschaftlich genutzt und ausgeräumt beurteilt; in drei
Hochspannungs- und einer weiteren Stromleitung, zwei Funkumsetzern und einem
80 bis 90 m hohen Sendeturm wurden Vorbelastungen des Landschaftsbilds
gesehen, die für die einzelnen Standorte der Windkraftanlagen von
unterschiedlicher Bedeutung seien. Ferner wurde ausgeführt, es sei aufgrund der
zahlreich anzutreffenden Hang- und Tallagen davon auszugehen, dass der
geplante Windpark nur von wenigen exponierten Standorten aus sichtbar sein
werde; ca. 80 % blieben verschattet. Anstelle eines Gutachtens über die
Auswirkungen auf die Vogelwelt wurde eine gutachterliche Stellungnahme des K.
im Auftrag der Staatlichen Vogelschutzwarte Frankfurt eingeholt, der gegen den
Bau der Windkraftanlagen aus Sicht des Vogelschutzes keine Bedenken erhob. Er
legte unter anderem dar, Brutbiotope geschützter Vogelarten oder regelmäßige
Vogelzuglinien seien im Plangebiet nicht beobachtet worden; durch die Anordnung
der einzelnen Windkraftanlagen und der Abstände zwischen ihnen sei eine
Barrierebildung nicht zu erwarten.
Bestandteil der Baugenehmigung sind unter anderem Auflagen des
Regierungspräsidiums Darmstadt - Abteilung Staatliches Umweltamt Hanau - vom
24.04.2001, die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts
an den Wohngebäuden im Außenbereich und 55 dB(A) tagsüber und 40 dB(A)
nachts in den nächstgelegenen Wohngebieten festsetzten, die von dem Windpark
nicht überschritten werden dürfen. Außerdem wurde bestimmt, dass die in der
Schallimmissionsprognose genannten Ausgangswerte (wie z. B.
Schallleistungspegel, keine Tonhaltigkeit, keine impulsartigen Geräusche)
einzuhalten sind und der Betreiber nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen
Geräuschimmissionsmessungen von einer nach § 26
Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) bekannt gegebenen Messstelle
baldmöglichst durchführen zu lassen hat. Durch die Baugenehmigung wurde der
Bauherrin ferner auferlegt, die Windkraftanlagen nach dem neuesten Stand der
Technik zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten.
Der Antragsteller, der kreisübergreifende negative Auswirkungen des Windparks
auf Natur und Landschaft befürchtet, bemühte sich zunächst erfolglos um seine
Beteiligung im Baugenehmigungsverfahren als Träger öffentlicher Belange. Den
ablehnenden Bescheid griff er sodann ebenso mit einem Widerspruch an wie den
der Baugenehmigung zugrunde liegenden Bauvorbescheid und die
landschaftsschutzrechtliche Genehmigung sowie die naturschutzrechtliche
Eingriffsgenehmigung. Mit Schreiben vom 31.05.2001 erhob er schließlich
Widerspruch gegen die Baugenehmigung für den Windpark und beantragte, deren
Vollziehung auszusetzen. über den Widerspruch ist noch nicht entschieden. Dem
Aussetzungsantrag gab der Antragsgegner nicht statt.
Am 05.11.2001 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er
ist der Auffassung, er sei unter verschiedenen Aspekten befugt, sich gerichtlich
gegen die erteilte Baugenehmigung zur Wehr zu setzen. Als Träger des
Naturschutzes habe er gegen Verunstaltungen der Landschaft und
Beeinträchtigungen des Vogelzugs vorzugehen. Als Verordnungsgeber und Träger
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Beeinträchtigungen des Vogelzugs vorzugehen. Als Verordnungsgeber und Träger
der Landschaftsschutzverordnung
"Steinkammer" sei es an ihm, den dort gelegenen Rastplatz mit Liegewiese,
Schutzhütte und Grill vor Ruhestörungen zu schützen. Als Träger des Naturparks
"Hessische Rhön" sei er verantwortlich dafür, dass die Erholungsfunktion des
Naturparks nicht unzumutbar beeinträchtigt werde und habe sich für die Belange
des Naturschutzes und der Landschaftspflege einzusetzen. Schlussendlich treffe
ihn auch die Obliegenheit, seine Kreiseinwohner vor unzumutbaren Belastungen zu
schützen.
Die angefochtene Baugenehmigung halte weder einer formell-rechtlichen noch
einer materiell-rechtlichen Prüfung stand. Die beantragte Massierung der
Windkraftanlagen sei von raumordnerischer Relevanz. Es hätte deshalb einer
bauleitplanerischen Entscheidung bedurft. Der gewählte Weg über die
Baugenehmigung sei das falsche Verfahren. Es schneide möglicherweise
betroffenen Gebietskörperschaften und anerkannten Naturschutzverbänden
Einflussmöglichkeiten und Beteiligungsrechte ab, wie dies in bedenklicher Weise
mit der Stellungnahme des Regierungspräsidiums Kassel zum Regionalplan
"Hessen Süd" geschehen sei; er selbst sei in das Raumordnungsverfahren nur am
Rande, durch die Benachrichtigung seines Amtes für Wirtschaftsförderung,
eingebunden gewesen.
Darüber hinaus sei versäumt worden, den Antragsteller als Träger öffentlicher
Belange im Bauvoranfrage- und Baugenehmigungsverfahren zu beteiligen (§ 66
Abs. 3 HBO) und ihn als Nachbarn zu hören (§ 69 HBO), was wegen der
kreisübergreifenden Auswirkungen des Vorhabens geboten gewesen wäre. Ferner
habe der Antragsgegner die Drittwirkung der EG-Änderungsrichtlinie zum Gesetz
über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unberücksichtigt gelassen, welche
bereits vor ihrer Umsetzung in nationales Recht mit Gesetz vom 27.07.2001 zu
beachten gewesen sei. Es hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung des
Vorhabens unter Beteiligung des Antragstellers durchgeführt werden müssen.
Windparke dieser Größenordnung unterfielen seit August des Jahres dem Bundes-
Immissionsschutzgesetz (Ziffer 1.6 der Anlage zur vierten Bundes-
Immissionsschutzverordnung in Verbindung mit Ziffer 1.6.2 der Anlage zum
UVPG). Seine Beteiligung sei aber auch aus materiellen Gründen aufgrund seiner
oben genannten Funktionen geboten gewesen.
Ferner seien die Sachverhaltsermittlungen des Antragsgegners unzureichend. Er
habe keine Sichtbeziehungsstudie in Auftrag gegeben, obwohl andernorts eine
Landschaftssensibilitätsprüfung im Rahmen derartiger Genehmigungsverfahren
Standard sei. Eine ernsthafte Prüfung dieser Gesichtspunkte hätte ergeben, dass
das bisher nicht nennenswert beeinträchtigte Landschaftsbild durch den geplanten
Windpark verunstaltet werde. Die Windkraftanlagen würden zwischen 60 und 90 m
über die behaupteten Vorbelastungen hinausragen, die weitgehend in die
Landschaft "eingebettet" seien. Weiter habe der Antragsgegner die
avifaunistischen Erkenntnisse über das betroffene Gebiet in unzutreffender Weise
bagatellisiert. Ausweislich eines vom Antragsteller eingeholten
Sachverständigengutachtens handele es sich bei dem dort betrachteten
Großraum um einen "überörtlichen Zugkorridor". Im Zentrum des Korridors
verlaufe eine "überörtliche Hauptzugrichtung", die den Landrücken in seiner
gesamten Breite und damit genau die Eingriffsfläche quere. Frühere
Untersuchungen hätten gezeigt, dass Windkraftanlagen aufgrund ihrer Größe, der
Drehbewegung der Rotoren, durch Schattenwurf und Geräuschemission sowie als
potentielle Quelle des Vogelschlags für Vögel gravierende Störquellen darstellen
könnten. Beim Vogelzug könne es daher zu Desorientierung, Zugabbruch,
Zugumkehr und Ausweichreaktionen kommen, die sich noch in Entfernungen von
mehreren Kilometern bemerkbar machen könnten. Allerdings fehle es bisher an
der erforderlichen Datendichte, um die Auswirkungen des geplanten Windparks auf
den Vogelzug und die in diesem Bereich lebenden Brutvogelarten verlässlich
beurteilen zu können. Vor Durchführung der Baumaßnahmen seien deshalb erst
entsprechende Felduntersuchungen über den Zeitraum eines Jahres
durchzuführen. Hinzu komme, dass der Antragsgegner sich mit einer
Schallimmissionsprognose der Bauherrin begnügt habe, die auf einem anderen
Anlagentyp (Tacke TW 1,5 sl) als dem im Bau befindlichen (Enron Wind 1,5 sl)
beruhe. Neben zu befürchtenden Störungen der Nachtruhe der Anwohner sei für
den Erholungsplatz im Landschaftsschutzgebiet "Steinkammer", der mit
Liegewiese, Schutzhütte und Grill ausgestattet sei und nur 450 m Luftlinie in der
Hauptwindrichtung vom Windpark entfernt liege, eine erhebliche Beeinträchtigung
der Ruhe durch die permanenten Rotorengeräusche zu erwarten. Ferner sei die
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der Ruhe durch die permanenten Rotorengeräusche zu erwarten. Ferner sei die
Erholungsfunktion der unmittelbar an dem Standort der Windkraftanlagen
vorbeiführenden Wanderwege des Naturparks "Hessische Rhön" gefährdet, weil der
Naturgenuss durch die optisch und akustisch stark in Erscheinung tretenden
Anlagen erheblich beeinträchtigt werde. Wanderer würden zusätzlich noch durch
den Abwurf von Eis, das sich an den Rotoren bilden könne, gefährdet.
Zu bemängeln sei weiter, dass der Antragsgegner keine bauplanungsrechtliche
Abwägung der betroffenen Belange im Rahmen des § 35 BauGB vorgenommen
habe. Diese sei durch die regionalplanerische Vorentscheidung nicht etwa
entbehrlich geworden. Der Regionalplan leide selbst an schweren
Abwägungsfehlern. Die Auswirkungen des ausgewiesenen Windkraftstandorts auf
das Gebiet des Nachbarkreises bzw. der Nachbargemeinde Flieden seien nicht
erkennbar berücksichtigt worden; auch die Abwägung der naturschutzfachlichen
und ornithologischen Belange sei defizitär. Der Antragsgegner habe nicht nur die
dem Vorhaben entgegenstehenden naturschutzfachlichen Belange auf
Schlüchterner Gebiet verkannt, sondern auch dessen grenzüberschreitende
Auswirkungen. Er habe geprüft, als handele es sich um einzelne kleine Anlagen
und nicht um besonders große Anlagen mit erheblichem Störpotential in stark
exponierter Lage. Es drohten unwiederbringliche Verluste von Natur, Landschaft
und Vogelwelt. Die Bemühungen des Antragstellers um die Förderung der (Kultur-)
Landschaft und des Tourismus in diesem Bereich würden zunichte gemacht.
Die Genehmigung leide außerdem an mangelnder Bestimmtheit.
Zum einen seien die Standorte gegenüber den genehmigten Plänen verschoben
worden. Mindestens ein Windrad werde außerhalb der dort genannten Gemarkung
Elm und damit auch außerhalb des im Regionalplan Süd festgelegten
Vorranggebiets stehen, was möglicherweise auch noch für einen weiteren Standort
gelte. Die Windräder würden somit illegal errichtet. Zum anderen seien die
Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt; ein
Hinweis auf die Einhaltung von Richtwerten genüge nicht.
Schlussendlich sei darauf hinzuweisen, dass die Erschließung des Vorhabens nicht
wie beantragt von Osten, sondern von Westen her erfolgt sei, wobei die dortigen
Wirtschaftswege für die Transportfahrzeuge nicht ausreichten.
Der Antragsteller beantragt,
1. die Vollziehung der Baugenehmigung vom 17.05.2001, welche der Firma
Renertec erteilt worden ist, auszusetzen,
2. zur Sicherung der Rechte des Antragstellers geeignete Maßnahmen zu
treffen, um die weitere Ausführung zu verhindern, etwa einen Baustopp zu
erlassen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, der Antragsteller sei nicht antragsbefugt. Er sei
weder Grundstückseigentümer im Außenbereich der Gemarkung Flieden, noch
komme eine Verletzung seines kommunalen Selbstverwaltungsrechtes in
Betracht. Die kommunale Planungshoheit stehe den Gemeinden und nicht den
Landkreisen zu. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, die dem Schutz des
Antragstellers dienten, scheide ebenso aus: Mangels Grundeigentum könne er
sich nicht auf § 69 HBO berufen, und bei § 66 Abs. 3 HBO gehe es um die
Einschaltung von Fachbehörden. Er habe auch nicht einmal im Ansatz dargelegt,
inwieweit sich eine Verletzung seiner Rechte daraus ergeben solle, dass keine
Umweltverträglichkeitsprüfung unter seiner Beteiligung durchgeführt worden sei.
Im übrigen sei darauf hinzuweisen, dass das Gesetz zur Umsetzung der UVP-
Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum
Umweltschutz vom 27.07.2001 erst nach der Erteilung der Baugenehmigung in
Kraft getreten sei, so dass die von dem Antragsteller zitierte Ziffer 1.6.2 der
Anlage zu diesem Gesetz hier nicht gelte. Außerdem bedürfe es nach Art. 1 Ziffer
5 § 3 d dieses Gesetzes zunächst der Umsetzung durch Landesrecht, was bisher
nur in Bayern erfolgt sei. Zum Zeitpunkt der Baugenehmigung habe das Gesetz
über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung vom 18.08.1997 gegolten.
Nach § 3 dieses Gesetzes unterlägen einer Umweltverträglichkeitsprüfung nur die
Vorhaben, die in der Anlage zu dieser Vorschrift aufgeführt seien; dazu zählten
Windkraftanlagen nicht.
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Zudem seien bereits im Rahmen der Regionalplanung, die ihren Abschluss mit
dem Inkrafttreten des Regionalen Raumordnungsplanes Südhessen 2000
gefunden habe, alle umweltrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt worden.
Darüber hinaus sei durch entsprechende Auflagen in der erteilten
Baugenehmigung sicher gestellt, dass Umweltbeeinträchtigungen auf ein
Mindestmaß reduziert oder vermieden würden. Außerdem stelle sich die Frage, ob
im Rahmen eines Drittwiderspruchs gegen eine Baugenehmigung überhaupt
angeblich fehlende Abwägungen in dem zugrunde liegenden
Raumordnungsverfahren geltend gemacht werden könnten. Der Wortlaut des § 1
Abs. 4 BauGB spreche ebenso dagegen wie § 8 Abs. 7 des Hessischen
Landesplanungsgesetzes (HLPG). Vielmehr müssten die gesetzlichen
Planungsträger unmittelbar gegen die Regionalpläne vorgehen, wenn sie der
Auffassung seien, dass sie in ihrer Planungshoheit ungerechtfertigt beschränkt
würden.
Eine Antragsbefugnis könne der Antragsteller auch nicht daraus herleiten, dass er
behaupte, Träger des Naturparks "Hessische Rhön" zu sein. Nach § 24 Hessisches
Forstgesetz (ForstG) in der neuesten Fassung könne ein Naturpark nur durch
Rechtsverordnung geschaffen werden. Mangels entsprechender Rechtsverordnung
existiere - jedenfalls rechtlich gesehen - kein Naturpark "Hessische Rhön". Nach §
24 ForstG alter Fassung habe zwar eine großräumige Landschaft durch den für
Forsten zuständigen Minister zu einem Naturpark erklärt werden können, doch
entspreche eine derartige Erklärung aus heutiger Sicht in keiner Weise
rechtsstaatlichen Erfordernissen, so dass der Naturpark "Hessische Rhön" Dritten
auch keinerlei Bindungen oder Einschränkungen auferlegen könne. Weiter könne
nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller als behaupteter Träger
des Naturparks eine Selbstverwaltungsaufgabe im Sinne des § 2 Hessische
Landkreisordnung (HKO) wahrnehme. Rechtsgrundlage für die Erklärung eines
Gebietes zum Naturpark sei das Hessische Forstgesetz, wodurch eine
Zuständigkeit der Forstbehörden begründet werde. Aber selbst wenn man dazu
eine andere Auffassung vertrete, sei ein Naturparkträger jedenfalls kein Träger
öffentlicher Belange, weil ihm weder in § 24 ForstG noch in einer anderen Vorschrift
die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben übertragen worden sei.
Deshalb habe der Antragsteller auch nicht im Baugenehmigungsverfahren beteiligt
werden müssen. Darüber hinaus ergebe sich aus § 24 ForstG nicht die geringste
Kompetenz, als Träger eines Naturparks Rechte gegenüber Dritten geltend zu
machen.
Als untere Naturschutzbehörde könne der Antragsteller nicht in seinen Rechten als
Selbstverwaltungskörperschaft betroffen sein, weil dem Landkreis die Aufgaben
der unteren Naturschutzbehörde nach § 30 Abs. 3 Hessisches Naturschutzgesetz
(HENatG) als Weisungsaufgaben, d. h. als staatliche Aufgaben übertragen würden.
Dementsprechend sei der Eilantrag auch nicht in der Eigenschaft des
Antragstellers als untere Naturschutzbehörde gestellt worden. Davon abgesehen
sei für die hier in Rede stehenden grenzüberschreitenden Naturschutzbelange
ohnehin die oberste Naturschutzbehörde zuständig.
Hinzu komme, dass die erteilte Baugenehmigung rechtmäßig sei. Vorhaben zur
Nutzung der Windenergie seien als privilegierte Vorhaben im Außenbereich nach §
35 Abs. 1 Ziffer 6 BauGB grundsätzlich zulässig. Da die vorgesehenen Standorte
im Regionalen Raumordnungsplan als Vorrangfläche für die Windenergienutzung
ausgewiesen seien, widersprächen sie naturgemäß nicht den Zielen der
Raumordnung. Ihre Konzen-tration auf einer Vorrangfläche ermögliche es, den
übrigen Planungsraum von den durch den Gesetzgeber privilegierten Anlagen
freizuhalten. Auch öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB stünden dem
Vorhaben nicht entgegen. Soweit der Antragsteller eine Beeinträchtigung des
Landschaftsbildes und des Naherholungsgebietes "Steinkammer" sowie eine
Belastung des Wohnorts Keutzelbuch und des Naturhaushalts befürchte, sei
darauf hinzuweisen, dass eine Vorbelastung des Landschaftsbildes bereits durch
vorhandene Stromleitungen und Strommasten gegeben sei und es in der Natur
der Sache liege, dass Windenergieanlagen eine gewisse Auswirkung auf das
Landschaftsbild hätten. Im übrigen seien in der angefochtenen Baugenehmigung
bestimmte Auflagen zur Erfüllung öffentlicher Belange gemacht worden. Bei der
Auslegung der öffentlichen Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB sei die
Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Nutzung der Windkraft als saubere
Energiequelle und Ersatz für die Atomenergie zu berücksichtigen, die nur im
Außenbereich stattfinden könne.
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Abschließend räumt der Antragsgegner ein, dass ein Teil der Windkraftanlagen
unter geringfügigen Abweichungen errichtet worden sei.
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Darüber
hinaus sei sein Vorgehen rechtsmissbräuchlich. Der Landkreis Fulda sei über das
Regierungspräsidium in Kassel in das Raumordnungsverfahren eingebunden
gewesen, in dem die hier streitgegenständliche Fläche zur Nutzung der
Windenergie ausgewiesen worden sei. Er habe sich dazu nicht geäußert. Dieses
Versäumnis könne er jetzt nicht ungeschehen machen, wenn von einem privaten
Investor im Vertrauen auf die Bestandskraft der ihm erteilten Baugenehmigung
finanzielle Verpflichtungen bis zu 30 Millionen DM eingegangen worden seien.
Entgegen der Darstellung des Antragstellers sei die Umgebung des Windparks
keine idyllische Landschaft, die durch die Errichtung eines Windparks in
Mitleidenschaft gezogen würde. Tatsächlich werde die Umgebung von einer
riesigen Kalihalde und mehreren überlandleitungen und Richtfunkmasten
dominiert. Angesichts dieser Vorbelastung könne die Behauptung, durch den
Windpark werde das Landschaftsbild verunstaltet und die Bemühungen des
Landkreises, die Kulturlandschaft und den Tourismus in diesem Bereich zu fördern,
zunichte gemacht, nur als ideologisch motiviert eingestuft werden. Zudem sei die
Erhaltung des Landschaftsbildes kein subjektives Recht, auf dessen Verletzung
sich ein Anlieger bei einer Nachbarschaftsklage berufen könne. Außerdem sei das
Vorhaben unter Berücksichtigung des Schutzinteresses der Anlieger
ordnungsgemäß genehmigt worden. Auch die zugrunde liegende
Schallimmissionsprognose gehe von zutreffenden Voraussetzungen aus. Zwar sei
dort das Fabrikat der geplanten Windkraftanlagen mit "Tacke", dem Namen der
ursprünglichen Herstellerfirma, bezeichnet. Die Firma Tacke sei jedoch von der
Firma Enron Wind übernommen worden, die deren Produkte jetzt unter der Marke
"Enron" vertreibe. Abweichungen von den in der Baugenehmigung festgelegten
Standorten seien in Absprache mit der Genehmigungsbehörde lediglich um einige
Meter auf den gleichen Flurstücken wegen einer möglichen Gefährdung einer
Richtfunkanlage bzw. aus Rücksichtnahme auf das Anwesen des Anwohners Rupp
erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt das Gericht
auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakten Bezug,
insbesondere auf die Bauantragsunterlagen und den Genehmigungsbescheid, die
vorliegenden Karten, Pläne und Lichtbilder, die den Standort des Vorhabens
verdeutlichen sollen, sowie die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen zum
Naturpark "Hessische Rhön".
II
A. Der Eilantrag ist zulässig.
Der Antrag Ziffer 1 - umgedeutet als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die der Rechtsvorgängerin der
Beigeladenen erteilte Baugenehmigung - ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5
VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB statthaft. Unstatthaft und auch im übrigen
unzulässig ist dagegen der weitere Antrag, der auf ein gegenüber der
Beigeladenen auszusprechendes Bauverbot oder andere Sicherungsmaßnahmen
abzielt. Das Gericht ist ohnehin nicht befugt, eine Sicherungsanordnung
unmittelbar gegenüber der Beigeladenen zu treffen, sondern könnte nur den
Antragsgegner zu einer derartigen Anordnung verpflichten (Kopp/Schenke, VwGO,
11. Auflage, § 80 a Rdnr. 17 a). Dies wäre allerdings erst möglich, wenn die
Beigeladene die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht
beachten würde und darüber hinaus der Antragsgegner trotz faktischer
Vollziehung der Baugenehmigung untätig bliebe. Es bestehen aber weder
Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beigeladene einer zu ihren Lasten ergehenden
gerichtlichen Eilentscheidung nicht beugen würde, noch dass der Antragsgegner
gegebenenfalls dagegen nicht einschreiten würde. Deshalb besteht für den Antrag
Ziffer 2 derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis.
Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ist ferner zu beachten, dass im Hinblick auf
die Akzessorietät des vorläufigen Rechtsschutzes nur derjenige antragsbefugt ist,
der hinsichtlich des angefochtenen Verwaltungsakts im Hauptsacheverfahren
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der hinsichtlich des angefochtenen Verwaltungsakts im Hauptsacheverfahren
gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist. Die Klagebefugnis wiederum hängt
davon ab, dass eine Verletzung der subjektiven Rechte des Klägers durch den
angefochtenen Verwaltungsakt nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder
denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint (vgl. Kopp/Schenke, aaO, § 80
Rdnr. 134 und § 42 Rdnr. 65 f.). übertragen auf das Gebiet des öffentlichen
Baurechts bedeutet dies, dass ein Abwehrrecht eines Dritten gegen eine dem
Bauherrn erteilte Baugenehmigung nur dann für möglich erachtet werden kann,
wenn die Möglichkeit besteht, dass sich die Baugenehmigung objektiv als
rechtswidrig erweist, und dass daneben die möglicherweise verletzten Vorschriften
auch dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind, der dadurch eine
tatsächliche Beeinträchtigung in seinen Rechten erleidet.
Da der spezifisch baurechtliche Nachbarschutz - insbesondere das Gebot der
Rücksichtnahme, das etwa in § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB verkörpert ist - von der
Rechtsprechung nur dinglich Berechtigten zuerkannt wird (vgl. BVerwG NJW 1968,
2393; VGH Baden-Württemberg VBlBW 1970, 44; OVG Berlin NJW 1979, 282;
BVerwGE 82, 75), und der Antragsteller kein Abwehrrecht als
Grundstückseigentümer geltend gemacht hat, kann sich seine Antragsbefugnis
nur aus einer möglichen Verletzung seines Rechts auf Selbstverwaltung nach Art.
28 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG), Art. 137 Abs. 2 der Verfassung des Landes
Hessen und § 1 Abs. 1 Satz 2 Hessische Landkreisordnung (HKO) ergeben.
Deshalb scheiden die meisten von ihm genannten Gesichtspunkte zur Begründung
seiner Antragsbefugnis von vornherein aus.
1. Dies gilt zunächst für die behauptete Verletzung objektiver Vorschriften, die
keinen erkennbaren Bezug zu rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers
aufweisen, wie etwa die behauptete Plazierung zweier Windkraftanlagen außerhalb
der ausgewiesenen Vorrangfläche für die Windenergienutzung und die
Abweichungen von der Baugenehmigung bei der Errichtung der Windkraftanlagen
hinsichtlich der Standorte und ihrer Erschließung; letztere tangieren die
Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung ohnehin nicht.
Nach der Rechtsprechung können einer Gemeinde - und damit auch einem
Gemeindeverband wie dem Antragsteller - auch nicht deshalb "wehrfähige" Rechte
zukommen, weil der Allgemeinheit oder einzelnen Privatpersonen ein Schaden
droht (BVerwG NVwZ 1997, 904, 905 mit weiteren Nachweisen). So ist anerkannt,
dass es nicht den Gemeinden obliegt, ihre Bürger vor den Gefahren der
Kernenergie oder erhöhten Schadstoff- und Geräuschimmissionen zu bewahren
(VGH München NJW 1980, 723; Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,
BauGB, Stand: Mai 2001, § 38 Rdnr. 121; Schmaltz in: Schrödter, BauGB, 5.
Auflage, § 38 Rdnr. 33). Ebenso wenig können sie sich gegenüber Planungs- oder
Baugenehmigungsentscheidungen auf öffentliche Belange wie solche des Umwelt-,
Natur- und Landschaftsschutzes berufen (BVerwG NVwZ 1997, 169; VGH München
NVwZ 1986, 679; Thür. OVG DVBL 1997, 857). Denn andernfalls würden die
gesetzlich festgelegten Kompetenzen der verschiedenen Träger öffentlicher
Gewalt missachtet, indem die Gemeinden als eine Art "Sachwalter des öffentlichen
Interesses" ganz allgemein ermächtigt würden, die Einhaltung der Gesetze durch
andere Behörden zu überwachen (VGH München aaO).
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller in seiner Funktion
als untere Naturschutzbehörde und Verordnungsgeber in Bezug auf das
Landschaftsschutzgebiet "Steinkammer" gehalten ist, für den Schutz von Natur
und Landschaft in seinem Zuständigkeitsbereich Sorge zu tragen. Denn dabei
handelt es sich um staatliche Aufgaben, die dem Antragsteller nach § 4 HKO zur
Erfüllung nach Weisung übertragen worden sind (§ 30 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 Satz
2 Hessisches Naturschutzgesetz (HENatG)), nicht um originäre Angelegenheiten
des Antragstellers. Die Garantie der Eigenverantwortlichkeit der Kreise, aus der
dem Antragsteller hier eine Antragsbefugnis erwachsen kann, gilt aber nicht für
Aufgaben aus dem übertragenen Wirkungskreis, sondern nur für örtliche
Angelegenheiten, die der Gesetzgeber im Rahmen seines Eingriffsrechts in die
Allzuständigkeit der Gemeinden den Kreisen übertragen hat (Schmidt-
Bleibtreu/Klein, Grundgesetz, 9. Auflage, Art. 28 Rdnr. 12). Im Bereich von
Weisungsaufgaben ist Rechtsschutz dagegen nur denkbar, wenn darüber
gestritten wird, ob ein Weisungsrecht der staatlichen Behörde gegenüber der
Selbstverwaltungskörperschaft besteht oder ob sich eine Weisung im Rahmen des
gesetzlich festgelegten Weisungsrechts hält (Borchmann in:
Kommunalverfassungsrecht Hessen, Bd. II, Hessische Landkreisordnung, § 4 Rdnr.
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Es versteht sich daher von selbst, dass der Antragsteller erst recht nicht mit
Aussicht auf Erfolg Beeinträchtigungen der Belange der Stadt Schlüchtern oder
des angrenzenden Naturparks "Hessischer Spessart" oder des
Landschaftsschutzgebiets "Vogelsberg-Hessischer Spessart" auf dem Gebiet des
Antragsgegners geltend machen kann.
2. Was die vom Antragsteller gerügten Verfahrensfehler angeht, so ist darauf
hinzuweisen, dass sich aus Verstößen gegen Vorschriften des
Verwaltungsverfahrensrechts nur dann ausnahmsweise eine Antragsbefugnis
herleiten lässt, wenn die verletzte Verfahrensvorschrift eine vom materiellen Recht
unabhängige, selbständig durchsetzbare Verfahrensposition des Antragstellers
begründet (Kopp/Schenke, aaO, § 42 Rdnr. 95 mit weiteren Nachweisen), was sich
keiner der hier angeführten Verfahrensvorschriften entnehmen lässt. Ansonsten
kann ein Verfahrensverstoß bei der Zulässigkeitsprüfung nur zum Tragen
kommen, wenn der angegriffene Verwaltungsakt eine nach materiellem Recht
geschützte Rechtsstellung des Antragstellers berührt (Kopp/Schenke, aaO, § 42
Rdnr. 95), d. h. dass die Antragsbefugnis zugleich im materiellen Recht wurzeln
muss.
Soweit der Antragsteller die gewählte Verfahrensart beanstandet, kommt hinzu,
dass in der Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens anstelle eines
immissionsschutzrechtlichen Verfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung
eindeutig kein Rechtsverstoß liegt, so dass diesbezüglich eine Antragsbefugnis
ausscheidet. Wie der Antragsgegner zutreffend dargelegt hat, war das Vorhaben
zu dem Zeitpunkt, als die Baugenehmigung erteilt wurde, noch nicht UVP-pflichtig,
weil die entsprechende Gesetzesänderung erst danach in Kraft getreten ist. Zwar
hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997
zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei
bestimmten öffentlichen und privaten Projekten nicht bis zum Ablauf der ihm nach
Artikel 3 Abs. 1 dieser Richtlinie gesetzten Frist bis zum 14.03.1999 in nationales
Recht umgesetzt. Doch kann aus diesem Versäumnis kein Anspruch des
Antragstellers erwachsen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung unmittelbar auf der
Grundlage des EG-Rechts vorzunehmen. Denn bei den in der Änderungsrichtlinie
bezeichneten Anlagen zur Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung
(Windfarmen) - vgl. Anhang II 3i -) handelt es sich um Projekte nach Art. 4 Abs. 2
der Richtlinie, bei denen die Mitgliedsstaaten eigenverantwortlich bestimmen
können, ob das Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden
muss. Sie können dies entweder anhand einer Einzelfalluntersuchung oder anhand
von ihnen selbst festzulegender Schwellenwerte oder Kriterien tun. Die UVP-
Pflichtigkeit von Windparks konnte daher erst durch die Festsetzung
entsprechender Kriterien bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht
entstehen.
Davon abgesehen ist das Vorbringen, im Baugenehmigungsverfahren sei eine
förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben, generell nicht
geeignet, eine nachbarschaftsrelevante Rechtsverletzung darzutun (OVG Münster,
Beschluss vom 04.11.1999 - 7 B 1339/99; so auch VGH Mannheim NVwZ 1995,
1017 zum Baden-Württembergischen Landesplanungsgesetz). Denn der Zweck
der Umweltverträglichkeitsprüfung besteht darin, den zuständigen Behörden die
relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen, damit sie über ein bestimmtes
Projekt in Kenntnis der voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt
entscheiden können (Präambel der Richtlinie 97/11/EG des Rates vom
03.03.1997), so dass bei technischen Planungs- und Entscheidungsprozessen von
erheblicher Dimension Umweltbelange frühzeitig mit einbezogen werden können
(vgl. die Präambel der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985). Das
Verfahren dient also nur mittelbar dem Schutz der individuell von einem Vorhaben
Betroffenen.
Ebenso eindeutig steht dem Antragsteller kein Anspruch auf Beteiligung als
Nachbar im Baugenehmigungsverfahren nach § 69 HBO zu. Zum einen ist er kein
Nachbar im Sinne dieser baurechtlichen Vorschrift, da er nicht über eine dingliche
Rechtsposition verfügt (vgl. obenstehende Ausführungen), zum anderen soll die
Benachrichtigung der Nachbarschaft nur erfolgen, wenn von nachbarschützenden
Vorschriften Ausnahmen zugelassen oder Befreiungen erteilt werden, was hier
nicht geschehen ist.
3. Die Antragsbefugnis des Antragstellers ergibt sich jedoch aus seiner
Rechtsstellung als Träger des Naturparks "Hessische Rhön". Insofern besteht die
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Rechtsstellung als Träger des Naturparks "Hessische Rhön". Insofern besteht die
Möglichkeit, dass der Antragsteller durch die angegriffene Baugenehmigung in
seinen Rechten verletzt sein könnte, da die Anwendung von Rechtssätzen möglich
erscheint, die auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sein könnten, wobei an
dieser Stelle nicht zu fordern ist, dass der zugrunde liegende Sachverhalt
tatsächlich vorliegt oder zumindest schlüssig vorgetragen wird (vgl. Kopp/Schenke,
aaO, § 42 Rdnr. 66). Die Rechtsprechung anerkennt nämlich, dass Gemeinden in
der ihnen als Ausfluss der Selbstverwaltungsgarantie zustehenden Planungshoheit
als wehrfähiger Rechtsposition verletzt sein können, wenn ein Bauvorhaben
kommunale Einrichtungen erheblich beeinträchtigt (BVerwGE 81, 95, 106 mit
weiteren Nachweisen; VGH München NVwZ 1986, 679; VGH Kassel NVwZ 1987,
989; Schmidt-Bleibtreu/Klein, aaO, Art. 28 Rdnr. 13 c mit weiteren Nachweisen;
Jarass/Pieroth, GG, 4. Auflage, Art. 28 Rdnr. 11 a mit weiteren Nachweisen). Wie
der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 01.11.1989 (NVwZ-RR
1990, 128, 129) entschieden hat, sind die überlegungen zur Verletzung der
Planungshoheit von Gemeinden durch die Beeinträchtigung ihrer kommunalen
Einrichtungen auf andere Selbstverwaltungskörperschaften auszudehnen, soweit
ihnen entsprechende Kompetenzen zugewiesen sind, was für die Landkreise
zutrifft. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HKO haben sie in ihrem Gebiet diejenigen
öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen, die über die Leistungsfähigkeit der
kreisangehörigen Gemeinden hinausgehen. Dazu zählt nach § 16 HKO die Aufgabe
der Landkreise, im Rahmen ihres Wirkungsbereichs die für die Kreisangehörigen
erforderlichen wirtschaftlichen, sozialen, sportlichen und kulturellen öffentlichen
Einrichtungen bereitzustellen.
Es spricht manches dafür, den Naturpark "Hessische Rhön" als kommunale
Einrichtung des Antragstellers zur Erfüllung seiner Selbstverwaltungsaufgaben
anzusehen. Wie das Gericht den vom Antragsteller eingereichten Unterlagen und
der damit inhaltlich übereinstimmenden, wenn auch nicht direkt anwendbaren
Regelung des § 16 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) entnommen hat,
handelt es sich bei einem Naturpark um eine großräumige Kulturlandschaft, die
aus Naturschutzgründen oder wegen ihrer besonderen Eigenart und Schönheit von
herausragender Bedeutung ist und zugleich der Erholung dient. Aufgabe der
Naturparkverwaltung ist es, eine Synthese der nicht ohne weiteres miteinander in
Einklang stehenden Belange von Naturschutz und Erholung zu schaffen. Dabei wird
der Schutz und die Pflege von Natur und Landschaft als unabdingbare
Vorraussetzung jeglicher Erholungsvorsorge betrachtet, bei der das Erlebnis von
Natur und Landschaft im Vordergrund steht. Die Funktion des Naturparks als Ort
der Erholung sowohl für die Einheimischen als auch die Bevölkerung der
Ballungsgebiete und die damit verbundene Funktion als Wirtschaftsfaktor bei der
Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus in strukturschwachen Regionen sind
deshalb untrennbar mit dem Engagement für den Naturschutz verknüpft. Das
Gericht hält es daher für erwägenswert, den streitgegenständlichen Naturpark als
wirtschaftliche und soziale öffentliche Einrichtung für die Angehörigen des
Landkreises zu werten, die ihnen Möglichkeiten der Regeneration und
gemeinsamen Freizeitgestaltung, etwa bei Wanderungen oder dem geselligen
Zusammensein auf dem Rastplatz "Steinkammer", ebenso zur Verfügung stellt
wie Erwerbsmöglichkeiten im Fremdenverkehr. So wie die
Fremdenverkehrsförderung, die Kreisforsten, Parks, Kinderspielplätze,
Campingplätze, Freizeitzentren oder ein Kiessee als Freischwimmbecken in
Literatur und Rechtsprechung als öffentliche Einrichtungen von Landkreisen
anerkannt sind (Borchmann, aaO, § 16 Ziffern 2, 3, 4 und 16 mit weiteren
Nachweisen; VGH Kassel NVwZ 1987, 989), ist auch ein Konglomerat derartiger
Einrichtungen in Gestalt eines Naturparks mit entsprechender Infrastruktur für
Erholungssuchende wie Wanderwege, Grillplätze, Ruhebänke etc. als kommunale
Einrichtung denkbar.
Dem steht nicht entgegen, dass der Naturpark "Hessische Rhön" keine eigene
Rechtspersönlichkeit hat und dem Antragsgegner auch darin zuzustimmen ist,
dass er als Naturpark im Sinne des § 16 BNatSchG bzw. § 24 ForstG rechtlich nicht
existent ist. Denn seine Gründung erfüllt die Voraussetzungen der genannten
Bestimmungen nicht; er ist weder durch eine Rechtsverordnung, noch durch eine
Erklärung des für Forsten zuständigen Hessischen Ministers ins Leben gerufen
worden. Vielmehr verdankt er seine Entstehung offenbar einer Initiative des
Antragstellers, der die maßgeblichen Eckpunkte wie die Trägerschaft und die
Grenzen des Naturparks selbst festlegte und lediglich das Einverständnis des
zuständigen Ministers einholte, das vorlag, noch ehe das Gebiet des Naturparks
genau eingegrenzt war (vgl. dazu die eingehenden Ausführungen von Franz, Recht
des Naturschutzes in Hessen, Stand: Juli 1999, Anhang zu § 11 (§ 24 ForstG) Ziffer
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des Naturschutzes in Hessen, Stand: Juli 1999, Anhang zu § 11 (§ 24 ForstG) Ziffer
6 ff.). Eine öffentliche Einrichtung setzt aber keine bestimmte Rechtsform oder gar
ein entsprechendes Rechtsinstitut voraus. Viele öffentliche Einrichtungen der
Landkreise besitzen keine besondere Organisationsform, sondern sind umfassend
in die allgemeine Kreisverwaltung eingegliedert, wie dies hier der Fall ist, wo die
Naturparkverwaltung bei der unteren Naturschutzbehörde angesiedelt ist. Der
Landkreis muss noch nicht einmal Eigentümer der Einrichtung sein, sofern sie nur
den Kreisangehörigen zur Benutzung offen steht und diese ihre Leistungen als
solche des Landkreises beziehen. Eine gesetzliche Definition der öffentlichen
Einrichtung, die Einschränkungen vornehmen könnte, gibt es nicht; der Begriff ist
daher sehr weit zu fassen (vgl. dazu die ausführliche Darstellung von Borchmann,
aaO, § 16).
Für den Naturpark als öffentliche Einrichtung und Selbstverwaltungsaufgabe des
Antragstellers spricht, dass er auf dessen Betreiben entstanden ist, dieser damit
die Ziele der Erholungs- und Wirtschaftsförderung für die kreisansässige
Bevölkerung verbindet, er in dessen Ausstattung erhebliche finanzielle Mittel
investiert hat und ihn als freiwillig übernommene Aufgabe weisungsunabhängig
verwaltet. In übereinstimmung mit diesen Merkmalen hat das
Bundesverfassungsgericht in einer frühen Entscheidung (BVerfGE 11, 260 ff.) zum
Wesen der kommunalen Selbstverwaltung ausgeführt, es gehe um die "Aktivierung
der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten, die die in der örtlichen
Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur eigenverantwortlichen Erfüllung
öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat zusammenschließt mit dem Ziel, das
Wohl der Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu
wahren." Auch Franz (aaO, Ziffer 3) tendiert dazu, die Naturparkverwaltung als
Selbstverwaltungsangelegenheit im Sinne des Art. 28 Abs. 2 GG anzusehen, da
die Aufgabenwahrnehmung einen spezifischen Bezug zu den Interessen der
jeweiligen Gemeinden und Kreise habe.
B. Soweit der Eilantrag zulässig ist, hat er jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Gericht hat im Verfahren nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO eine
Abwägungsentscheidung zwischen den beteiligten öffentlichen und privaten
Interessen an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bzw.
der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs dagegen zu treffen, in deren
Mittelpunkt die Frage der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts
steht. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass Gegenstand der
gerichtlichen Prüfung nicht die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts, hier der
Baugenehmigung, in vollem Umfang ist, sondern nur in den Grenzen der
Antragsbefugnis und der Rechtsverletzung des Antragstellers (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Daraus folgt, dass dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stattzugeben ist,
wenn die Baugenehmigung offensichtlich die Rechte des Antragstellers verletzt.
Denn in diesem Fall kann ein überwiegendes Interesse des Bauherrn oder der
Öffentlichkeit an einer sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung nicht
bestehen. Umgekehrt ist sein Antrag abzulehnen, wenn die Baugenehmigung - sei
sie rechtmäßig oder rechtswidrig - ihn offensichtlich nicht in eigenen Rechten
verletzt. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens über den Widerspruch offen,
hat das Gericht eine Abwägung der Interessen vorzunehmen, die für oder gegen
eine sofortige Ausnutzung der Baugenehmigung sprechen. Bei dieser Abwägung
hat das Gericht zum einen das Gewicht der beteiligten Interessen und das
konkrete Ausmaß ihrer Betroffenheit zu berücksichtigen. Zum anderen hat es zu
würdigen, ob der Widerspruch des Antragstellers wahrscheinlich Erfolg haben wird.
Führt diese Abwägung dazu, dass den widerstreitenden Interessen etwa gleich
großes Gewicht beizumessen ist, verbleibt es bei der gesetzlichen Ausgangslage,
d. h. dass dem Widerspruch keine aufschiebende Wirkung zukommt.
1. Nach der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen
überprüfung der Sach- und Rechtslage geht das Gericht davon aus, dass dem
Widerspruch des Antragstellers gegen die Baugenehmigung vom 17.05.2001
voraussichtlich kein Erfolg beschieden sein wird, weil sie sein
Selbstverwaltungsrecht nicht entscheidend tangiert.
a) Die angefochtene Baugenehmigung begegnet in formeller Hinsicht keinen
durchgreifenden rechtlichen Bedenken, jedenfalls soweit Verfahrensrechte des
Antragstellers betroffen sein können. Zwar wäre eine Beteiligung des
Antragstellers am Verwaltungsverfahren gestützt auf § 66 Abs. 3 HBO - im
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Antragstellers am Verwaltungsverfahren gestützt auf § 66 Abs. 3 HBO - im
Gegensatz zur Auffassung des Antragsgegners, der nur Fachbehörden beteiligen
will - durchaus in Betracht gekommen. Denn durch diese Sollvorschrift wird der
Bauaufsichtsbehörde auferlegt, Behörden und Stellen zum Bauantrag zu hören,
soweit dies nach deren Aufgabenbereich oder wegen deren besonderer Sach- und
Fachkunde geboten ist. Die Bestimmung ermöglicht es also, Verantwortungsträger
innerhalb und außerhalb der Verwaltung mit und ohne hoheitliche Befugnisse an
der Klärung der Frage zu beteiligen, ob für ihren Verantwortungsbereich die
Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Genehmigung beantragter Vorhaben erfüllt
sind (Rasch/Schaetzell, Hessische Bauordnung, Stand: Dezember 2000, § 66 Ziffer
2.3). Der Antragsteller hätte als Träger des Naturparks "Hessische Rhön"
hinzugezogen werden können, da sein Aufgabenbereich durch das Vorhaben
berührt wird. Das Gesetz tendiert dazu, bei Vorhaben mit grenzüberschreitenden
Auswirkungen - sogar im Verhältnis zu anderen Ländern und Staaten (vgl. § 4 a
BauGB und § 7 BNatSchG) - eine Zusammenarbeit im Planungsstadium
vorzusehen. Da die Vorschrift aber dem Zweck dient, eine umfassende und
zutreffende Entscheidungsgrundlage zu schaffen, insbesondere wenn der
Bauaufsicht die Kompetenz fehlt, ihrer rechtlichen Entscheidung vorgeschaltete
Sachfragen fachtechnisch zu klären (vgl. Rasch/Schaetzell, aaO, § 66 Ziffer 2.3.1),
vermag das Gericht - ähnlich wie bei der Umweltverträglichkeitsprüfung - der
Vorschrift keine drittschützende Wirkung zu entnehmen, auf die sich der
Antragsteller berufen könnte. Ob die Mitwirkung des Antragstellers nicht nur
möglich, sondern auch geboten gewesen wäre oder sich der Antragsgegner auf
den Standpunkt stellen durfte, durch die Einbindung seiner eigenen
Naturschutzbehörde über ausreichende Sachkunde in den vom Antragsteller
angesprochenen naturschutzfachlichen Belangen zu verfügen, kann deshalb
dahinstehen. Aber auch aus einem weiteren Grund lässt sich aus der ablehnenden
Haltung des Antragsgegners in dieser Frage kein Abwehrrecht des Antragstellers
gegen die Baugenehmigung ableiten: Der Antragsteller hat sich selbst das nach §
66 Abs. 3 HBO mögliche Gehör verschafft, indem er Akteneinsicht genommen,
dem Antragsgegner ein von ihm eingeholtes avifaunistisches Gutachten
präsentiert und ihm in einer Reihe von Schreiben seine Bedenken gegen das
Vorhaben verdeutlicht hat. Seine unterbliebene formelle Beteiligung ist somit nicht
kausal für etwaige inhaltliche Mängel der Baugenehmigung geworden.
b) In materieller Hinsicht ist zwar nicht auszuschließen, dass die Baugenehmigung
Schwächen bei der Sachverhaltsermittlung und demzufolge auch bei der
Abwägung aufweist, doch ist damit kein erkennbarer Eingriff in das
Selbstverwaltungsrecht des Antragstellers verbunden.
Der Windpark ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert
zulässig, sofern öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Nicht jede
Beeinträchtigung öffentlicher Belange führt zur Unzulässigkeit von privilegierten
Vorhaben. Darin unterscheiden sich die privilegierten von den sonstigen Vorhaben
nach § 35 Abs. 2 BauGB. Bei Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB ist eine Abwägung
zwischen dem Zweck des Vorhabens und dem beeinträchtigten öffentlichen
Belang erforderlich, wobei das Gewicht, das der Gesetzgeber der Privilegierung von
Vorhaben im Außenbereich beimisst, besonders zu berücksichtigen ist (Söfker in:
Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, aaO, § 35 Rdnr. 60). Nach § 35 Abs. 3
Satz 2 zweiter Halbsatz BauGB stehen öffentliche Belange raumbedeutsamen
Vorhaben nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben
als Ziele der Raumordnung in Plänen im Sinne des § 8 oder 9 des
Raumordnungsgesetzes (ROG) abgewogen worden sind. Bei der Ausweisung des
genehmigten Standorts als Vorrangfläche für die Windenergienutzung im
Regionalen Raumordnungsplan Südhessen handelt es sich um eine
raumordnerische Zielsetzung im Sinne dieser Vorschrift. Die Regelung kommt -
wie schon ihr Wortlaut sagt - jedoch nur zum Zuge, soweit eine Abwägung im
Rahmen des Raumordnungsverfahrens tatsächlich stattgefunden hat; soweit
öffentliche Belange dabei nicht - oder nicht ausreichend - berücksichtigt worden
sind, verbleibt es bei der uneingeschränkten Prüfung im
Baugenehmigungsverfahren, ob öffentliche Belange entgegenstehen. Ob eine
solche planungsrechtliche Abwägung erfolgt ist und welche Tragweite sie hat, kann
den Darstellungen des Raumordnungsplans selbst und seiner Erläuterung sowie
gegebenenfalls den zugehörigen Unterlagen entnommen werden (Söfker in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, aaO, § 35 Rdnr. 122).
Dem objektiv-rechtlichen Abwägungsgebot bei privilegierten Vorhaben im
Außenbereich - sei es auf der Ebene des Raumordnungsverfahrens, sei es im
Baugenehmigungsverfahren - korrespondiert ein Anspruch der durch die
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Baugenehmigungsverfahren - korrespondiert ein Anspruch der durch die
Zulassung eines Vorhabens in ihrem Rechtskreis Betroffenen auf sorgfältige
Ermittlung, Berücksichtigung und gerechte Abwägung aller rechtlich relevanten
Gesichtspunkte, soweit dadurch eine Beeinträchtigung ihrer Rechte stattfindet (vgl.
Kopp/Schenke, aaO, § 42 Rdnr. 91). Es versteht sich von selbst, dass dieser
Anspruch auch einem Antragsteller außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des
Antragsgegners zukommen kann, sofern seine Rechtsposition durch
grenzüberschreitende Auswirkungen eines Vorhabens betroffen ist. Die Erklärung
zum Naturpark gewinnt insofern planungsrechtlich Bedeutung, als sie eine
Verpflichtung für alle Glieder des Staates auslöst, seine Erholungsfunktion
dauerhaft zu wahren und als öffentlichen Belang in Abwägungen bei
Planungsentscheidungen einzustellen (Franz, aaO, Anhang zu § 11 (§ 24 ForstG)
Ziffer 10), was auch eine entsprechende Berücksichtigung in
Baugenehmigungsverfahren impliziert; als Träger des Naturparks kann der
Antragsteller die Erfüllung dieser Verpflichtung einfordern.
aa)Eine alle einschlägigen öffentlichen Belange umfassend abwägende
Standortentscheidung im Raumordnungsverfahren lässt sich nicht feststellen.
Bei der Sichtung der Unterlagen zum Raumordnungsverfahren für Südhessen
zeigt sich, dass zwar Gebiete mit einer besonderen naturschutzfachlichen
Wertigkeit wie Naturschutzgebiete und geschützte Biotope im Gegensatz zu
großräumigen Landschaftsschutzgebieten in den Katalog der potentiellen
Standorte für die Windenergienutzung nicht aufgenommen worden sind. Aber die
vorgeschlagenen Standorte können dadurch noch nicht als abschließend mit den
Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege abgestimmt gelten. Die
Naturschutzabteilung des Regierungspräsidiums Darmstadt hat für eine Reihe von
Standorten trotz einer Darstellung als windhöffige Gebiete im Regionalplan eine
spätere Einzelfallprüfung hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Landschaftsbild
und dem Schutz von Biotopen, Rast,- Nahrungs- und Bruthabitaten seltener
Tierarten für erforderlich erachtet.
Speziell der Standort Schlüchtern-Elm wurde zwar nicht als beliebter
Erholungsbereich bewertet oder als Gebiet, das wegen der natürlichen Eigenart der
Landschaft eines besonderen Schutzes bedarf, doch wurden Bedenken gegen den
Standort erhoben, weil er quer zur Vogelzuglinie über den Landrücken liege. Die
Regionalversammlung versuchte diesen Bedenken dadurch Rechnung zu tragen,
dass der vorgesehene Standort Schlüchtern-Elm in Anlehnung an einen Vorschlag
des Regierungspräsidiums Kassel auf einen Streifen beidseitig der bestehenden
Hochspannungsleitung reduziert wurde. Sie kam zum Ergebnis, dass die
ausgewiesene Fläche, die zudem bereits durch die Hochspannungsleitung
vorbelastet sei, dadurch nicht mehr wie ein Querriegel zum Vogelzug wirke, wobei
weiter die Ansicht vertreten wurde, dass Windkraftanlagen nach den bisherigen
langjährigen Erfahrungen keine außergewöhnliche Stör- und Gefahrenquelle für
Zugvögel darstellten.
Ob diese Kompromisslösung dennoch einen Abwägungsfehler beinhaltet, vermag
das Gericht im Eilverfahren nicht zu beurteilen. Hinweise auf eine möglicherweise
falsch vorgenommene Gewichtung könnten sich aus dem vom Antragsteller
vorgelegten avifaunistischen Gutachten und der nachgereichten Stellungnahme
der Staatlichen Vogelschutzwarte Frankfurt ergeben, welche die Ausführungen des
K. im Baugenehmigungsverfahren für unzutreffend hält. Nicht abschließend durch
das Raumordnungsverfahren geklärt, erscheint dem Gericht auch die Frage der
Immissionsbelastung und der Verunstaltung des Landschaftsbildes, da beide
Aspekte bei der Regionalplanung nicht bzw. nicht im einzelnen geprüft wurden und
ohnehin vom konkreten Standort und der konkreten Anlage, deren Genehmigung
beantragt ist, abhängig sind. Die öffentlichen Belange des Erholungswertes der
Landschaft und ihrer natürlichen Eigenart sind dagegen - nach vorläufiger
Beurteilung des Gerichts - durch das Raumordnungsverfahren abschließend als
dem Vorhaben der Beigeladenen nicht grundsätzlich entgegenstehend
entschieden worden.
Zweifel an diesem Abwägungsergebnis können nicht allein dadurch hervorgerufen
werden, dass der Antragsteller in der Nähe des Windparks Freizeiteinrichtungen
wie Wanderwege und einen Grillplatz unterhält. Derartige Einrichtungen sind im
Außenbereich vieler Gemeinden vorhanden, ohne dass dessen Erholungsfunktion
damit zwangsläufig privilegierten Vorhaben entgegenstehen müsste. Aus dem
Vorbringen des Antragstellers geht auch nicht hervor, dass sich der Außenbereich
diesseits und jenseits der Kreisgrenze, also auf Schlüchterner und Fliedener
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diesseits und jenseits der Kreisgrenze, also auf Schlüchterner und Fliedener
Gemarkung, in seiner Erholungseignung bzw. seiner tatsächlichen Nutzung als
Erholungsgebiet unterscheidet, so dass nicht davon ausgegangen werden kann,
die Regionalversammlung habe bei ihrer Bewertung des Erholungswertes der
streitgegenständlichen Vorrangfläche und ihrer Umgebung fälschlicherweise an
der Kreisgrenze Halt gemacht.
Selbst die Existenz des Naturparks "Hessische Rhön" ist kein Indiz dafür, dass die
Bedeutung des Windparkstandorts für die Erholung bei seiner Ausweisung als
Vorrangfläche verkannt worden wäre, was einen Abwägungsfehler implizieren
würde. Definitionsgemäß handelt es sich bei Naturparks um großräumige
Landschaften, die der Bevölkerung zur Erholung zur Verfügung gestellt werden
sollen. Nach den Berechnungen von Franz (aaO, Anhang zu § 11 (§ 24 ForstG
Ziffer 1) betrug der Flächenanteil von Naturparks an der hessischen Landesfläche
27,4 % im Jahre 1976; es ist nicht anzunehmen, dass sich dieser Anteil seither
wesentlich verändert hat. Zugleich sind die meist in Mittelgebirgslagen
anzutreffenden Naturparks in Hessen aufgrund der Windverhältnisse in
Teilbereichen für die Windenergienutzung geeigneter als andere Flächen ohne
Erholungseignung. Da zudem die Förderung der Erholungsfunktion des Naturparks
ein Ziel darstellt, das nicht überall auf seinem Gebiet in gleichem Ausmaß
realisiert sein muss, kann aus der Ausweisung eines Naturparks - in welcher
Rechtsform auch immer - keine zwingende Sperrwirkung gegenüber privilegierten
Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB allgemein oder speziell gegenüber
Windkraftanlagen geschlossen werden. Es handelt sich vielmehr um einen
öffentlichen Belang, der im Gegensatz beispielsweise zu Naturschutzgebieten
nicht abwägungsfest ist. Die Regionalversammlung hat insoweit bei der Abwägung
einen Spielraum, um Prioritäten zu Gunsten der Windenergie zu setzen, indem sie
bei potentiellen Standorten in Erholungsgebieten nach dem konkreten Stellenwert
der Erholungsfunktion an den jeweiligen Orten differenziert.
bb) Auch wenn der Antragsgegner sich in seiner Antragserwiderung auf den
unzutreffenden Standpunkt gestellt hat, alle umweltrelevanten Belange seien
bereits im Raumordnungsverfahren abgewogen worden, und zudem den
Antragsteller im Baugenehmigungsverfahren nicht als möglicherweise zu
berücksichtigenden Rechtsträger gewürdigt hat, so hat er doch das Ausmaß der
Beeinträchtigung der von dem Antragsteller vertretenen Belange - zumindest
teilweise - abzuklären versucht und bei seiner Entscheidung mitberücksichtigt.
Soweit der Antragsteller geltend macht, es habe ein Planungsbedarf für die
Realisierung eines Vorhabens wie des Windparks bestanden, da die in der
Umgebung des Vorhabens konkurrierenden Bodennutzungsinteressen nur durch
eine Abwägung im Rahmen einer Bauleitplanung zu einem gerechten Ausgleich
hätten gebracht werden können, hat der Antragsgegner zu Recht den
Baugenehmigungsantrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nicht unter
Hinweis auf ein Planungserfordernis als nicht ausdrücklich genannten öffentlichen
Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB abgelehnt. Denn das
Bundesverwaltungsgericht hat eine Planungsbedürftigkeit wegen einer
notwendigen Außenkoordination nicht als öffentlichen Belang bei der Prüfung der
Zulässigkeit privilegierter Vorhaben anerkannt. Das erkennende Gericht schließt
sich dieser Auffassung an. Denn der Gesetzgeber hat privilegierte Vorhaben
planartig dem Außenbereich zugewiesen mit der Folge, dass einem privilegierten
Vorhaben kein Planungsbedürfnis "wegen seiner Außenbezüge" entgegengehalten
werden kann. Die Außenkoordination ist bei privilegierten Vorhaben im
Genehmigungsverfahren zu gewährleisten, nämlich mit der Prüfung, ob dem
Vorhaben, konkrete öffentliche Belange entgegenstehen (vgl.
Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Auflage, § 35 Rdnr. 69 mit weiteren
Nachweisen).
Die im Baugenehmigungsverfahren eingeholte Stellungnahme des K. als
Ergänzung zu der Abwägung der Vogelzugproblematik im Raumordnungsverfahren
ist wahrscheinlich sachlich unzutreffend, soweit darin regelmäßige Vogelzuglinien
im Bereich des Windparks in Abrede gestellt werden. Dieser Fehler hat -
abgesehen von der Frage, inwieweit die Abwägungsentscheidung im
Raumordnungsverfahren bezüglich des Vogelzugs verbindlich ist und eine weitere
Abklärung durch den Antragsgegner entbehrlich macht - nicht zur Folge, dass der
Antragsteller daraus einen Abwehranspruch ableiten kann. Denn Abwehrrechte
können sich allenfalls insoweit ergeben, als soziale oder wirtschaftliche Funktionen
des Naturparks von dem Vorhaben negativ beeinflusst werden; rein
naturschutzfachliche Aspekte ohne konkreten Bezug zu den angesprochenen
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naturschutzfachliche Aspekte ohne konkreten Bezug zu den angesprochenen
Funktionen können dagegen nicht geltend gemacht werden, weil dem Antragsteller
insoweit auch keine Antragsbefugnis zustehen würde. Der Antragsteller hat nicht
aufzuzeigen vermocht, inwiefern sein Naturparkgebiet im Hinblick auf den
Vogelzug von den Veränderungen auf dem benachbarten Kreisgebiet negativ in
seinen Funktionen betroffen sein könnte. Davon abgesehen hat nach der im
Raumordnungsverfahren getroffenen Abwägungsentscheidung die
Erholungsfunktion des Naturparks grundsätzlich - in den Grenzen des Zumutbaren
- zugunsten des Windparks zurückzustehen.
Die weiteren Einwände des Antragstellers gegen das Vorhaben sind vor dem
Hintergrund zu sehen, dass der Naturpark keine Sperrwirkung für die Nutzung
angrenzender Räume entfalten kann, die zu einer unausgesprochenen
Ausdehnung seines Geltungsbereichs führen würde. Deshalb kann der
Antragsteller auch nicht jegliche Einwirkungen auf das Gebiet seines Naturparks,
die von Vorhaben jenseits der Naturparkgrenze ausgehen, abwehren. Dem
Naturpark als öffentlicher Einrichtung, die nicht die Voraussetzungen der im
Bundesnaturschutzgesetz und Hessischen Forstgesetz vorgesehenen
entsprechenden Schutzkategorie erfüllt, kann auch kein weitergehender Schutz
zukommen als einem Naturpark im Rechtssinne. Für diesen gilt, dass er in Hessen
- im Gegensatz zu Naturschutzgebieten oder Landschaftsschutzgebieten - in
seinen nicht von Schutzverordnungen erfassten Bereichen in der Bauleitplanung
überplant werden kann, wenn eine angemessene Abwägung dies ermöglicht (vgl.
Louis, Bundesnaturschutzgesetz, 2. Auflage, § 12 Rdnr. 28). Wenn aber die
kreisangehörigen Gemeinden im Naturparkbereich etwa neue Wohngebiete
ausweisen dürfen, die durch ihren Flächenverbrauch ebenfalls Auswirkungen auf
die Erholungsfunktion des Naturparks haben, können dem Nachbarkreis bauliche
Veränderungen auf seinem Gebiet mit grenzüberschreitenden Auswirkungen auf
den Naturpark nicht von vornherein untersagt sein. Es kommt vielmehr - wie auch
sonst bei baurechtlichen Konfliktlagen - darauf an, dass die Grenze des
Zumutbaren nicht überschritten wird. Daran wird deutlich, dass ein Naturpark in
seiner Gesamtheit keine mit Naturschutzgebieten vergleichbare
naturschutzfachliche Wertigkeit besitzt.
Zwar macht der Antragsteller auch geltend, dass der von dem Windpark
betroffene Bereich besonders sensibel sei, weil er ein kleines
Landschaftsschutzgebiet beinhalte. Bei der Bestimmung des Maßes seiner
Schutzbedürftigkeit darf aber nicht übersehen werden, dass nach der Schätzung
von Franz (aaO, § 13 Ziff. 1) in Hessen der Anteil der Landschaftsschutzgebiete an
der Landesfläche im Jahre 1992 47 % betrug. Diesen Flächen generell einen
Vorrang vor der Nutzung der Windenergie einzuräumen, hieße daher angesichts
der Schwierigkeit, im Binnenland überhaupt geeignete Standorte zu finden, die
Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB soweit auszuhöhlen, dass sie faktisch
nur noch in den Küstengebieten zum Tragen käme. Der Gesetzgeber sieht bei
derartigen Interessenkollisionen aber eine Abwägung vor, bei der zugunsten der
privilegierten Vorhaben das ihnen von § 35 Abs. 1 BauGB zuerkannte gesteigerte
Durchsetzungsvermögen in Rechnung zu stellen ist (Söfker in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, aaO, § 35 Rdnr. 60). Dass die Windenergie
hier nach der Entscheidung des Antragsgegners Priorität genießt, ist im
Eilverfahren nicht zu beanstanden, da sich die bisher vom Antragsteller für seine
Position ins Feld geführten Gesichtspunkte nicht als erkennbar gewichtiger
erweisen.
Was den Immissionsschutz angeht, so hat die Rechtsvorgängerin der
Beigeladenen dazu im Baugenehmigungsverfahren eine sachverständige
Prognose beigebracht, die auch den Schallschutz der Wohngebiete im Landkreis
Fulda berücksichtigt. Danach sind in keinem Fall überschreitungen der zulässigen
Immissionsrichtwerte zu erwarten. Diese Prognose ist auch nicht deshalb wertlos,
weil sie, wie der Antragsteller behauptet, nicht von dem in Bau befindlichen
Anlagentyp ausgeht. Sowohl aus dem Textteil des Gutachtens als auch aus den
Berechnungsbögen mit derselben Typenbezeichnung und denselben technischen
Daten lässt sich schließen, dass die Erklärung der Beigeladenen zutrifft, wonach
die Firma Enron Wind die Produktpalette der Firma Tacke übernommen habe.
In der Prognose unberücksichtigt geblieben sind die Wanderwege und der Rastplatz
des Antragstellers. Dies ist allerdings nicht als entscheidendes Defizit bei der
Sachverhaltsermittlung bzw. im sich anschließenden Abwägungsvorgang zu
werten. Der Antragsteller musste nicht davon ausgehen, dass diese Einrichtungen
von dem Windpark so stark in Mitleidenschaft gezogen würden, dass
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von dem Windpark so stark in Mitleidenschaft gezogen würden, dass
diesbezügliche Bedenken nur im Rahmen einer eingehenden Abwägung
überwunden werden könnten, zumal gewisse Beeinträchtigungen - wozu auch
Nutzungseinschränkungen zählen können - wegen der raumordnerischen
Entscheidung, der Nutzung der Windenergie in diesem Bereich den Vorrang vor
seiner Erholungsfunktion einzuräumen, hinzunehmen sind. Die Wanderwege führen
nur auf Schlüchterner Gebiet unmittelbar an Windkraftanlagen vorbei. Es versteht
sich von selbst, dass dem Antragsteller die Inanspruchnahme von Wanderwegen
des benachbarten Kreisgebiets für sein Wanderwegenetz keine Abwehransprüche
gegen den Nachbarkreis verleiht, wenn dieser einer anderen Nutzung den Vorrang
gibt. Ansonsten nähern sich die Wanderwege des Antragstellers dem Windpark bis
auf eine Entfernung von knapp 300 m, wo der Lärm der Anlagen bei ungünstigen
Windverhältnissen zwar hörbar sein wird, aber nach Einschätzung des Gerichts
keinen unerträglichen Pegel erreichen wird. Da die Wanderwege nur an zwei Stellen
so dicht an dem Windpark vorbeiführen, kann daraus nicht geschlossen werden,
dass sie zukünftig von erholungssuchenden Spaziergängern gemieden werden
müssten.
Was den Rastplatz "Steinkammer" anlangt, so schätzt der Antragsteller die
Entfernung zu der nächstgelegenen Windkraftanlage auf ca. 450 m. Aus der
Schallimmissionsprognose geht hervor, das ein 453 m von dem Windpark
entferntes Gehöft einem maximalen Schallleistungspegel von 44,1 dB(A)
ausgesetzt sein wird. Zwar kann diese Berechnung, die von der Position sämtlicher
Windkraftanlagen zu dem betroffenen Objekt abhängt, nicht ohne weiteres
übertragen werden, doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es bei dem
Rastplatz um eine andere Dimension des Lärms gehen könnte. Was jedoch einem
Aussiedlerhof zur Nachtzeit zuzumuten ist, kann auf einem Freizeitgelände
tagsüber nicht als unzumutbar betrachtet werden, auch wenn hier der Aufenthalt
im Freien und damit ohne passiven Schallschutz im Vordergrund steht. Ein
spezieller Immissionsrichtwert für derartige Anlagen existiert allerdings nicht. In der
Literatur wird dazu vertreten, dass in Kleingartenanlagen, in Parkanlagen oder auf
Friedhöfen dem Schutzbedürfnis in der Regel ausreichend Rechnung getragen
werde, wenn der Tageswert für Dorfgebiete, d. h. 60 dB(A), eingehalten werde
(Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, Stand: Oktober 2002, 3.1 TA-Lärm Nr. 6
Rdnr. 15).
Die Gefahr, dass Wanderer durch Eiswurf gefährdet werden könnten, sieht das
Gericht aufgrund der bisherigen Datenlage nicht. Aus der Anhörung der Betreiber
der Stromleitungen in der Nähe der Windkraftanlagen war dem Antragsgegner
bekannt, dass ein Abstand von ca. 230 m eingehalten werden muss, um
Gefährdungen der Stromversorgung durch Eiswurf auszuschließen. Der
notwendige Sicherheitsabstand dürfte deshalb auch bei den Wanderwegen
eingehalten sein.
Zu Fragen des Landschaftsschutzes liegt eine sachverständige Begutachtung vor,
die im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsplanung vorgenommen wurde und die auch
das Landschaftsbild aus Fuldaer Sicht zum Inhalt hat. Danach wäre die zu
erwartende Beeinträchtigung schon deshalb unproblematisch, weil der Windpark
nur von wenigen exponierten Standorten aus eingesehen werden könnte. Der
Antragsgegner bezweifelt dies und fordert eine eingehende Sichtbeziehungsstudie.
In den Parallelverfahren von Anwohnern des Windparks sind dem Gericht
Sichtbeziehungsstudien zugänglich geworden, nach denen von Keutzelbuch aus
gesehen zumindest der überwiegende Teil der Rotoren sichtbar sein wird. Für das
Eilverfahren kann allerdings dahinstehen, welche gutachterliche Einschätzung der
Realität am nächsten kommt. Denn es ist zu bedenken, dass das
naturschutzfachliche Gutachten auch eine Reihe von Vorbelastungen des
Landschaftsbilds ermittelt hat, die der Antragsgegner nicht substantiiert bestritten
hat. Er hat lediglich Fotos vorgelegt, aus denen sich ergeben soll, dass die
Landschaft an dem vorgesehenen Standort bisher nicht belastet ist, wobei die
Sichtweite auf diesen Bildern aufgrund des trüben Wetters nicht groß ist. Auf
einem Bild ist dennoch im Hintergrund eine Stromleitung zu erkennen. Auch wenn
auf den anderen Fotos keine sonstigen technischen Einrichtungen zu sehen sind,
ist dies eine Frage der Perspektive und kein Beweis für eine unberührte
Landschaft. Nach Aktenlage befinden sich zweifelsfrei mehrere
Hochspannungsleitungen, ein Sendeturm, der ebenfalls eine beträchtliche Höhe
aufweist, und zwei Funkumsetzer in der Nähe der Windkraftanlagen. Auf
Fotomontagen, welche offenbar die Gemeinde Flieden zu den Behördenakten
gereicht hatte, sind die Hochspannungsleitungen neben den Windkrafträdern
deutlich zu sehen und auch ihre nachteilige Wirkung auf das Landschaftsbild ist
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deutlich zu sehen und auch ihre nachteilige Wirkung auf das Landschaftsbild ist
unverkennbar. Das Maß der Schutzwürdigkeit eines Landschaftsbilds wird jedoch
nicht nur von seinem Reiz, sondern auch seiner Vorbelastung maßgeblich
bestimmt. Angesichts der keineswegs geringfügigen Vorbelastung und der
ebenfalls dem naturschutzfachlichen Gutachten sowie den vorliegenden Fotos zu
entnehmenden Tatsache, dass es sich nicht durchgehend um eine reich
strukturierte und gegliederte Kulturlandschaft, sondern in größeren Bereichen
auch um eine intensiv bewirtschaftete, ausgeräumte Agrarlandschaft handelt,
kann nicht von einer im besonderen Maße schutzwürdigen Landschaft gesprochen
werden. Die vom Antragsgegner befürchtete Verunstaltung des Landschaftsbilds
würde aber voraussetzen, dass entweder eine besonders schutzwürdige
Umgebung betroffen ist oder ein großer Eingriff in das Landschaftsbild geplant wird
(Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, aaO, § 35 Rdnr. 61 mit weiteren
Nachweisen). Auch die letztgenannte Voraussetzung betrachtet das Gericht hier
nicht als erfüllt, obwohl die Windkraftanlagen sehr hoch sind. Denn zum einen liegt
es in der Natur der Sache, dass die Anlagen exponiert wirken, indem sie ihre
natürliche Umgebung ebenso überragen wie die technischen Einrichtungen in der
Nachbarschaft, um effizient arbeiten zu können, zum anderen müssen sie nicht
zwangsläufig am konkreten Standort als besonders störend erlebt werden;
vielmehr hängt dies auch vom individuellen ästhetischen Empfinden und der
persönlichen Einstellung zur Windkraft ab. Ohne dem Eindruck aus einer im
Hauptsacheverfahren möglichen Ortsbesichtigung vorgreifen zu wollen, vermag
das Gericht im Eilverfahren keinen Rechtsfehler darin zu erkennen, dass die
Windenergie in Anbetracht ihrer gesetzlichen Privilegierung im konkreten Fall beim
Antragsgegner Priorität vor dem Landschaftsschutz genießt. Denn bloße
nachteilige Veränderungen oder Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds können
ein privilegiertes Vorhaben nicht unzulässig machen (vgl. Söfker, aaO, § 35 Rdnr.
61).
Davon abgesehen hat der Antragsteller keinen Anspruch darauf, dass die Aussicht
in seinem Naturpark auch jenseits von dessen Grenzen bis zum Horizont von
Vorhaben, die einen belastenden Anblick bieten können, verschont bleibt. Bei der
Annahme eines insoweit übergreifenden Gebietsschutzes ist schon angesichts der
Großräumigkeit von Naturparks Zurückhaltung geboten, die andernfalls der
Nutzung von großen Gebieten außerhalb ihres Geltungsbereichs und damit auch
anderen Rechtsträgern in deren Zuständigkeitsbereich erhebliche
Beschränkungen auferlegen könnten. Im vorliegenden Fall ist auch nicht deshalb
eine andere Beurteilung angebracht, weil drei der Windkraftanlagen relativ dicht an
der Grenze zum Naturpark des Antragstellers stehen werden. Wie das OVG
Lüneburg (NVwZ 2001, 452 ff) entschieden hat, kann eine Gemeinde von ihrer
Nachbargemeinde in einer Küstenregion, in der ein Mindestabstand von 5 km
zwischen verschiedenen Windparks vorgeschrieben ist, nicht verlangen, dass diese
bei Standortausweisungen für Windparks die Hälfte dieses Abstands zur
Gemeindegrenze einhält, um die wirtschaftlichen Chancen und die damit
verbundenen Belastungen für Mensch, Natur und Landschaft gleichmäßig zu
verteilen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass eine solche zusätzliche
Reglementierung die Zahl der für Windkraftanlagen geeigneten Standorte weiter
einschränken würde, was dem Zweck ihrer gesetzlichen Privilegierung zuwider
laufen würde. Diese Entscheidung kann zwar nicht unbesehen auf den
vorliegenden Fall übertragen werden, da einem Naturpark eine höhere
Schutzwürdigkeit zukommt als einem gewöhnlichen Gemeindegebiet, doch geht
es auch hier neben der Problematik der beschränkten Anzahl geeigneter
Standorte wesentlich um die wirtschaftliche Entwicklung und zwar im Bereich des
Tourismus in Teilen des Kreisgebiets, die nach den Befürchtungen des
Antragstellers durch den Bau des Windparks rückläufig sein wird. Zudem soll der
Windpark - wie im dort entschiedenen Fall - nicht mutwillig in der Nähe der Grenze
zum Naturpark errichtet werden, sondern dieser Standort empfiehlt sich aufgrund
naturräumlicher Gegebenheiten. Die Einhaltung erheblich größerer Grenzabstände
hätte keine so hohe Ausnutzung der nur beschränkt zur Verfügung stehenden
Vorrangfläche erlaubt, so dass das regionalplanerische Ziel der Konzentration von
Windkraftanlagen zur Schonung des Landschaftsbilds im übrigen möglicherweise
verfehlt worden wäre. Ein Abwehranspruch scheint dem Gericht - wenn überhaupt
angesichts der im Regionalplan nachrangig bewerteten Erholungsfunktion des
Gebiets - nur im Ausnahmefall einer besonderen ästhetischen oder
gesundheitlichen Belastung für das angrenzende Naturparkgebiet denkbar,
während hier das Erholungsgebiet nur am Rande beeinträchtigt und seiner
Funktion nicht insgesamt beraubt wird.
cc) Da die Auswirkungen des Windparks auf den Naturpark sich voraussichtlich in
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cc) Da die Auswirkungen des Windparks auf den Naturpark sich voraussichtlich in
zumutbaren Grenzen halten werden, bedarf es auch keiner Entscheidung der
höchstrichterlich noch nicht geklärten Grundsatzfrage, ob eine Gemeinde oder ein
Gemeindeverband eine umfassende gerichtliche Kontrolle eines
Planfeststellungsbeschlusses oder einer Baugenehmigung einfordern kann wie ein
von einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffener Grundstückseigentümer,
der einen - für sich genommen - rechtmäßigen Eigentumsentzug nicht
hinzunehmen braucht, wenn die ihn belastende Entscheidung in irgendeiner Weise
mit dem objektiven Recht nicht in Einklang steht. Eine derartige Ausweitung des
Rechtsschutzes für Kommunen, der eine subjektive Rechtsverletzung entbehrlich
machen würde, wird nur für Fälle diskutiert, in denen die Planungshoheit einer
Gemeinde nachhaltig gestört wird (BVerwG NVwZ-RR 1998, 289, 290; VGH Kassel
NVwZ 1989, 484, 486; Runkel, aaO, § 38 Rdnr. 114). Selbst wenn man mit dem
Hessischen Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 01.11.1989 (aaO)
es für möglich erachten wollte, dass der Antragsteller als Naturparkträger in seiner
Planungshoheit betroffen sein könnte, so müsste seine Beeinträchtigung doch so
nachhaltig sein, dass sie in ihrem Gewicht einer enteignenden Wirkung
gleichkommen würde, um einen Anspruch auf umfassende Rechtskontrolle
auszulösen. Wenn man sich die dargestellten Beeinträchtigungen des
Antragstellers vergegenwärtigt, ist ein solches Ausmaß seiner Betroffenheit nicht
feststellbar. Folglich ist neben den bereits behandelten Fragen objektiv-rechtlicher
Natur, wie etwa der Problematik des Vogelzugs, auch die angesprochene Frage, ob
die Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung ausreichend bestimmt seien, ohne
rechtliche Relevanz, da sie nicht in einer subjektiven Rechtsverletzung des
Antragstellers gründet.
2. In Anbetracht dessen, dass der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich
erfolglos bleiben wird und der Beigeladenen bei längerem Zuwarten mit der
Realisierung des Windparks finanzielle Mehrbelastungen und Einbußen in
beträchtlicher Höhe erwachsen werden, ist der Eilantrag abzulehnen, zumal
außerdem ein starkes öffentliches Interesse an regenerativer Energieerzeugung
besteht.
III
Da der Antragsteller unterlegen ist, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen (§
154 Abs. 1 VwGO) und auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu
erstatten, die durch ihre Antragstellung ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist
(§ 162 Abs. 2 VwGO).
Bei der Streitwertfestsetzung hat sich das Gericht an dem Streitwertkatalog der
Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahre 1996 orientiert, wo für Nachbarklagen
von Gemeinden im Abfallrecht, Atomrecht und Immissionsschutzrecht ein
Streitwert von 100.000,-- DM zugrunde gelegt wird. Angesichts des
Investitionsvolumens und der geltend gemachten Umweltbeeinträchtigungen
erscheint dem Gericht dieser Betrag angemessener als der ansonsten für
baurechtliche Nachbarklagen, die sich in der Regel gegen einzelne Gebäude
richten, angesetzte Wert von 50.000,-- DM. Im Hinblick auf die Vorläufigkeit der
begehrten Entscheidung hat das Gericht jedoch den Streitwert von 100.000,-- DM
für das Hauptsacheverfahren um die Hälfte reduziert, mithin auf 25.565,-- EURO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.